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2008 | Book

Ökologische Ökonomie

Eine Einführung

Author: Holger Rogall

Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Table of Contents

Frontmatter
Einleitung
Auszug
Das Ausmaß der Bedrohung der menschlichen Zivilisation durch die globalen Umweltprobleme und die Perspektiven ihrer weiteren Entwicklung werden seit Jahrzehnten unterschiedlich beurteilt. Während ein Teil der Wissenschaftler und Politiker Befürchtungen über die ernste Bedrohung der natürlichen Systeme als weit überzogen ansieht und einen Öko-Optimismus fordert (Maxeiner; Mirsch 1996; Becker-Boost; Fiala 2001), sieht ein anderer Teil die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen so weit fortgeschritten und die gesellschaftlichen Strukturen derart erstarrt, dass eine Öko-Katastrophe nicht mehr zu verhindern sei (Taylor 1970).
1. Ausgangslage
Auszug
Historisch hat sich die Auseinandersetzung um die Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung aus der Diskussion über den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen in den 1970er und 1980er Jahren entwickelt. Daher skizzieren wir in dem vorliegenden Kapitel zunächst die historische Entwicklung der Umweltbelastungen, dann die Umweltprobleme zum Beginn des 21. Jahrhunderts und schließlich die Grundlagen des Begriffs sustainable development (nachhaltige Entwicklung).
2. Beitrag der neoklassischen Umweltökonomie
Auszug
In dem vorliegenden Kapitel geht es um die Frage, welchen Beitrag die neoklassische Umweltökonomie für eine nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Ökonomie geleistet hat. Um dies beurteilen zu können, werden zunächst ihre Grundlagen erläutert und bewertet.
3. Grundlagen der ökologischen Ökonomie
Auszug
Die ökologische Ökonomie (andere Autoren sprechen von Ökonomik) ist in den 1980er Jahren aus der Kritik an der neoklassischen Umweltökonomie entstanden. In dem vorliegenden Kapitel geht es darum, ihre Grundlagen kennen zu lernen. über die Grundlagen einer neuen Umweltökonomie wird seit Ende der 90er Jahre im Zuge der Diskussion um den Beitrag der Ökonomie für eine nachhaltige Entwicklung an der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin (FHW) diskutiert. Sie versteht sich als Unterschule der ökologischen Ökonomie. Dabei werden wir immer dann von neuer Umweltökonomie sprechen, wenn es sich um unsere eigenen Positionen handelt, die von der Mehrheitsmeinung der ökologischen Ökonomie abweichen (vgl. Kap. 4).
4. Neue Umweltökonomie
Auszug
Wie im letzten Kapitel ausgeführt, ist die ökologische Ökonomie keine einheitliche Wirtschaftstheorie, sondern basiert auf einem Meinungspluralismus, der bei vielen Positionen zur weiteren Diskussion herausfordert. Eine Unterschule der ökologischen Ökonomie ist die neue Umweltökonomie, die sich für eine Weiterentwicklung der ökologischen Ökonomie zu einer nachhaltigen Ökonomie einsetzt. Sie ist in den 1990er Jahren im Zuge der Diskussionen um den Beitrag der Ökonomie für eine nachhaltige Entwicklung an der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin entstanden. Im Mittelpunkt ihrer Arbeiten steht die Analyse der Bedingungen, wie hohe ökologische, ökonomische und sozial-kulturelle Standards im Rahmen der natürlichen Tragfähigkeit erreicht werden können (Definition der nachhaltigen Entwicklung). Hierzu haben u.a. die Arbeiten von Hans Christoph Binswanger (1979), Erhard Eppler (1981), Ernst Ulrich von Weizsäcker (1993, 1995), Hans Nutzinger (1991), Michael Müller (1994) und Hermann Bartmann (1996) wertvolle Impulse geliefert. Wir verwenden den Begriff neue Umweltökonomie, um eigene Positionen und Weiterentwicklungen der Ansätze der ökologischen Ökonomie kenntlich zu machen (dabei zeigt das Studium der Literatur, dass viele Positionen auch von einer Reihe anderer Autoren - manchmal sogar früher als von uns selbst — vertreten wurden).
5. Diskursangebot zu einer Nachhaltigkeitsethik
Auszug
