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Published in: Wirtschaftsinformatik & Management 4/2023

Open Access 22-08-2023 | Spektrum

Verdrängen Smart-Product-Service-Systeme die Interaktion in Online-Communities? – Empirische Evidenz aus einer Rezept-Community

Authors: Janina Seutter, Michelle Müller, Prof. Dr. Dennis Kundisch

Published in: Wirtschaftsinformatik & Management | Issue 4/2023

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Smart-Product-Service-Systeme (SPSS) bieten Unternehmen neue Möglichkeiten, Daten über das Produktnutzungsverhalten ihrer Kunden zu sammeln. Vor der Etablierung von SPSS wurden solche Daten häufig aus sogenannten Online-Produkt-Communities extrahiert, die von den Unternehmen dazu eingerichtet wurden, ihren Kunden eine Plattform zur Kommunikation mit anderen Kunden und dem Unternehmen zu bieten. SPSS und Online-Produkt-Communities ermöglichen es gleichermaßen, den Kunden Informationen und Anregungen für Nutzungsmöglichkeiten zu einem Produkt bereitzustellen. Diese Überschneidung in den beiden Angeboten wirft die Frage auf, wie sich die Einführung eines SPSS auf eine bereits bestehende Online-Produkt-Community auswirkt. In diesem Artikel stellen wir eine explorative Analyse zu einem Küchengerätehersteller vor, welcher seit vielen Jahren eine stark frequentierte Rezept-Community betreibt und zudem eine smarte Version eines Küchengeräts auf den Markt gebracht hat. Dieses Produkt wurde in ein kostenpflichtiges SPSS eingebettet, das zertifizierte und integrative Schritt-für-Schritt-Anleitungen für eine Vielzahl von Rezepten beinhaltet. Die Ergebnisse unserer Untersuchung zeigen, dass Kunden, die sowohl die Rezept-Community als auch das SPSS nutzen, im Vergleich zu Kunden, die nur die Rezept-Community nutzen, nach der Einführung der smarten Produktversion ihre Aktivität in der Rezept-Community deutlich reduzieren. Dieser spezielle Fall legt nahe, dass Unternehmen, die eine aktive und loyale Online-Produkt-Community betreiben, vor der SPSS-Einführung berücksichtigen sollten, dass sich die SPSS-Einführung negativ auf die Aktivität in der Online-Produkt-Community auswirken könnte.
Im Innovationsprozess von Unternehmen repräsentiert die Digitalisierung von Produkten eine rasant fortschreitende und vielversprechende Entwicklung. Intelligente Produkte bieten Konsumenten eine erhöhte Zuverlässigkeit, neue Funktionalitäten und eine optimierte Produktnutzung [1]. Das intelligente Produkt wird häufig durch ein Smart-Product-Service-System (SPSS) komplementiert, welches dem Nutzer beispielsweise in Form einer App zusätzliche Dienstleistungen zu dem Produkt anbietet und Nutzungsdaten erfasst, systematisiert und dem Nutzer aufbereitet zur Verfügung stellt [1]. Für Anbieter eines SPSS bietet sich ebenso die neue Möglichkeit, die insbesondere im letzten Jahrzehnt aufkommende flächendeckende Nutzung von Smartphones dafür zu verwenden, detaillierte Einsichten in das Nutzungsverhalten der Kundschaft zu gewinnen.
