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2009 | Book

Der politische Einfluss von Rating-Agenturen

Author: Jens Rosenbaum

Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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About this book

Nach der Asienkrise sowie den spektakulären Insolvenzen von Enron und P- malat weckt die jüngste US-Finanzmarktkrise erneut große Zweifel an der Rolle von Rating-Agenturen auf den internationalen Kapitalmärkten. Angesichts div- ser Interessenkonflikte und offenkundiger Defizite ihrer Bewertungsmethoden müssen sich die Rating-Agenturen kritische Fragen zu ihrer Mitverantwortung beim Entstehen spektakulärer Blasen gefallen lassen, in deren Folge private und institutionelle Investoren Vermögenswerte in Milliardenhöhe verloren haben und einzelne Staaten in finanzielle Bedrängnis geraten sind. In politischen Debatten, journalistischen Leitartikeln und einzelnen wissenschaftlichen Beiträgen wächst daher der Unmut über die Marktmacht der Rating-Agenturen, die sie auf Grund ihres Einflusses auf die globalen Kapitalströme und des Einsatzes von Ratings zu Regulierungszwecken besitzen. In diesem Zusammenhang wird ebenfalls er- tert, inwiefern Regierungen, die sich über die Emission von Staatsanleihen am Kapitalmarkt finanzieren, selbst von dem Bonitätsurteil der Rating-Agenturen abhängen und daher ihre Politik an deren Meinungen und Interessen ausrichten. Diese Fragestellung steht auch im Mittelpunkt des vorliegenden Buches, das einen fundierten Einblick in die ökonomische Bedeutung von Rating-Agenturen gibt und ihren direkten und indirekten politischen Einfluss in Deutschland und den USA analysiert. Es ermöglicht dadurch ein neues Verständnis der vielschi- tigen Wechselwirkungen zwischen globalen Finanzmärkten und den autonomen Handelsmöglichkeiten nationaler Regierungen. Dieses Buch ist eine leicht aktualisierte Fassung meiner im Juni 2008 von der Universität Trier angenommen Dissertationsschrift im Fach Politikwiss- schaft. Prof. Dr. Sebastian Heilmann (Universität Trier) und PD Dr.

