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2018 | Book

Kommunikation und Gesundheit

Grundlagen einer Theorie der Gesundheitskommunikation

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About this book

Wenn von Gesundheitskommunikation die Rede ist, dann wird darunter in aller Regel das persönliche Übermitteln gesundheitsrelevanter Informationen im Rahmen der Arzt-Patienten-Kommunikation oder die mediengestützte Übermittlung gesundheitsförderlicher Botschaften verstanden. Der vorliegende Band stellt diesem eher funktionalistisch-technischen Ansatz eine sprachphilosophisch und erkenntnistheoretisch ausgerichtete Perspektive an die Seite und erweitert so den aktuellen gesundheitswissenschaftlichen Blick auf Gesundheitskommunikation. Auf diese Weise gerät dann nicht mehr nur die Informationsübermittlung, sondern vor allem auch die kreative Ausgestaltung der Beziehungen der Gesprächspartner in den Mittelpunkt einer Theorie gesundheitlich bedeutsamer Wirkungen von Kommunikation. Die Arbeit eröffnet so eine theoretisch hoch informierte Perspektive auf Gesundheitskommunikation und zugleich auch vielfältige theoretische und empirische Anschlussmöglichkeiten.

Der AutorDr. Thomas Hehlmann ist Universitätslektor am Fachbereich 11 Human-und Gesundheitswissenschaften der Universität Bremen.

