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18-11-2015 | Unternehmensstrategie | Interview | Article

"Entrepreneurial Marketing hat viel mehr Freiheiten"

Author: Andrea Amerland

2:30 min reading time

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Gründer sind oft von der Idee begeistert, verfehlen jedoch den genauen Blick für das Wesentliche. Wie wichtig Entrepreneurial Marketing für Start-ups ist, erläutert Springer-Autor Jörg Freiling in seinem gleichnamigen Buch.

Springer für Professionals: Einer der Hauptgründe für das Scheitern eines Startups ist Marketing, ergeben Studien. Warum ist das so?

Jörg Freiling: Das ist in der Tat ein Hauptgrund. Gründer sind begeistert von ihrer Idee, ihrer Technologie, ihrem Produkt, ihrem Team. Das ist auch erforderlich. Aber bei aller Begeisterung fehlt oft der vertiefende Blick auf den Kunden und in die Entscheidungsprozesse des Kunden hinein. Ein Kunde sagt Dinge oft anders, als er sie denkt. Und bei Geschäftskunden entscheiden oft mehrere Personen, die alle zustimmen müssen. Signale des Kunden werden oft falsch verstanden, der lange Weg des Kaufprozesses unterschätzt. Und dann fehlen mit den Lead-Kunden die dringend erforderlichen Einnahmen, ohne die sich kein Vorhaben lange halten kann.

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Was ist die besondere Herausforderung von Marketing für Start-ups?

Sie müssten mit minimalen Mitteln sehr viel erreichen. Sie müssen sich bekannt machen, Käufer und Fans ihrer Leistungen finden, Vertrauen aufbauen, Geschäfte abschließen und nicht zuletzt Kunden binden. Daneben brauchen sie sehr viele aktuelle Informationen, um Situationen passend zu deuten.

Worauf sollen Gründer bei der Geschäftsmodellentwicklung besonders achten?

Das Verfahren der Geschäftsmodellentwicklung muss sehr schlank sein, es muss auf ein echtes Problem der Nachfrage zugeschnitten sein und erkennbaren Wert schaffen, es muss einfach sein und kostengünstig funktionieren, und es muss einen Ertragsmechanismus in sich tragen, der auch wirklich funktioniert. Auch nicht einfach: das Geschäftsmodell muss auf (mindestens) einem deutlichen Wettbewerbsvorteil beruhen.

Und worauf kommt es bei der Marktpositionierung an?

Gut wäre es, wenn eine echte Positionierungslücke gefunden und gefüllt werden könnte. Ist das passiert, muss eine Selektion des Marktauftritts erfolgen, die eine deutliche Fokussierung erfordert. Nur dann kann eine Position vom Kunden erkannt und verstanden werden. Danach kommt das Fit-Prinzip zum Einsatz. Nach innen und außen muss alles zueinander passen: Produktmerkmale, Auftritt/Design, Prozesse, Strukturen.

Was unterscheidet Innovations-Marketing vom Entrepreneurial Marketing? Gibt es überhaupt Unterschiede?

Beim Innovationsmarketing muss sich eine neue Idee oder ein neues Konzept seinen Weg aus einer im Regelfall schon bestehenden Organisation heraus bahnen. Dazu sind im Regelfall Ressourcen und Budgets vorhanden. Beim Entrepreneurial Marketing geht es auch um neue geschäftliche Modelle, aber die schützende Umgebung hierfür gibt es noch gar nicht, sondern muss „aus dem Lauf heraus“ geschaffen werden. Das alles erfolgt unter engsten Mittelrestriktionen und im Zustand einer nahezu völlig fehlenden Bekanntheit des Unternehmens, das gerade erst entsteht. Entrepreneurial Marketing hat viel mehr Freiheiten in der Vorgehensweise und zumeist viel mehr Restriktionen in der Umsetzung. Schon allein deswegen kann man Entrepreneuren viel Widerstandskraft wünschen.

Zur Person
Prof. Dr. Jörg Freiling ist Inhaber des Lehrstuhls für Mittelstand, Existenzgründung und Entrepreneurship (LEMEX) an der Universität Bremen.
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