In diesem Kapitel geht es darum, die Frage zu beantworten, ob wir Menschen in der Lage sind und sein sollten, trotz der sozial-ökonomischen Faktoren (Kap. 2.2) einen individuellen Beitrag für die intra- und intergenerative Gerechtigkeit zu leisten. Es bedarf heute ja keiner weiteren Beweise für die dramatische Klimaerwärmung, für die übernutzung der natürlichen Ressourcen, das Artensterben und die Armut. Wir kennen die Fakten und sind trotzdem offensichtlich nicht in der Lage, die Grenzen der Tragfähigkeit der Natur einzuhalten, weil die Produkte nicht die ökologische Wahrheit sagen, weil uns das Gefangenendilemma einen eigenen Beitrag sinnlos erscheinen lässt (vgl. Kap. 2.2). Jeder Leser sollte sich am Ende des Kapitels also selbst die Frage beantworten können, inwieweit uns eine Ethik der Nachhaltigkeit einen Weg zu einem nachhaltigen Verhalten eröffnen kann.
6. Skizze der transdisziplinären Grundlagen
Auszug
Eine nachhaltige Entwicklung strebt, wie beschrieben, für alle heute lebenden Menschen und künftigen Generationen eine gerechte Gesellschaft mit hohen Standards im Rahmen der natürlichen Tragfähigkeit an. Während die neoklassischen Ökonomen die Fragen von dauerhaften Systemen als vorwiegend ökonomische Probleme betrachten, sehen ökologische Ökonomen Lösungen nur durch die Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen (transdisziplinärer Ansatz). Uns scheinen die folgenden Disziplinen mit ihren spezifischen Beiträgen für die wissenschaftliche Bearbeitung der Bedingungen einer nachhaltigen Entwicklung besonders wichtig: (1) Ökologische Ökonomie (gesamtwirtschaftlich): Erarbeitung der Bedingungen und Ziele sowie die Mitwirkung an der Entwicklung, Durchsetzung und Bewertung der Instrumente zur Einleitung einer nachhaltigen Entwicklung. (2) Ökologische Ökonomie (betriebswirtschaftlich, auch Umweltmanagement genannt): Entwicklung von praktikablen Maßnahmen zur Umsetzung von Zielen und Maßnahmen einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung bei der Produktion und Produktgestaltung. (3) Volkswirtschaftslehre: Analyse der nationalen und globalen wirtschaftlichen Bedingungen für eine nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Ökonomie in ihren drei Zieldimensionen. (4) Politikwissenschaften: Analyse der gesellschaftlichen Interessensgruppen und ihres Einflusses; Entwicklung von Zielen, Strategien und Instrumenten für eine nachhaltige Entwicklung. (5) Rechtswissenschaften: Kodifizierung von Instrumenten. (6) Weitere Sozial- und Geisteswissenschaften: Erarbeitung der nachhaltigkeitsrelevanten ökonomischen, historischen, ethischen, soziologischen und psychologischen sowie pädagogischen Grundlagen und Zusammenhänge; Erarbeitung von Vorschlägen für eine Umweltethik und Umweltpädagogik.
7. Operationalisierung des Nachhaltigkeitsbegriffs
Auszug
Wir hatten nachhaltige Entwicklung als eine Entwicklung definiert, die hohe ökologische, ökonomische und sozial-kulturelle Standards im Rahmen der natürlichen Tragfähigkeit anstrebt, für alle Menschen auf der Welt und für die folgenden Generationen. Aufgrund der sozial-ökonomischen Faktoren (vgl. Kap. 2.2) wird eine derartige zukunftsfähige Entwicklung nicht von alleine erfolgen, vielmehr bedarf es der konsequenten Umsetzung der in Kapitel 4.3 vorgestellten Strategiepfade einer nachhaltigen Entwicklung. Nicht geklärt ist hierbei die Frage, wie diese Strategiepfade gesellschaftlich durchgesetzt werden können. Ein fertiges Konzept existiert hierfür bislang nicht, vielmehr beschränkt sich die Politik auf die Auswahl einzelner Handlungsfelder (z. B. Klimapolitik, Energiepolitik), in denen mittels politisch-rechtlicher Instrumente Fortschritte erzielt werden sollen.
8. Überblick über die Instrumente
Auszug
Viele Umweltpolitiker und -wissenschaftler hoffen, dass alle Wirtschaftsakteure durch Aufklärung und Bewusstseinsbildung erkennen, dass die Übernutzung der Natur die Lebensgrundlagen von Milliarden Menschen und anderen Lebewesen zerstören wird und sie sich deshalb z. B. in ihrem Energieverbrauch bewusst einschränken. Durch die Erkenntnisse der Umweltökonomie wissen wir aber, dass sich Menschen aufgrund der sozial-ökonomischen Faktoren (Externalisierung von Umweltkosten, psychologische Faktoren usw.) nur schwer dauerhaft nachhaltig verhalten können. Ihr Kaufverhalten wird bestimmt durch: (1) ihr Einkommen, (2) die Preise der Produkte, (3) von ihren