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2020 | OriginalPaper | Chapter

2. Vertrauen

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Zusammenfassung

Trotz der Vielzahl an Arbeiten zu Vertrauen in diversen Disziplinen – oder gerade deswegen – existiert kein disziplin- oder perspektivübergreifendes Verständnis ebenso wenig wie prominente Erklärungen zu dessen Einflüssen (Misztal, 2011, S. 361). Denn, „as can be expected, each field has approached the problem with its own disciplinary lens and filters“ (Lewicki & Bunker, 1995, S. 135). Somit kann es hier nicht zielführend sein, einen Überblick über sämtliche Überlegungen verschiedener Disziplinen zu liefern. Vielmehr werden solche herangezogen, die für das Erkenntnisinteresse der Erklärung von Vertrauen in journalistische Medien aus Sicht der Rezipienten geeignet scheinen; diese Erklärungen zu Vertrauen in (politische) Institutionen finden sich primär in der politologischen Vertrauensforschung (für einen Überblick vgl. z. B. Mishler & Rose, 2001).

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Appendix
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Footnotes
1
Genauer existieren RC-Theorievarianten, die quer zu den Disziplinen liegen (Diekmann & Voss, 2004, S. 13). So geprägte Überlegungen zu Vertrauen finden sich etwa in der Ökonomie (Arrow, 1974; North, 1990; Ripperger, 1998), Psychologie (Deutsch, 1958) und Politologie (Gambetta, 1988; Hardin, 2002).
 
2
Um verschiedene Strömungen einzufassen, wird hierbei Arnolds (2008, S. 496, 491) Begriffen gefolgt.
 
3
Wie Bentele & Seidenglanz (2015, S. 413) anmerken, kombinieren manche Abhandlungen beide Herangehensweisen (vgl. z. B. Luhmann, 1989).
 
4
Gemäß sozialpsychologischer Handlungstheorien zeichnet sich (soziales) Handeln im Gegensatz zu Verhalten etwa dadurch aus, dass es absichtlich und in einem sozialen Kontext ausgeführt wird (Greve, 2010, S. 303). Ähnlich fasst Max Weber (2002) soziales Handeln als „auf das Handeln anderer Menschen bezogen“ (S. 1). Dem wird hier gefolgt.
 
5
Ein prominentes Beispiel ist das „Free Rider-Problem“: Demnach finden Bürger, dass es für die Gemeinschaft am besten ist, wenn alle Steuern zahlen, wobei jeder überlegt, dass man diejenigen mitfinanziert, die sich davor drücken. Vermuten die Bürger also, dass andere keine Steuern zahlen, sind sie auch nicht mehr dazu bereit und sehen das Steuersystem als illegitim (Putnam, 2000, S. 347–349). Folglich „everyone in the group stands to lose, although all know that if they could trust each other they would all be better off“ (Rothstein, 2013, S. 1011–1012).
 
6
Einen Überblick über zentrale Merkmale von Vertrauensdefinitionen geben z. B. Misztal (1996), Neser (2016), Nuissl (2002), Preisendörfer (1995), Strasser & Voswinkel (1997) und Thielmann & Hilbig (2015).
 
7
Üblich sind auch Vertrauensgeber („trustor“) und -nehmer („trustee“, Ripperger, 1998, S. 10).
 
8
Eine Gewohnheit lässt sich fassen als kognitive Struktur in Form eines Skriptes (mentales „Drehbuch“, in dem Wissen über Bedingungen, Ablauf und Folgen von Ereignissen gesichert ist, Abelson, 1981, S. 717), die „aufgrund ihrer hohen Verfügbarkeit in regelmäßig auftretenden, alltäglichen Situationen automatisch ausgelöst werden kann [Herv. i. Org.]“ (Schnauber, 2017, S. 62; Koch, 2010, S. 33–45; LaRose, 2010, S. 198).
 
9
Wobei angemerkt wird, dass ein Restrisiko bliebe, um auf Basis dessen zu handeln, was nur Vertrauen kompensieren könne; damit entspräche Vertrauen keiner Kalkulation (Kohring, 2004, S. 119). Zudem werde die Fähigkeit von Individuen zur Kalkulation der Folgen von Handlungsalternativen über- und der Einfluss sozialer Normen und individueller Merkmale unterschätzt (Endreß, 2002, S. 39; Preisendörfer, 1995, S. 269).
 