Bevor intelligente Produkte in den Markt eingeführt wurden, etablierten Unternehmen häufig firmeneigene, über Webseiten realisierte Online-Produkt-Communities, um die Kommunikation sowohl zwischen Unternehmen und Kunden als auch zwischen den Kunden selbst zu erleichtern [2]. Dadurch fördern Unternehmen den Austausch über die eigenen Produkte: Fragen zur Nutzung der Produkte können direkt an den Hersteller oder an andere Nutzer des Produktes gestellt werden [3]. In einer von BMW betriebenen Online-Produkt-Community können Nutzer beispielsweise eigene Erfahrungen mit ihrem Fahrzeugmodell teilen, Mängel aufdecken und Verbesserungsvorschläge diskutieren [4]. Untersuchungen zeigen, dass Online-Produkt-Communities einen positiven Effekt auf den Produktwert und die Kundenloyalität haben [5] und für Unternehmen als wertvolle Quelle für produktbezogene Ideengenerierung zur Funktionserweiterung des Produkts dienen [6].
Wird eine intelligente Version eines Produkts eingeführt, verändern sich die Kommunikations- und Informationskanäle grundlegend. Der Hersteller kann nun den Produktnutzern beispielsweise den aktuellen Produktzustand oder auch Vorschläge zur angemessenen Nutzung des Produktes direkt über die Kanäle des SPSS (bspw. eine Smartphone-App) mitteilen. Viele SPSS in ihrer jetzigen Form ersetzen jedoch nicht alle Elemente einer Online-Produkt-Community, insbesondere fehlen Elemente, die den Austausch mit anderen Kunden ermöglichen. Es ist deshalb weitestgehend unklar, ob solche Online-Produkt-Communities neben einem SPSS bestehen bleiben können oder unter Umständen sogar von dessen Existenz profitieren. Letzteres könnte der Fall sein, wenn Kunden die Online-Produkt-Community beispielsweise zum Austausch über das intelligente Produkt und dessen Funktionalitäten nutzen. Dies stellt insbesondere Unternehmen, die damit beginnen ihre Produkte zu digitalisieren, vor die Frage, wie mit bestehenden Produkt-Communities verfahren werden soll und wie die Einführung eines SPSS die Nutzeraktivität in einer etablierten Online-Produkt-Community, die beide für das gleiche Produkt entwickelt wurden, verändert.
Für die Beantwortung dieser Fragen verwenden wir einen umfangreichen Datensatz einer aktiven, firmeneigenen und kostenlos nutzbaren deutschen Online-Produkt-Community für Küchengeräte. Bei dem SPSS handelt es sich um eine Dienstleistung, welche zertifizierte Kochrezepte direkt in das intelligente Produkt integriert und dem Nutzer bei der Zubereitung der Rezepte mit vordefinierten Schritten die Bedienung des Geräts erleichtert (sogenanntes „Guided Cooking“). Der Datensatz umfasst detaillierte Informationen aus der Online-Produkt-Community zu veröffentlichten Rezepten, Kommentaren zu diesen Rezepten und nutzerbezogene Daten. Mit diesen Daten führen wir eine explorative Analyse durch, um zu untersuchen, wie sich die Einführung eines intelligenten Produkts und des dazugehörigen SPSS im Jahr 2014 auf das Beteiligungsverhalten der Community-Mitglieder auswirkt.
Infokasten Kernthese 1
Smart-Product-Service-Systeme verdrängen etablierte Informationskanäle zwischen Herstellern und Kunden.

