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Published in: Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft 1-2/2022

Open Access 15-11-2021 | Originalarbeit

Recycling von Multilayerfolien

Authors: Dipl.-Ing. Gerald Koinig, Bettina Rutrecht, BSc, assoz.Prof. Dipl.-Min. Dr.rer.nat. Daniel Vollprecht

Published in: Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft | Issue 1-2/2022

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Zusammenfassung

Die Verbreitung von Mehrschichtfolien im Bereich Kunststoffverpackungen bringt viele Vorteile für Konsumenten, Vertrieb und Umwelt, stellt aber die Abfallwirtschaft vor neue Herausforderungen. Der Materialverbund aus dünnsten unterschiedlichen Plastikwerkstoffen ist bislang mangels passender Technologien im Industriemaßstab online nur schwer vom restlichen Kunststoffverpackungsstrom unterscheidbar. Der Mix an unerwünschten Materialien führt zu Kompatibilitätsproblemen der Kunststoffe untereinander im Recyclingprodukt und in weiterer Folge zu einer Qualitätsminderung der Sekundärrohstoffe. In Projekten, wie etwa dem Multilayer-Detection-Projekt, wird bereits nach Lösungen dazu gesucht. Ziel ist die bestehende NIR-Sortiertechnik in bestehenden Kunststoffrecyclinganlagen dermaßen zu adaptieren, dass die Identifikation und Ausschleusung der Multilayerfolien mit möglichst geringem Aufwand nachgerüstet werden kann. Mit der Entwicklung der neuen Recyclingmethode können sich die vorhandenen Vorteile der Folienverpackungen bestmöglich und umweltfreundlich entfalten und eine abfallwirtschaftliche Herausforderung durch einen wertvollen Beitrag zur Kreislaufwirtschaft gemeistert werden.
Notes

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

1 Einleitung

Zunehmender Wohlstand, längere Transportwege und steigendes Bewusstsein für die Notwendigkeit längerer Haltbarkeit zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen führen zu einem Anstieg an Leichtverpackungen in den Abfallströmen Österreichs.
Der Spagat zwischen der Erfüllung mannigfaltiger Anforderungen wie Gasundurchlässigkeit, UV-Schutz, mechanischer Schutz, Bedruckbarkeit und lange Frischhaltefähigkeit von Nahrungsmitteln bei gleichzeitig minimalem Gewicht zur Einsparung von Treibhausgasen beim Produkttransport verlangen nach Multilayerfolien, einem High-Tech-Produkt, welches all diesen Anforderungen gerecht werden kann.

2 Ein unterschätztes High-Tech-Produkt

Diese High-Tech-Produkte der Kunststoffindustrie vereinen Eigenschaften in sich, wie sie ohne den Einsatz hochentwickelter Kompositwerkstoffe undenkbar wären.
Die Verbindung von Polyethylen (PE) mit Polypropylen (PP) und Polyethylenterephthalat (PET), Ethylenvinylalkohol (EVOH) und einem Haftvermittler bestehend aus mit Maleinsäureanhydrid modifziertem PE zur Erreichung einer leichten, stapelbaren Verpackung mit herausragenden Licht‑, Gas- und Wasserbarriereeigenschaften bei gleichzeitig guter Strapazier- und Bedruckbarkeit für ein ansprechendes Äußeres, ist nur eines der Beispiele zur Anwendung von Multilayerfolien.
Diesen Erfolg spiegelt auch der steigende Marktanteil wieder, den flexible Verpackungen für sich beanspruchen dürfen.
Im Jahr 2010 entfielen 21 % des europäischen Verpackungsverbrauchs auf flexible Verpackungen, was einem Umsatz von 42,9 Mio. US Dollar oder umgerechnet etwa 36,1 Mio. € entspricht, womit flexible Verpackungen die nach Kartonagen umsatzstärkste Verpackungssparte sind. (Pira 2011) (Abb. 1).
Die Nachfrage der EuropäerInnen nach Kunststoffverpackungen erreichte 2015 47,8 Mio. Tonnen. Davon entfielen etwa 32 % auf die Verpackung von Lebensmitteln, wovon geschätzte 0,8 Mio. Tonnen auf Multilayermaterialien entfielen (PlasticsEurope 2015).
Während Monolayerfolien für die derzeitigen Anlagen kaum Probleme darstellen, sobald sie in den Prozess eingebracht worden sind, gelten Multilayermaterialien als die größte Herausforderung für die Aufbereitung der 2D-Fraktion. Beiden Fraktionen gemein ist das Ziel, sie vermehrt zu sammeln, aufzubereiten und die thermische Verwertung dieser Fraktionen zu reduzieren.