10
Belief (dt. „Überzeugung“, „Haltung“) meint häufig „cognitive evaluative responses“ (Eagly & Chaiken, 1993, S. 11) oder „hypotheses about the world“ (Perloff, 2010, S. 47) und wird teils als (kognitive) Komponente von Einstellungen gesehen (Perloff, 2010, S. 46–47; Stiff & Mongeau, 2003, S. 12–13).
 
11
Eine Einstellung lässt sich im kleinsten gemeinsamen Nenner als „evaluative tendency“ gegenüber Objekten sehen „that lasts for at least a short time“ (Eagly & Chaiken, 1993, S. 2). Diese können erlernt werden durch (in-)direkte Erfahrungen mit sozialen Objekten (Eagly & Chaiken, 1998, S. 270). Während Autoren teils für ein „tripartite model“ (Rosenberg & Hovland, 1960) plädieren, wobei Einstellungen kognitive, affektive und behaviorale Dimensionen haben, präferieren andere eine zweidimensionale Lösung (Zajonc & Markus, 1982), um Einstellung und Handeln zu differenzieren (Chaiken & Stangor, 1987, S. 577–578).
 
12
Diese Verletzlichkeit ergibt sich nach Misztal (2011) aus der „human condition of dependence on others, in the unpredictability of action and in the irreversibility of human experiences“ (S. 364–365).
 
13
Teilweise wird argumentiert, dass man in Institutionen oder Systeme nur Zuversicht haben kann, etwa da Vertrauensgeber aus RC-Perspektive kaum kalkulieren könnten, wie sehr es im Interesse von Repräsentanten ist, ihr Vertrauen zu rechtfertigen (Hardin, 1999, S. 24–28) oder trotz wahrgenommener Unsicherheit über die korrekte Funktionserfüllung keine Handlungsalternative existiere oder erwogen werde (Levi, 1998, S. 78; Luhmann, 2001, S. 147–153). Diese Position wird jedoch vielfach kritisch gesehen und daher auch hier nicht vertreten. Argumentiert wird, dass Vertrauensgeber ausreichend über die Prinzipien von Institutionen wissen, um zu vertrauen (Lahno, 2002, S. 357; Müller, 2013, S. 49–51) und sich soziale Entitäten immer verändern, womit stets Handlungsalternativen bestehen (Kohring, 2004, S. 106). Auch nimmt Seligman (1997, S. 19–39) an, dass Vertrauen nötig ist, sofern Rolleninhaber Spielraum in der Erfüllung von Rollenerwartungen haben oder diese konfligieren, was in modernen Gesellschaften üblich ist (vgl. auch Kohring, 2004, S. 108; Offe, 2001, S. 275–279).
 
14
Zum Teil wird in der englischsprachigen Forschung auch dies als „confidence“ bezeichnet (Norris, 2017, S. 19); andere sprechen dabei als Form von Vertrauen (Barber, 1983, S. 9).
 
15
In der Persuasionsforschung wird Vertrauenswürdigkeit als Dimension oder Ursache von Glaubwürdigkeit gesehen (Wirth, 1999, S. 59). Dies ist jedoch kein Widerspruch, da gemäß vorliegendem Verständnis wahrgenommene Vertrauenswürdigkeit nicht mit Vertrauen gleichzusetzen, sondern diesem vorgeordnet ist (vgl. auch Seiffert-Brockmann, 2015, S. 154–162).
 
16
Dazu wird teils Selbstvertrauen gezählt (Luhmann, 1989, S. 91; Petermann, 2013, S. 106).
 
17
In der politologischen und soziologischen Vertrauensforschung wird dies primär als „soziales Vertrauen“ bezeichnet (Welch et al., 2005; Zmerli, 2013), während in der psychologischen Vertrauensforschung „interpersonales Vertrauen“ dominiert (Rotter, 1967). Beides wird oftmals synonym behandelt (Cappella, 2002; Frings, 2010), so auch hier.
 
18
Auch finden sich in der Literatur feinere Abstufungen, die sich aus Kriterien ergeben, auf die sich Individuen bei der Vergabe stützen. So basiere spezifisches soziales Vertrauen zu Beginn einer sozialen Beziehung eher auf der Einschätzung der Interessen des Gegenübers („calculus-based trust“), was von vertrauensspezifischen Erfahrungen abgelöst werde („relational trust“, für einen Überblick vgl. z. B. Rousseau, Sitkin, Burt & Camerer, 1998).
 
