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Published in: Wirtschaftsinformatik & Management 4/2023

Open Access 20-09-2023 | Schwerpunkt

Agile Führung in traditionellen Strukturen

Author: Jan Quatram

Published in: Wirtschaftsinformatik & Management | Issue 4/2023

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Viele Unternehmen haben sich für das agile Arbeiten entschieden und neben der Nutzung der Methodik auch ihre Organisation entsprechend umgestellt, um die Agilität bestmöglich zu unterstützen. Neben den bekannten Beispielen aus den USA, wie Netflix oder Google, hat dieser Trend auch Europa, z. B. bei Spotify und ING-DiBa, und Deutschland, u. a. mit Zalando und REWE, erreicht. Interessant ist, dass diese Bewegung nach wie vor oftmals aus der IT heraus gestartet, aber auch – wie an den Beispielen ersichtlich – branchenübergreifend genutzt wird. Zwischenzeitlich gibt es Best-Practice-Ansätze wie SAFe (Scaled Agile Framework) oder LeSS (Large-Scale Scrum), um agile Prinzipien aus kleinen Teams auch auf größere Organisationen und komplexe Projekte zu übertragen und anzuwenden.
Aber wie führt man agile Führung in traditionellen Strukturen ein?
Lohnt sich der Aufwand überhaupt, auch wenn die agile Führung in absehbarer Zeit nicht durch eine agile Organisation unterstützt wird?
Entscheidungen aus der Hierarchie sind nur noch bedingt zeitgemäß. Hierarchie sollte vielmehr eine effiziente Organisation gestalten und die notwendigen Experten dafür einbinden. Bürokratische Strukturen mit gelebten Hierarchien und mehrstufigen Entscheidungsprozessen zeichnen sich i. d. R. nicht durch Flexibilität, Selbstorganisation oder Anpassungsfähigkeit an Veränderungen aus. Das gilt zunächst für jede Veränderung, also auch für die grundlegende Änderung von der traditionellen zur agilen Führung.
Trotz dieser Herausforderung gibt es verschiedene Ansätze, die den Veränderungsprozess und die Agilisierung des Unternehmens unterstützen.
Im ersten Schritt gilt es die Vorteile von einer Agilisierung für das jeweilige Unternehmen zu evaluieren. Ziel sollte nicht eine Agilisierung selbst, sondern zählbare Vorteile sein, die durch die Agilisierung erreicht werden. Solche Vorteile bzw. Anlässe können z. B. sein:
  • Entscheidungsprozesse beschleunigen
  • Mehrfach genutzte Ressourcen priorisieren
  • Transparenz schaffen, an welchen Themen gearbeitet wird
  • Fortschritt schneller sichtbar und einsetzbar machen
  • Veränderungen schneller bewerkstelligen
  • Besseren Umgang mit komplexen Themen finden
Wenn das passende Ziel bzw. die passenden Ziele für die traditionelle Organisation gefunden sind, sollten Führungskräfte und Mitarbeitende darüber informiert werden, um das Verständnis und idealerweise die Überzeugung zu vermitteln, dass die agile Arbeitsweise nützlich sein kann, um diese Ziele zu erreichen. Parallel sollten Schulungen das Verständnis und die Fähigkeiten vermitteln, die es für die agile Arbeitsweise benötigt.
Pilotprojekte können dann im zweiten Schritt bzw. auch schon parallel zu den Schulungen genutzt werden, um Erfahrungen mit agilen Praktiken zu machen. Die Anwendung im jeweiligen Unternehmenskontext führt zwangsläufig dazu, dass Erfolge erzielt und Herausforderungen identifiziert werden. Diese Erfolge und Herausforderungen sollten festgehalten und regelmäßig mit den beteiligten Teams und Führungskräften besprochen werden. Dabei ist es wichtig, die richtige Anzahl von Pilotprojekten und das angemessene Tempo zu finden, um die Organisation nicht zu überfordern, sondern maßvoll zu begleiten und mitzunehmen. Insbesondere Führungskräfte benötigen Zeit, um ihre neue Rolle als unterstützende Führungskraft zu verstehen und zu leben, die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Abteilungen und Einheiten unter gleichen Zielen zu fördern und die Mitarbeitenden zu ermutigen ihre Ideen und Vorschläge unter begleitendem Feedback einzubringen, um Prozesse zu verbessern. Außerdem sollten die ersten Pilotprojekte auch in Teilen der Organisation stattfinden, die eine gewisse Affinität zu dieser Arbeitsweise nahelegen. Daher wird die Pilotierung oft durch IT-Projekte initiiert. Aber auch dort gilt es geeignete Fachbereiche in der Zusammenarbeit zur IT zu finden, die bereit sind, die Arbeitsweise auch zu unterstützen.
Die schrittweise Umstellung kann dann sukzessive durch weitere Projekte erfolgen. Auch hier gilt es Bereiche zu identifizieren, in denen die Anwendung agiler Führung und Methodik besonders großen Fortschritt verspricht und damit besonders sinnvoll ist. Voraussetzung für das Gelingen sind klare Verantwortlichkeiten und Rollenbeschreibungen. Das Team sollte gemeinsame Projektarbeitszeit definieren und die Führungskräfte sollten permanenten Aufgabenwechsel bei den Mitarbeitenden vermeiden.
Eine begleitende Feedbackkultur und Kommunikation helfen dabei, Verbesserungen vorzunehmen und den agilen Wandel kontinuierlich zu unterstützen.
In jedem Fall wird die Einführung agiler Führung in traditionellen Strukturen mehr Zeit, Engagement und Geduld erfordern, da mehr Herausforderungen zu erwarten sind. Ggf. liegen Strukturen vor – z. B. satzungs- oder verfassungsbedingt –, die durch die Organisation selbst nur bedingt beeinflussbar sind und eine Unterstützung der agilen Führung grundsätzlich erschweren. Die Etablierung der agilen Führung ist mit den genannten Schritten auch in traditionellen Strukturen und den entsprechenden Herausforderungen möglich. Sie können agile Arbeitsmethodik auch im kleinen Rahmen nutzen, um Prozesse zu verbessern, Zufriedenheit von Kunden und Mitarbeitenden zu erhöhen und Innovationen zu fördern. Außerdem haben traditionelle Organisationen den Vorteil, dass man die agile Arbeitsweise und Führung genau dort etablieren kann, wo sie die meisten Vorteile bietet und man diese Arbeitsweise nicht zwangsläufig in der gesamten Organisation etablieren muss. Wenn die empfundenen Vorteile der agilen Führung den wahrgenommenen Nachteilen überwiegen, wird die Organisation die agile Arbeitsweise als Chance sehen.
Hinterfragen Sie traditionelle Arbeitsweisen und passen Sie sich den Bedürfnissen der Mitarbeitenden und Kunden an. Seien Sie offen für Veränderungen!
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Metadata
Title
Agile Führung in traditionellen Strukturen
Author
Jan Quatram
Publication date
20-09-2023
Publisher
Springer Fachmedien Wiesbaden
Published in
Wirtschaftsinformatik & Management / Issue 4/2023
Print ISSN: 1867-5905
Electronic ISSN: 1867-5913
DOI
https://doi.org/10.1365/s35764-023-00490-2

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