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2005 | Book

Institutionenwandel lokaler Politik in Deutschland

Zwischen Innovation und Beharrung

Editor: Michael Haus

Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften

Book Series : Stadtforschung aktuell

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Table of Contents

Frontmatter

Einleitung: Lokale Institutionenpolitik in Deutschland zwischen strategischen Entscheidungen und kulturellen Deutungsprozessen — Versuch einer konzeptionellen Annäherung

Einleitung: Lokale Institutionenpolitik in Deutschland zwischen strategischen Entscheidungen und kulturellen Deutungsprozessen — Versuch einer konzeptionellen Annäherung
Zusammenfassung
Die Befassung mit lokaler Institutionenpolitik — worunter vorläufig die zielgerichtete Transformation der institutionellen Grundlagen lokaler Politik und Verwaltung verstanden werden soll — verweist auf zwei umfassendere Diskussionskontexte: Zum ersten auf einen materialen Diskussionskontext, der sich mit spezifischen institutionellen Reformaufgaben oder Modernisierungstrends befasst. Hier sind die Debatten um die Reform der Gemeindeverfassungen, der öffentlichen Verwaltung und territorialen Strukturen, der Regionalpolitik und neuerdings auch wieder des föderalen Systems insgesamt sowie schließlich um mehr Bürgerbeteiligung und besseres Regieren auf lokaler Ebene zu nennen. Dieser Diskussionskontext zeichnet sich nicht zuletzt durch eine Vielfalt disziplinarer Perspektiven aus, v.a. der rechts-, verwaltungs- und politikwissenschaftlichen. Zum anderen verweist ‘lokale Institutionenpolitik’ auf einen konzeptionellen Kontext, nämlich die seit geraumer Weile die sozialwissenschaftliche Diskussion prägende Grundlagendebatte über die Rolle von Institutionen im politischen und sozialen Leben moderner Gesellschaften und die Möglichkeit ihrer Gestaltbarkeit überhaupt. Auch dieser Diskussionskontext ist durch Perspektivenvielfalt gekennzeichnet, nämlich die Konkurrenz unterschiedlicher institutionalistischer Ansätze und Theorien. In diesem Beitrag soll es darum gehen, beide Diskussionskontexte zusammenzuführen und zu einer heuristisch fruchtbaren Forschungsperspektive zu verbinden.
Michael Haus

Reformierte Kommunalverfassungen — Ursachen und Folgen

Frontmatter
Lernen im Föderalismus? Die Reform der Kommunalverfassungen in Deutschland in institutionenpolitischer Perspektive
Zusammenfassung
Konzepte des Lernens genießen seit geraumer Weile eine bemerkenswerte Konjunktur in der sozialwissenschaftlichen Diskussion und haben z.T. erhebliche theoretische Anstrengungen auf sich gezogen.1 Lernen steht dabei primär für eine reflektierte und informierte Anpassung an eine sich mit hoher Dynamik wandelnde Umwelt, wobei Informiertheit vor allem auch eine weitest mögliche Offenheit für die Wahrnehmung der erfolgreichen Problemlösungsversuche anderer — bei Beibehaltung eigener Handlungsfähigkeit — impliziert. Auch für die Erklärung der Dynamik von Institutionenwandel im Spannungsfeld zwischen inkrementell-dezentraler Anpassung und intentional-zentralem Institutionendesign wurde auf die Fähigkeit bzw. Unfähigkeit zu Lernprozessen rekurriert; demnach entspringt die Notwendigkeit des Institutionendesigns der Einsicht in die begrenzte autonome Lernfähigkeit organisationeller Zusammenhänge in modernen Demokratien (Olsen 1997).
Michael Haus
Rekrutierung, Wahl und Wirkung direkt gewählter Bürgermeister in Niedersachsen
Zusammenfassung
Im Jahre 1996 begann in Niedersachsen die Implementierung einer neuen „eingleisigen” Gemeindeordnung mit dem direkt gewählten Bürgermeister2 als Hauptverwaltungsbeamten. An diesen Modernisierungsversuch auf kommunalpolitischer Ebene wurden bestimmte Erwartungen geknüpft. Die Reformer versprachen sich eine verbesserte Transparenz lokaler Entscheidungen, ein größeres politisches Interesse der Bevölkerung an der Kommunalpolitik sowie eine erhöhte strategische Planungsfähigkeit der Kommunen. Obwohl der Umbau der Niedersächsischen Gemeindeordnung bereits vor fast 10 Jahren abgeschlossen wurde, herrscht über die Resultate der Reform immer noch Unklarheit. Es war allerdings aus zwei Gründen nicht zu erwarten, dass die mit der neuen Gemeindeordnung verfolgten Ziele automatisch erreicht würden. Erstens bringt die Institutionalisierung einer formal gestärkten kommunalen Exekutive nicht von sich aus „starke Bürgermeister“hervor. Die Entwicklung eines Pools durchsetzungsfähiger Führungskräfte hängt vielmehr von den Prozessen der Rekrutierung und der Wahl ab, die bestimmte Typen von Führungskräften in die Bürgermeisterämter bringen und andere aussondern. Zweitens wird die Wirkung der Bürgermeister in ihren Ämtern — selbst wenn sie über starke Führungsqualitäten verfugen — wesentlich von den parteipolitischen Mehrheitsverhältnissen vor Ort und dem Vorhandensein informeller Entscheidungsnetzwerke mitbestimmt.
Scott Gissendanner

