Zusammenfassung
Wir sollten an der europäischen Stadt weiterbauen, fordert Christoph Mäckler in seinem Aufsatz „Stadtbaukunst – Die Kunst, Stadt zu bauen.“ Dass er explizit von einer Kunst spricht zeigt bereits die Stoßrichtung dieses Beitrags. Es geht darum, wie man schöne Stadträume wiedergewinnen könnte, in denen Menschen gerne leben, weil sie grundlegende Qualitäten wie Schönheit und Alterungsfähigkeit besitzen. Dass wir dies seit 60 Jahren kaum mehr können ist umso erstaunlicher, als es zuvor eine jahrhundertealte Tradition der europäischen Stadt gab, die sich dadurch auszeichnete, dass über Generationen trotz aller Veränderungen von Stil und Bauweise der Stadtraum architektonisch-städtebaulich geformt wurde. Heute dominieren stattdessen, so bilanziert Mäckler, „charakterlose Platzräume“, die „ohne identitätsbildende Gestalt“ sind und letztlich einen Abbruch der Idee der europäischen Stadt herbeigeführt haben. Die Ursache sieht er vor allem in der Einseitigkeit der Perspektive der beteiligten Akteure, die lediglich ausgebildet wurden, ein Spezialproblem der Stadt zu bearbeiten, aber keinen synthetischen Gestaltungswillen mehr zeigen. An vier Beispielen führt er das aus: Bau- und Kunstgeschichtler fokussieren auf die geschichtliche Dimension, sagen aber wenig dazu, wie man aus diesem Wissen heute an Städten weiterbauen soll (da vertreten sie meist standardmäßig die Forderung nach einer sich absetzenden Moderne, weil sie glauben, „das Alte damit am besten bewahren zu können“). Die Stadt und Raumplaner erheben dagegen gar keine ästhetischen Ansprüche. Ihnen fehlt jede architektonische Ausbildung, was sich auch daran zeigt, dass sie gar kein Verständnis mehr haben für die speziellen Anforderungen an Wohnhäuser, Industriebauten etc.: „Die Baufelder werden so großgezogen, dass jede Gebäudefunktion darin Platz findet. Damit aber wird der Anspruch an eine Formulierung des Stadtraumes, an Stadtbaukunst, aufgegeben.“ Wobei Mäckler hinzufügt, dass auch in der Architektenausbildung entscheidendes Wissen gerade städtebaulicher Details heute nicht mehr vermittelt wird, etwa wie man ein Eckhaus bauen sollte. Die Verkehrsplaner reagieren, drittens, allein auf die Bedürfnisse des Verkehrsraums. Dass dies nicht im Widerspruch zu ästhetischen Anforderungen stehen müsse, betont hier Mäckler, auch wenn es in der Realität so ist. Die Architekten schließlich besitzen zwar durchaus einen Gestaltungswillen, aber sie bauen einzelne Bauwerke, keine Stadträume oder Ensembles. Auch hier ist der Blick auf das Ganze verlorengegangen – und diese städtebauliche Qualität werden wir nach Mäckler erst wieder gewinnen, wenn „die Akteure der Stadtentwicklung auch über das erforderliche städtebauliche Wissen verfügen.“ So heißt es in der von Mäckler initiierten Kölner Erklärung von 2014, die den Gedanken seines Aufsatzes in diesem Band aufgreift. Und weiter: „Nicht einzelne Teildisziplinen, sondern umfassender Städtebau muss an den Hochschulen gelehrt werden. Die Stadt zuerst!"