Table of Contents

Frontmatter
Chapter 1. Einleitung
Zusammenfassung
Als die Pflegewissenschaftlerin Angelika Zegelin vor gut zwanzig Jahren zu einer Fachtagung zum Thema „Sprache und Pflege“ eingeladen hatte, gab es im Vorfeld dieser Tagung, wie sie schreibt, einige skeptische Bemerkungen, die davon ausgingen, dass es „im Gesundheitswesen wahrlich andere Probleme [gäbe], als sich jetzt auch noch um die Art und Weise zu kümmern, wie wir miteinander reden“ (Zegelin 1997, S. 7).
Thomas Hehlmann
Chapter 2. Was ist Kommunikation?
Zusammenfassung
Die Frage scheint fast trivial, da hier nach einer Beschreibung für etwas gefragt wird, das wir doch ständig tun und das seit dem Tag unserer Geburt so selbstverständlich zu unserem Alltag gehört wie das Ein- und Ausatmen. Und so, wie sich das Ein- und Ausatmen als eine Grundvoraussetzung für unser Überleben offenbart, so scheint auch Kommunikation bei näherer Betrachtung aufs Engste mit unserer Existenz verwoben zu sein. Vom ersten Tag unseres Lebens befolgen wir Regeln von Kommunikation, obwohl uns diese Regeln selbst kaum jemals bewusst werden (Watzlawick et al. 2003, S. 13).
Thomas Hehlmann
Chapter 3. Philosophische Kommunikation: Reden über den Zweifel
Zusammenfassung
Das Unbehagen, das uns im Grunde bei jeder eingehenderen Betrachtung des Begriffs Kommunikation befallen müsste, beschreibt Pauline Phemister in ihrer Einleitung zu John Lockes „Essay concerning Human Understanding“ vielleicht am besten, wenn sie feststellt.
Thomas Hehlmann
Chapter 4. Antike Skepsis und Gesundheitswissenschaften?
Zusammenfassung
Nun muss hier noch einmal betont werden, dass die Gesundheitswissenschaften speziell in Deutschland mehr aus pragmatischen Gründen und unter hohem Handlungsdruck ins Leben gerufen wurden. Eine fundierte, jahrhundertealte Denktradition, auf die man hätte aufbauen können, um das geforderte Handeln theoretisch zu begründen, war zu der Zeit ihrer Einrichtung als akademische Disziplin nicht verfügbar, und man vertraute eher darauf, dass die beteiligten Einzeldisziplinen diese Lücke erst einmal mit ihren eigenen Theorien, Inhalten und Methoden schließen würden.
Thomas Hehlmann
Chapter 5. Exkommunikation: die christliche Lehre über jeden Zweifel erhaben
Zusammenfassung
Sextus Empirikus hatte es vorausgesagt: Ein Dogmatiker, der über die dingliche Außenwelt oder über die Welt der abstrakten Begriffe Aussagen treffen wird, die diese Dinge und Begriffe als so und so beschaffen beschreiben, sich seiner Sache also sicher ist und mit Fug und Recht behaupten wird, wahre Aussagen über Gott und die Welt zu treffen, der wird als Dogmatiker über jeden Zweifel erhaben sein (müssen).
Thomas Hehlmann
Chapter 6. Die Moderne wird die Skepsis nicht los
Zusammenfassung
Wenn oben davon gesprochen wurde, dass der Widerstand gegen die Auswüchse der Industrialisierung am Ende des 19. Jahrhunderts sich auf einer breiten gesellschaftlichen Basis abspielte, dann ging diesem Widerstand eine Diskussion voraus, die sich in den Jahrhunderten zuvor lediglich in den intellektuellen Kreisen der Gesellschaft vollzog. Am Ende des 19. Jahrhunderts war die von Cusanus angedachte Einführung der Unendlichkeit in die Wissenschaft durch das technisch-positivistisch geordnete Weltbild der Naturwissenschaften bereits so sehr in ihre Schranken verwiesen worden, dass Friedrich Nietzsche dahinter nur einen einzigen Grund vermutete: „[…] alle Ordnungen des Menschen [sind doch] darauf eingerichtet, daß das Leben in einer fortgesetzten Zerstreuung der Gedanken nicht gespürt werde“ (Nietzsche 2015a, S. 373).
Thomas Hehlmann
Chapter 7. Die linguistische Wende: Sprache ist immer und überall
Zusammenfassung
Das „Spiel“ wird für Ludwig Wittgenstein (1889–1951) im „zweiten Anlauf“ seines Nachdenkens über die Sprache zu einer wegweisenden Metapher werden (s. u.). Mit Wittgenstein und einigen anderen Autoren beginnt dann am Anfang des 20. Jahrhunderts eine Wende, die später als „linguistische Wende“ (linguistic turn) beschrieben wird. Aus naheliegenden Gründen konnte irgendwann keine geisteswissenschaftliche Disziplin mehr, ob sie sich nun grade an den Universitäten zu etablieren begann oder ob sie bereits seit längerem am akademischen Markt gehandelt wurde, in irgendeiner Weise um eine Stellungnahme zu dem Phänomen der Sprache herumkommen.
Thomas Hehlmann
Chapter 8. Poststrukturalismus
Zusammenfassung
Zu eng geworden waren jene überkommenen, strukturalistischen Theorien, die die Leugnung des Subjekts und seine Verbindung zum Zeichen und zur Struktur vorangetrieben hatten. Aber auch unter den Rationalisten entwickelten sich kritische Stimmen, die eine anti-aufklärerische Denkweise entwickelten und den Erzählungen vom immerwährenden Fortschritt der Moderne einfach keinen Glauben mehr schenken wollten. Dabei erkannten die Menschen in der Post-Moderne zwar, dass diese Meta-Erzählungen der Moderne mit Lyotard wohl zu Ende waren, doch traute man sich nicht wirklich, die sprachliche Gebundenheit all dieser wittgensteinschen Sprachspiele als kontingent und eben nur „konstruiert“ zu durchschauen.
Thomas Hehlmann
Chapter 9. Gesundheit und Kommunikation
Zusammenfassung
Wenn wir also davon ausgehen, dass wir von Geburt an nicht hätten überleben können, ohne dass uns irgendjemand irgendeine Form der Zuwendung hätte zuteilwerden lassen, dann wäre damit die Frage nach dem Zusammenhang von Kommunikation und Gesundheit hinreichend und grundlegend geklärt: Versteht man Kommunikation als eine relationale und referentielle Form des „Sich-in-Beziehung-Setzens“, dann ist Kommunikation offensichtlich die existenzielle Grundvoraussetzung dafür, dass Leben und Überleben überhaupt möglich werden können. Fasst man den Kommunikationsbegriff noch etwas weiter, dann sind es aber nicht nur die verbalen und taktilen „Ansprachen“ an das Neugeborene, die hier überlebensnotwendig werden, sondern auch die materiellen Möglichkeiten, z. B. die Luft, die wir ein- und ausatmen, oder die Nahrung, die wir zu uns nehmen.
Thomas Hehlmann
Backmatter
Metadata
Title
Kommunikation und Gesundheit
Author
Thomas Hehlmann
Copyright Year
2018
Electronic ISBN
978-3-658-19494-9
Print ISBN
978-3-658-19493-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-19494-9