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Published in: BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte 10/2013

01-10-2013 | Originalarbeit

Rohstoffe haben Zukunft. Aber in der EU? Ein Plädoyer für die Reindustrialisierung Europas

Author: Dipl.-Ing. Roman Stiftner

Published in: BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte | Issue 10/2013

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Zusammenfassung

Obwohl mineralische Rohstoffe die Basis unserer Wirtschaft und Gesellschaft sind, ist deren Förderung und Aufbereitung in der EU in Gefahr. Verschiedene Theorien (Club of Rome, „Öl-Peak“) haben den baldigen und endgültigen Verzehr von Rohstoffen zu belegen versucht. Die meisten Rohstoffe sind jedoch geologisch reichlich vorhanden, aber dennoch ist ihre Verfügbarkeit oft kritisch knapp. Die Ursachen dafür liegen in Marktstörungen und Regelwerken, die die Nutzung von Lagerstätten erschweren oder verunmöglichen. Selbst modernere Konzepte zur Beurteilung der Umweltauswirkungen von mineralischen Rohstoffen (wie das Life Cycle Assessment (LCA), sind nicht für umfassende Analysen geeignet und führen zu politischen Fehlentscheidungen. Die Nachhaltigkeit und Sicherung der Rohstoffversorgung kann vor allem durch geschlossene Stoffkreisläufe (Recycling, Materialeffizienz) und starke industrielle Wertschöpfung in Europa verbessert werden. Das strategische Ziel der EU, den Anteil der industriellen Produktion auf 20 % zu erhöhen („Reindustrialisierung“), muss mit konkreten Maßnahmen untermauert werden. Nur so kann dem Abwanderungsdruck begegnet und die langfristige und für die soziale Stabilität in der EU wichtige Wettbewerbsfähigkeit der Mineralrohstoffwirtschaft sicher gestellt werden.

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Footnotes
1
Die Leobener Deklaration wurde auf der Europäischen Rohstoffkonferenz EUMICON am 21. September 2012 einstimmig verabschiedet. Stakeholder waren die Industrie und Wirtschaftsbetriebe der mineralischen Rohstoffwirtschaft, die Europäische Union, das österreichische Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend, die Industriellenvereinigung, die Montanuniversität Leoben sowie die europäischen Dachinteressensverbände Euromines und IMA.
 
2
Die Preisbildung wird oft durch willkürliche protektionistische Eingriffe gestört.
 
3
Als Ressourcen werden Vorkommen bezeichnet, die entweder zwar nachgewiesen, aber noch nicht wirtschaftlich zu fördern sind, oder aber noch nicht sicher nachgewiesen sind, aber aufgrund geologischer Indikatoren erwartet werden.
 
4
Als Reserven werden sicher nachgewiesene und mit bekannter Technologie wirtschaftlich förderbare Vorkommen bezeichnet. Dazu gehören die bereits fördernden Gebiete genauso wie durch Exploration mehr oder weniger zuverlässig erkundete, aber bisher noch nicht fördernde Bereiche.
 
5
Die sogen. „statische Reichweite“ errechnet als der Quotient aus Reserven und letzter Jahresförderung. Die „dynamische Reichweite“ ergibt sich aus dem Verhältnis von Reserven oder Ressourcen zur prognostizierten Produktionssteigerung. Es gibt in der Praxis nicht nur relevante Unschärfen auf der Verbrauchs(steigerungs)seite, sondern es liegt oft große Unkenntnis über die tatsächlichen Ressourcen und Reserven vor. Ist Dividend und Divisor mit großen Unschärfen belastet, nähert sich der Quotient schon rein mathematisch einer Zufallszahl ohne faktische Aussagekraft an.
 
6
Es wurden 23 mineralische Rohstoffe in dieser Studie untersucht, für 20 wird eine Unterdeckung gegenüber der Nachfrage bis 2030 vorhergesagt. Die Produktionsspitze haben bereits gemäß dieser Untersuchung die Materialien Cadmium, Gold, Quecksilber, Tellur und Wolfram überschritten.
 
7
Als Fracking wird das hydromechanische Aufbrechen von Gesteinsschichten bei unkonventionellen Erdöl- und Erdgasvorkommen bezeichnet.
 
