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14-10-2015 | Management + Führung | Interview | Article

"Machen Sie sich überflüssig!"

Author: Andrea Amerland

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Ohne klare Werte und selbstständig arbeitende Teams, läuft der Laden nicht. Erst, wenn Manager das Tagesgeschäft hinter sich lassen, haben sie ihre Aufgabe richtig gemacht, so Bernhard Kaschek und Ilona Schumacher im Interview.

Springer für Professionals: Was braucht eine Führungskraft, um wirklich führen zu können?

Ilona Schumacher: Sich selbst zu reflektieren, ist die wichtigste Qualifikation. Daraus entwickelt sich das Bewusstsein um die eigene Person und nur so kann ein Weg zur authentischen Führung gefunden werden. Absolut unerlässlich ist es, eine Intention, ein Leitbild zu haben. Wohin wollen Sie führen, ohne ein Ziel vor Augen? Diese Zielvorstellung sollte die Führungspersönlichkeit begeistert vermitteln. Diese Begeisterung wirkt ansteckend auf die Mitarbeiter, das Team. Eine Person, die andere führt, sollte über ein stabiles Wertesystem verfügen. Ohne Werte gleitet man in die Beliebigkeit frei nach dem Motto "I stood for nothing, so I fell for everything“ ab.

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Eine solche Haltung ist gefährlich, weil man nicht in der Lage ist, Sicherheit zu bieten. Mitarbeiter brauchen aber Sicherheit und Stabilität. Eine Führungskraft sollte berechenbar sein für ihre Mitarbeiter. Zu all dem gesellt sich Entscheidungsstärke als Kompetenz. Der Führungsalltag ist gekennzeichnet durch immer neue Problemstellungen, die Entscheidungen einfordern. Zeit zur umfassenden Analyse ist häufig nicht ausreichend gegeben. Die moderne Führungskraft braucht eine rasche Auffassungsgabe, den Mut zur Entscheidung, ein starkes Team zur Unterstützung und sie sollte sich einen Sparringspartner an die Seite stellen. All diese Qualifikationen können entwickelt werden. Darüber hinaus kann dann mit so genannten Tools ein Repertoire an Techniken erlernt werden, die es in Standardsituationen einfacher machen, zu agieren.

Studien belegen, dass Führungskräfte 40 Prozent ihrer Arbeitszeit mit dem Machterhalt verbringen. Sie raten Managern hingegen "Machen Sie sich überflüssig." Ich wäre gerne mal dabei, wenn Sie Manager mit dieser Aussage konfrontieren … Wie sind die Reaktionen?

Bernhard Kaschek: Ja, ich genieße das auch immer (lacht). Nun, zunächst einmal gibt es ziemlich verständnislose Gesichter. Aber diese Phase dauert zumeist nicht lange. Sich überflüssig machen, heißt doch, als Leitender dafür zu sorgen, dass der Laden läuft. Ich mache kein Micro-Management mehr, ich habe dafür gesorgt, dass meine Leute selbstverantwortlich im Rahmen der Vorgaben handeln, ich traue ihnen das zu und sorge gegebenenfalls durch Training- und Development-Maßnahmen dafür, dass sie es voll umfänglich können. Das Tagesgeschäft läuft auf hohem Niveau, weil ich dafür gesorgt habe. Somit habe ich Zeit und Kraft für meine eigentliche Aufgabe, nämlich mich darum zu kümmern, dass wir beispielsweise mit einer adäquaten Strategie unterwegs sind und noch besser werden in allen Belangen.

Wenn diese Situation eintritt, dann haben Sie Ihre Managementaufgabe aus meiner Sicht auf die beste Weise erfüllt. Sie sind im Tagesgeschäft nur noch durch Ihr Controlling für die Mitarbeiter sichtbar, vielleicht durch daraus resultierende, punktuelle Interventionen. Aber aus dem Tagesgeschäft sind Sie raus und müssen Sie raus, sonst sind Sie kein Manager, sondern ein viel zu teuer bezahlter Mitarbeiter. Und eigentlich sollte man Management und Leadership spürbar nur in Krisensituationen brauchen, denn für das so genannte Tagesgeschäft haben Sie einfach dafür gesorgt, dass der Laden läuft: mit den richtigen Leuten, den richtigen Prozessen, der richtigen Kultur, den richtigen Kommunikationsmitteln. Ja, meine Einladung an die Leitenden in den Unternehmen und NGOs gilt: Machen Sie sich überflüssig!

Wenn Sie die Ergebnisse der Interviews Ihres Buches auf einen kurzen Nenner bringen müssen: Welches Fazit würden Sie ziehen?

Illona Schumacher: Wir haben 13 Personen dieselben Fragen gestellt - unter anderem Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Sylvia Becker vom WWF oder Petri Kokko von Google. Herausgekommen sind eindeutige Übereinstimmungen zu Kernthemen der Führung wie etwa der Frage, was ist Erfolg? Auch die Motivationslage ist bei den Interviewpartnern sehr ähnlich. Viel spannender ist aber, dass die Individualität der Persönlichkeiten in jedem Interview deutlich wird. Das ist ein Beleg dafür, dass es nicht 'die' eine Führungsmethode gibt. Führung ist so individuell wie die Personen, die führen. Das gibt Hoffnung – denn führen ist keine Geheimwissenschaft und auch nicht von einem Persönlichkeitstypus oder Führungsstil abhängig. Es kommt vielmehr auf die Authentizität, den Willen und den Kontext an.

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Dr. Markus Ernst, zum Zeitpunkt des Interviews Vorstand Marketing & Vertrieb der Schuler AG
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