Zusammenfassung
Science Media Centres (SMCs) sind nationale Pressestellen für die Wissenschaft, die sich zum Ziel gesetzt haben, die „Stimme der Wissenschaft“ immer dann medienöffentlich zu Gehör zu bringen, wenn kontroverse Themen auf dem Weg in die Schlagzeilen sind. Häufig sind dies Themen mit Gesundheitsbezug. Das erste SMC wurde vor etwa zehn Jahren in Großbritannien gegründet und ist seither zu einem ebenso bedeutenden wie umstrittenen Akteur in der dortigen Wissenschaftskommunikationslandschaft geworden. Der Beitrag widmet sich der Frage, wie das britische SMC Qualität im Journalismus definiert und welche Rolle SMCs für den Gesundheitsjournalismus in Zukunft spielen können. Dies ist nicht zuletzt deshalb interessant, weil es in Deutschland aktuell Überlegungen gibt, ein SMC zu gründen. Auf der Grundlage von Dokumentenanalysen und Interviews wird als institutionelles Ziel des Zentrums herausgearbeitet, die Wissenschaftsberichterstattung mit Hilfe der „Stimme der Wissenschaft“ zu versachlichen. Expertenkommentare und Leitlinien werden als zwei Instrumente charakterisiert, mit denen das Versachlichungs-Ziel erreicht werden soll. In der Diskussion wird der Versachlichungsbegriff des SMC aus soziologischer Perspektive reflektiert. Unter der Prämisse, dass wissenschaftliche Experten im Normal-, nicht nur im Krisenfall streiten, wird der Option des SMC, über die Wissenschaft als einer Institution zu berichten, die mit einer Stimme spricht, die Option gegenübergestellt, die Spaltung der Wissenschaft in fast jeder Frage in die Öffentlichkeit zu tragen. Die gewählte Position als Präferenz für Expertenkonsens oder -dissens zu reflektieren, statt sie à priori für „sachlich“ zu erklären, ist eine erste Voraussetzung, die Qualitätsdebatte im Journalismus ihrerseits zu versachlichen.