Leistungsfähige Werkzeugsysteme der Umformtechnik sind der Schlüssel für die Herstellung hochfester Formteile und Strukturelemente aus Blech etwa für die Automobil- und Luftfahrtindustrie. Forscher entwickeln dafür eine neuartige Fertigungsmethodik.
Werkzeuge der Blechumformug müssen in der Fertigung hohe Standzeiten bei hochfesten Stahlblechen gewährleisten können. Und von ihnen wird eine über ihre Lebensdauer hinweg konstante Formgenauigkeit und Oberflächengüte erwartet, um hohe und gleichbleibende Bauteilqualitäten zu erreichen. Einen Überblick über die Verfahren der Blechumformung geben etwa die Autoren des "Handbuch Umformtehnikc" ab Seite 259.
Wenn nun ein Umformwerkzeug im Laufe der Zeit verschleißt, verlieren die Formteile an Qualität und müssen oft aufwendig nachbearbeitet werden oder sind schlimmstenfalls gar nicht mehr verwendbar. Dies zu verhindern, war Kernthema eines DFG-geförderten Sonderforschungsbereiches (SFB) an der TU Dortmund, der jetzt abgeschlossen ist. Ein interdisziplinäres Wissenschaftler-Team hat im SFB 708 eine neuartige Fertigungsmethodik namens "3D-Surface Engineering" entwickelt, von dem nun die Industrie profitieren kann.
3D-Surface Engineering
"Für die Herstellung des bislang sehr teuren Werkzeugs greifen wir auf einen günstigen und einfachen Grundwerkstoff zurück. Dann funktionalisieren wir seine Oberfläche, indem wir sie mit hochfesten Materialien beschichten", erläutert Ingor Baumann, Oberingenieur im Bereich Werkstofftechnologie und Geschäftsführer des SFB. Beim thermischen Spritzen wird mithilfe eines speziellen Brenners ein Zusatzwerkstoff an- oder aufgeschmolzen. Die Spritzpartikel verankern sich auf der Oberfläche und bilden dort eine geschlossene Schicht, die das Werkzeug fester und verschleißbeständiger macht.
Was die Industrie bislang von einem solchen Vorgehen abgehalten hat, sind nach Angaben der Wissenschaftler um Wolfgang Tillmann, Professor für Werkstofftechnologie an der Fakultät Maschinenbau, die extrem komplexen Oberflächen moderner Umformwerkzeuge. Diese gleichmäßig zu beschichten, sei eine der größten Herausforderungen, die der SFB seit seinem Start 2007 gemeistert habe: Der Roboter, der den Spritzbrenner führt, muss flexible Bewegungen ausführen können.
In der Industrie beschränkt sich die Beschichtung mittels thermischer Spritzverfahren noch vielfach auf einfache, ebene oder rotationssymmetrische Werkzeuge und Bauteile. Zu groß waren bislang die Anforderungen, die an die Bahnplanung, die Roboterprozessführung, den Beschichtungsprozess und an die Nachbehandlung gestellt werden, um komplexe Oberflächen zu beschichten. Die neue Fertigungsmethodik könne das leisten, ist Tillmann überzeugt, der Sprecher des SFB war. Die Forschenden aus den Bereichen Maschinenbau, Mathematik, Informatik und Statistik hätten in der Förderlaufzeit die Herstellung, Beschichtung und Nachbearbeitung eines komplexen Umformwerkzeugs erfolgreich umgesetzt, und die neuartige Fertigungsmethode des "Augmented 3D-Surface-Engineering" sei durch die zusätzliche durchgängige virtuelle Modellierung aller Fertigungsschritte gekennzeichnet. Aus dem Dortmunder SFB werden jetzt Projekte für den Transfer in die Praxis abgeleitet.