5.1 Interpretation der Ergebnisse und Beantwortung der Forschungsfragen
Nach UTAUT-2-Modell hängt das Nutzungsverhalten von Verhaltensabsicht und weiteren Faktoren ab. Die Daten zum Nutzungsverhalten zeigen, dass Microsoft Teams für die teaminterne Kommunikation regelmäßig eingesetzt wurde. Vor allem wurden Einzel- und Gruppenchats sowie auch die Funktion der Videokonferenz für Meetings verwendet. Zusätzlich nutzten einige Personen das System für teamexterne Kontakte (z. B. mit Kunden). Für dieses Nutzungsverhalten spielten zwei wichtige Determinanten wie die Leistungserwartung und Aufwandserwartung eine wesentliche Rolle. Darüber hinaus kann die Wirkung des sozialen Einflusses auf die aktuelle Nutzungsabsicht und damit das aktuelle Nutzungsverhalten in der Testphase- trotz der wenig kodierten Texte – allgemein angenommen werden, da die Nutzung von Microsoft Teams die Vorbedingung der Testphase und der Regelung war. Es stellt sich hier die Folgefrage, welche Einstellungen sich dabei zur zukünftigen Nutzung des Systems bei den Befragten gebildet haben.
Die Aussagen zur zukünftigen Verhaltens- bzw. Nutzungsabsicht stellen unterschiedliche Absichten dar. Während einige der Befragten sich klar für die zukünftige Nutzung von Microsoft Teams aussprechen, bevorzugen einige das System Slack. Die Gründe für diese Unterschiede lassen sich durch die nähere Betrachtung der Determinanten der Verhaltensabsicht erklären.
Auf der positiven Seite zeigen die Ergebnisse der Leistungserwartung, dass viele Kommunikationsfunktionen von Microsoft Teams, wie Chat oder Telefonie, sowie Audio‑, Video-, und Webkonferenzen, als besonders nützlich bewertet wurden, auch wenn es hinsichtlich der Performanz und Stabilität einige wenige Störfälle gegeben hat. Das kollaborative Arbeiten in verteilten Teams mit Microsoft Teams wird ebenfalls positiv bewertet. Auf der negativen Seite fehlen hier jedoch einige Funktionen, die nützlich erachtet werden, wie z. B. die Annotationsmöglichkeit (Zeichenfunktion) sowie auch die Anbindung zu Drittanbieter-Software wie Jenkins. Bei der Wahrnehmung dieser Defizite spielten die Erfahrungen der Befragten mit anderen Kollaborationssystemen (wie z. B. Slack), die diese Funktionen besitzen, eine besondere Rolle.
In Bezug auf die positiven Wirkungen der Aufwandserwartung auf die Nutzungsabsicht lassen sich die Einfachheit des Einsatzes des Systems, vor allem die Installation von Microsoft Teams, sowie auch der grundsätzlich als intuitive wahrgenommene Einstieg als besondere Eigenschaften hervorheben. Auf der anderen Seite sind zu erwähnen, dass einige Befragten die Konfigurationsmöglichkeiten bemängelten und mehr Wert auf die Einfachheit der Konfiguration als die Einfachheit der Installation als einmaliger Vorgang gelegt haben. Außerdem wurde die Benutzerfreundlichkeit der Interaktion mit dem System – im Vergleich zu Slack – von vielen als deutlich negativer angesehen. Vor allem die aufgrund des Funktionsumfangs überladene Menüstruktur (mit Funktionen, die nicht verwendet werden) führt zu Navigationsaufwand, der als zunehmend störend empfunden wird. Der Wunsch nach einer einfachen Interaktion mit dem System ist erkennbar. Insgesamt lassen die Daten in Bezug auf die Wirkung der Aufwandserwartung auf die Verhaltensabsicht – im Einklang mit dem UTAUT-2-Modell – Folgendes erkennen: Die Befragten mit der klaren Absicht Microsoft Teams zukünftig weiterzuverwenden, bewerteten zuvor die wahrgenommene Einfachheit des Einsatzes und der Interaktion mit dem System meist positiver als diejenigen, die lieber zukünftig Slack verwenden wollen. Dabei spielten die positiven Erfahrungen mancher Befragten mit der Bedienung des Vergleichssystems Slack eine besondere Rolle, nämlich, dass diese Erfahrungen zu einer Verstärkung des Aufwandsgefühls von Microsoft Teams geführt haben. Die Argumente für Slack liegen momentan noch auf der Gewohnheit und eingespielten Prozessen. Schließlich sollte an der Stelle erwähnt werden, dass Slack in Cuvox AG langfristig nur noch eingeschränkt genutzt werden kann, da nur die kostenlose (Free-Version) mit beschränken Optionen (Anrufe nicht mehr möglich etc.) genutzt werden soll. Dies kann eventuell zur Folge haben, dass die Nutzungsabsicht abnimmt und Microsoft Teams sich als zentrales Kommunikationstool etabliert.
