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2017 | Book

(Un)Komische Wirklichkeiten

Komik und Satire in (Post-)Migrations- und Kulturkontexten

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About this book

Der Band gibt einen Einblick in eine disziplinär ausdifferenzierte Forschungspraxis der Komik in (post-)migrantischen und Kulturgrenzen überschreitenden Kontexten. In den jeweiligen Untersuchungsgegenständen fragen Autor/innen nach dem sozialen Sinn, nach Funktionen und Rollen, inszenatorischen und performativen Mitteln von Lachen, Humor, Komik und Satire. Es wird ersichtlich, dass die Komik neben der Unterhaltung eine Reihe anderer sozialer Funktionen erfüllt: Sie (re-)produziert, spiegelt, kommuniziert oder überwindet jeweils ein bestimmtes Problem, das im soziokulturellen Bereich der Beforschten verankert ist. In der Komik-Kommunikation werden Identitäten formiert und ausgehandelt: mittels aggressiver, gesichtsbedrohender und kompetitiver Komik-Kommunikation werden Grenzen markiert und Freundschaftsbeziehungen getestet.

Die Beiträge dieses Bandes dienen dem besseren Bewusstsein, Verständnis und kritischen Umgang mit ethnisch-kulturellen Vorurteilen und negativen Fremdbildern, und sollen die Fremd- und Eigenwahrnehmungen sozialer Gruppen sowie deren historische Hintergründe bewusst machen.

Table of Contents

Frontmatter
(Un)Komische Wirklichkeiten im interkulturellen Kontext
Einführung in den Gegenstand und in die Beiträge dieses Bandes
Zusammenfassung
Der vorliegende Sammelband ist das Ergebnis der im Rahmen des DFG-Forschungsprojekts „Migration und Komik – Soziale Funktionen und konversationelle Potentiale von Komik und Satire in den interethnischen Beziehungen Deutschlands“ veranstalteten internationalen und interdisziplinären Tagung „Komik und Satire in Migrations- und Kulturkontexten“, die am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen am 19. und 20. September 2014 durchgeführt wurde. An diesen beiden Tagen beschäftigten wir uns mit dem Phänomen der Komik in all ihren Definitionen, Facetten, Gattungen und Stilen, Forschungsfeldern und Kontexten, in verschiedenen kulturellen und gesellschaftlichen Bereichen vorwiegend in Deutschland, aber auch im Ausland. Der versendete Call for Papers für die Tagung zielte darauf, die neuesten Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der „Komik und Migration/Kultur“ zu entdecken.
Halyna Leontiy