3 Plastik gegen die Wegwerfgesellschaft

Einfache Verpackung kann die Haltbarkeit von Lebensmitteln stark erhöhen, wie in Tab. 1 aus Daten in einer Studie von „Denkstatt“ (2016) im österreichischen Handel erhoben, hervorgeht. Die Studie untersuchte den Effekt, den korrekte Verpackung auf die Haltbarkeit und den damit verbundenen Lebensmittelabfall haben kann, bei fünf verschiedenen Lebensmitteln. Diese wurden ausgesucht, da sie repräsentativ für einen Großteil der Produktgruppen bei einem typischen Nahversorger sind.
Tab. 1
Lebensmittelabfallreduzierung durch geeignete Verpackung (Denkstatt 2016)
Produkt
Lebensmittelabfall bei Standardverpackung (in %)
Lebensmittelabfall bei verbesserter Verpackung (in %)
Steak
34
18
Käse
5
0,14
Hefe
11
0,8
Kresse
42
3,4
Gurken
9,4 (ohne Verpackung)
4,6
Flexible Verpackungen und besonders Multilayermaterialien ermöglichen die Erfüllung einer ganzen Palette an Anforderungen, den Erhalt wertvoller Ressourcen und die Schonung der Umwelt durch weniger Lebensmittelabfälle.
Diese Funktion vollführen sie durch ihre Flexibilität, wodurch sich die Verpackung an das Produkt anpassen lässt, ohne Luft mitverpacken zu müssen. Die Möglichkeit, mehrere Materialien zu einem Kompositmaterial zusammenzufügen, erlaubt es dem Hersteller, so gut wie jede erdenkliche Aufgabe mit minimalem Materialeinsatz zu erfüllen. Die Formgebungsmöglichkeiten der Kunststoffe erlauben es weiters, nahezu jede gewünschte Form zu erreichen und Features wie Zipper in die Verpackung zu integrieren, wodurch sich wiederverschließbare Verpackungen verwirklichen lassen.

4 Öffentliche Wahrnehmung von Folienverpackungen

Nun ist es notwendig, mit einem Vorurteil zu brechen. Wie Umfragen in den USA ergaben, sehen 89 % der Konsumenten Verpackung als überflüssigen Plastikabfall. Weiters werden minimal oder nicht verpackte Lebensmittel als umweltfreundlich und ökologisch betrachtet (Sealed Air 2014). Dies in Betracht der Tatsache, dass etwa 30 % aller Lebensmittel zu Abfall werden (Wohner et al. 2019), führt zu einem höheren Aufkommen an Lebensmittelabfällen als notwendig und damit zu einer immensen Belastung der Umwelt.
Es konnte anhand von Lebenszyklusanalysen gängiger Lebensmittel gezeigt werden, dass die Verpackung nur etwa 5 bis 10 % der gesamten Umweltbelastung ausmacht, die durch das Produkt verursacht wird (Silvenius et al. 2011; Büsser et al. 2007, Büsser und Jungbluth 2009, 2011).
Da die Erfassung des Einflusses von Lebensmittelabfällen in Lebenszyklusanalysen (LCA) von Verpackungsmaterialien aufgrund der unzuverlässigen und raren Daten zum KonsumentInnenverhalten nur schwer quantifizierbar ist, gibt es in dieser Hinsicht nur wenige LCA. Eine dieser wenigen verfügbaren Analysen wurde 2013 von SIlvenius et al. durchgeführt und inkludiert die CO2-Emission verursacht durch die Entsorgung des in der Studie betrachteten Lebensmittels: geschnittenes, verpacktes Brot.
Hier konnte gezeigt werden, dass bereits die Entsorgung einer halben Scheibe Brot die Kohlenstoffdioxidemission der Verpackung, inklusive Entsorgung, überstieg (Silvenius et al. 2011).