Partnerschaften und Netzwerke als Institutionen

Frontmatter
Verständnisse und Formen lokaler Partnerschaften
Zusammenfassung
Lange Zeit schien es in der Bundesrepublik so, als müsse und könne sich alles ändern — nur eines nicht, die institutionalisierten Formen des politischadministrativen Prozesses. Mit Hartz- und Rürup-Kommissionen, dem Bündnis für Arbeit, der Diskussion zur Reform des Föderalismus, den anhaltenden Forderungen nach einer Verwaltungsreform und einem schlankeren Staat im Kontext der Kritik an der traditionellen Sozialpartnerschaft, aber auch der gewachsenen Aufmerksamkeit für die Rolle zivilgesellschaftlicher Akteure, steht das „institutional design“(Goodin 1996: 1–53), in dem sich politische Prozesse vollziehen, selbst zur Disposition. Im Bereich der politikwissenschaftlichen Forschung gibt das Denkrichtungen Auftrieb, die man als „neo-institutionalistisch“(Peters 1999) bezeichnen könnte. Bei aller sonstigen Verschiedenheit liegt ihre Gemeinsamkeit darin, dass sie die Bedeutung institutioneller Arrangements nicht nur für materiale Ergebnisse, sondern den gesamten Prozess der Politik, ihre Rationalitätsmuster und Horizonte betonen (siehe den einleitenden Beitrag von Haus zu diesem Band).
Adalbert Evers
Staat, Markt und Partnerschaft? Zum institutionellen Wandel durch sektorübergreifende Kooperationen
Zusammenfassung
Die Ankündigung erfolgte ohne Emphase: „Seit Juli diesen Jahres [2004, D.S.] gibt es beim Bund einen organisierten Beistand für interessierte PPP-Projektträger.“Es wird Unterstützung für diejenigen Kommunen und öffentlichen Einrichtungen angeboten, „die bei der Durchführung von öffentlichen Investitionsvorhaben auf privates Kapital und Know-how zurückgreifen möchten.“(Christen/Becker 2004: 289) Mit der Einrichtung des „Lenkungsausschuss PPP im öffentlichen Hochbau“und einer zugeordneten PPP Task Force im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen ist ein neuer Schritt der Verfestigung der Idee vollzogen worden, dass sektorübergreifende Kooperationen eine neue Leistungserbringungsform im öffentlichen Sektor sind. Diese zunehmende Thematisierung und Verbreitung sog. Public-Private-Partnerships (PPP) erscheint als ein Element des Wandels „verwaltungspolitischer Leitbilder“(Jann/Wegrich 2004: 195). Das Paradigma des New Public Management wird von einer zunehmenden Local-Governance-Orientierung in einem „aktivierenden Staat“mit kooperativen Interaktionsformen zwischen Staat, Markt und Zivilgesellschaft ergänzt, aber — dies ist Teil meiner Argumentation — nicht abgelöst (Oppen et al. 2005).
Detlef Sack

