2008 | OriginalPaper | Chapter
Vom Sozialstaat zum Wohlfahrtsmix: Das lettische Wohlfahrtssystem nach Wiedererlangung der Unabhängigkeit
Author : Feliciana Rajevska, Dr.
Published in: Europäische Wohlfahrtssysteme
Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Vor der Unabhängigkeitserklärung im Jahr 1918 war Lettland Teil des russischen Zarenreichs. Anschlie\end übernahm Lettland die damals als notwendig erachteten Sozialversicherungen und führte zudem einige Neuerungen ein. Der unabhängige lettische Staat (1918–1940) besa\ eine vergleichsweise ausgebaute Sozialpolitik, ein fortschrittliches Gesundheitssystem, eine umfassende Arbeitsmarktgesetzgebung, ein Sozialhilfenetz und ein sich entwickelndes Rentenversicherungssystem. Nach der Annexion und Eingliederung in die Sowjetunion 1940 wurde auch in Lettland das klassische Modell sowjetischer Sozialpolitik eingeführt: Standardisierung des Sozialschutzes für alle Beschäftigten, Integration der Sozialversicherung in den Staatshaushalt, zentralisierte und universelle Gesundheitsleistungen. Die Basis der sozialen Absicherung war das Recht auf Arbeit. Darauf bauten alle anderen Ma\nahmen zur Einkommenssicherung auf. Die Gewährung von Leistungen erfolgte für alle sozialen Risiken gemä\ der Vereinbarung Nr. 102 (1952) der International Labour Organisation (ILO). Einzige Ausnahme war der bezahlte Erziehungsurlaub, der sich an den Vorgaben der Empfehlung Nr. 165 (1981) für Arbeitnehmer mit familiären Verpflichtungen orientierte. Das Renteneintrittsalter lag mit 60 Jahren für Männer und 55 Jahren für Frauen vergleichsweise niedrig. Zusätzliche private Rentenprogramme gab es nicht, die staatlichen Renten reichten aber zur Abdeckung aller Grundbedürfnisse aus. Die kostenlose Gesundheitsfürsorge wurde aus dem Staatshaushalt finanziert. Der Grundbedarf an Gütern und Dienstleistungen wie z.B. Lebensmittel, Unterkunft, Heizkosten und öffentliche Verkehrsmittel war stark subventioniert und somit sehr günstig verfügbar.