Lebensstilen (Schichtzugehörigkeit, Wertschätzung von Qualität), (4) den sozial-kulturellen Einflüssen (z. B. Image der Produkte), (5) Idealistischen Zielen (z. B. Umweltbewusstsein). Da die Produkte aber falsche Preissignale senden (Umweltkosten werden externalisiert) und sich die Konsumenten und Produzenten im Gefangenendilemma befinden (vgl. Kap. 2.2), verhalten sich die Wirtschaftsakteure in ihrer Mehrheit oft zweckrational. Wenn z. B. eine Öl-Heizung Wärme betriebswirtschaftlich preiswerter zur Verfügung stellen kann als erneuerbare Energien (da die Folgekosten der Klimaerwärmung nicht im Öl-Preis enthalten sind), werden die meisten Menschen die Öl-Heizung wählen. Diesen sozial-ökonomischen Faktoren kann sich kaum jemand vollständig entziehen.
9. Ausgewählte umweltökonomische Instrumente
Auszug
In diesem Kapitel wollen wir zwei ausgewählte umweltökonomische Instrumente genauer ansehen, die besonders geeignet erscheinen, die übernutzung der natürlichen Ressourcen zu verhindern. Im Mittelpunkt stehen die Ökologisierung des Finanzsystems und handelbare Naturnutzungsrechte.
10. Nachhaltigkeit in der globalisierten Welt
Auszug
Wir haben im 1. Kapitel gezeigt, dass Umweltprobleme in der Vergangenheit immer lokaler oder regionaler Natur waren. Aufgrund der Fortschritte bei den nachsorgenden Umweltschutztechniken geraten diese Probleme in den Industriestaaten im 21. Jh. zunehmend in den Hintergrund, dafür wird die Senkung des Ressourcenverbrauchs zur dominierenden Herausforderung. Spätestens seit der Rio-Konferenz von 1992 wissen wir, dass die Probleme der Ressourcenübernutzung weder mit nachsorgenden Techniken noch auf der nationalstaatlichen oder auf einer isolierten supranationalen Ebene zu lösen sind. Vielmehr geht es um die ökologische Umstrukturierung der Weltwirtschaft (inkl. ihrer Produktinnovationen und Konsumstile), d.h. um die Ersetzung des heutigen Wachstumsparadigmas durch ein Nachhaltigkeitsparadigma. Als wenn das nicht Aufgabe genug wäre, dürfen im Zuge einer nachhaltigen Entwicklung die ökonomischen und sozial-kulturellen Dimensionen nicht außer Acht gelassen werden, so muss z. B. die Sicherung der Grundbedürfnisse für alle Menschen erreicht werden. Wie hierfür die Ausgangsbedingungen, die Hemmnisse und Lösungsansätze aussehen, wollen in diesem Kapitel skizzieren.5
Schlusskapitel: Zusammenfassung und Ausblick
Auszug
Die ökologische Ökonomie ist in den 1980er Jahren aus der Kritik an der neoklassischen Umweltökonomie entstanden. Sie versteht sich als transdisziplinäre Schule zur Umsetzung einer nachhaltigen Entwicklung, wobei z. Z. die Frage im Mittelpunkt steht, wie die Grenzen der natürlichen Tragfähigkeit eingehalten werden können. Wir haben in dem vorliegenden Buch versucht ihre wichtigsten Grundlagen und Aussagen zu erläutern sowie Hinweise zu ihrer Weiterentwicklung — als Vorschläge der neuen Umweltökonomie — unterbreitet, sie sollen stichpunktartig wie folgt zusammengefasst werden:
  • Erstens: Ausgangslage: Die ökologische Ökonomie und die neue Umweltökonomie gehen davon aus, dass die Belastung der natürlichen Lebensgrundlagen durch die Übernutzung der natürlichen Ressourcen und die Freisetzung von Stoffen ein Ausmaß angenommen hat, das dauerhaft nicht aufrechtzuerhalten ist. Aus dieser Erkenntnis wird die Konsequenz abgeleitet, dass die Menschheit ein neues Entwicklungsmodell benötigt. Eine Leitidee, die eine weitere Entwicklung in den Grenzen der natürlichen Tragfähigkeit anstrebt, starke nachhaltige oder zukunftsfähige Entwicklung genannt. Hierbei vertritt sie die Position einer starken bis strikten ökologischen Nachhaltigkeit, die den dauerhaften Erhalt, nicht den optimalen Verbrauch in den Mittelpunkt ihres Interesses stellt. Somit sieht sie die Wirtschaft als ein Subsystem eines begrenzten globalen ökologischen Gesamtsystems an, dessen Grenzen nicht überschritten werden dürfen (Grenzen der natürlichen Tragfähigkeit).
Backmatter
Metadata
Title
Ökologische Ökonomie
Author
Holger Rogall
Copyright Year
2008
Publisher
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-91001-7
Print ISBN
978-3-531-16058-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-91001-7