Smart-Product-Service-Systeme

Neben der Untersuchung von technischen Aspekten von SPSS, bspw. Tracking-Technologien, drahtlose Sensoren, verbesserte Kommunikationsprotokolle und verteilte Intelligenz ist für Unternehmen mit einem SPSS außerdem von Interesse, wie sich SPSS auf Managemententscheidungen auswirken und diese verändern (z. B. [1, 7]). Da diese Systeme Nutzungsdaten von jedem Kunden systematischer und detaillierter erfassen, bieten sich bessere Entscheidungsgrundlagen für Manager [3]. Darüber hinaus ermöglichen SPSS einen Fernzugriff durch den Serviceanbieter. Das bedeutet, dass durch veröffentlichte Updates zusätzliche Funktionen über das SPSS im Laufe der Zeit aktiviert und deaktiviert werden können [1, 7]. Ein dritter Bereich der Forschung betrachtet die Nutzer von SPSS und deren Präferenzen und Erwartungen gegenüber der Technologie. Explorative Studien zeigen, dass neben der service- und der technologiegestützten Aspekte SPSS auch die Kundenbeziehung beeinflussen. Dabei scheinen die Kunden sowohl die Beziehung zum Hersteller als auch die Beziehung zu anderen Kunden zu berücksichtigen. Die Tatsache, dass Kunden beide Arten von Beziehungen als Teil der Erfahrung mit einem SPSS sehen, bestärkt unsere Annahme, dass SPSS in Bezug auf den produktbezogenen Informationsaustausch Gemeinsamkeiten mit Online-Produkt-Communities aufweisen [8]. Es ist jedoch ungewiss, ob und wenn ja, wie sich die Einführung eines SPSS auf die Interaktionen zwischen Kunden auswirkt. Daher erweitern wir den derzeitigen Stand der Forschung zu Gestaltungsentscheidungen und Kundenwahrnehmungen in SPSS, indem wir die Nutzeraktivität von Online-Produkt-Communities nach der Einführung eines SPSS analysieren.
In unserem Beitrag betrachten wir ein Szenario, in dem ein Küchengerätehersteller seine Online-Produkt-Community durch ein neu eingeführtes SPSS ergänzt. Im Vergleich zur Community bietet das SPSS sehr ähnliche Kernfunktionen, aber nur rudimentäre Community-Elemente an. Es bleibt für den Küchengerätehersteller unklar, wie das zusätzliche Serviceangebot von den Kunden angenommen wird. Langfristig bleibt ebenso offen, wie sich die Entscheidung des Küchengeräteherstellers auf den wirtschaftlichen Erfolg auswirkt. Einerseits könnte die Einführung des SPSS, in welchem ähnlich wie in der Community Produktinformationen und Rezepte bereitgestellt werden, dazu führen, dass ein Substitutionseffekt eintritt und die Aktivität in der Community zurückgeht. Auf der anderen Seite könnte die Einführung des SPSS das Interesse an der Nutzung des Gerätes neu entfachen, sodass zusätzliche Fragen und Austauschbedarfe entstehen und die Nutzer ihre Aktivität in der Community steigern [1].
Infokasten Kernthese 2
Die Einführung eines Smart-Product-Service-Systems wird in einer etablierten Online-Produkt-Community zu einer Veränderung im Nutzerverhalten führen.