8
Wolfgang Eder, Vorstandsvorsitzender der voestalpine AG, begründete die Entscheidung damit, dass in allen wesentlichen Kriterien wie Logistik, Energieversorgung, gut ausgebildeten Arbeitskräften und politischem Umfeld Texas am überzeugendsten ist.
 
9
Der Begriff „Entkopplung“ oder „resource decoupling“ wird in diesem Zusammenhang oft verwendet. In diesem Bericht des United Nations Environment Programme ist ausdrücklich von „dematerialization“ die Rede; diese Entstofflichung, so wird postuliert, würde zu höherer Effizienz und geringeren Umweltauswirkungen führen.
 
10
DIN EN ISO-Norm 14040: „Environmental management – Life cycle assessment – Principles and framework“. Diese Norm beschreibt die Grundsätze und Rahmenbedingungen zur Erstellung von Ökobilanzen. DIN EN ISO-Norm 14044: „Environmental management – Life cycle assessment – Requirements and guidelines“. In dieser Norm werden detailliertere Anleitungen zur Ökobilanz/LCA-Erstellung gegeben und Anforderungen definiert.
 
11
In der DIN EN ISO 14040: 2006 steht geschrieben: „Zur Erstellung von Ökobilanzen gibt es nicht nur eine Methode. Organisationen können – in Abhängigkeit von der vorgesehenen Anwendung und den Bedürfnissen der Organisation – Ökobilanzen […] flexibel implementieren“. Zitiert nach Wikipedia: http://​de.​wikipedia.​org/​wiki/​Life_​Cycle_​Assessment. (06.09.2013).
 
12
Beispiel: Was ist schlimmer? Ein Produkt, das einen höheren CO2-Ausstoss in der Produktion hat, aber dafür einen deutlich geringen in der Nutzungsphase – oder umgekehrt?
 
13
Am 15. Dezember 2011 hat die Kommission die Mitteilung „Roadmap 2050“ („Energiefahrplan 2050“) angenommen. Im Kontext der erforderlichen Reduzierung der Treibhausgasemissionen durch alle Industrieländer hat sich die EU zum Ziel gesetzt, ihre Emissionen bis 2050 um 80–95 % im Vergleich zu 1990 zu senken. Im Energiefahrplan untersucht die Kommission die mit dem EU-Dekarbonisierungsziel verbundenen Herausforderungen, wobei dieses Ziel unter Gewährleistung der Energieversorgungssicherheit und der Wettbewerbsfähigkeit erreicht werden soll.
 
14
EU-Kommissar und Vizepräsident der Europäischen Kommission Antonio Tajani am 19.10.2012: „Am 10. Oktober [2012] hat die Kommission eine neue industriepolitische Strategie verabschiedet. Damit wird angestrebt, den Prozess der Deindustrialisierung umzukehren. Ziel ist es, den Anteil des verarbeitenden Gewerbes am BIP von aktuell 15,6 % bis 2020 auf 20 % zu steigern. Dies ist möglich, wenn wir bis 2020 Folgendes erreicht haben: Wenn 23 % des BIP in die Produktion und 9 % des BIP in Maschinen und Ausrüstungen investiert werden; wenn der Warenverkehr im Binnenmarkt 25 % des BIP entspricht; wenn mindestens 33 % der KMU am elektronischen Handel teilnehmen und mindestens 26 % der KMU nach außerhalb der EU exportieren. Die neue Strategie beruht auf vier Pfeilern: 1. Kreditvergabe, 2. Marktzugang, 3. berufliche Bildung sowie 4. mehr Investitionen in die industrielle Innovation.“
 
15
Lanthan, Europium, Neodym und 14 weitere Metalle umfasst die Gruppe der Seltenen Erden, die zur Herstellung zahlreicher High-Tech-Produkte unverzichtbar sind, darunter Magneten, Motoren, Akkus und Turbinen. Entgegen ihrem Namen sind Seltene Erden geologisch keineswegs knapp. Nachdem China, wo sich die größten Vorkommen befinden, zu sehr niedrigen Preisen den Weltmarkt überschwemmte, wurden die dadurch unrentablen Minen in anderen Ländern geschlossen. China wurde de facto zum Monopolisten und konnte die Exportmenge und den Preis nach eigenen Interessen steuern. Hinzu kommt, dass die Recyclingtechnologien für diese Elemente noch nicht ausgereift sind und daher Produktionen mit Primärrohstoffen versorgt werden müssen.
 