19
Uslaner (2013, S. 631) differenziert weiter „moralistic trust“ als Basis generalisierten sozialen Vertrauens (Uslaner, 2002, S. 27). Dieses fasst er als „belief that others share your fundamental moral values and therefore should be treated as you would wish to be treated by them“ (Uslaner, 2008, S. 103); so meint es die normative Haltung, andere so zu behandeln, als wären sie vertrauenswürdig (Uslaner, 2008, S. 103).
 
20
Überlegungen zu Vertrauen in soziale Systeme (Giddens, 1995; Luhmann, 1989) werden nur insofern angeschnitten, wie sie in Verständnissen zu Vertrauen in Journalismus verankert sind (vgl. Abschnitt 3.​2).
 
21
Analog wird rollenbasiertes Vertrauen differenziert, das darauf fußt, dass Rollenerwartungen angemessen erfüllt werden (Kramer, 1999, S. 578). Vertrauen in nichtstaatliche Institutionen umfasst Vertrauen in Unternehmen oder journalistische Medien (Mishler & Rose, 1997, S. 448; Rothstein & Stolle, 2008a, S. 285; vgl. auch Braun, 2013, S. 45).
 
22
Daneben existieren weitere Stränge wie der diskursive Neo-Institutionalismus, der Veränderungen institutioneller Strukturen durch Deliberation in Diskursen über Ideen (z. B. Normen) zu erklären versucht. Vertreter gehen davon aus, dass Institutionen äußere sowie verinnerlichte Strukturen darstellen, die Handeln einschränken, wobei Individuen kritisch über institutionelle Regeln diskutieren und diese so verändern können (Schmidt, 2008, S. 313–321).
 
23
Bei North (1990, S. 5) sind diese Organisationen, die nach institutionellen Regeln agieren.
 
24
Dabei ist politische Unterstützung nicht äquivalent zu politischem Vertrauen. So können Bürger einem politischen Akteur vertrauen, ihn aber nicht wählen, da dessen Positionen den eigenen widersprechen (Norris, 2017, S. 20).
 
25
An anderer Stelle wird argumentiert, dass sich Vertrauen in abstrakte Entitäten auf die Erwartungen richtet, die die (korrekte) Funktionserfüllung betrifft und damit stets spezifisch sei (Kohring, 2004, S. 120; vgl. auch Barber, 1983, S. 16–17). Hier wird einzig für die Unterscheidung spezifischen und generalisierten Vertrauens anderen Kriterien gefolgt.
 
26
Zwar hängt generalisiertes Vertrauen in politische Institutionen und Akteure positiv zusammen (Walter-Rogg, 2005, S. 175); jedoch lässt sich vermuten, dass Bürger dies differenzieren, da das Vertrauen, dass „ihre Bestimmungen für die Regelung von Konflikten tatsächlich angemessen und erfolgversprechend sind“ (Göhler, 2002, S. 227) Voraussetzung dafür ist, auf deren korrekte Umsetzung durch Politiker zu vertrauen (Braun, 2013, S. 49).
 
27
Stellenweise wird auch spezifisches Vertrauen in Organisationen (z. B. Krankenhäuser) angeführt, was primär auf direkten Erfahrungen basiert (Grünberg, 2014, S. 225–226, 255; Haselhoff, 2010, S. 81). In Anlehnung daran könnte sich spezifisches politisches Vertrauen auch auf spezifische Institutionen beziehen, mit denen Individuen im direkten Kontakt stehen (z. B. lokale Behörde; vgl. auch Freitag & Traunmüller, 2009, S. 789–791).
 
28
Dafür spricht auch, dass bei Vertrauen und Misstrauen unterschiedliche Gehirnareale aktiv sind: Bei der Vergabe von Vertrauen sind dies Bereiche, die mit Unsicherheit und Belohnung zusammenhängen, bei Misstrauen solche, die mit der Emotion Angst verbunden sind (Dimoka, 2010; Krueger et al., 2007).
 
29
Für generalisiertes soziales Vertrauen dominiert empirisch eine Bipolarität, da die prominente Skala von Rosenberg (1957) explizit Misstrauen gegenüber „den meisten anderen“ erfasst.
 
30
Darüber hinaus stößt man in der englischsprachigen Literatur auf (political) distrust und mistrust (dt. „Misstrauen“). Beide werden sowohl in der Konnotation des Misstrauens, als auch des fehlenden Vertrauens in politische Objekte (synonym) verwendet (Hetherington & Husser, 2012; Lee, 2010). Versuche, diese inhaltlich zu trennen stimmen weitgehend überein, dass „distrust“ (sehr großes) Misstrauen meint (Lenard, 2012, S. 56–59). „Mistrust“ wird etwa als Indiz für fehlendes Vertrauen verstanden (van der Meer & Zmerli, 2017, S. 5) oder, darauf basierend, als unentschlossene (Cook & Gronke, 2005, S. 800) sowie skeptische Haltung (van der Meer, 2017, S. 6).
 