Daten und Forschungsumgebung

Wir untersuchen die Auswirkungen der Einführung eines SPSS auf das Nutzerverhalten in einer Online-Produkt-Community eines deutschen Küchengeräteherstellers. Im Jahr 2009 gründete dieser eine Online-Produkt-Community, damit die Nutzer der Küchenmaschine Kochrezepte veröffentlichen und produktbezogene Probleme diskutieren können. Der Hersteller führte im Jahr 2014 ein neues Modell seiner Küchenmaschine ein, welches die Möglichkeit für die Integration mit einem SPSS mit sich brachte. Das dazugehörige SPSS wurde zwei Jahre später, im Jahr 2016, in den Markt eingeführt und bietet die technische Möglichkeit, vom Hersteller entwickelte Kochrezepte direkt auf das Gerät zu übertragen und auf Grundlage von Nutzerdaten personalisierte Rezepte vorzuschlagen (siehe Tab. 1). Die Integration der Kochrezepte aus der Online-Produkt-Community ist dabei nicht möglich. Zusätzlich dazu bietet das SPSS eine Guided-Cooking-Funktion an und unterstützt so den Prozess der Zubereitung. Somit stehen den Nutzern der Küchenmaschine zwei getrennte digitale Rezeptquellen zur Verfügung. Im Forum der Online-Produkt-Community äußerte ein Nutzer des Küchengeräts Zweifel an diesem Konzept:
„Was ist der Unterschied zwischen [der Online-Produkt-Community] und [dem SPSS]? Falls ich etwas in [der Online-Produkt-Community] speichere und es auf meine Einkaufsliste setze, wie kann ich es auf meinem Telefon [in dem SPSS] sehen? Tauchen meine gespeicherten Rezepte [in dem SPSS] auf??? Ich bin ratlos und überfordert …“
Tab. 1
Unterschiede zwischen der Online-Produkt-Community und dem Smart-Product-Service-System (SPSS)
Funktionalitäten
Online-Produkt-Community
SPSS
Berechtigung zur Veröffentlichung von Rezepten
Registrierte Nutzer
Nur der Plattformanbieter
Kommentarfunktion für Rezepte
×
Sternebewertung für Rezepte
Nutzerforum
×
Einbindung in das Gerät möglich
×
Unterstützung in der Zubereitung
Indirekt
Direkt
Nutzungsgebühr
×
✔ 36 €/Jahr
Die grundlegenden Unterschiede zwischen der Online-Produkt-Community und dem SPSS sind in Tab. 1 aufgeführt. Das Ziel der Online-Produkt-Community war es, die Interaktion zwischen den Nutzern zu fördern, indem beispielsweise Rezepte veröffentlicht und kommentiert werden konnten. Im Gegensatz dazu bietet das SPSS nur zertifizierte Rezepte von Experten an. Diese unterstützen den Nutzer mit vordefinierten Anweisungen während der Zubereitung und sind für das Gerät genau angepasst, sodass Einstellungen automatisiert werden können. Des Weiteren müssen Nutzer für das SPSS eine jährliche Nutzungsgebühr zahlen.
Wir haben jährliche Paneldaten aus der firmeneigenen Online-Produkt-Community erhoben, welche alle Rezepte und Kommentare beinhalten, die von Nutzern zwischen 2010 und 2019 veröffentlicht wurden. Dadurch können wir das Beitragsverhalten der Nutzer in den Jahren vor der Einführung des neuen (intelligenten) Küchengeräts (2010–2013), in den Jahren zwischen der Einführung des neuen Geräts und dem SPSS (2014–2016) und nach der Veröffentlichung des SPSS (2016–2019) analysieren. Auf Nutzerebene können wir aus den Nutzerprofilen die Information entnehmen, ob sie zur Zeit der Datenerhebung (im Jahr 2020) neben der Online-Produkt-Community auch das SPSS genutzt haben oder nicht (Variable SPSS_NUTZER). Ebenfalls können wir für jedes Jahr zwischen 2010 und 2019 die Anzahl der veröffentlichten Rezepte (Variable ANZAHL_REZEPTE) und Kommentare (Variable ANZAHL_KOMMENTARE) auf Nutzerebene beobachten. Für unsere empirische Analyse verwenden wir diese beiden Variablen als abhängige Variablen, welche anerkannte Messzahlen für die Aktivität einer Community sind [9]. Als unsere erklärende Variable nutzen wir SPSS_NUTZER, die angibt, ob ein Online-Produkt-Community-Nutzer auch das SPSS nutzt oder nicht. Deskriptive Statistiken auf Jahres- und Nutzerebene zu unseren verwendeten Variablen sind in Tab. 2 zu finden. Insgesamt umfasst der verwendete Datensatz 98.566 Nutzer mit 792.168 Kommentaren zu 56.225 Rezepten.
Tab. 2
Deskriptive Statistiken
Variable
Mittelwert
Standardabweichung
Min
Max
SPSS_NUTZER
0,518
0,5
0
1
ANZAHL_REZEPTE
0,475
3,240
0
239
ANZAHL_KOMMENTARE
6,487
20,787
1
1119