Komik auf der Bühne/in der Literatur/im Film

Frontmatter
Unter türkischen Christenschlächtern
Ethnische Komik im Puppentheater des 19. Jahrhunderts
Zusammenfassung
Migration im Sinne von politisch, ökonomisch, sozial oder kulturell motivierter (Aus-)Wanderung wird im 19. Jahrhunderts kaum einmal Thema des populären Puppentheaters – der Fremde oder die Fremdheit eines Landes bzw. in einem anderen Land, oft auch Kontinent, sehr wohl.
Beatrix Müller-Kampel
Das Paradoxon Dieudonné
Zusammenfassung
Dieudonné, so der Künstlername des französischen Kabarettisten Dieudonné M‘Bala M‘Bala, löste wie noch keiner seiner Generation heft ige Diskussionen um die Kunst- und Meinungsfreiheit sowie um die gesellschaftliche Rolle der Satire bzw. deren Grenzen aus. Ausschlaggebend dafür dürfte ein Sketch aus dem Jahr 2003 sein, welcher in der Sendung von Marc Olivier Fogiel auf France 3 ausgestrahlt wurde. Als Hommage an den Kollegen Jamel Debbouze verkleidete sich Dieudonné als rechtsextremer israelischer Militär und hielt eine Rede, in der er am Ende alle jungen KomikerInnen dazu anstiftete, der „Axis des Guten“ beizutreten.
Daniele Daude
Deutsche Ethno-Comedy
Zwischen Anti-Rassismus und dem Zusammenprall der Kulturen
Zusammenfassung
Seit der Antike stellt Humor ein mehrfach untersuchtes Phänomen dar, welches immer wieder von verschiedenen Denkern und Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Perspektiven aufgegriffen wurde. So lassen sich die sogenannten klassischen Überlegenheits-, Inkongruenz- und Entlastungstheorien unterscheiden, die jeweils die Betonung auf unterschiedliche Aspekte setzen: die Überlegenheitsgefühle gegenüber Anderen, die kognitiven Prozesse zur Erkennung von Inkongruenzen und die Befreiung von Energie durch das Lachen sowie das Brechen gesellschaftlicher Tabus. Trotz der langen Tradition der Humor-Studien stellten die Komödie und weitere Manifestationen von Humor in den Medien im Vergleich zu weiteren ernsthaft en oder realistischen Genres für lange Zeit ein eher wenig untersuchtes Phänomen innerhalb der Medien- und Kommunikationswissenschaft dar.
Patricia Carolina Saucedo Añez
„Deutschland, wir müssen reden!“
Integrationsdebatten in der kabarettistischen und stand-up Performance von Humoristen muslimischer Herkunft
Zusammenfassung
Seit dem dänischen Karikaturenstreit und mehr noch dem Anschlag auf die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo in Paris ist die Beziehung zwischen Muslimen und Humor ein Thema von höchstem Interesse in europäischen Gesellschaften. Zusätzlich zu der spätestens seit 9/11 etablierten Frage, ob der Islam grundsätzlich gewaltbereit und gegen Meinungsfreiheit sei, wurde nun diskutiert, ob es sich bei ihm um eine humorfeindliche Religion handele und Muslime demnach humorlos seien. Nachdem sie lange Zeit eher ignoriert blieben, wurden Humoristen muslimischen Hintergrunds zu Attraktionen etablierter Comedy- und Satireprogramme.
Riem Spielhaus
Blickumkehr
Vom komischen Erzählen bei Emine Sevgi Özdamar
Zusammenfassung
Beginnen möchte ich mit einem Zitat von Gilles Deleuze aus seinem Text ‚Nomaden-Denken‘.
Angela Weber
Was ist „deutsh“?
Poetik und Rezeption nationaler Stereotype in Gerhard Polts Man spricht deutsh
Zusammenfassung
Mit gutem Recht kann man fragen, was Gerhard Polts Spielfilmkomödie Man spricht deutsh von 1988 mit Komik und mit Migration zu tun hat. Eine dreiköpfige bayerische Nuklearfamilie genießt ihren letzten Urlaubstag an einem italienischen Strand im Beisein anderer deutscher Touristen, folgt dabei einer liebgewonnenen Routine, verfällt hin und wieder in Tagträume und mokiert sich über die Unzulänglichkeiten der Einheimischen.
Christophe Fricker
El abrazo partido (Die gebrochene Umarmung, 2004): Jüdischer Humor und Migrationsträume als Wege aus der Krise
Eine Filmanalyse
Zusammenfassung
Die gebrochene Umarmung, auf Spanisch El abrazo partido, ein Film des Regisseurs Daniel Burman und des Ko-Drehbuchautors Marcelo Birmajer wurde im Jahr 2004 in Argentinien gedreht. Der Film erzählt die Geschichte Ariel Makaroffs, eines jungen Erwachsenen Anfang dreißig, jüdisch-polnischer Herkunft, der aus dem traditionell jüdischen Viertel Once in Buenos Aires, das heute multikulturell geprägt ist, nach Europa auswandern will. Zeitlich spielt die Geschichte im Kontext der Wirtschaftskrise, Hyperinflation und des Staatsbankrotts des Jahres 2001, als die umgekehrte Migration ihren Höhepunkt erreichte.
Sabrina Zehnder

