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12-07-2016 | Leichtbau | Nachricht | Article

Automobilindustrie will verstärkt Magnesium-Leichtbaupotenzial nutzen

Author: Ulrich Knorra

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Das hohe Leichtbaupotenzial von Magnesiumguss- und Magnesiumblechteilen soll künftig vor allem in Multi-Material-Lösungen auch verstärkt genutzt werden. Dies betonten die Referenten aus Industrie und Wissenschaft beim Cluster-Treff an der Hochschule Landshut.

"Innovative Leichtbaustrukturen aus Magnesium – Herausforderungen und Lösungen" lautetet die Veranstaltung des Cluster Automotive, dem Cluster Neue Werkstoffe und dem Leichtbau-Cluster der Hochschule.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand das große aber in der Automobilindustrie nur in begrenztem Maße genutzte Leichtbaupotenzial von Magnesium, einem der leichtesten metallischen Konstruktionswerkstoffe. Im Leichtbau seien Metalle und neben Aluminium besonders eben Magnesium ein wichtiges Thema, wie Dr. Matthias Konrad, Leiter Material bei der Bayern Innovativ GmbH in Nürnberg, erläuterte. Auch an der Hochschule Landshut, an der Leichtbau bereits seit 2001 eine wichtige Rolle spiele, habe man sich intensiv mit Magnesium befasst, wie Hochschulpräsident Prof. Dr. Karl Stoffel in seiner Begrüßung sagte.

Leichtbau-Potenzial des Magnesiums nutzen
Magnesium stellt für Klaus Decking von der Georg Fischer Automotive AG in Schaffhausen, "das verkannteste Material dar, wenn es um Leichtbau geht". Es habe große Vorteile und noch viel Potenzial, das es auszuschöpfen gelte. Die Produktionskosten seien bei Carbonbauteilen etwa dreimal so hoch wie bei Aluminium oder Magnesium. Zusätzlich seien bei Magnesium weniger Prozessschritte nötig. Durch neue Herstellungsverfahren wie dem Gießwalzen könne Magnesium kostengünstiger produziert werden, rücke neben seinen Materialeigenschaften also zunehmend auch aus ökonomischen Aspekten wieder ins Betrachtungsfeld der Industrie. Es fehle nicht an der Technik oder am Material, "sondern an den Leuten, die es anwenden".

Auch Christoph Schendera, Europäische Forschungsgemeinschaft Magnesium e.V., sprach sich für die verstärkte Verwendung von Magnesium, den leichtesten metallischen Strukturwerkstoff, aus. Dies auch wegen der exzellenten Vergießbarkeit, einem hohen Festigkeits-/ Gewichtsverhältnis und damit einem hohen Gewichtseinsparpotenzial (ca. 55 % gegenüber Stahl, 25 bis 40 % gegenüber Aluminium), eine hundertprozentige Recyclierbarkeit und eine nahezu uneingeschränkte Verfügbarkeit seien klare Vorteile. Zwar sei der Preis pro Tonne Magnesium teurer im Vergleich zu Aluminium, allerdings das Einsparpotenzial beim Gewicht höher.

Durchschnittlich würden etwa 4 kg Magnesium aber knapp einhundertfünfzig Kilogramm Aluminium pro Fahrzeug verbaut. Hemmend wirkt sich für ihn das Vorurteil aus, Magnesium brennt und korrodiert. Wobei beides in Griff zu bekommen sei, auch wenn noch viel Magnesium-Know-how und vor allem Langzeiterfahrung von verschiedenen Legierungen nötig sei. Zusätzliche Verwendungsmöglichkeiten von Magnesium für einen ökologisch und ökonomisch motivierten Leichtbau moderner Fahrzeuge sieht er im Multi-Material-Design. Wenn zum Beispiel Türen und Heckklappen eines Fahrzeugs in Mischbauweise aus Aluminium und Magnesium anstelle von Stahl produziert würden, könne rund die Hälfte an Gewicht, also rund 40 bis 50 kg eingespart werden.

Magnesium-Verwendung durch Forschung ermöglichen
Das hohe Leichtbaupotenzial von Magnesium sei heute im Automobilbau wieder in den Fokus gerückt, doch sei das Thema nicht neu, wie Dr. David Klaumünzer von Volkswagen erklärte. Bereits Motorblock und Getriebegehäuse beim VW Käfer seien Magnesiumgussteile gewesen, rund 20 kg Magnesium hätten in jedem Fahrzeug gesteckt. Vor allem Bauteile aus Magnesiumguss fänden auch heute in Fahrzeugen neben Aluminium immer häufiger Einsatz, hier gebe es viele weitere Möglichkeiten, doch auch Magnesiumbleche müssten fit für den Einsatz gemacht werden. VW entwickle gerade eine vielversprechende Magnesiumknetlegierung, die es erlauben soll, Fahrzeugkomponenten auch in Warmumformung bei relativ niedrigen Temperaturen zu produzieren. Die Verwendungsmöglichkeiten könnten so zum Beispiel bei außenliegenden Blech- und Anbauteilen deutlich gesteigert und so auch das Leichtbaupotenzial von Magnesiumblechen stärker genutzt werden.

Die Materialeigenschaften von Magnesiumblechen zu charakterisieren und modellieren, um damit die Grundlage für die Simulation und Konstruktion von Bauteilen zu ermöglichen, hatte das vom BMBF geförderte Forschungsprojekt "MagFest" an der Hochschule Landshut zum Ziel. Unter Leitung von Prof. Dr. Otto Huber vom Kompetenzzentrum Leichtbau der Hochschule Landshut LLK wurde eine experimentelle Analyse und numerische Modellierung des Betriebsfestigkeitsverhaltens von Blechen aus Magnesiumknetlegierungen vorgenommen.

Josef Denk vom LLK stellte ein darin entwickeltes energiebasiertes Schädigungsmodell im einaxialen Bereich vor, das sehr große Übereinstimmungen mit den experimentell ermittelten Ergebnissen aufweist und damit als Grundlage für die Lebensdauerabschätzung und die betriebsfeste Auslegung von Bauteilen geeignet sei. Untersucht worden seien dabei verschiedene im Gießwalz- oder Strangpressverfahren hergestellte Legierungen. Weitere Forschungsaktivitäten zur Analyse und Modellierung gekerbter und umgeformter Magenesiumbleche liefen derzeit am LLK in Kooperation mit der Paris Lodron Universität Salzburg im Rahmen des Interreg-Projekts "nano-to-macro".

Die Entwicklung eines optimierten Prozesses für den Magnesiumguss zeigte Dr. Andreas Fent von BMW am Beispiel einer Magnesiumtragstruktur für die Instrumententafel der neuen 7er-Reihe. Von der ersten Bauteilauslegung und deren Optimierung über die Simulation des Gießwerkzeugs bis hin zur fertigen hochflexiblen Gießzelle, in der sowohl Magnesium als auch Aluminium gegossen werden kann.

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