Ergebnisse der Untersuchung

Um herauszufinden, wie sich die Einführung des SPSS auf das Beitragsverhalten der Community-Mitglieder auswirkt, verwenden wir den Difference-in-Differences(DID)-Ansatz. Dieser erlaubt es für Beobachtungsdaten, Unterschiede zwischen einer Treatment- und einer Kontrollgruppe vor und nach einer Intervention zu identifizieren und zu quantifizieren. Grundidee ist, dass die Treatment-Gruppe (hier: die Nutzer des SPSS) zu einem bestimmten Zeitpunkt ein sogenanntes Treatment (hier: das SPSS) erhält, während die Kontrollgruppe (hier: keine Nutzer des SPSS) dieses Treatment nicht bekommt. Unter der Annahme, dass das Beitragsverhalten der beiden Gruppen in der Online-Produkt-Community über die Zeit einem ähnlichen Trend folgt, kann so der Effekt der Einführung des SPSS für die Nutzer des SPSS herausgestellt werden.
Tab. 3 zeigt die Ergebnisse des DID-Ansatzes. Das Modell 1 beschreibt dabei die Ergebnisse der Regression mit der Anzahl an Kommentaren als abhängiger Variable. Es ist erkennbar, dass in den Jahren nach der Einführung des intelligenten Produkts und vor der Einführung des SPSS (Variable ZEIT_NACH_GERÄTELAUNCH, 2014–2016) jene Nutzer, die sowohl das SPSS als auch die Online-Produkt-Community nutzen, die Anzahl an geschriebenen Kommentaren im Vergleich zu Nutzern, die nur in der Online-Produkt-Community aktiv sind, um circa 8 % verringern. Dieser Rückgang verstärkt sich noch weiter nach der Einführung des SPSS (Variable ZEIT_NACH_SPSSLAUNCH, 2016–2019). Dabei reduziert sich die Anzahl der Kommentare um circa 13 %. Alle Ergebnisse beziehen sich auf den Vergleich mit den Jahren vor der Einführung des intelligenten Produkts (2009–2014).
Die Ergebnisse in Modell 2 zeigen die Schätzungen für die Anzahl der veröffentlichten Rezepte als abhängige Variable. Hier beobachten wir ebenfalls einen Rückgang der Aktivität in der Online-Produkt-Community für Nutzer, die ebenfalls das SPSS verwenden, verglichen mit denen, die sich nur an der Online-Produkt-Community beteiligen. Besonders in den Jahren nach der Einführung des SPSS verringerte sich die Anzahl der Rezepte um circa 19 %, verglichen mit den Jahren vor der Einführung des intelligenten Produkts (2009–2014). Somit liefern unsere Ergebnisse einen ersten Beleg dafür, dass sich die Einführung des SPSS negativ auf die Online-Produkt-Community auswirkt.
Tab. 3
Ergebnisse der Regression
 
Modell 1
Modell 2
Variablen
ln(ANZAHL_KOMMENTARE)
ln(ANZAHL_REZEPTE)
SPSS_NUTZER* ZEIT_NACH_GERÄTELAUNCH
−0,083*** (0,031)
−0,135*** (0,049)
SPSS_NUTZER* ZEIT_NACH_SPSSLAUNCH
−0,131*** (0,031)
−0,194*** (0,049)
Jahres Fixed Effects
Nutzer Fixed Effects
N
30.819
30.819
0,616
0,665
Hinweis: *** p < 0,01. Robuste Standardfehler stehen in Klammern

