Skip to main content

29.04.2024 | Social Media Marketing | Im Fokus | Online-Artikel

Kommt der Tiktok-Verkauf?

verfasst von: Johanna Leitherer, dpa

3:30 Min. Lesedauer

Aktivieren Sie unsere intelligente Suche, um passende Fachinhalte oder Patente zu finden.

search-config
print
DRUCKEN
insite
SUCHEN
loading …

Tiktok zieht junge User an wie keine andere Soziale Plattform. Da Kritiker bei ihr ein Einfallstor für chinesische Spionage und Datenmissbrauch wittern, will die USA nun zum wiederholten Male einen Verkauf der App erzwingen. Die aktuelle Sachlage und mögliche Folgen im Überblick. 

US-Präsident Joe Biden hat nun ein am Dienstag verabschiedetes Gesetz unterschrieben, welches das chinesische Unternehmen Bytedance dazu auffordert, seine Kurvideo-Plattform Tiktok innerhalb der kommenden neun Monaten zu verkaufen. Erfolgt das nicht, steht ein Verbot der insbesondere unter jungen Nutzern beliebten App im Raum. 

Angst vor Datenmissbrauch und Manipulation

Bytedance wird in den USA parteiübergreifend als chinesisches Unternehmen gesehen, das sich entsprechend dem Willen der Kommunistischen Partei Chinas beugen müsse. Deshalb wird gewarnt, chinesische Behörden könnten sich in großem Stil Zugriff auf Daten amerikanischer Nutzer verschaffen und die Plattform auch für politische Einflussnahme nutzen. Die Macher von Tiktok bestreiten dies seit Jahren.

Das vor wenigen Tagen im Repräsentantenhaus zum zweiten Mal verabschiedete Gesetz ist diesmal Teil eines Pakets, das unter anderem auch neue Hilfen für die von Russland angegriffene Ukraine möglich machen soll. Tiktok, das unter Kritikern im Land als wichtiges Instrument der hybriden Kriegsführung Chinas und Russlands gesehen wird, soll damit der Riegel vorgeschoben werden.

Tiktok weist Vorwürfe zurück

Die App-Betreiber betonen indes, man sehe sich nicht als Tochter eines chinesischen Unternehmens. Bytedance sei zu 60 Prozent im Besitz westlicher Investoren. Der Firmensitz liege auf den Cayman-Inseln in der Karibik. Allerdings kontern US-Politiker, dass die chinesischen Gründer bei einem Anteil von 20 Prozent die Kontrolle dank höherer Stimmrechte hielten und das Hauptquartier von Bytedance in Peking sei, wo man sich dem Einfluss der Behörden nicht entziehen könne.

In einer Videobotschaft macht Tiktok-CEO Shou Chew deutlich, dass das Unternehmen gerichtlich kämpfen werde und das Recht auf seiner Seite sehe. Auch der Gegenvorwurf einer Zensur durch die US-amerikanische Regierung wird angedeutet, indem Chew konstatiert, dass ein Tiktok-Verbot den insgesamt 170 Millionen Nutzern in den USA ihre Stimme im Netz nehme. Paradoxerweise eröffnete Bidens Wahlkampf-Team erst in diesem Jahr selbst einen Tiktok-Account, um die dort präsente junge Wählerschaft zu adressieren.

Zwischen Kritik und Marketingnutzen

Der Gesetzentwurf aus den USA hat auch zu politischen Reaktionen in Deutschland geführt. Politiker wie der Vize-Vorsitzende des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestags, Roderich Kiesewetter (CDU), sagte gegenüber dem Handelsblatt, dass ein generelles Verbot von Tiktok auch hierzulande überlegt werden müsse, sollte es nicht zu einer effizient umsetzbaren, schärferen Regulierung kommen. Der Marketingexperte und Unternehmensberater Andreas Baulig sieht darin ein großes Problem: 

TikTok ist in Deutschland wahrscheinlich die einzige Plattform, mit der es überhaupt noch möglich ist, junge Konsumenten in breiter Masse zu erreichen. Nimmt man das weg, bedeutet das für die deutsche Wirtschaft, einen extrem wichtigen Werbekanal zu verlieren. Man kann an TikTok einiges kritisieren, aber deutsche Unternehmen sind zum großen Teil auf genau diese Plattform angewiesen".

Einer Studie von Oxford Economics in fünf europäischen Ländern zufolge, die von Tiktok in Auftrag gegebenen wurde, hat ergeben, dass besonders für KMU aus Europa die Plattform offenbar ein nicht unerheblicher Wirtschaftsfaktor ist: So hätten 2023 KMU aus Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien und den Niederlanden "allein durch den Einsatz von TikTok mehr als 4,8 Milliarden Euro zum gesamteuropäischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) beigetragen", zitiert Tiktok DACH Ergebnisse. In Deutschland sei dieser Beitrag mit 1,5 Milliarden Euro sogar am höchsten.

Rechtlich heikel

Schon Donald Trump versuchte während seiner Amtszeit als US-Präsident, mit Verbotsdrohungen einen Verkauf des US-Geschäfts von Tiktok an amerikanische Investoren durchzusetzen. Doch das Vorhaben scheiterte vor allem daran, dass US-Gerichte in den Plänen für ein Tiktok-Verbot einen Verstoß gegen die in der US-Verfassung verankerte Redefreiheit vermuteten. 

Darüber hinaus kommen bei einem geschätzten Verkaufspreis von 100 Milliarden US-Dollar, wie das Nachrichtenportal CNN berichtet, nur wenige Käufer infrage. Vorrangig die bereits mächtigsten Tech-Konzerne wie beispielsweise Alphabet, Microsoft oder Meta verfügen über die entsprechenden finanziellen Mittel, was kartellrechtliche Problemen aufwerfen würde. Auch ein Verkauf an eine Privatperson, wie im Falle des Kurznachrichtendiensts Twitter und Elon Musk geschehen, dürfte nicht im Interesse der Regierungen liegen.

Weiterführende Themen

Die Hintergründe zu diesem Inhalt

Das könnte Sie auch interessieren

26.02.2024 | Social Media Marketing | Gastbeitrag | Online-Artikel

Social Media B2B-Marketing in Zeiten von KI

19.12.2023 | Social Media | Nachricht | Online-Artikel

X kommt unter die Lupe

07.03.2024 | Social Media Marketing | Infografik | Online-Artikel

Wie Energieanbieter Social Media nutzen