5 Overpackaging und Underpackaging

Gemäß dem Innventia AB-Verpackungsmodell (The Consumer Goods Forum 2011), dargestellt in Abb. 2, ist weiters zu beachten, dass die Erzeugung von Lebensmittelabfällen durch zu sparsamen Einsatz von Verpackungsmaterial, sogenanntes Underpackaging, gravierendere ökologische Einflüsse nach sich zieht, als die Haltbarkeit des Produktes durch leichtes Overpackaging zu garantieren.
Die richtige Balance zwischen diesen beiden Extremen zu finden ist die Verantwortung der Verpackungsindustrie und dient sowohl der Schonung wertvoller Ressourcen als auch der Verringerung der CO2-Emissionen.
Der positive Effekt, den Folienverpackungen auf den ökologischen Fußabdruck haben, kann noch weiter verstärkt werden, indem ideales Verpackungsdesign verfolgt wird, welches das Produkt weder über- noch unterverpackt. Dies ist mit flexiblen Verpackungen, aufgrund der eingangs erwähnten Vorzüge, leichter zu erreichen als mit anderen Verpackungsarten.

6 Potenzial in der Anwendung von flexiblen dünnschichtigen Verpackungen

Das Potenzial, welches noch in der verstärkten Anwendung von flexiblen dünnschichtigen Verpackungen aus Kunststoffen schlummert, wurde 2014 in einer Studie des Instituts für Energie- und Umweltforschung Heidelberg (IFEU) untersucht. Dieser Untersuchung lag die Annahme zugrunde, dass sämtliche Lebensmittelverpackungen in Form von Folien ausgeführt werden. Gleichzeitig wurde als Szenario untersucht, welchen Effekt ein völliger Umstieg von Folien auf Verpackungen aus starren Kunststoffen auf die Umwelt hätte.
Die Ergebnisse waren, dass der Ersatz der 3,79 Mio. Tonnen Folienverpackungen den Einsatz von 20,5 Mio. Tonnen starrer Kunststoffverpackung notwendig machen würde. Dies macht die Ressourceneffizienz von Folienverpackungen klar deutlich. Außerdem würde ein Umstieg auf starre Verpackungen den CO2-Fußabdruck um 5,6 % erhöhen und den Wasserverbrauch um 5,3 % steigern. Hier wurde außerdem noch die Annahme getroffen, dass 100 % der starren Verpackungen recycelt werden würden. Dieses Szenario stellt also einen Best-Case-Ansatz dar.
Die gegensätzliche Annahme ging davon aus, dass die derzeit etwa 30 Mio. Tonnen starrer Plastikverpackungen durch Folienverpackungen ersetzt werden würden, wobei kein Anteil der Folienverpackungen einer Wiederverwertung, mit Ausnahme der thermischen Verwertung, zugeführt werden würde. Dieses Worst-Case-Szenario ergab, dass die derzeit etwa 30 Mio. Tonnen an starrer Verpackung durch etwa 4,22 Mio. Tonnen Folienverpackung zu ersetzen seien. Diese Verringerung um etwa 77 % der gesamten Verpackungsmasse ergab im Rahmen der LCA eine Reduktion des CO2-Fußabdrucks um etwa 40 % und eine Verringerung des Wasserverbrauchs um etwa 44 % (Ifeu 2014).

