2014 | OriginalPaper | Chapter
Die Chemiekatastrophe von Seveso 1976
Published in: Katastrophenmanagement
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Am Samstag, den 10. Juli 1976, wurde kurz nach Mittag bei einem routinemäßigen Abkühlvorgang in einer Chemiefabrik eine Überdrucksicherung zerstört, wodurch TCDD (Tetrachloridibenzodioxin) freigesetzt wurde. Die Giftwolke breitete sich vom Werk in südöstlicher Richtung aus und vergiftete die nördlich von Mailand gelegenen Gemeinden Seveso, Meda, Desio und Cesano Maderno. Die "Chemiekatastrophe von Seveso 1976" unterscheidet sich unter mehreren Aspekten von anderen Fällen. Zunächst handelt es sich nicht um eine Naturkatastrophe, sondern um eine durch menschliches Fehlverhalten verursachte Katastrophe. Bei derartigen Katastrophen treten neben den aus den anderen Fallstudien bekannten Akteuren (die betroffene Bevölkerung, Institutionen der Katstrophenhilfe und staatliche Stellen) häufig auch die Betreiber technischer Großanlagen auf, in diesem Fall die ICMESA (Industrie Chimiche Meda Società Azionaria und deren Muttergesellschaften in der Schweiz) mit ca. 170 Mitarbeitern. Die Fallstudie verdeutlicht, dass die Betreiber-Interessen im Katastrophenfall zumindest partiell mit den Interessen der anderen Akteure kollidieren, z. B. was die schnelle und rückhaltlose Information über Entstehung, Verlauf und Schadensausmaß der Katastrophe betrifft. Die Fallstudie zeigt, dass das Katastrophenmanagement erhebliche Schwachstellen aufwies, insbesondere in der Lagebeurteilung und Alarmierung, in der Evakuierung und anderen vorbeugenden Maßnahmen, in der Dekontaminierung und im Wiederaufbau sowie in der Regulierung der Entschädigungen.