16
Der HHI drückt den Grad der Wettbewerbssituation aus und errechnet sich aus der Summe der Quadrate der Marktanteile. Ein Monopol ist charakterisiert durch einen Anbieter; daher ist der HHI 1*100 %*100 % = 10.000. Sind beispielsweise fünf Anbieter(länder) vorhanden, so ist der HHI = 5*20 %*20 % = 2.000. Es wurde festgelegt, dass Werte von null bis 1.000 unkritisch sind, bis 2.000 eine moderate Marktsituation gegeben ist und über 2.000 ein konzentrierter Markt vorliegt.
 
17
Weber, L, Zsak G., Reichl C. & Schatz, M.: World Mining Data 2012, Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ), 2012 (http://​www.​bmwfj.​gv.​at/​energieundbergba​u/​weltbergbaudaten​/​Seiten/​default.​aspx (06.09.2013)) diente als Datenquelle für die komplexen Berechnungen der EU für jeden einzelnen Rohstoff, die im „Annex V to the Report of the Ad-hoc Working Group on defining critical raw materials” (http://​ec.​europa.​eu/​enterprise/​policies/​raw-materials/​files/​docs/​annex-v-b_​en.​pdf (06.09.2013)) dokumentiert sind.
 
18
Der nach acht Jahren scheidende Chef der Welthandelsorganisation (WTO), Pascal Lamy, sagte in einem Interview für „Die Welt“ am 31.08.2013, dass die Doha-Runde „festgefahren, aber nicht tot“ sei. Natürlich sei er frustriert, schaue aber mit Zuversicht auf das nächste Ministertreffen.
 
19
Beispielsweise der weit verbreitete australische JORC-Code, der PERC-Code oder die Klassifizierung nach UNFC (United Nations Framework Classification).
 
20
Weber führt am Beispiel Gallium (Ga) pars pro toto für zahlreiche seltene Metalle aus, dass das hinsichtlich seines Versorgungsrisikos und der wirtschaftlichen Bedeutung als „kritisch“ eingestufte Metall Ga in den Vorratserfassungen ignoriert und auch ungenutzt in Deponien von Industrieabfällen abgelagert wird, da das Metall Ga keine eigenen Lagerstätten bildet.
 
21
Im Gegensatz zu den Primärrohstoffen, die direkt aus den Lagerstätten durch Aufbereitung gewonnen werden.
 
22
Der Inlandsmaterialverbrauch errechnet sich aus der Eigenproduktion zuzüglich Importe und abzüglich Exporte.
 
23
BRIC steht für die Anfangsbuchstaben der Länder Brasilien, Russland, Indien und China.
 
24
Beispielsweise wird die US-Großbank Goldman Sachs verdächtigt, den Preis von Aluminium künstlich in die Höhe getrieben zu haben. Die Bank kontrolliert sowohl große Teile der Lieferkette, als auch den Börsenhandel. Der Vorwurf der Marktmanipulation wurde besonders manifest seit dem Erwerb der Rohstoff-Lagerhallen von Metro-International durch Goldman Sachs. Damit ist zumindest theoretisch die Kontrolle von einem Viertel des in den USA gehandelten Aluminiums möglich. Nach Enthüllungen der New York Times ermitteln in den USA die Behörden und auch ein Aluminium-Verarbeiter hat die Bank verklagt. Im Kern lautet der Vorwurf, Rohstoffe künstlich dadurch zu verknappen, dass täglich tausende Tonnen Aluminium zwischen den (eigenen) Metro-Lagerhäuser hin- und hertransportiert würden. Dadurch hätten sich die Lieferzeiten von sechs Wochen auf 16 Monate verlängert. Die Bank kassiere einerseits höhere Lagergebühren und treibe andererseits durch den Entzug der Waren vom Markt den Preis an den Rohstoffbörsen in die Höhe. Es ist evident, dass höhere Rohstoffpreise der Gesamtwirtschaft und letztendlich den Konsumenten schaden.
 