7 Vergleich Glasverpackung und Folienverpackung

Neben diesen ökologischen Vorteilen wirkt sich die Anwendung flexibler Verpackungen auch auf die Transportkosten aus. Der Transport von Folienverpackungen in Form von Rollen ist im Vergleich zum Transport von Containern, wie PET-Flaschen, Kisten etc. praktikabler und wegen des geringeren Anteils an umpackter Luft kostensparender, wie von der Flexible Packaging Association (2009) bereits dargestellt wurde.
Weiters wird für die Verpackung des gleichen Produktvolumens weit weniger Verpackungsmasse benötigt, wodurch ein günstigeres Produkt-zu-Verpackungs-Verhältnis möglich ist. Dadurch wird beim Transport von Produkten weniger zulässige Gesamtmasse des Transportvehikels, etwa eines Lkw, für die Masse der Verpackungen verwendet, wodurch weniger Lkw notwendig sind, um dieselbe Menge an Produkten zu transportieren. Hierdurch werden sowohl das Verkehrsnetz entlastet als auch CO2-Emissionen vermieden. Dieses Verhältnis ist in Abb. 3 dargestellt.
Untersuchungen wie diese machen den Mehrwert, den Folienverpackung für Industrie, Gesellschaft und Umwelt darstellt, mehr als deutlich. Dahingehend ist es sowohl ökologisch als auch ökonomisch gerechtfertigt, den Einsatz von Folienverpackungen in den kommenden Jahren zu forcieren.