31
Ein prominentestes Modell liefern Mayer et al. (1995), das bereits auf Vertrauen in Organisationen durch Mitglieder (Oswald, 2010) und in Journalismus (Blöbaum, 2016) übertragen wurde.
 
32
So ist deren Eindimensionalität strittig, wobei sich faktoranalytisch etwa generalisiertes Vertrauen in Institutionen sowie generalisiertes soziales Vertrauen extrahieren lassen (Chun & Campbell, 1974).
 
33
Obgleich Vertrauen mit kooperativem Handeln gleichzusetzen teils als eingeschränkt extern valide kritisiert wird (Frings, 2010, S. 106), gelten Vertrauensspiele als etabliert (Thielmann & Hilbig, 2015, S. 250). Die meisten dieser Spiele (Gefangenendilemma, Deutsch, 1958; trust game, Berg, Dickhaut & McCabe, 1995) sind Formen eines sozialen Dilemmas, wobei nichtkooperatives Handeln individuell größeren Nutzen bringt als Kooperation; unkooperatives Handeln aller führt jedoch zu individuell geringstem Nutzen (Frank & Frey, 2010, S. 123).
 
34
Gemäß Hardin (1993) vertraut man, wenn man ausreichend Gründe („street-level knowledge“) hat zu erwarten, dass das Gegenüber ein Interesse daran hat, vertrauenswürdig zu handeln als „reasons that are grounded in my interest [Herv. i. Org.]“ (Hardin, 1999, S. 26). Zu vertrauen basiert auf der subjektiven Wahrscheinlichkeit, dass sich das Gegenüber vertrauenswürdig verhält und generalisierten Erfahrungen diesbezüglich. Erwiderung oder Missbrauch des Vertrauens addiert sich zu letzteren und kann es langfristig verändern (Hardin, 1993, S. 506–525).
 
35
Kernannahmen der RC-Theorie sind, dass sich Akteure unter situationalen Restriktionen von Ressourcen (z. B. soziale Normen) für Handlungsalternativen entscheiden müssen, wobei sie die Alternative präferieren, mit der sie ihre Ziele bestmöglich erreichen können ((im-)materieller Nutzen, Voss & Abraham, 2009, S. 54–56). Ziel ist es oft, kollektives Handeln durch individuelles Handeln in sozialen Kontexten zu erklären (Coleman, 1986, S. 1322; vgl. auch Frings, 2010, S. 66–87).
 
36
Die SEU-Theorie verwendet weniger das Akteursmodell des „homo oeconomicus“, sondern das RREEMM-Modell (Frings, 2010, S. 88–89), wobei Akteure aus Erfahrungen der Vertrauenswürdigkeit anderer lernen und die subjektive Wahrscheinlichkeit diesbezüglich modifizieren (Lindenberg, 1985, S. 100).
 
37
Diese lassen sich sozialpsychologisch als Einstellungen sehen (Frings, 2010, S. 30; Gabriel, 1994, S. 25, 2008, S. 182; vgl. aber Eckstein, 1988, S. 790) und umfassen teils Wertorientierungen (Pickel & Pickel, 2006, S. 51).
 
38
Für generalisiertes soziales Vertrauen zeigt sich analog in Befragungen von Menschen mit Migrationshintergrund, dass es in der Sozialisation im Ausgangs- und Zielland geprägt werden kann (Dinesen, 2013; Dinesen & Hooghe, 2010).
 
39
Werte stellen „desirable end states or behaviors that trascend specific situations, guide selection or evaluation of behavior and events, and are ordered by relative importance“ (Schwartz & Bilsky, 1987, S. 551) oder „dauerhaft verinnerlichte Zielmaßstäbe menschlichen Handelns“ (Welzel, 2009, S. 109) dar; damit sind sie globaler und abstrakter als Einstellungen und können diesen zu Grunde liegen (Perloff, 2010, S. 46). Wertorientierungen meinen hingegen diejenigen Werte, die Individuen verinnerlicht haben, während (soziale) Normen sozial sanktionierbare Werte darstellen, die nicht zwingend internalisiert sind (Welzel, 2009, S. 109). Politische Wertorientierungen lassen sich so fassen als „die von den Mitgliedern einer politischen Gemeinschaft als gemeinsam anerkannten Vorstellungen von den anzustrebenden Zielen des politischen Zusammenlebens und den zur Erreichung dieser Ziele angemessenen Mitteln“ (Gabriel, 2009, S. 31). Damit sind sie „a powerful motivational regulator of human behavior“ (Inglehart & Welzel, 2005, S. 23).
 
