Skip to main content
Top

26-06-2014 | IT-Sicherheit | Schwerpunkt | Article

Der unvergessene Mario Costeja González

Author: Andreas Burkert

2:30 min reading time

Activate our intelligent search to find suitable subject content or patents.

search-config
print
PRINT
insite
SEARCH
loading …

Der Schock sitzt tief. Datenschützer sind empört. Seit heute filtert Google seine Suchergebnisse – auf Wunsch Einzelner. Zwischen Persönlichkeitsrecht, willkürlicher Zensur und technischem Unvermögen mischt sich Galgenhumor. Denn das Vorhaben kann überhaupt nicht gelingen.

Europa zeigt es der US-amerikanischen Datenkrake Google. Die Richter am Europäischen Gerichtshof haben entschieden, dass „der Betreiber einer Suchmaschine im Fall personenbezogener Daten auf von Dritten veröffentlichten Internetseiten für die von ihm vorgenommene Verarbeitung verantwortlich ist“. Kurzum. Fordert jemand sein Recht auf Vergessen ein, darf Google ihn nicht anzeigen. Der Spanier Mario Costeja González hat dieses Urteil vor dem EuGH erstritten, damit ein Link zu einer alten Zeitungsmeldung über ihn nicht mehr angezeigt wird.

Keine zwei Wochen später, nach dem Urteil, hat Google einen entsprechenden Löschantrag online gestellt. Mittlerweile haben Zehntausende den Antrag ausgefüllt. Seit heute dürfen sie alle damit rechnen, nicht mehr gefunden zu werden. Denn jetzt filtert Google seine Suchergebnisse. Naht nun das Ende der zivilisierten Gesellschafft, weil wir künftig auf große Teile gespeicherten Wissens verzichten müssen, so wie es Thomas Grüter in seinem Buch Offline! prophezeit? Nein!

EU-Rechtsprechung scheitert in der vernetzten Welt

Wie so oft wird die Rechtsprechung nämlich an den Gesetzen einer vernetzen Welt scheitern. Die Gründe sind profan: Es wird nur das Suchergebnis nicht angezeigt. Die Informationen sind weiterhin auf der betreffenden Internetseite verfügbar – und mit großer Wahrscheinlichkeit auf weiteren 100, 1000 oder mehr Seiten. Der Antragsteller aber muss jeden einzelnen Link inklusive einer Begründung angeben. Dann will der EuGH, dass Datenschützer vorliegende Anträge prüft. Das beuge einem Automatismus vor und verhindert, dass Suchmaschinen beim Löschen von Meinungen und Informationen willkürlich vorgehen. Aus gutem Grund wie unlängst der parlamentarische Staatssekretär im Innenministerium, Ole Schröder, dem Handelsblatt mitteilte: „Es muss verhindert werden, dass Suchmaschinen beim Löschen von Meinungen und Informationen willkürlich vorgehen.“

Weitere Artikel zum Thema

Soweit wird es aber nicht kommen – nicht einmal im Ansatz. Denn Google wie auch vermutlich andere Suchmaschinenbetreiber werden die eingereichten Links in einer Art Lookup-Tabelle speichern. Ein Algorithmus, um das Nichtanzeigen personenbezogenen Daten zu automatisieren, gibt es nicht, wie uns ein Unternehmenssprecher von Google auf Nachfrage mitteilt. Ändert der Seitenbetreiben also nur geringfügig die URL der Meldung, erscheint das Suchergebnis wieder. Auch wer mit einer außereuropäischen IP-Adresse die Suchmaschine aufruft, sieht sowieso weiterhin eine ungefilterte Linkliste.

Der Autor:

Dipl.-Ing (FH) Andreas Burkert verantwortet seit März 2012 als Portalmanager den Bereich E-Technik, Informatik + IT auf "Springer für Professionals" und ist Korrespondent der ATZ . Zuvor war er als Entwicklungsingenieur bei Siemens NK und sowie als Chefredakteur tätig.

Profile im Web:

Blog:http://future-technology-mobility.blogspot.de/

Google+:google.com/+AndreasBurkert

Homepage:http://www.drive-and-style.de

Twitter:https://twitter.com/drive_and_style

Premium Partner