8 Umgang mit Folienverpackungen am Ende ihrer Verwendung

Neben all diesen Vorteilen trägt das 2D-Verpackungssegment zur derzeit geringen Recyclingquote von Kunststoffverpackungen bei.
Nach der Änderung der Berechnungsmethode ist die österreichische Recyclingquote von vormals 32 m% auf 25 m% abgesackt. Bis 2025 soll aber die EU-Vorgabe von 50 m% erfüllt werden, und um diese bis dahin zu erreichen, bedarf es einer großen Gemeinanstrengung. Das Sammelvolumen an Kunststoffabfällen betrug 2019 172.029 t, wobei davon etwa 26 m% auf Kunststofffolien zurückgehen (BMK 2021). Aktuell werden laut ARA Recyclingquoten von 78 m% für die Verwertung (hauptsächlich thermisch), 58 m% für die Sortierung und weitere 58 m% bei der Sammlung erreicht (Scharff 2021). Exemplarisch muss für eine Zielerreichung einer Recyclingquote von 50 m% durchwegs eine Recyclingquote von 80 % entlang der Verwertungskette erzielt werden.
Dieser Missstand muss in den nächsten Jahren durch politische Intervention oder durch technische Innovation behoben werden, indem wirtschaftliche Anreize für das verstärkte Recycling dieser Wertstoffe geschaffen werden. Da das Recycling von flexiblen 2D-Verpackungen, insbesondere von Mehrschichtfolien, technischer Innovationen bedarf, ist es notwendig, Forschungsprojekte durchzuführen, die sich mit der Lösung dieser Probleme beschäftigen. Dies ist insofern von besonderem Interesse, da sich Verpackungsfolien mit 45.000 t/a niederschlagen, was einem Massenanteil von etwa 26 m% entspricht (Van Eygen 2018). Damit stellen Verpackungsfolien einen beträchtlichen Anteil am derzeit getrennt gesammelten Abfall dar.
Durch die weite Verbreitung von Anlagen zum mechanischen Recycling liegt hier großes Potenzial zur Erhöhung der Recyclingquote, daher muss gerade dieser Bereich weiter erforscht und entwickelt werden. Außerdem stehen chemische Recyclingmethoden derzeit in der Entwicklungsphase (Walker et al. 2020).
Weiters stellt das mechanische Recycling jenen Schritt in der Wertschöpfungskette dar, der durch die gezielte Sortierung von Mehrschichtfolien eine wertschöpfende Rohstoffquelle für die zurzeit in der Entwicklung befindlichen Mehrschicht-Recyclingprozesse schafft.
Ehe jedoch derartige Innovationen greifen können, ist es notwendig, die Sammelquote der 2D-Verpackungsfraktion zu erhöhen.
Grundlage für eine wirtschaftlich attraktive Aufbereitung von flexiblen Verpackungen ist ein Materialstrom von ausreichender Qualität und Quantität. Unter den derzeit gegebenen Voraussetzungen der Kunststoffabfallsammlung sind diese beiden Eigenschaften widersprüchlich und nur sehr schwer vereinbar. Weiters unterliegen die gesammelten flexiblen Verpackungen gerade im Bereich der Konsumentenabfälle stärkeren Schwankungen, als dies bei Industrieabfällen der Fall ist.
Die Kontamination der Folien mit Lebensmittelresten, wie sie bei der Anwendung als Lebensmittelverpackung, der gängigsten Anwendungsform von Folienverpackungen, vorkommt, verursacht in der Aufbereitung Probleme, da die Verschmutzung teilweise 10 bis 20 % des Materialgewichts erreichen kann (Morris 2016). Dies täuscht eine höhere Sammelmasse vor, als tatsächlich für den Rezyklierprozess verwendet werden kann, verkompliziert die Sortierung der Folienfraktion und kontaminiert durch die gemeinsame Sammlung in weiterer Folge ebenfalls jene 2D-Materialien, welche nicht als Lebensmittelverpackung eingesetzt wurden.
Abhilfe können hier separate Sammelsysteme schaffen, welche 2D-Materialien separat von starren Kunststoffverpackungen sammeln, der verstärkte Einsatz von Ballistikseparatoren, oder gar eine Trennung zwischen Lebensmittelverpackungen und anderen Folienverpackungen. Eine weitere Lösung sind neue Technologien, welche sich für die Sortierung von 2D-Materialien eignen, wie etwa Marker, welche durch NIR erkennbar sind. Digitale Wasserzeichen, RFID- oder Barcode-Markierung sind einige der Technologien, welche die Sortierquote von 2D-Materialien erhöhen können (Woidasky et al. 2018).
Daneben ist es notwendig, die Sortierung schwarzer Kunststoffe zu verbessern, nicht nur im Hinblick auf Folienverpackungen, da ein beträchtlicher Anteil aller Kunststoffverpackungen aus schwarzem Kunststoff ist. Eine Lösung stellt hier etwa die Black-Eye-Technologie von Steinert dar (Steinert 2018).