Soziale Integration und Transformation lokaler Institutionen — zur Bedeutung staatlicher Programme

Frontmatter
Das Programm Soziale Stadt als Versuch einer lokalen Institutionenpolitik?
Zusammenfassung
Gegenstand der folgenden Überlegungen ist das Bund-Länder Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf — Die soziale Stadt“, das hier als Versuch lokaler Institutionenpolitik betrachtet wird. Das zentrale Ziel dieser Initiative ist die Verbesserung der Situation in benachteiligten Stadtteilen über ein besonderes Förderprogramm. Dem liegt die Einsicht zugrunde, dass die Problematik benachteiligter Stadtteile nicht nur zusätzlicher finanzieller Ressourcen bedarf, sondern dass die vorhandenen Instrumente und Verfahren der Stadtpolitik sich für diese Aufgabe zunehmend als unzureichend erweisen. Daraus kann das zweite zentrale Ziel des Programms abgeleitet werden: Es besteht in der Absicht, ein neues Politik- und Planungsmodell über ein Förderprogramm flächendeckend zu erproben. Wesentliche Elemente dieses Politikmodells sind die ressortübergreifende Kooperation innerhalb der Verwaltung, die raumbezogene Koordination unterschiedlicher Vorhaben über Netzwerke sowie die Mitwirkung gesellschaftlicher Akteure. Beteiligung, Kooperation und Koordination sind nicht nur bei einer stadtteilorientierten Politik gegen Ausgrenzung zentral, sondern gelten auch in anderen Handlungsfeldern lokaler Politik als wichtige Reformelemente. Gemäß der Fragestellung dieses Bandes werden in diesem Beitrag die institutionellen Wirkungen des Programms im Hinblick auf eine Modernisierung lokaler Politik im Mittelpunkt stehen.
Karsten Zimmermann
Nachhaltigkeit lokaler Netzwerke und Modi kommunalpolitischer Steuerung: Das Bundesprogramm „Entwicklung & Chancen“als institutionelle Modernisierungspolitik
Zusammenfassung
Das Bundesprogramm „Entwicklung und Chancen junger Menschen in sozialen Brennpunkten“(E&C) verfolgt das Ziel, die in den Kommunen vorhandenen Ressourcen zur Förderung der Kinder- und Jugendhilfe zu mobilisieren, zu vernetzen und nachhaltig, im Sinne längerfristig wirksamer Angebots- und Hilfestrukturen in den benachteiligten Stadtteilen, zu gestalten. E&C stellt dabei eine Programm- und Projektplattform dar, die verschiedene Bausteine beinhaltet, welche mit Hilfe der konzeptionellen und inhaltlichen Arbeit der Regiestelle E&C so umgesetzt werden sollen, dass Synergieeffekte ermöglicht werden, um entstandene Hilfestrukturen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe im oben genannten Sinne nachhaltig zu gestalten.
Susann Burchardt, Heike Förster