In Bezug auf den Einfluss der erleichternden Bedingungen (Infrastruktur und Support) auf das Nutzungs- und Akzeptanzverhalten zeigen die Ergebnisse eine positive Wirkung. Für die Nutzung von Microsoft Teams als ein Cloud-basiertes System ist eine ständige und stabile Netzwerkverbindung (auch im privaten Umfeld aufgrund vermehrter Home-Office-Tätigkeiten bedingt durch Covid-19-Pandemie) essenziell. Auf die privaten infrastrukturellen Rahmenbedingungen hat die Cuvox AG wenig Einfluss. Es liegt im eigenen Interesse der Mitarbeiter die Rahmenbedingungen für ihr Home-Office einzurichten. Die firmeneigenen Netzwerke wurden an allen Standorten als stabil wahrgenommen. Es wurde auch ersichtlich, dass die Erfahrung der Interviewteilnehmer, die Inanspruchnahme des Supports für den Umgang mit Microsoft Teams obsolet macht. Bevorzugt gaben Softwareentwickler an, dass der Anspruch besteht, dass eine Software wie Microsoft Teams keine unterstützenden Tätigkeiten seitens des Supports bedarf. In Bezug auf den Einfluss der erleichternden Bedingungen auf die Akzeptanz von Microsoft Teams lassen sich daher gute infrastrukturelle Bedingungen (ohne den Bedarf eines Supports) als positiv wirkende Faktoren aus dieser Studie ableiten.
Im Hinblick auf die Wirkung des Sozialen Einflusses wurde ein Einfluss auf das aktuelle Nutzungsverhalten in der Testphase angenommen, da die Nutzung von Microsoft Teams die Vorbedingung der Testphase und der Regelung war. Die jeweiligen Teammeetings wie Daily Scrum, Retrospektive oder Planning wurden mit Microsoft Teams durchgeführt. Jedoch lassen die sehr wenig kodierten Textstellen keine Aussagen über die Wirkung auf die zukünftige Verhaltensabsicht zu. Dennoch kann allgemein – und basierend auf den bisherigen Erkenntnissen der Akzeptanzforschung – von einem sozialen Einfluss auf zukünftige Nutzungseinstellungen und Nutzungsverhalten unter den sozialen Bedingungen der zukünftigen Nutzung ausgegangen werden.
Der Einfluss von Gewohnheit auf die Einstellung und das Nutzungsverhalten konnte trotz wenig kodierter Textstellen beobachtet werden. Microsoft Teams wird mittlerweile sehr häufig genutzt, was auf eine Gewöhnung an das System schließen lässt. Jedoch ist – wie bereits erwähnt – durch die jahrelange Nutzung von Slack noch immer eine Gewöhnung an dessen Bedienkonzept zu erkennen. Wenn auch eine Routine im Umgang mit Microsoft Teams an manchen Stellen noch nicht erkennbar ist, kann davon ausgegangen werden, dass eine langfristige Nutzung von Microsoft Teams hier zu einer Besserung führt, mit möglichen positiven Folgen für die Einstellungen und Nutzungsverhalten von zukünftigen Nutzern.
Schließlich kann auch der Einfluss der hedonistischen Motivation beim Umgang mit Microsoft Teams nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Viele Befragten betrachteten das System ein Mittel zum Zweck, und der Spaß stand für sie nicht im Vordergrund bei der Anwendung. Lediglich lässt sich bei einigen der Befragten indirekt negative Einfluss auf die hedonische Motivation durch die negativen Erfahrungen bezgl. der Benutzerfreundlichkeit (wie bereits erwähnt) annehmen.
5.2 Limitationen und Implikationen für Forschung und Praxis
Um den Rahmen und Bedingungen der Entstehung und Interpretation der Ergebnisse transparent zu machen, sollten an der Stelle auch die Limitationen der Arbeit erwähnt werden. Zum einen betrifft diese die Stichprobengröße und damit einhergehende Einschränkung, die Einflüsse der Moderatorenvariablen wie Geschlecht und Alter zu betrachten und auch die Erkenntnisse der Studie zu generalisieren. Zum anderen lassen die teilweise nur wenig kodierten Aussagen zu manchen Kategorien (wie dem sozialen Einfluss, der hedonistischen Motivation und Gewohnheit) noch Fragen offen.