9 Recycling von Multilayermaterialien

Um zu verstehen, warum es wichtig ist, Multilayermaterialien aus dem 2D-Strom zu entfernen, muss zuerst auf die Materialeigenschaften und die Mischbarkeiten der einzelnen Kunststoffsorten eingegangen werden. welche in den Multilayermaterialien am häufigsten zum Einsatz kommen.
Nicht jedes Material lässt sich ohne Weiteres mit anderen Kunststoffen mischen und verbinden, daher stellt bereits ein geringer Anteil an Störstoffen in einer Reinfraktion eine Kontamination dar, die den Preis dieses Produkts stark verringert oder es gar unbrauchbar werden lässt.
Diese Kompatibilitätsproblematik macht in der Herstellung von Multilayerfolien den Einsatz von Haftvermittlern notwendig und erhöht gleichzeitig die Anzahl an Schichten und Materialien, mit denen es im Rahmen der Aufbereitung umzugehen gilt.
Bereits ein geringer Anteil an inkompatiblen Materialien in der Aufbereitung macht die Herstellung einer homogenen Schmelze unmöglich. Grund dafür sind die unterschiedlichen Materialeigenschaften wie etwa der unterschiedliche Schmelzpunkt von Thermoplasten und Elastomeren. Die Kompatibilität der gängigsten Kunststoffe ist in Abb. 4 dargestellt.
Da hier jeder Hersteller einen eigenen Ansatz verfolgen kann, steigt die Anzahl der möglichen Schichtkombinationen und damit die Menge an unterschiedlichen Multilayerfolien stetig. Eine klare Trennung in einzelne Materialgruppen, wie sie bei Verpackungen aus Monomaterial möglich ist, wird dadurch verhindert. Abhilfe können hier politische Rahmenbedingungen schaffen, die die Menge an möglichen Schichtkombinationen im Namen einer verbesserten Rezyklierbarkeit, Schonung von Ressourcen und der Verbesserung der Kreislaufwirtschaft der Kunststoffe vereinheitlichen.
Die dadurch erleichterte Aussortierung von Mehrschichtfolien erlaubt die Herstellung von Reinfraktionen aus 2D-Verpackungsmaterial, welche anschließend einer wertschöpfenden Weiterverarbeitung zu hochwertigen Produkten mit guten mechanischen Eigenschaften zugeführt werden können. Dies ist notwendig, da das Potenzial des Downcyclings, welchem Fraktionen an Folienmaterialien aufgrund der durch Verunreinigungen geringen mechanischen Eigenschaften oft zugeführt werden, ausgereizt ist und die thermische Verwertung keinen Beitrag zur Erhöhung der durch die Europäische Union vorgeschriebenen Recyclingquote liefert (The European Parliament and the Council of the European Union 2018).
Neben soziologischen und politischen Verbesserungsmöglichkeiten zur Sortierung von Mehrschicht- und Monolayerfolien steht die Erforschung von Lösungsansätzen für die erfolgreiche Sortierung der 2D-Fraktion im Mittelpunkt.
Eines der Projekte, welches sich mit dieser Thematik befasst, ist das vom Land Steiermark und dem Zukunftsfonds geförderte Projekt „Multilayer Detection“ der Montanuniversität Leoben, in dem zusammen mit dem PCCL untersucht wird, inwiefern die Sortiertechnologie für die Trennung von Mono- und Multilayermaterialien verbessert werden kann.
Ziel des Projekts ist die Erhöhung der Recyclingquote von Verpackungsfolien. In diesem Bereich kommen sowohl Einschicht- als auch Mehrschichtfolien zum Einsatz, wobei letztere mit dem Stand der Technik nicht rezyklierbar sind. Das Projekt zielt nun auf eine neue Sortiertechnik für Verpackungsfolien ab. Erreicht werden soll das durch den Einsatz von neuen Sensorsortiermethoden auf Basis der Nah-Infrarot-Spektroskopie, um eine Trennung von rezyklierbaren und nicht-rezyklierbaren Materialien herbeizuführen. Die gezielte Sortierung von Mehrschichtfolien ermöglicht dann eine neue Qualität des Rezyklats mit wesentlich verringerten Fremdstoffanteilen.
Die in diesem Projekt erforschte neue Sortiertechnologie erweitert durch die Erkennung von Mehrschichtfolien die Sortiertiefe von Kunststofffolien und ermöglicht durch den Erhalt von Einschichtfolien eine Integration von bisher nicht berücksichtigten Ressourcen im mechanischen Recycling. Ein erhöhter Anteil der stofflichen Verwertung von Kunststoffabfällen erhöht die Effizienz im mechanischen Recycling und verbessert die Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen. Die gezielte Sortierung von Mehrschichtfolien schafft zusätzlich eine wertschöpfende Rohstoffquelle für zurzeit in Entwicklung befindliche Mehrschicht-Recyclingprozesse.
Die Projektergebnisse stellen die Grundlage für die Entwicklung einer industriell nutzbaren Sensortechnologie dar. Eventuell patentierbare Projektergebnisse werden vor einer Veröffentlichung entsprechend evaluiert und geschützt. Diese Veröffentlichungen und das optionale Patent stärken den Ruf Österreichs und der Steiermark und damit den der hier situierten Recyclingunternehmen als technologische und wissenschaftliche Innovatoren.
Erste Ergebnisse zeigen eine verbesserte Spektralgüte durch kostengünstige Adaptionen an einem Stand-der-Technik-Sortiersystem. Die Spektralgüte, welche durch eine herkömmliche kontaktlose Messung von dünnschichtigen Folienverpackungen in Reflektion erreicht werden kann, ist aufgrund der geringen Materialstärke nicht ausreichend für eine Klassifizierung der Materialtype. Effekte wie sinusförmige Spektralüberlagerungen und eine unzureichende Reflektion der Nahinfrarotstrahlung führen zu unbrauchbaren Spektren für die Datenanalyse. Abb. 5 zeigt den Vergleich eines Spektrums desselben Materials vor und nach der Adaption des Sortieraggregats.

