Informalität, informelle Institutionen und Praktiken

Auszug

Eine wichtige Forschungsentwicklung der vergleichenden Politikwissenschaft greift den Bereich des Informalen auf. Der Begriff der Informalität kennt unterschiedliche Fixierungen. So trennt Schulze-Fielitz (1984, S. 11–12) den Bereich des Informellen – im Sinne informeller Praktiken – von dem des Informalen, den er für informale Verfassungsregeln – also nun im institutionellen Verständnis – reserviert. Spätere Autoren folgen dieser Trennung nicht und verwenden beide Begriffe – informell und informal – synonym (Bröchler und Lauth 2014). Sie insistieren dagegen auf der Abgrenzung von Praktiken – im Sinne von Konventionen und gängiger Verhaltensmuster – und Institutionen als stärker verpflichtende Normen und Regeln, die sanktionsbewährt sind. Ein gemeinsames Verständnis von Informalität besteht darin, dass all der Bereich erfasst wird, der formal – also durch Verfassung, Gesetze und Erlasse – nicht geregelt wird. Damit ist diese informale Welt unüberschaubar, zumal wenn damit die Auffassung verbunden wird, dass informelle Handlungsräume den individuellen Spielraum vergrößern (Misztal 2000, S. 46). Aus Sicht der vergleichenden Politikwissenschaft ist dieser weite Blick wenig hilfreich. Politisch wirkungsmächtiges Verhalten zeigt sich dann, je stärker es regelgebunden ist (Lauth 2012, 2015). Dies gilt im formalen als auch im informellen Raum. So lenkt sich der Blick auf Praktiken und Regeln. Die Verbindung zur neo-institutionalistischen Forschung ist naheliegend zumal sich diese für informelle Regelungen offen zeigt. Dies geschah dabei oftmals eher implizit als explizit, da diese Trennung nicht in allen Disziplinen gängig oder gar plausibel ist. …