Ausblick und zukünftige Konsequenzen

Der wachsende Markt für intelligente Produkte zeichnet sich in vielen Branchen ab. Intelligente Produkte bieten Unternehmen viele neue Möglichkeiten der Wertschöpfung und sind somit ein Faktor von wachsender Bedeutung im Innovationsprozess für Unternehmen [1]. Wenn traditionelle Produkte in intelligente Produkte transformiert und mit einem SPSS ergänzt werden sollen, müssen Unternehmen darüber nachdenken, wie sie mit bereits existierenden Kommunikations- und Interaktionskanälen unter Konsumenten, wie zum Beispiel Online-Produkt-Communities, umgehen wollen. Da SPSS dem Nutzer viele neue Möglichkeiten mit dem Produkt aufzeigen und weitere unterstützende Funktionen übernehmen können, ist es möglich, dass bereits existierende Kommunikations- und Interaktionskanäle zum Austausch über Produkte vom SPSS untergraben werden.
Diese Untersuchung liefert erste Hinweise darauf, dass die Einführung eines SPSS die Nutzeraktivität in einer Online-Produkt-Community, die für dieses Produkt ausgelegt ist, signifikant reduziert. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Community-Betreiber bei der Einführung eines SPSS Gefahr laufen, das Gemeinschaftsgefühl untereinander zu verlieren, was sich negativ auf die Produktnutzer auswirken könnte [10]. Deshalb sollten Unternehmen mit einer starken Online-Produkt-Community in Erwägung ziehen, den Community-Gedanken ebenfalls in das SPSS zu überführen. Beispielsweise könnte das SPSS in einem separaten Reiter weiterhin Posting- und Kommentarfunktionen zur Verfügung stellen.
Die Untersuchung unterliegt der Limitation, dass die Entscheidung, ein SPSS zu nutzen, endogen ist. Somit können unsere Ergebnisse auch davon getrieben worden sein, dass Nutzer, die sich entscheiden ein SPSS zu verwenden, sich systematisch von Nutzern unterscheiden, die kein SPSS verwenden möchten. Zukünftige Forschung könnte diese Limitation adressieren, in dem das Nutzerverhalten einer weiteren, ähnlichen Online-Produkt-Community mit einbezogen wird, in der über die Zeit kein SPSS eingeführt wurde. Die Nutzer dieser Community könnten dann die Kontrollgruppe darstellen, sodass eine genauere Schätzung des Effekts der Einführung eines SPSS auf das Beitragsverhalten in Online-Produkt-Communities möglich gemacht wird. Weiterhin bleibt auf Grundlage des Datensatzes unklar, wann die Nutzer des SPSS das intelligente Produkt gekauft haben und wie intensiv sie es verwenden. Zukünftige Forschung könnte unsere Ergebnisse mittels Nutzerumfragen oder -interviews erweitern und stützen.
Handlungsempfehlungen
Unternehmen mit einer starken Online-Produkt-Community sollten sich bewusst sein, dass die Einführung eines SPSS zu einer Reduzierung der Community-Aktivitäten der Nutzer führen kann, da insbesondere die Nutzer des SPSS dazu neigen, in der Online-Produkt-Community weniger Rezepte und Kommentare zu posten.
Unternehmen könnten darauf reagieren, indem beispielsweise Community-Elemente in das SPSS integriert werden.
Zusammenfassung
Smart-Product-Service-Systeme (SPSS) bieten Unternehmen neue Möglichkeiten, Daten über das Produktnutzungsverhalten ihrer Kunden zu sammeln.
Smart-Product-Service-System und Online-Produkt-Communities ermöglichen es gleichermaßen, den Kunden Informationen und Anregungen für Nutzungsmöglichkeiten zu einem Produkt bereitzustellen.
Die Ergebnisse unserer Untersuchung zeigen, dass Kunden, die sowohl die Rezept-Community als auch das SPSS nutzen, im Vergleich zu Kunden, die nur die Rezept-Community nutzen, nach der Einführung der smarten Produktversion ihre Aktivität in der Rezept-Community deutlich reduzieren.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Literature
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Metadata
Title
Verdrängen Smart-Product-Service-Systeme die Interaktion in Online-Communities? – Empirische Evidenz aus einer Rezept-Community
Authors
Janina Seutter
Michelle Müller
Prof. Dr. Dennis Kundisch
Publication date
22-08-2023
Publisher
Springer Fachmedien Wiesbaden
Published in
Wirtschaftsinformatik & Management / Issue 4/2023
Print ISSN: 1867-5905
Electronic ISSN: 1867-5913
DOI
https://doi.org/10.1365/s35764-023-00484-0

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