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29-08-2016 | Bilanz | Schwerpunkt | Article

Bilanzierungsfehler und die Suche nach der Schuld

Author: Sylvia Meier

4:30 min reading time

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Wenn ein Konzern Fehler im Jahresabschluss eingestehen muss, wirft das zunächst kein gutes Licht auf ihn. Doch was, wenn dieser sich auf das Testat des Wirtschaftsprüfers verlassen hat?

Eine Bilanz ist die Visitenkarte eines Unternehmens. Banken, Investoren und Geschäftspartner interessieren sich dafür, wie es dem Unternehmen wirtschaftlich geht. Doch natürlich kann das nur objektiv beurteilt werden, wenn die Bilanzierung korrekt vorgenommen wird. Gerade das Rating eines Unternehmens hängt auch vom Jahresabschluss ab. Manchmal nutzen Unternehmen Gestaltungsmöglichkeiten, um die Bilanz in ihrem Sinne anzupassen. Gerade, wenn es um Wahlrechte geht, beispielsweise bei Rückstellungen, ist das ein beliebtes Mittel. Schwierig wird es, wenn bilanzpolitische Mittel dazu führen, dass "Bilanztricks" vorgenommen wurden.

Bastei Lübbe muss Bilanz korrigieren 

Der Bastei Lübbe Verlag, eine Aktiengesellschaft, hat am 23. August 2016 eingeräumt, die Unternehmensbilanz 2015/2016 korrigieren zu müssen. Das Ende einer Geschichte, die wohl kaum unglücklicher verlaufen hätte können. In einem Bericht des Magazins "Wirtschaftswoche" im Juli 2016 wurde der Vorwurf laut, der Konzern hätte seine Bilanz mit fragwürdigen Geschäften geschönt. Von einer "kreativen Bilanzierung" war sogar die Rede.

Anteilsverkauf an Briefkastenfirma 

Laut der Berichterstattung ging es um einen Anteilsverkauf des Konzerns an eine Briefkastenfirma namens Blue Sky Tech Ventures mit Sitz in London. Der Verdacht wurde laut, dass Bastei Lübbe die Anteile quasi an sich selbst verkauft hätte, um Sondererträge zu verbuchen und einen höheren Bilanzgewinn ausweisen zu können. Der Verlag bestritt dies vehement und stellte die Firma als externen Investor dar. "Wir haben von Anfang an offen kommuniziert, bei welchen Gewinnen es sich um Einmalgewinne handelt und was die jeweiligen Hintergründe dazu sind. Zudem werden jegliche unserer Bilanzierungsmaßnahmen kontinuierlich von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG geprüft, testiert und führten bislang zu keinerlei Beanstandungen", teilte der Konzern den Medien mit.

Wirtschaftsprüfer prüft erneut und stellt Fehler fest 

Doch leider macht hier nun ausgerechnet der benannte Wirtschaftsprüfer einen Strich durch die Rechnung: KPMG prüfte die Transaktion erneut und kam zu dem Schluss, dass Lübbe Bastei die Firma beherrsche. Die Bilanzierung soll also doch fehlerhaft sein. Die Auswirkungen sind erheblich, denn das Ebitda sinkt nach der Anpassung. Laut Wirtschaftswoche sollte netto nur noch ein Mini-Gewinn von knapp zwei Millionen Euro übrig bleiben. Ausgewiesen wurde ursprünglich ein Gewinn von rund acht Millionen. Nun gab Lübbe am 29.8.2016 offiziell bekannt, dass der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) minus eine Millionen Euro im ersten Quartal 2016 beträgt. Die Anleger konnte der Verlag beruhigen: "Aus Sicht des Vorstands gebe es keine Hinweise, die auf eine wesentliche Veränderung der Ende März 2016 getroffenen Prognose für das Geschäftsjahr 2016/17 hindeuteten" zitiert die Ard

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Wie viel Verantwortung tragen Wirtschaftsprüfer? 

Die Situation war natürlich für alle Beteiligten unangenehm. Wer trägt aber nun die eigentliche Schuld an dem Bilanzierungsfehler? Genau diese Frage werden wohl Experten erörtern müssen. Der Verlag will laut dem Magazin "Finance" prüfen lassen, ob er Schadenersatz gegen KPMG geltend machen kann.
Ist die Kritik an der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft berechtigt? Auf Nachfrage von Springer Professional lehnte KPMG eine Stellungnahme ab und verwies auf Verschwiegenheitspflichten.

Hätte KPMG damals feststellen können, dass der Verlag die Briefkastenfirma beherrscht und ist die Kritik an den Prüfern gerecht? "In den Augen der Öffentlichkeit stellt der Bestätigungsvermerk des Abschlussprüfers eine Garantie dafür dar, dass der geprüfte Abschluss frei von Fehlern und die Darstellung Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Unternehmens zutreffend vorgenommen worden ist", erklären die Springer-Autoren Christian Hlavica und Bianca Bitzer in ihrem Buchkapitel "Berufliche Anforderungen an den Steuerberater und Wirtschaftsprüfer" (Seite 206). Der Druck auf Wirtschaftsprüfer allgemein ist also immens. Die Autoren weisen darauf hin, dass die Öffentlichkeit mit Unverständnis reagiert, wenn sich herausstellt, dass das Unternehmen sich beispielsweise aufgrund von geschickten Bilanzmanipulationen besser dargestellt hat und die Abschlussprüfer dies nicht bemerkt haben. Schnell wird dann laut Hlavica und Bitzer der Ruf nach einer höheren Prüfungsqualität laut. Die Autoren zeigen in ihrem Buchkapitel, welche Aufgaben Wirtschaftsprüfer nun jedoch tatsächlich haben und inwiefern sie Verantwortung tragen.

Unternehmensführung muss für Bilanzfehler gerade stehen  

Im aktuellen Fall wird die Schuldfrage wohl noch zu klären sein. Klar ist jedoch: Gerade bilanzpolitische Maßnahmen, mit denen ein "nicht fehlerfreier" Jahresabschluss riskiert wird, kosten manchmal noch mehr als einen hohen Bilanzgewinn oder ein verbessertes Rating. Bei Aktionären, Geschäftspartnern und Banken verbleibt ein Beigeschmack. Compliance ist immer noch Aufgabe der Unternehmensführung. Und häufig ziehen solche Fälle auch personelle Folgen mit sich. Bei Bastei Lübbe ist der Aufsichtsrat bereits zurückgetreten. Der Verlag kommt aber wohl mit einem blauen Auge davon. Die Investoren scheinen bisher recht entspannt auf die Mitteilung reagiert zu haben. Der große Kurseinbruch bei den Aktien blieb bisher aus. Nach Veröffentlichung der Quartalszahlen legt die Aktie sogar um drei Prozent zu. Und das Unternehmen zeigt sich motiviert: "Wir müssen das Vertrauen im Finanzmarkt zurückgewinnen" sagt Bastei-Lübbe-Chef Thomas Schierack im Interview mit dem Handelsblatt. 

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