Table of Contents

Frontmatter
1. Der Einfluss globaler Finanzmärkte auf die nationale Politikgestaltung
Auszug
Die weltweiten Auswirkungen der US-Immobilienkrise haben nicht nur den Glauben vieler Investoren in die Professionalität und Sorgfalt von Banken, Fonds und Rating-Agenturen1 erschüttert, sondern auch das weit verbreitete Misstrauen gegenüber globalen Finanzmärkten verstärkt. So haben amerikanische Banken angesichts steigender Immobilienpreise leichtfertig Hypotheken an Kunden vergeben, die über eine fragwürdige Bonität verfügten; mit Hilfe komplexer Finanzprodukte konnten die Banken diese Risiken jedoch weiterverkaufen.2 Da Rating-Agenturen die Finanzprodukte zu lange zu gut bewertet haben und weltweit Banken und Fonds diese mit zweitklassigen Hypotheken besicherten Anleihen erwarben, wurde die Kreditvergabe solange ausgedehnt, bis diese spekulative Blase platzte, weil immer mehr Immobilienbesitzer ihre Kredite nicht mehr bedienen konnten und die Immobilienpreise rasant fielen.
2. Rating-Agenturen: Stand der Forschung und politische Debatte
Auszug
In der wissenschaftlichen Literatur und in der politischen Debatte der letzten Jahre wurden Rating-Agenturen vermehrt zum Gegenstand des Interesses. Das folgende Kapitel widmet sich diesen Entwicklungen und gibt einen systematischen und kritischen Überblick über den aktuellen Forschungsstand und stellt an den Beispielen der USA, Deutschlands und der EU dar, wie und aus welchen Gründen Rating-Agenturen zum Gegenstand politischer Auseinandersetzung wurden. Das Ziel dieses Kapitels ist es zu zeigen, dass die bisherigen Ansätze der wissenschaftlichen Literatur kein ausreichendes Analyseraster bieten, um der komplexen Wirkungsweise der Rating-Agenturen in der politischen Realität gerecht zu werden.
3. Ein neues Modell der Neuen Politischen Ökonomie zur Erklärung des politischen Einflusses von Rating-Agenturen
Auszug
Aus den vorangegangenen Kapiteln wurde deutlich, dass Ratings ein wichtiger Faktor bei der Beeinflussung der staatlichen Finanzierungskosten sind. Insofern besitzt das Urteil der Rating-Agenturen politische Relevanz, weil es die Rahmendaten für die Wirtschafts-, Finanz- und vor allem für die Haushaltspolitik entscheidend mitprägt. Es wurde ebenfalls dargestellt, dass die bisherigen sozialwissenschaftlichen Analysen allerdings keine überzeugende Analyse des politischen Einflusses von Rating-Agenturen bieten. In diesem Kapitel wird nun ein neues politikwissenschaftliches Modell entwickelt, das genau diesen Anspruch erhebt. Dieses neue Modell erklärt das Verhalten von Regierungen, wenn durch die Bonitätsbewertung der Rating-Agenturen die Kosten der staatlichen Kreditaufnahme verteuert werden. Systematisch wird analysiert, inwiefern die Staatsverschuldung sowie die Höhe und Struktur der Staatsausgaben von einem Rating abhängen.
4. Die Bedeutung von Rating-Agenturen in den USA
Auszug
Das vorangegangene Kapitel hat ein neues politikwissenschaftliches Modell vorgeschlagen, um den politischen Einfluss von Rating-Agenturen systematisch erklären zu können. Entwickelt wurde ein neues Modell, das auf einer dynamischen Sichtweise beruht und so das strategische Verhalten von Politikern und die spezifischen Wirkungen nationaler politischer Systeme und Finanzmärkte in die Analyse einbezieht.
5. Die Bedeutung von Rating-Agenturen in Deutschland
Auszug
Nachdem das vorangegangene Kapitel den politischen Einfluss von Rating-Agenturen in den USA analysiert hat, widmet sich dieses Kapitel der Rolle der Agenturen in der Bundesrepublik Deutschland. Die methodische Vorgehensweise entspricht derjenigen des Kapitels 4: Zunächst werden wesentliche Charakte-ristika des politischen Systems dargestellt, um vor allem den grundsätzlichen Verlauf der politischen Ertragsfunktion bestimmen zu können. Auch hier liegt der Schwerpunkt auf einer knappen Beschreibung des Parteienwettbewerbs, den Veto-Spielern und der Haushaltspolitik. Im Anschluss werden die Indikatoren untersucht, die auf die politischen Kosten wirken: Die Steuer- und Abgabenbelastung der Arbeitnehmer, die Staatsverschuldung und das Haushaltesdefizit, die Zinshöhe von Staats- und Unternehmensanleihen, die Verschuldung der privaten Haushalte, die Bedeutung der privaten Altersversorgung, der Umfang des Einsatzes von Ratings zu Regulierungszwecken sowie die Intensität des politischen Schuldenmanagements.
6. Finanzmärkte, Rating-Agenturen und Regierungen: Fazit und Ausblick
Auszug
Als „Zentralnervensysteme moderner politischer Ökonomien“ beeinflussen Finanzmärkte durch das Handeln ihrer Akteure in vielfältiger Weise die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Rahmenbedingungen eines Landes. Da ihre Bedeutung auf Grund des fortschreitenden Prozesses der Globalisierung weiter zunimmt, herrscht vielfach die Sorge, dass sie einen zu großen Einfluss auf das politische Handeln von Regierungen bekommen könnten oder bereits besitzen. Die Befürchtung: Die Verantwortlichkeit von Regierungen gegenüber ihren Wählern werde relativiert durch eine neue Rechenschaftspflicht gegenüber den Finanzmärkten.
Backmatter
Metadata
Title
Der politische Einfluss von Rating-Agenturen
Author
Jens Rosenbaum
Copyright Year
2009
Publisher
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-531-91406-0
Print ISBN
978-3-531-16491-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-531-91406-0