01-07-2022 | Bankwirtschaft
Beleihungswertverfahren in der Baufinanzierung
Published in: Bankfachklasse | Issue 7-8/2022
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Auszug
Bedeutung
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■ Im Zusammenhang mit Immobiliarkrediten wird der Beleihungswert ermittelt, auch um die Höchstgrenzen für Realkredite (Erstrangdarlehen oder 1a-Darlehen) festzulegen.
■ Beim Beleihungswert handelt es sich um den Wert, der sich aller Wahrscheinlichkeit nach langfristig bei der Verwertung des Objekts erzielen lässt. Der Beleihungswert liegt unter dem aktuellen Verkehrswert. Nur wenige Kreditinstitute gewähren ein Darlehen bis 100 % der Gesamtkosten der Immobilie.
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Rechtliche Grundlagen
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■ Beleihungswertverordnung (BelWertV, § 24) für wohnwirtschaftlich genutzte Objekte und bei der Vergabe von Kleindarlehen
■ Baugesetzbuch (BauGB, § 196 Bodenrichtwerte)
■ Pfandbriefgesetz (PfandBG, § 14 Beleihungsgrenze und § 16 Beleihungswert)
■ Bausparkassengesetz (BauSparkG, § 7 Beleihungsgrenze)
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Weitere Begriffe
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■ Beleihungswertverfahren (siehe Abbildung unten)
■ (Gesetzliche) Beleihungsgrenzen: Berechnung vom festgesetzten Beleihungswert
■ bis 60 %: Erstrangdarlehen/Realdarlehen und somit beste Darlehenskondition
■ bis 80 %: Zweitrangdarlehen (= 20 Prozentpunkte über Erstrangdarlehen)
■ bis 100 %: Drittrangdarlehen (= 20 Prozentpunkte über Zweitrangdarlehen)
■ Beleihungsauslauf: Quotient aus dem Darlehensbetrag und dem Beleihungswert einer Kreditsicherheit
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Verfahren
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Ermittlung des Beleihungswerts
×
■ Bei Ein- und Zweifamilienhäusern: Sachwert > Ertragswert → Beleihungswert = Sachwert
■ Bei Renditeobjekten, etwa Mehrfamilienhäuser, Büro- oder Gewerbeflächen → Beleihungswert = Ertragswert
■ Realkreditinstitute beleihen Grundstücke grundsätzlich bis zu 60 % des Beleihungswerts.
■ Der Verkehrswert, also der ortsübliche Preis beziehungsweise der am Markt erzielbare Verkaufswert, bildet die Obergrenze für den Beleihungswert.
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Ermittlung des Sachwerts (Substanzwert)
Bodenwert (m² x EUR/m²), das heißt
Grundstückskosten
+ Erschließungskosten
+ Bauwert (m³ x EUR/m³), das heißt Herstellungskosten des Gebäudes, zum Beispiel nach
→ umbautem Raum bei Neubauten
→ dem Abschlagsverfahren für bestehende Neubauten:
Bauwert = Baukosten - Risikoabschlag und AfA (ca. 20 %)
→ dem Indexverfahren Bauwert = Versicherungssumme von 1914 x Neuwertfaktor - AfA
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Ermittlung des Ertragswerts (bei Renditeobjekten) nach dem einfachen Verfahren
Dieses Verfahren geht davon aus, dass sowohl das Grundstück als auch das Gebäude unendlich genutzt werden.
Jahresrohertrag (gesamte Mieterlöse/Bruttoertrag p. a.)
- Bewirtschaftungskosten, zum Beispiel 25 % dieser Erlöse
= Jahresreinertrag (Nettoertrag) bei Kapitalisierungszins von 5 %
Ertragswert (in der Regel auf volle TEUR abgerundet) = 100 %
\(\text{Ertragswert}=\frac{\text{Jahresreinertrag}\times 100}{\text{Zinssatz}}\)
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Ermittlung des Ertragswerts (bei Renditeobjekten) nach dem gespaltenen Verfahren
Bei diesem Verfahren wird eine getrennte Betrachtung des Gebäudes und des Grundstücks vorgenommen, da das Grundstück in der Regel keiner Abnutzung beziehungsweise Wertminderung durch Alter unterworfen ist.
Jahresrohertrag (gesamte Mieterlöse p. a.)
- Bewirtschaftungskosten, zum Beispiel 25 % dieser Erlöse
= Jahresreinertrag gesamt (Grundstück und Gebäude)
- angemessene Bodenwertverzinsung
= Jahresreinertrag (nur Gebäude)
x Vervielfältiger (auf Basis Restnutzungsdauer und Kapitalisierungszinssatz)
= Ertragswert (nur Gebäude)
+ Bodenwert
= Ertragswert des Objektes (in der Regel auf volle TEUR abgerundet)
Anmerkung:
Der Vervielfältiger wird in Prüfungsaufgaben angegeben. Die Formel zur Berechnung lautet:
\({\text{Vervielf\"a ltiger}} = \frac{{q^n - 1}} {{q^n \left( {q - 1} \right)}}\quad q = \frac{P} {{100}} + 1\quad {\text{n = Anzahl der Jahre; p = Prozentzahl; q = Zinsfaktor}} \)
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Ermittlung nach dem Vergleichswertverfahren
Hier wird vereinfacht der Objektwert aus bekannten Werten vergleichbarer Immobilien abgeleitet. Das heißt, ähnliche, bereits verkaufte Immobilien und die dabei realisierten Verkaufspreise am Markt sind die (Vergleichs-)Grundlage, klassischerweise angewendet bei Eigentumswohnungen oder Doppelhaushälften. Es spielen also Kaufpreise
anstelle der Herstellungskosten eine zentrale Rolle. Jedoch gibt es nicht immer ausreichend verfügbare Vergleichswerte, daher findet das Verfahren in der Praxis regelmäßig nur indirekt Anwendung.
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Probleme bei der Ermittlung
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■ Bei selbst genutzten Einfamilienhäusern
→ Ermittelter Sachwert ist höher als Markt- oder Ertragswert, da Liebhaberwert durch Zusatznutzen und Verwirklichung von kostspieligen Sonderwünschen
→ Wertsteigerung durch Inflation
■ Bei gewerblichen Objekten
→ Es gibt meist keine Drittverwendungsmöglichkeit, das heißt, es ist kein Verkehrswert vorhanden.
→ Es gibt keinen Marktwert, außer zum Beispiel bei Einkaufszentren.
→ Ertragswert steht im Vordergrund.
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