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17-07-2017 | Materialentwicklung | Nachricht | Article

Durchbruch für die Spintronik

Author: Nadine Winkelmann

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Es ist ultradünn, am Rand elektrisch leitend und im Inneren hochgradig isolierend – und das auch bei Raumtemperatur: Physiker der Universität Würzburg haben ein neues Material entwickelt, das viel verspricht.

Die Materialklasse der topologischen Isolatoren steht derzeit im Mittelpunkt der internationalen Festkörperforschung. Diese Stoffe sind im Inneren elektrisch isolierend, aber ihrer Oberfläche mit einer leitfähigen Hülle versehen. Der Spin des Elektrons, dessen Ausrichtung sehr effizient Informationen übertragen kann, ist bei der Bewegung durch diese Oberflächenkanäle gegen Ablenkung geschützt. Aufgrund dieser Eigenschaften könnten topologische Isolatoren eine direkt auf dem Spin basierende Datenverarbeitung ermöglichen – die sogenannte Spintronik.

Mit zunehmender Temperatur eines topologischen Isolators wurden jedoch bisher alle Quanteneffekte ausgewaschen und damit auch die besonderen Eigenschaften der elektrisch leitenden Ränder. Aus diesem Grund müssen alle bekannten topologischen Isolatoren auf sehr tiefe Temperaturen – meist bis zu minus 270 C° – gekühlt werden, um die Quanteneigenschaften der Randkanäle studieren zu können. Ein Team aus Würzburger Physikern hat ein neues Konzept vorgestellt, um dieses Problem zu umgehen. Daran beteiligt waren die Experimentalphysiker aus dem Lehrstuhl für Experimentelle Physik IV, Professor Ralph Claessen und Privatdozent Dr. Jörg Schäfer sowie die Theoretiker vom Lehrstuhl für Theoretische Physik I, Professor Ronny Thomale, Professor Werner Hanke und Dr. Gang Li. Die Ergebnisse ihrer Arbeit haben die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe von Science veröffentlicht.

Gezieltes Materialdesign

Eine spezielle Materialkombination ist die Basis des Würzburger Durchbruchs: Eine ultradünne Schicht aus einer einzigen Lage von Bismut-Atomen, die auf einer Unterlage aus Siliziumkarbid aufgebracht wird. "Die kristalline Struktur des Siliziumkarbid-Trägers führt bei der Abscheidung des Bismut-Films zu einer wabenförmigen Anordnung der Bismut-Atome –sehr ähnlich der Struktur des Wundermaterials Graphen, das aus Kohlenstoffatomen aufgebaut ist", erklärt Professor Ralph Claessen. Wegen dieser Analogie wird der ultradünne Film als "Bismuten" bezeichnet.

Allerdings bilden Bismuten im Unterschied zu Graphen eine chemische Bindung an die Unterlage aus. Diese spiele eine zentrale Rolle in dem neuen Konzept, damit das Material die gewünschten elektronischen Eigenschaften besitzt, wie eine computergestützte Modellierung deutlich zeige: "Während herkömmliches Bismut ein elektrisch leitfähiges Metall ist, bleibt die wabenartige Monolage ein ausgeprägter Isolator, und das selbst bei Raumtemperatur und weit darüber", so der Physiker.

Elektronenautobahn in Randlage

Die elektronischen Leitungspfade kommen am Rand eines Bismuten-Stückchens ins Spiel. Dort befinden sich die metallischen Randkanäle, die bei der Datenverarbeitung der Zukunft genutzt werden sollen. Für die Nutzbarkeit in elektronischen Bauelementen ist es allerdings wesentlich, dass es keinen Kurzschluss durch das Innere des topologischen Materials oder durch das Substrat gibt. "In bisherigen topologischen Isolatoren musste dies mithilfe der extremen Kühlung sichergestellt werden", erklärt Jörg Schäfer. Mit dem neuen Bismuten-Konzept sei dieser Aufwand jedoch nicht mehr erforderlich: Wegen des ausgeprägten Isolatorverhaltens der Schicht und der Unterlage seien keine störenden Kurzschlüsse mehr möglich.

"Derartige Leitungskanäle sind topologisch 'geschützt', das heißt, mit ihnen kann man nahezu verlustfrei Informationen übertragen", erklärt Ralph Claessen. Da auf diese Weise eine Datenübermittlung mit wenigen Elektronenspins – die Spintronik – vorstellbar wird, erhofft sich das Würzburger Team große Fortschritte für eine effizientere Informationstechnologie.

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