Komik im (post-)migrantischen Alltag

Frontmatter
Die Macht der Ambivalenz
Humoristische Aushandlungen von Zugehörigkeiten in der Hauptschule
Zusammenfassung
Berliner Hauptschüler sind berüchtigt für ihre Widerständigkeit und Aufmüpfigkeit gegenüber Autoritäten, ebenso wie für ihre derben Umgangsformen und lautstarken Meinungsäußerungen untereinander. Witzige Bemerkungen und humoristische Einlagen spielen dabei eine zentrale Rolle. Das Schulgeschehen erscheint häufig weniger durch die geordnete Vermittlung von Lerninhalten als durch ständige, mehr oder weniger spielerischen Provokationen bestimmt.
Stefan Wellgraf
Der Ernst im Spaß
Ethnische Kategorisierung als gesichtsschützende Maßnahme in der Scherzkommunikation griechisch-stämmiger Migranten der zweiten und dritten Generation
Zusammenfassung
Ethnische (und/oder nationale) Kategorien und Kategorisierungen werden im Kontext migrationsbedingter Multikulturalität in der deutschsprachigen Forschung überwiegend unter dem Aspekt ihrer identitätsstift enden Rolle für Migranten – besonders jüngerer Generationen – beleuchtet. Identität ist ein Schlagwort, das den wissenschaft lichen Diskurs zum Leben in Migration in unterschiedlichen Disziplinen prägt, sei es in der Soziologie (vgl. Aichner-Jacob 2010), der Ethnologie (vgl. Penitsch 2003) oder der Linguistik (vgl. König 2014). Die besondere Relevanz ethnischer Kategorien für das Selbstverständnis von Migranten spiegelt sich dabei nicht nur in den Berichten Betroff ener wider; eine Reihe linguistisch-gesprächsanalytischer Studien konnte aufzeigen, dass sie auch in der alltäglichen Interaktion von Migrantengruppen prävalente Orientierungsgrößen bei der Konstruktion eigener und fremder Identität darstellen (vgl. etwa Di Luzio und Auer 1986; Keim 2008; Günthner 2011).
Georgios Coussios
„Turteltäubchen Alter“
Ambivalentes Spiel zwischen Aggression und Spaß als Kommunikationskultur der Alltagskomik einer deutsch-türkischen Jugendgruppe in NRW
Zusammenfassung
Deutsch-türkische Minderheiten zählen zu den statistisch größten Einwanderercommunities Deutschlands. Als ethnische Minderheiten gehörten sie bisher zu den sozialen Randgruppen und „erfahren ihren Platz in der modernen Gesellschaft der Gegenwart nicht selten nach einem Modus, der der fußballerischen Situation, mittendrin im Abseits zu sein, nicht unähnlich ist“ (Neckel und Soeff ner 2008, S. 9). Öff entliche Aufmerksamkeit erfahren sie vor allem dann, „wenn es gilt, die Verwerfungen der modernen Gesellschaft in einem grellen Licht erscheinen zu lassen“ (ebd.).
Halyna Leontiy, Gülizar Yilmaz
„auch so ne lustige Geschichte“
Komik und Lachen in sprachbiographischen Interviews
Zusammenfassung
Beim Forschungsinstrument des narrativ-sprachbiographischen Interviews werden die Interviewten in einem einleitenden Impuls aufgefordert, ihre „Lebensgeschichte“ mit einem thematischen Fokus auf sprachbezogene Erlebnisse erzählend zu rekonstruieren und zu reflektieren. Im Verlauf von so gewonnenen sprachbiographischen Erzählungen fällt auf, dass die interviewten Personen ihre Erzählungen häufig metakommunikativ als amüsante Episoden rahmen oder durch lachendes Sprechen als humorvoll-komisch modalisieren. Die rekonstruktive Auseinandersetzung mit Migration und Mehrsprachigkeit wird von den Interviewten in solchen Sequenzen also eng mit den Aspekten Komik, Humor und Unernst verbunden.
Katharina König
Zur Verbindung von Stereotypen und Komik am Beispiel deutsch-russischer Witze
Zusammenfassung
Witze und Karikaturen begleiten uns während unseres gesamten Lebens. Sie bringen uns zum Lachen und vermitteln auf besondere Art und Weise unterschiedliche Sichtweisen auf die Welt. Eine spezielle Art des Witzes stellt dabei die Unterschiedlichkeit verschiedener Kulturen, Ethnien und Nationen in den Vordergrund.
Rupprecht S. Baur, Stefan Ossenberg
Backmatter
Metadata
Title
(Un)Komische Wirklichkeiten
Editor
Halyna Leontiy
Copyright Year
2017
Electronic ISBN
978-3-658-11422-0
Print ISBN
978-3-658-11421-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-11422-0