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2015 | Book

Sicherheit, Sicherheitspolitik und Militär

Deutschland seit der Vereinigung

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About this book

Sicherheit rückt mehr und mehr in den Brennpunkt von Politik und sozialwissenschaftlicher Forschung. Die unterschiedlichen Begriffe und Konzepte von Sicherheit haben dabei eines gemeinsam: Sie umfassen sehr viele Bereiche der Politik – von der Umwelt- und Energie-Sicherheit bis zur Sicherheit vor Not und kultureller Repression. Im ersten Teil werden die wichtigsten Ansätze der aktuellen Sicherheitsforschung vorgestellt und es wird gefragt, wie sich der klassische außenpolitische Sicherheitsbegriff in diese neuen Perspektiven einordnet. Im zweiten Teil geht es um die Bundeswehr und die politisch-militärische Kultur in Deutschland sowie die Schritte zur Reform der Streitkräfte nach 1990. Im dritten Teil richtet sich der Blick auf die Probleme und Schwierigkeiten deutscher Sicherheitspolitik in der Ära neuer, global wirksamer Risiken, Gefahren und Bedrohungen.

Table of Contents

Frontmatter
0. Einleitung
Zusammenfassung
Dass sich nach dem Ende des Ost-West-Konflikts 1989/90 und der Auflösung der zuvor bereits schwächer gewordenen bipolaren Struktur des internationalen Systems neue politische, nicht zuletzt auch sicherheitspolitische Probleme einstellen würden, ist seinerzeit von der Erleichterung über den Wegfall der gegenseitigen nuklearen Bedrohung der beiden Weltführungsmächte USA und UdSSR verdeckt worden. Diese Illusion fiel allerdings nach kurzer Zeit in sich zusammen. Denn neue und opferreiche gewaltsame Konflikte hielten die Welt in Atem, wenn auch auf andere Weise als vorher. Immerhin hatte es den Anschein, als verfügte die mit einem Euphemismus so bezeichnete ‚internationale Gemeinschaft’ der Staaten, unterstützt durch eine Heerschar humanitärer Nichtregierungsorganisationen, über mehr und effektivere Möglichkeiten, diese Konflikte einigermaßen erfolgreich einzudämmen oder zu mildern, ihre Ursachen zu neutralisieren und ihre Folgeschäden durch internationale Hilfsprogramme zu überwinden. Das war aber die zweite Illusion, die in der Politik und in der Politikwissenschaft damals gleichermaßen verbreitet war.
Wilfried von Bredow

Erster Teil: Grundlagen

Frontmatter
1. Sicherheit, Sicherheitspolitik und organisierte Gewalt
Zusammenfassung
Gibt man den Begriff security in die Suchmaschine von Google ein, erhält man binnen 20 Sekunden über vier Milliarden Verweise auf seinen Gebrauch in den verschiedensten Zusammenhängen. Bei dem deutschen Wort Sicherheit sind es erheblich weniger, was an zwei Gründen liegt. Erstens ist die Suchmaschine von Google im Deutschen so eingestellt, dass viele Begriffs-Verwendungen herausgefiltert werden. Und zweitens wird die internationale Debatte über Sicherheit, Sicherheitspolitik und die Aufgabe von Streitkräften bei der „Produktion von Sicherheit“ in der Hauptsache auf Englisch geführt.
Wilfried von Bredow
2. Krieg, Kriegsbilder und Streitkräfte
Zusammenfassung
Nachdem wir uns im ersten Kapitel mit dem Begriff Sicherheit sowie den zahlreichen unterschiedlichen Theorie-Konzepten in den Neuen oder Internationalen Sicherheitsstudien und schließlich auch kurz mit dem Phänomen der physischen Gewalt beschäftigt haben, wird jetzt das Blickfeld eingeengt und auf den „klassischen“ Untersuchungsgegenstand von Sicherheitsstudien konzentriert. Im Mittelpunkt stehen der Krieg, der Wandel der Kriegsbilder im Lauf der historischen Entwicklung und die Streitkräfte als politisch einsetzbare Organisation physischer Gewalt. Diese Themenfelder haben, wie man unschwer erkennen kann, erhebliche praktische Bedeutung. Deshalb nehmen sie auch in der Forschung über Sicherheit (als Desiderat) und über die Institutionen und Strategien, mit deren Hilfe der Zielwert Sicherheit in Politik und Gesellschaft angestrebt wird, einen bevorzugten Platz ein.
Wilfried von Bredow
3. Frieden, Demokratie und Sicherheit
Zusammenfassung
Sicherheit ist das Gegenteil von Unsicherheit. Anders als die englische Sprache unterscheidet die deutsche nicht genauer zwischen mehreren Arten der Sicherheit/Unsicherheit:
Uncertainty meint die Unsicherheit, die dadurch entsteht, dass man nicht in die Zukunft blicken kann (auch Futurologen können das nicht) und auch nicht in die Köpfe anderer Menschen. Unsicherheit als Ungewissheit. Diese Art Unsicherheit begleitet die Existenz der Menschen ihr Leben lang. In der Politik und speziell der zwischenstaatlichen Politik überlappt sich uncertainty häufig mit der anderen Art von Unsicherheit, die im Englischen insecurity heißt.
Wilfried von Bredow
4. Humanitäre Intervention und Human Security
Zusammenfassung
In der internationalen Politik der letzten Jahrzehnte standen die verschiedenen Akteure (die Staaten, internationale Organisationen wie die Vereinten Nationen und nicht-staatliche humanitäre Organisationen) häufiger, als es ihnen lieb war, vor der Frage, ob sie angesichts von Massakern, ethnischen Säuberungen, gezielten Verletzungen von Menschenrechten in großem Umfang und Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die in einer Diktatur oder während eines Bürgerkrieges zu beobachten waren, zu einem Eingreifen in einen solcherart brutalisierten Konflikt berechtigt oder sogar verpflichtet seien. Nur scheinbar ist diese Frage leicht zu entscheiden.
Wilfried von Bredow

