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2020 | OriginalPaper | Chapter

12. Der vollständige Vertrag und seine Rekonstruktion durch die Rechtsordnung

Authors : Hans-Bernd Schäfer, Claus Ott

Published in: Lehrbuch der ökonomischen Analyse des Zivilrechts

Publisher: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Um die ökonomische Funktion des Vertragsrechts besser verstehen zu können, ist es hilfreich, sich mit dem Gedankenkonstrukt des vollständigen Vertrages vertraut zu machen. Ein vollständiger Vertrag liegt dann vor, wenn die Vertragsparteien sich vor Vertragsabschluss über die Zuordnung aller Risiken, die mit der Durchführung des Vertrages verbunden sind, geeinigt haben. Sie müssten über jede Eventualität beraten (Schlechtlieferung, Unmöglichkeit, Verzug, Folgeschäden), das Risiko einer Vertragspartei zuordnen und festlegen, welche Leistung der Risikoträger im Falle des Risikoeintritts zu übernehmen hat (z. B. Minderung des Kaufpreises, Schadensersatz, positives Interesse, negatives Interesse, Rücktritt). Je nach Zuordnung der Risiken auf den Anbieter oder Nachfrager einer Leistung wird der Preis der Leistung unterschiedlich hoch sein. Wenn alle Risiken auf den Anbieter entfallen, wird er einen hohen Preis für seine Leistung verlangen, der mindestens den Erwartungswert dieser Risiken enthält. Wenn dagegen der Nachfrager alle Risiken übernimmt, wird der Preis entsprechend niedrig sein. Wichtig ist nun, dass bei der Aushandlung des vollständigen Vertrages die Verhandlungspartner die Risiken nicht beliebig verteilen werden. Bei rationalem Verhalten werden sie vielmehr ihren gemeinsamen Nutzen aus dem Vertrag dadurch vergrößern, dass jeweils derjenige ein spezifisches Risiko übernimmt, der dieses Risiko mit dem geringsten Aufwand vermeiden, versichern oder auf sonstige Weise bewältigen kann.

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Footnotes
1
Dieser „fully specified contract“ ist ein argumentativer Ausgangspunkt in der ökonomischen Analyse des Vertragsrechts. Vgl. insbesondere Ayres J, Gertner R (1989) Filling Gaps in Incomplete Contracts, An Economic Analysis of Default Rules. Yale Law Journal 98:87 ff.; Polinsky M (2019) An Introduction to Law and Economics. 5. Aufl., S. 29 ff.; Shavell S (1980) Damage Measures for Breach of Contract. Bell Journal of Economics 11:466 ff.; ders. (1998) Contracts. In: Newman P (Hrsg) The New Palgrave Dictionary of Law and Economics. Bd. 1, S. 436; Cooter R (1985) Unity in Tort, Contract and Property, The Model of Precaution. California Law Review 73:1 ff.; Goldberg V (1989) Readings in the Economics of Contract Law; Craswell R (1999) Contract Law, General Theories. In: Bouckaert B, de Geest G (Hrsg) Encyclopedia of Law and Economics.
 
2
Der Erwartungswert ist gleich dem Schaden im Falle des Schadenseintritts multipliziert mit der Schadenswahrscheinlichkeit.
 
3
Vgl. Ayres J, Gertner R (1989) Filling Gaps in Incomplete Contracts, An Economic Analysis of Default Rules. a. a. O.; Crasswell R (1989) Contract Law, Default Rules, and the Philosophy of Promising. Michigan Law Review 88:503 ff.; Adams, Irrtümer und Offenbarungspflichten im Vertragsrecht, 1985; Coleman JL, Heckathon DD, Maser SM (1989) A Bargaining Theory Approach to Default Provisions and Disclosure Rules in Contract Law. Harvard Journal of Law and Public Policy 12:639 ff.
 
4
Köhler, ZHR 144 (1980), 589; ders., Zur ökonomischen Analyse der Regeln über die Geschäftsgrundlage, in: Schäfer/Ott (Hrsg), Allokationseffizienz in der Rechtsordnung, 1989, S. 148 ff.
 
5
BGH NJW 2005, 1348, 1349 ff.; NJW 2005, 3211, 3212.
 
6
Posner R, Rosenfield A (1977) Impossibility and Related Doctrines in Contract Law, An Economic Analysis. Journal of Legal Studies 6:83 ff.; Veljanovski C (1982) The New Law and Economics; Trimarchi, ZHR 136 (1972), 118; Kötz, VersR Jubiläumsausgabe 1983, 145. Dieser Aufsatz stellt insbesondere dar, wie effizienzsteigernde Entscheidungskriterien unmittelbar für die Rechtsanwendung fruchtbar gemacht werden können. Kötz H (1983) Haftungsausschluss der Chemischreiniger. In: Walz W (HRsg) Sozialwissenschaften im Zivilrecht. S. 76 ff.; Lehmann, Vertragsanbahnung durch Werbung, 1981; Köhler, a. a. O.; Koch, FS Zweigert (1981), S. 851 ff.; Schulz, VersR 1984, 608; Koller, Die Risikozurechnung bei Vertragsstörungen in Austauschverträgen, 1979 mit interessanten Vorschlägen zur Verwendung effizienzsteigernder Entscheidungskriterien für die Rechtsanwendung; Köndgen J, v. Randow P (1989) Sanktionen bei Vertragsverletzung In: Schäfer HB, Ott C (Hrsg) Allokationseffizienz in der Rechtsordnung. S. 122 ff.; Kötz H (1989) Zivilrechtliche Haftung aus ökonomischer Sicht. In: Schäfer HB, Wehrt K (Hrsg) Die Ökonomisierung der Sozialwissenschaften: Sechs Wortmeldungen. S. 149 ff.
 
7
Vgl. 5. Kap., Abschn. 5.​5.
 
8
Posner R, Rosenfield A (1977) Impossibility and Related Doctrine., a. a. O., S. 93.
 
9
Ähnlich gelagerte Fälle finden sich bei Kötz, ZHR 136 (1972), 118 (150 f.).
 
10
Vgl. Arrow, J., Alternative Approaches to the Theory of Choice in Risk-Taking Situations, in: Essays in the Theory of Risk Bearing (1976), S. 29 f.; Friedman, M./Savage, L., The Utility Analysis of Choices Involving Risks, Journal of Political Economy, Bd. 56 (1948), S. 279 ff.
 
11
Dies setzt voraus, dass einer der Beteiligten keine Hedgestrategie aufbauen, sondern spekulieren will.
 
12
Kötz, Werftbedingungen, in: Kötz/Schäfer, Judex Oeconomicus, 2003, S. 222–243.
 
13
Kötz, a. a. O.
 
14
Das Pareto-Kriterium ist bei Vertragsabschluss erfüllt, wenn der Vertrag weder externe Effekte noch pekuniäre Effekte verursacht.
 
15
Dies gilt nur, wenn angenommen werden kann, dass der Kläger in der Situation des Vertragsabschlusses typischerweise bereit gewesen wäre, einen um die Versicherungskosten erhöhten Preis der Leistung zu zahlen. Nur dann wäre die Versicherung Inhalt des vollständigen Vertrages geworden.
 
16
S. Fn. 15.
 
17
Vgl. 16. Kap.
 
18
Schweizer, Vertragstheorie, 1999.
 
Metadata
Title
Der vollständige Vertrag und seine Rekonstruktion durch die Rechtsordnung
Authors
Hans-Bernd Schäfer
Claus Ott
Copyright Year
2020
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-46257-7_12