Institutionen und Institutionalisierungsprozesse in der Regionalpolitik

Frontmatter
Die Institutionalisierung regionaler Politik in Deutschland
Zusammenfassung
Institutionalisierung regionaler Politik“folgt in Deutschland dem weltweit zu beobachtenden Trend zur Regionalisierung (Benz et al. 1999). „Regionale Politik“bezieht sich auf wirtschaftliche Regionalentwicklung, die von den Akteuren einer Region mitbestimmt wird. Dafür gibt es aber viele Formen, die von regionaler Selbststeuerung bis zur Regionalisierung staatlicher Politik reichen können1. Die angel-sächsische Literatur fasst alle diese Formen unter „regionalism“zusammen. Das hat aber zur Folge, dass die Theorie-Fähigkeit dieses Ansatzes sich lediglich auf den Tatbestand beziehen kann, dass die Region im Zuge der Globalisierung eine Aufwertung erfahren hat, wenn auch nur in Verbindung mit verstärkter überregionaler (Fremd)Steuerung („Glokalisierung“: Swyngedouw 1997). Interessiert man sich jedoch für den Prozess, wie Regionen sich zu kollektiven Handlungsträgern formieren und auf die Herausforderungen des Strukturwandels im Kontext der Globalisierung, Wissensgesellschaft und des schnellen technologischen Wandels konstruktiv reagieren, so sind die unterschiedlichen Formen differenziert zu untersuchen. Das ist im Folgenden nicht zu leisten.
Dietrich Fürst
Regionale Regulationsdispositive im nachfordistischen Wandel. Gewerkschaften zwischen arbeitspolitischer Modernisierung und wettbewerbsregionalistischer Reorganisation des lokalen Staates
Zusammenfassung
Den Gegenstand der folgenden Ausführungen bilden lokale und regionale Praxisformen, mit denen Gewerkschaften versuchen, den Umbruch in der gesellschaftlichen Arbeit zu gestalten und Einfluss auf die strategische Ausrichtung lokaler/regionaler Wirtschaftsförderung auszuüben. Hintergrund ist, dass sich in den 1990er Jahren Gewerkschaften gerade in Regionen, in denen der strukturelle Wandel als „radikaler Strukturwandel“ Gestalt annahm, indem er zunehmend tradierte, fordistische Organisations- und Politikformen (Großbetriebe mit starken Interessenvertretungen, in denen Gewerkschaften ihre organisatorischen Hochburgen hatten) unterminierte, zu relevanten Akteuren der Erneuerung lokaler/regionaler Formen der Wirtschafts- und der Arbeitsregulation und damit auch des lokalen institution building entwickelt haben. Allgemein betrachtet zielten solche lokal- und regionalpolitischen Neuorientierungen der Gewerkschaften darauf, geeignete Formen einer Arbeitspolitik zu entwickeln, in denen der mit der neoliberalen Globalisierung (Röttger 1997) intensivierte „stumme Zwang ökonomischer Verhältnisse“ gebrochen und ein Regulationsraum gesellschaftlicher Arbeit neu eröffnet werden kann. Es handelt sich um Ansätze zu einer pfadabhängigen Modernisierung eines kapitalistischen Entwicklungsmodells, das in der neueren politökonomischen Debatte gemeinhin als das „rheinische“ (Albert 1992) bzw. „koordinierte Kapitalismusmodell“ (Hall/Soskice 2001) bezeichnet wird.
Bernd Röttger

Institutionenpolitisches Lernen aus internationalen Vergleichen?

Frontmatter
Neue Handlungsansätze im Zusammenwirken von Kommunen, Bürgern, gesellschaftlichen und Markt-Akteuren in Großbritannien, Frankreich und Schweden. Was kann hieraus für Deutschland gelernt werden?
Zusammenfassung
In diesem Beitrag1 sollen einschlägige Regelungen, Handlungsansätze und Erfahrungen in europäischen Nachbarländern mit Blick auf das Verhältnis von Kommunen, Bürgern und nicht-staatlichen Akteuren behandelt werden, um im Anschluss daran die Frage aufzuwerfen, inwiefern sich für lokale Institutionenpolitik in Deutschland daraus etwas lernen lässt. Auch wenn eine unmittelbare Übertragung solcher ausländischen Regelungen und Ansätze kaum in Betracht kommen kann, da sie in der Regel von den spezifischen Ausgangsbedingungen des jeweiligen Landes und seinen geschichtlichen, politischen und kulturellen Besonderheiten geprägt sind, können gleichwohl Beispiele „guter Praxis“ („good practice“), aber auch negative Erfahrungen mit der gebotenen Vorsicht für „inter- und trans-nationales Lernprozesse“ genutzt werden.
Hellmut Wollmann
Backmatter
Metadata
Title
Institutionenwandel lokaler Politik in Deutschland
Editor
Michael Haus
Copyright Year
2005
Publisher
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-322-80740-3
Print ISBN
978-3-531-14629-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-80740-3