Zweiter Teil: Die Bundeswehr als Gegenstand deutscher Militär- und Sicherheitspolitik

Frontmatter
5. Die Bundeswehr und die politisch-militärische Kultur der Bundesrepublik Deutschland bis 1990
Zusammenfassung
Für die Organisation von nationalen Streitkräften, ihr Verhältnis zur Zivilgesellschaft und für die Sicherheitspolitik eines Land gilt, dass die kollektive Selbstund Umweltwahrnehmung, der dominierende politische Habitus der Eliten, die Traditionen und die als schicksalhaft wahrgenommen kollektiven historischen Kriegs-Erfahrungen, also kurz: die politisch-militärische Kultur eines Staates (oder sonstwie politisch verfassten Gesellschaft) einen hoch zu veranschlagenden Einfluss auf die Alltagspolitik in dieser Gesellschaft, aber auch auf ihr Außenverhalten ausüben. Ferner spielen auch geopolitische Langzeitfaktoren (etwa die Insellage eines Staates oder im Falle Deutschlands sein Lage „mitten in Europa“) eine wichtige Rolle und dürfen, ebenso wie bestimmte Interessenkonstellationen der inneren und der äußeren Politik, nicht ignoriert werden.
Wilfried von Bredow
6. Neue Herausforderungen
Zusammenfassung
Fassen wir zu Beginn dieses Kapitels noch einmal die wichtigsten Strukturveränderungen der inter/transnationalen Politik zusammen, die für die Sicherheitspolitik und darunter jene, die sich auch militärischer Mittel bedient, relevant sind.
Wilfried von Bredow
7. Strukturreform der Bundeswehr
Zusammenfassung
Der Gebrauch des Singulars in der Kapitelüberschrift soll nicht etwa den Eindruck erwecken, die verschiedenen Schritte und Maßnahmen zur Veränderung von Gestalt und Profil der Bundeswehr gehörten alle in ein längerfristig geplantes Gesamtkonzept. Dafür waren der Zeitraum, in dem diese Veränderungen stattfanden, und ihre Summe viel zu groß. Zwar war um 1990 herum den sicherheitspolitischen Entscheidungsträgern (damals noch) in Bonn klar, dass auf die Bundeswehr drastische Reformen zukommen würden. Und bald darauf setzte sich auch der etwas missverständliche Begriff der Einsatzarmee als Bezeichnung dafür durch, was die Bundeswehr werden sollte. Freilich war auch die Bundeswehr vor 1990 mit ihrem Abschreckungs- und Verteidigungsauftrag im Einsatz. Die Einsätze, an welche nach 1990 gedacht wurden, unterschieden sich aber deutlich davon.
Wilfried von Bredow
8. Innere Führung
Zusammenfassung
Inhaltlich nicht ganz einfach zu fassen und politisch seit den Vorbereitungen zur Gründung der Bundeswehr unter Soldaten und Zivilisten heiß umstritten, sind die Begriffe Innere Führung und Staatsbürger in Uniform zu den im öffentlichen Diskurs besonders herausgestellten Merkmalen, ja in gewisser Weise zum Inbegriff des Neuen an den deutschen Streitkräften geworden. Sie symbolisieren die gegenüber früher entscheidend gewandelte deutsche militärische Kultur. Die ihnen zugrunde liegende Vorstellungen von der Demokratie-Kompatibilität des Militärs und der Demokratie-Akzeptanz seitens der Soldaten knüpfen an frühbürgerliche Konzepte an, wie sie sich in den USA in der Leitfigur des citizen soldier manifestierten, wie sie aber auch in Preußen zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch Militärreformer wie Scharnhorst und Gneisenau entwickelt worden waren.
Wilfried von Bredow
9. Parlamentarische Verantwortung
Zusammenfassung
Die Integration der Bundeswehr soll nach einer häufig ohne viel Nachdenken wiederholten Formel „in Staat und Gesellschaft“ erfolgen. Die keineswegs spannungsfreien Beziehungen zwischen Staat und Gesellschaft gehören zu den klassischen Themen der Politikwissenschaft, die ja, wenn man so will, als eine Kombination von Staats- und Gesellschaftswissenschaften angesehen werden kann.
Wilfried von Bredow
10. Fallstudie: Abschied von der Wehrpflicht
Zusammenfassung
Seit dem Juli 2011 gibt es keine Wehrpflicht mehr in Deutschland. Genauer: Es gibt sie nur noch als (leere) rechtliche Hülse. Eingeführt wurde sie mit Gründung der Bundeswehr 1956. Genaugenommen ist die Wehrpflicht nur „ausgesetzt“, was soviel heißt wie: In Friedenszeiten werden keine Wehrpflichtigen eingezogen, aber unter bedrohlichen Umständen (Spannungsfall, Verteidigungsfall) kann sie auch wieder „eingesetzt“ werden. Das Gesetz, in dem diese gravierende Änderung festgehalten ist, heißt Gesetz zur Änderung wehrrechtlicher Vorschriften 2011 oder Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 und ist so übersichtlich wie eine verfilzte Haarbürste.
Wilfried von Bredow

