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11-06-2015 | Werkstofftechnik | Schwerpunkt | Article

Ermüdungsfreie Superelastizität

Author: Dieter Beste

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Wissenschaftler der Universität Kiel haben zusammen mit amerikanischen Forschern eine superelastische Metalllegierung entwickelt, die sich millionenfach dehnen lässt und nach Entlastung jedes Mal wieder vollständig in die Ursprungsform zurückkehrt.

Eine superelastische Formgedächtnislegierung verformt sich zunächst elastisch wie ein gewöhnliches Metall. Wird eine bestimmte Spannung überschritten, so knickt die Kurve stark ab und zeigt ein Plateau, so dass sich die Dehnung bei nahezu gleichbleibender Spannung stark erhöht. Entlastet man das Material, dann verläuft die Kurve zunächst parallel zur elastischen Geraden, knickt dann aber wieder zu einem Plateau ab. Bei vollständiger Entlastung nimmt das Material wieder seine Ausgangsform an. „Da die Verformung nach Entlastung sofort wieder zurückgeht, verhält sich das Material also elastisch“, erklärt Springer-Autor Martin Bäker in „Funktionswerkstoffe“ (Seite 31): „Anders als bei einem normalen Metall können dabei aber elastische Deformationen von etwa 10 Prozent erreicht werden, bei denen sich gewöhnliche Metalle plastisch verformen würden.“

Die Kieler Forscher berichten jetzt im Wissenschaftsmagazin Science über ihre Neuentwicklung. Demnach beruht der superelastische Effekt ihrer Formgedächtnislegierung auf einer durch mechanische Spannung erzeugten reversiblen Umwandlung der Kristallstruktur von einer hochsymmetrischen zu einer weniger symmetrischen Kristallstruktur. „Im Experiment ließen sich 0,02 Millimeter dicke Filme aus einer Titan-Nickel-Kupfer Legierung, hergestellt mit einem Dünnschicht-Abscheidungsprozess, über zehn Millionen Mal verformen, ohne signifikante Ermüdungserscheinungen zu zeigen“, sagt Christoph Chluba, Erstautor der Publikation.

Breites Anwendungsspektrum

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Bisher bekannte Formgedächtnislegierungen zeigten ein deutlich stärkeres Ermüdungsverhalten. Die Entdecker der hohen Reversibilität des Materials erklären den Effekt so: „Bei der Herstellung des Materials werden Ausscheidungen einer Fremdphase erzeugt, welche durch ihre spezielle Kristallstruktur die jeweils vollständige Phasenumwandlung garantieren.“ Die Forscher sind überzeugt, dass sich ihr Material auf vielfältige Art und Weise wird anwenden lassen: Bei der Dehnung heizt sich das Material um zirka 10 Grad Celsius auf und bei der Entlastung entsprechend ab, was als elastokalorischer Effekt bezeichnet wird. Genau diese Abkühlung könnte für neuartige miniaturisierte Kühlanwendungen genutzt werden, die ohne gasförmige Kältemittel auskommen. Da das Kieler Material unbegrenzt oft verformt werden kann, wäre eine lange Lebensdauer eines solchen Kühlgerätes garantiert. Aufgrund seines hohen Wirkungsgrades könnte dieser neue Kühlungsmechanismus zur Energieeinsparung beitragen. Mit derartigen Fragestellungen beschäftigt sich das Schwerpunktprogramm 1599 (Koordination: IFW Dresden) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), in dessen Rahmen auch diese Arbeit gefördert wurde.

Das Forscherteam stellt sich darüber hinaus vor, dass das superelastische Metall in der Medizintechnik eingesetzt wird: Als künstliche Herzklappe zum Beispiel, die durch den Herzschlag einer sehr großen Zyklenzahlen periodisch auftretender Verformungen ausgesetzt ist. Hierfür müsse das Material aber noch biokompatibel werden, so dass für eine solche Anwendung noch neue Legierungsentwicklungen auf der Basis der gefundenen Materialien notwendig seien.

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