40
Wird der gesellschaftliche (Werte-)Wandel jedoch als zu schnell empfunden, merkt Inglehart (1999, S. 242) an, dass es zu einem Gefühl der Verunsicherung und zuletzt zu einem „autoritären Reflex“ kommen könne; dies würde umfassen, dass Bürger zum Schutz vor (empfundenen) sozialen Bedrohungen starker politischer Führung einen höheren Wert beimessen (vgl. auch Ignazi, 1992, S. 25).
 
41
Die entsprechenden Skalen wurden zudem dafür kritisiert, Einstellungen, generalisiertes soziales Vertrauen und politisches Handeln zu vermengen (Müller, 2013, S. 140).
 
42
Der Begriff des sozialen Kapitals wurde zwar bereits von Bourdieu (1986) und Coleman (1988) geprägt; jedoch „it was clearly he who showed how it could be used in important (and very ingeniously designed) empirical research“ (Rothstein, 2013, S. 1009; vgl. auch Schyns & Koop, 2010, S. 151). Für einen Überblick über Konzeptualisierungen sozialen Kapitals vgl. z. B. die Meta-Analyse von Fulkerson und Thompson (2008).
 
43
Ähnlich argumentiert bereits Coleman (2010, S. 394–402), dass soziales Kapital Individuen mit Ressourcen ausstattet, die sie nutzen können, um ihre Interessen umzusetzen. So würde man darauf vertrauen, dass das Gegenüber in Zukunft eine Gegenleistung erbringen wird, wobei Gutschriften umso wertvollere Ressourcen sind, je vertrauenswürdiger das soziale Umfeld ist, in dem diese entstanden ist.
 
44
Cappella (2002) kritisiert dabei, dass auch dritte Merkmale des sozialen Wandels (z. B. Ganztagsbeschäftigung) soziales Kapital senken und den erhöhten Fernsehkonsum erklären könnten (S. 234–235).
 
45
Ähnliches zeigt sich auf Aggregatebene im Ländervergleich: Einkommensungleichheit, Korruption, und Mediennutzung sind negativ mit generalisiertem sozialen Vertrauen assoziiert (Delhey & Newton, 2003; Freitag, 2003; Rothstein & Uslaner, 2005), während die politische Performanzbewertung und politisches Vertrauen positiv korrelieren (Chanley, Rudolph & Rahn, 2000; Knack, 2002; Zmerli & Newton, 2008).
 
46
Somit geht die institutionalistische Perspektive laut Campbell (2004, S. 404) auf Downs (1957) zurück. Demnach bemäße ein rationaler Wähler, den Nutzen von politischen Parteien danach, wie sehr diese zum persönlichen Wohlbefinden beitragen (vgl. auch Himmelweit, Humphreys, Jaeger & Katz, 1981).
 
47
Da die Beziehung zwischen generalisiertem sozialen und politischen Vertrauen reziprok ist, ergibt sich ersteres auch aus letzterem: \({IT}_{i}= {B}_{1}\cdot {PE}_{i}+{B}_{2}\cdot {PT}_{i}+u\) (Mishler & Rose, 2001, S. 39).
 
48
Diese lautet häufig: „Generally speaking, would you say that most people can be trusted, or that you can’t be too careful in dealing with people?“ (Zmerli & Newton, 2008, S. 708–709).
 
49
Die psychologische Vertrauensforschung fokussiert eher die Erfassung spezifischen sozialen oder institutionellen Vertrauens (Rotenberg, Woods & Betts, 2015).
 
50
Sofern nicht anders ausgewiesen basieren die präsentierten Befunde auf eigenen Berechnungen auf Basis der jeweiligen für wissenschaftliche Zwecke öffentlich zugänglichen Datensätze. Dabei werden Befunde zum Zeitraum der Datenerhebung in dieser Studie (2016, 2017) fokussiert; im Längsschnitt werden die Daten jedoch ausgewiesen bis 2018, was zum Zeitpunkt der Veröffentlichung die aktuellsten Wellen umfasst, um die Befunde zur Zeit der Entstehung der Studie einordnen zu können.
 
Metadata
Title
Vertrauen
Author
Magdalena Obermaier
Copyright Year
2020
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-31154-4_2