Dritter Teil: Deutschlands globalisierte Sicherheitshorizonte

Frontmatter
11. Deutschland und die NATO
Zusammenfassung
Als die North Atlantic Treaty Organization (NATO) gegründet wurde, am 4. April 1949, war keine Rede davon, dass ein deutscher Staat ihr Mitglied werden würde. Schließlich gab es an diesem Tag noch keinen deutschen Staat, denn die bis dahin von den drei westlichen Besatzungsmächten in drei (oder, nimmt man die amerikanisch-britische Bizone als Einheit, in zwei) Zonen regierte Bundesrepublik Deutschland trat erst am 23. Mai 1949 (Verkündung des Grundgesetzes) ins politische Leben.
Wilfried von Bredow
12. Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik
Zusammenfassung
Im Grunde bezeichnet der Ausdruck Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik immer noch ein sicherheitspolitisches Desiderat, für das es allerdings vertragliche Bestimmungen und organisatorische Strukturen gibt. Ein Desiderat mit Strukturen, sozusagen! Die Organisation der Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU-Mitgliedsstaaten ist, anders als die NATO, keine Militärallianz, auch wenn sie aus einer solchen Allianz hervorgegangen ist, nämlich aus der Westeuropäischen Union (WEU). Diese ist ihrerseits aus dem Brüsseler Pakt entstanden und 1954 gegründet worden. Von Anfang an stand die WEU im Schatten der NATO. Nach dem Ende des Ost-West-Konflikts wurden ihre Funktionen und Organe Schritt für Schritt in die Europäische Union überführt. Es hat ein paar Jahre gedauert, weil die Abwicklung von Organisationen eigenen, in der Regel trägen Gesetzen folgt. Aber im Jahr 2011 war die WEU dann schließlich restlos abgewickelt.
Wilfried von Bredow
13. Auslandseinsätze der Bundeswehr
Zusammenfassung
In der politisch geglätteten Sprache des „Weißbuch 2006“ wurde anstelle des Begriffs Auslandseinsätze lieber ein milderer Ausdruck verwendet: Beteiligung an internationalen Friedensmissionen. Von ferne erinnert das ein bisschen an die sprachliche Vermeidungstaktik Konrad Adenauers, der 1950 den Posten des mit dem Aufbau der Bundeswehr beauftragten Ministers Theodor Blank (CDU) offiziell so nannte: „Beauftragter des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen“. Damals mag es zwingende rechtliche Gründe gegeben haben, die Zielrichtung der Beauftragung Blanks nicht gleich offen zu legen. Die sprachlichen Eiertänze der deutschen Sicherheitspolitik in den Jahren 1990 bis 2009 sind hingegen nicht von derlei Rücksichten diktiert, vielmehr einfach ungescheit (vgl. auch Kap. 7.5).
Wilfried von Bredow
14. Fallbeispiel: Die Bundeswehr in Afghanistan
Zusammenfassung
Thema dieses Kapitels ist die deutsche Militärpräsenz in Afghanistan im Rahmen der beiden Missionen Operation Enduring Freedom (OEF) und International Security Assistance Force (ISAF) seit Ende 2001 bis zur Gegenwart. Dabei wird teilweise auf eigene Studien zu diesem Thema zurückgegriffen (von Bredow, 2013).
Wilfried von Bredow
Backmatter
Metadata
Title
Sicherheit, Sicherheitspolitik und Militär
Author
Wilfried von Bredow
Copyright Year
2015
Electronic ISBN
978-3-658-05333-8
Print ISBN
978-3-658-05332-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-05333-8

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