10 Zusammenfassung

Flexible Folienverpackung kann einen erheblichen Beitrag zur Schonung von Ressourcen und zu einer gesteigerten Kreislaufwirtschaft leisten. Insbesondere durch den geringen Ressourceneinsatz, welcher durch flexible Verpackungen notwendig ist, um Lebensmittelabfälle zu minimieren, und das bei idealem Verhältnis von Verpackungsmasse zu Produktmasse.
Dieser Aspekt birgt weiterreichende Vorzüge, so kann durch den verstärkten Einsatz an flexibler Verpackung die Produktlogistik nachhaltiger durch die Einsparung von Raum, Treibstoff und die Verringerung von CO2-Emissionen ermöglicht werden.
Das verwirklichbare Potenzial, welches Folienverpackung für die Reduktion an Lebensmittelabfällen birgt, hängt stark von der Kommunikation mit den KonsumentInnen und deren Informationsstand ab. Der Ruf von Folienverpackungen in der Öffentlichkeit muss ihrem Wert und ihrem Nutzen für Wirtschaft und Umwelt gleichermaßen gerecht werden. Hier ist es notwendig, geeignete Kampagnen für die Information der KonsumentInnen voranzutreiben, um es ihnen zu ermöglichen, informierte Entscheidungen bei ihrem Konsumverhalten zu treffen.
Während die Verpackung eines Produkes mittels Folien nur einen sehr geringen Teil seiner Umweltbelastung ausmacht, reduziert sich durch geeignet dimensionierte Verpackung die Masse an anfallendem Lebensmittelabfall, welcher, wie gezeigt, einen weitaus schädlicheren Einfluss auf die Umwelt hat.
Um die positiven Vorzüge von Mono- und Multilayerverpackungen vollends auszunutzen, ist es notwendig, die EOL-Situation dieser Materialien zu erforschen und neue Technologien für deren Sammlung und Aufbereitung zu etablieren. Hierzu zählen einerseits entsprechende Sammelsysteme und andererseits neue Technologien, die, im besten Falle, bereits auf bestehenden Sortiertechnologien aufbauen und sich möglichst kostengünstig in bestehende Anlagen integrieren lassen.
Wie erwähnt ließe sich mit dem verstärkten Einsatz von Multilayer- und Monolayerverpackung eine Reduktion des Wasserverbrauchs um etwa 44 % und eine CO2-Einsparung von etwa 40 % realisieren. Nun ist Handeln gefragt, um dieses Gedankenexperiment Wirklichkeit werden zu lassen.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
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Title
Recycling von Multilayerfolien
Authors
Dipl.-Ing. Gerald Koinig
Bettina Rutrecht, BSc
assoz.Prof. Dipl.-Min. Dr.rer.nat. Daniel Vollprecht
Publication date
15-11-2021
Publisher
Springer Vienna
Published in
Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft / Issue 1-2/2022
Print ISSN: 0945-358X
Electronic ISSN: 1613-7566
DOI
https://doi.org/10.1007/s00506-021-00813-w

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