25
Der Export Russlands ist auf Rohstoffe und da vor allem auf die Energieressourcen Erdgas und Erdöl konzentriert. Vom gesamten Export Russlands machen Rohstoffe und Metalle rund 90 % aus; in der Sowjetzeit waren es etwas mehr als 50 Prozent, in den 1990er Jahren etwa 75 Prozent.
 
26
Norwegen ist das einzige europäische Land neben Russland, das relevante Rohstoffmengen fördert, ist aber nicht Mitglied der Europäischen Union.
 
27
Beobachtet wurde dieses Phänomen in den Niederlanden in den 1960er Jahren nach der Entdeckung von Erdgasvorkommen; daher der Name.
 
28
Die Europäische Investitionsbank (EIB) soll Kredite bis zu 15 Milliarden Euro vor allem für den Mittelstand bereitstellen.
 
29
Gemäß einem Bericht von „Die Welt“ vom 06.09.2013 bleibt die USA mit einer realen Wirtschaftsleistung von gut 19 Billionen Euro und einem Anteil am Welt-BIP von 27 Prozent die größte Wirtschaftsmacht – und zwar mit deutlichem Abstand vor der jetzigen und künftigen Nummer Zwei, China. Das Land wird den Berechnungen zufolge im Jahr 2035 gut elf Billionen Euro erwirtschaften. Im Modell entspricht das einem Anteil am Welt-BIP von 16 Prozent. Zum Vergleich: Momentan erbringen die USA eine jährliche Wirtschaftsleistung von knapp elf Billionen, China gerade einmal 3,7 Billionen Euro.
 
30
Erforderlich für die steuerliche Begünstigung von Prospektion (Aufsuchen) und Exploration (Untersuchen) von Rohstoffvorkommen als Forschungsausgaben (vergleichbar den Ausgaben für Forschung und Entwicklung in anderen Industriebranchen) ist eine entsprechende Klarstellung in der Definition des Frascati Handbuchs der OECD. Der Fachverband Bergwerke und Stahl in der Wirtschaftskammer Österreich hat wiederholt diese Änderung gefordert (www.​bergbaustahl.​at).
 
Literature
1.
go back to reference Text angelehnt an die Einleitung im Magazin „Rohstoffe sind Zukunft“, das im Vorfeld der Rohstoffkonferenz EUMICON im September 2012 publiziert und vom Autor als Generalsekretär verantwortet wurde. Quelle: http://www.eumicon.com (25.08.2012) Text angelehnt an die Einleitung im Magazin „Rohstoffe sind Zukunft“, das im Vorfeld der Rohstoffkonferenz EUMICON im September 2012 publiziert und vom Autor als Generalsekretär verantwortet wurde. Quelle: http://​www.​eumicon.​com (25.08.2012)
23.
go back to reference Weber, Leopold, „Stärken und Schwächen internationaler Vorratsklassifikationssysteme“, BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte, Volume 158, Number 4, 2013, S. 137 Weber, Leopold, „Stärken und Schwächen internationaler Vorratsklassifikationssysteme“, BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte, Volume 158, Number 4, 2013, S. 137
26.
go back to reference Kurier, „Mega-Geschäft mit Schrott-Autos“, 26.08.2012 Kurier, „Mega-Geschäft mit Schrott-Autos“, 26.08.2012
29.
go back to reference Weber, L, Zsak G., Reichl C. & Schatz, M.: World Mining Data 2012, Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ, www.bmwfj.gv.at), 2012. Grafische Darstellung entnommen mit freundlicher Genehmigung von Leopold Weber Weber, L, Zsak G., Reichl C. & Schatz, M.: World Mining Data 2012, Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend (BMWFJ, www.​bmwfj.​gv.​at), 2012. Grafische Darstellung entnommen mit freundlicher Genehmigung von Leopold Weber
Metadata
Title
Rohstoffe haben Zukunft. Aber in der EU? Ein Plädoyer für die Reindustrialisierung Europas
Author
Dipl.-Ing. Roman Stiftner
Publication date
01-10-2013
Publisher
Springer Vienna
Published in
BHM Berg- und Hüttenmännische Monatshefte / Issue 10/2013
Print ISSN: 0005-8912
Electronic ISSN: 1613-7531
DOI
https://doi.org/10.1007/s00501-013-0206-0

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