Diese Limitationen geben auch Anlass und Motivation für weitere Forschung. Zum einen können ergänzende qualitative Fallstudien in weiteren Anwendungs- bzw. Unternehmenskontexten die Vergleichbarkeit von Erkenntnissen ermöglichen. Zum anderen kann eine quantitative Studie mit größer Stichprobe nicht nur zuverlässige Generalisierungen von Ergebnissen sichern, sondern auch die Betrachtung verschiedener Aspekte (wie z. B. Einflüsse von Moderatorenvariablen) einschließen, die hier aufgrund der Stichprobengröße nur am Rande berücksichtigt wurden. Im Allgemeinen erweist sich die Kombination qualitativer und quantitativer Forschungsmethoden im Sinne eines Mixed-Methods-Ansatzes als eine geeignete Strategie, um einen ganzheitlichen und umfassenden Einblick in technische, soziale und organisationale Rahmenbedingungen und individuelle Bedürfnisse zu gewinnen (Schreier und Odağ
2020). Darüber hinaus können motivationale Aspekte der Nutzung von Microsoft erforscht werden. Hierzu bieten sowohl empirische als auch verschiedene gestaltungsorientierte Ansätze Orientierung, um beispielweise Motivation und Werte im Zusammenhang zu betrachten (vgl. Yetim
2011; Yetim et al.
2011) und verschiedene persuasive Designstrategien (vgl. Oinas-Kukkonen und Harjumaa
2009; Yetim
2013) im Kontext von
Microsoft Teams zu berücksichtigen.
Die Ergebnisse haben auch Implikationen für die Praxis. Erstens stellen sich auch in dieser Studie die Leistungserwartung und Aufwandserwartung – im Einklang mit dem UTAUT-Modell- als wichtige Faktoren heraus, die bei der Implementation von
Microsoft Teams berücksichtigt werden sollten. Um den identifizierten negativen Wahrnehmungen hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit der Interaktion entgegenzuwirken und auch dem Wunsch nach mehr Fokus auf die Kommunikationsfunktionen entgegenzukommen, bieten sich verschiedene Lösungsmöglichkeiten an. Zum einen kann der Funktionsumfang von
Microsoft Teams (jedenfalls für den Entwicklungsbereich) reduziert bzw. auf die jeweiligen Nutzergruppen angepasst werden. Zum anderen kann durch die Erstellung von Blog-Post-Einträge über die Möglichkeiten von
Microsoft Teams berichtet werden, um den Funktionsumfang verständlich zu machen. Darüber hinaus sollten weitere Wünsche des Entwicklungsteams nach (a) zusätzlichen Funktionen für kooperatives Arbeiten (z. B. Zeichenfunktion), (b) mehr Konfigurationsmöglichkeiten in
Microsoft Teams und (c) der Selbstgestaltung der Kanäle erwähnt werden. Im Hinblick auf die beobachteten Stabilitätsprobleme, die sich häufig in der Einführungsphase einer Software beobachten lassen, ist darauf hinzuweisen, dass diese zeitnah von der IT-Abteilung erörtert und behoben werden können, im Sinne der Verbesserung der erleichternden Bedingungen gemäß dem UTAUT-Modell, um die Frustration der betroffenen Personen zu senken. Schließlich lassen sich auch Erkenntnisse aus anderen Studien als handlungsrelevante Einsichten erwähnen, nämlich dass die Einführung neuer Softwaretools und Arbeitsweisen vom einem systematischen Veränderungsprozess begleitet werden sollten. Unter anderem wird dabei für Führungskräfte die Vermittlung von Motivation trotz Distanz durch klare Kommunikation, neue Führungsmethoden und die konstruktive Nutzung von Software als entscheidend angesehen (Lindner
2020), um sowohl rationale als auch emotionale Einsicht zu ermöglichen und Rückfälle in alte Verhaltensweisen zu vermieden.
5.3 Fazit
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Ergebnisse dieser Arbeit unterstützen einige Annahmen der Akzeptanzforschung. Die Einstellung zur Nutzung eines Systems und das tatsächliche Nutzungsverhalten werden unter anderem erheblich von der Leistungserwartung (wie z. B. der Performanz, Stabilität und Nützlichkeit), der Aufwandserwartung (wie z. B. der Benutzerfreundlichkeit der Interaktion mit dem System) beeinflusst. Die Untersuchung macht auch deutlich, dass ein zentrales System zur Kommunikation und Kollaboration mittelfristig als förderlich betrachtet wird. Microsoft Teams bietet mit der Integration in die Microsoft-Systemlandschaft langfristig mehr Möglichkeiten. Diese Studie legt gewisse Einflussfaktoren, Stärken und Schwächen aus der Sicht eines Entwicklungsteams offen, um Möglichkeiten zur Steuerung bzw. Beeinflussung der Akzeptanz anzubieten. Es sollte jedoch zum Abschluss betont werden, dass die empirischen Ergebnisse einer Studie Momentaufnahmen sind, und dass die Schwächen eines Systems mit fortschreitender Zeit behoben werden. Wie sich das hier untersuchte System Microsoft Teams weiterentwickelt, bleibt abzuwarten.