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2018 | Book

Produktive Ambivalenz

Die soziale Herstellung von Selbsthilfe in der Entwicklungszusammenarbeit

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About this book

Lucia Artner befasst sich mit einem grundlegenden Paradox der Entwicklungszusammenarbeit – der Idee der Hilfe zur Selbsthilfe. Die in der bisherigen Entwicklungsforschung herausgearbeiteten Dilemmata unterzieht sie dabei einem Perspektivwechsel. Mit Blick auf konkrete Interaktionen untersucht die Autorin empirisch, wie durch die Beteiligten tagtäglich dieses Paradox praktisch bearbeitet wird. Trotz unhintergehbarer asymmetrischer Machtverhältnisse wird ein Schein von Gleichheit in der Interaktion konsensual hergestellt. Das paradoxale Unterfangen einer Hilfe zur Selbsthilfe stellt sich somit als eine durchaus ‚produktive‘ Ambivalenz dar.

Table of Contents

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung: Das Paradox der Hilfe zur Selbsthilfe in der Entwicklungszusammenarbeit
Zusammenfassung
Hilfe zur Selbsthilfe kann nur funktionieren, wenn ein Glauben bzw. Vertrauen daran vorhanden ist. Genauer genommen, ist es ein Glaube derjenigen, welche anderen dabei helfen, sich selbst zu helfen. So ist dies aus den beiden obigen Zitaten, die im Kontext der gegenwärtigen Entwicklungszusammenarbeit geäußert wurden, abzuleiten. Das erste Zitat entstammt einem für diese Studie geführten Interview mit einem Berater namens John Martin, der im Auftrag einer deutschen, nichtstaatlichen Hilfsorganisation die Implementierung eines Selbsthilfeprogrammes in verschiedenen Ländern in Afrika und Asien betreut.
Lucia Artner
Kapitel 2. Forschungsstand: Entwicklungspolitische Paradigmen und die Paradoxien ihrer praktischen Umsetzung
Zusammenfassung
In diesem Kapitel werden die wesentlichen empirischen Forschungsarbeiten über den Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, die sich dem ambivalenten Verhältnis zwischen entwicklungspolitischen Leitideen (wie u.a. Hilfe zur Selbsthilfe) und der sozialen Realität ihrer Implementierung in Projekten vor Ort widmen, diskutiert. Hierbei werden vor allem Arbeiten aus dem Bereich der Entwicklungsanthropologie und -soziologie herangezogen, die sich mit der (nichtstaatlichen) Entwicklungshilfe bzw. Entwicklungszusammenarbeit auseinandersetzen.
Lucia Artner
Kapitel 3. Forschungsdesign: Methodische Überlegungen zu einem Perspektivwechsel
Zusammenfassung
Die Sichtung des Forschungstandes mündete in die Forderung nach einer geänderten Heuristik, nach einer, die einen Perspektivwechsel eröffnet auf das Paradox, dass die Hilfe zur Selbsthilfe darstellt – insofern man sie als etwas versteht, dass durchaus ‚erfolgreich‘ gemacht werden kann. Für das Forschungsdesign der vorliegenden Studie impliziert dies, die erwähnten Aporien der Hilfe zur Selbsthilfe in der von Widersprüchen und Unwägbarkeiten durchtränkten Entwicklungszusammenarbeit als Arbeitsprobleme der Beteiligten zu respezifizieren (vgl. Garfinkel 1991): Dadurch wird der Blick gerichtet auf den situativen, konkreten Umgang mit abstrakten, widersprüchlichen Ideen wie Hilfe zur Selbsthilfe und entsprechend untersucht, wie praktische Lösungen bzw. Prozesse ihrer Bearbeitung aussehen können.
Lucia Artner
Kapitel 4. Fallstudie – Feldstudie: Paradigmatischer Fall und Sampling, Forschungsfeld und Feldzugang
Zusammenfassung
In diesem Kapitel soll zum einen das in der Studie bearbeitete Forschungsfeld und der Zugang zu diesem Feld umrissen werden. Da die Konstruktion eines solchen Forschungsfeldes jedoch in einer Wechselwirkung steht mit Überlegungen dazu, was ein paradigmatischer Fall in der Frage nach der sozialen Herstellung von Selbsthilfe in der Entwicklungszusammenarbeit ist und danach, wie entsprechend das Sampling ausgestaltet sein muss, wird dies zunächst vorangestellt.
Lucia Artner
Kapitel 5. Empirische Untersuchung: Ein Selbsthilfeprogramm und seine soziale Praxis – Das Beispiel organisierter Treffen
Zusammenfassung
Für die Analyse des empirischen Materials wurde eine Auswahl von verschiedenen Formen von Treffen eingehender betrachtet: Es wurde untersucht, wie Selbsthilfe in für das untersuchte Selbsthilfeprogramm paradigmatischen, organisierten und formalisierten Begegnungsformen durch die jeweils Beteiligten prozessiert und operationalisiert wird. Anders formuliert: Wie die Idee von Hilfe zur Selbsthilfe in einer Art und Weise konstruiert wird, dass sie konkretisiert, in einer Situation für die Beteiligten sinnvoll, erkennbar und (be-)greifbar wird. Die Treffen, die für die Analyse ausgewählt wurden, werden in den Unterkapiteln 5.1 bis 5.3 im Hinblick auf drei Themenbereiche (Gestaltung von Räumen, Zeitenn, Inhalten) beschrieben und näher dargestellt.
Lucia Artner
Kapitel 6. Diskussion: Die Konstruktion von Selbsthilfe und die Reproduktion ihres Paradoxes
Zusammenfassung
Was lässt sich nun anhand der vorliegende Untersuchung von verschiedenen Treffen im Kontext eines entwicklungspolitischen Selbsthilfeprogramms über die soziale Herstellung von Selbsthilfe im Hinblick auf die verschiedenen Ebenen bzw. ‚praktischen Umstände‘ (vgl. Wolff 1983a) sagen? In diesem Kapitel nun sollen die Ergebnisse der Analyse zusammengeführt und mit dem bisherigen Stand der Forschung diskutiert werden.
Lucia Artner
Kapitel 7. Konklusion: Produktive Ambivalenz
Zusammenfassung
Zu Beginn dieser Arbeit wurde ausgeführt, dass die Hilfe zur Selbsthilfe nicht nur praktisch, sondern bereits auf der Begriffsebene, also theoretisch, ein Paradox darstellt. Selbsthilfe macht man von sich selbst aus und für sich selbst. Dies impliziert, dass ‚eigentlich‘ auch die Zielsetzung von den sich selbst Helfenden selbst zu setzen wäre. Externe Hilfe zur (selbstbestimmten) Selbsthilfe läuft jedoch immer Gefahr, die sowohl die Autonomie als auch die Eigenleistung derjenigen, die sich selbst helfen, zu unterwandern.
Lucia Artner
Backmatter
Metadata
Title
Produktive Ambivalenz
Author
Lucia Artner
Copyright Year
2018
Electronic ISBN
978-3-658-22904-7
Print ISBN
978-3-658-22903-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-22904-7