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Open Access 2021 | OriginalPaper | Chapter

Die geografischen Angaben im CETA-Abkommen: Keine neuen Schläuche für alten Wein

Author : Georg Miribung

Published in: Italienisches, europäisches und internationales Immaterialgüterrecht

Publisher: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Die verschiedenen nationalen und internationalen Rechtssysteme konzipieren geografische Angaben (g.A.) als eine besondere Form des geistigen Eigentums, jedoch gibt es keinen Konsens über das Konzept selbst. Diese Debatten sind nicht nur rechtlicher Natur, sondern erstrecken sich auch auf Fragen der Agrar- und Handelspolitik, aber auch Fragen kultureller Art.

1 Einleitung

Die verschiedenen nationalen und internationalen Rechtssysteme konzipieren geografische Angaben (g.A.) als eine besondere Form des geistigen Eigentums, jedoch gibt es keinen Konsens über das Konzept selbst. Diese Debatten sind nicht nur rechtlicher Natur, sondern erstrecken sich auch auf Fragen der Agrar- und Handelspolitik, aber auch Fragen kultureller Art.1
Aus normativer Sicht kann grundsätzlich zwischen zwei Ansätzen unterschieden werden: ein erster betrachtet eine geografische Angabe als Marke. Dieser Ansatz wird beispielsweise vom kanadischen Rechtssystem verfolgt.2 Demgegenüber konzipiert ein anderer Ansatz die g.A. als Kennzeichen sui generis. 3 Dieser zweite Ansatz findet sich in der europäischen Gesetzgebung wieder. Diese unterschiedlichen Konzeptionen werden durch die in Art. 22 des TRIPS-Übereinkommens4 gewählte Formulierung wiedergegeben, die ganz allgemein aufzeigt, dass sich die Besonderheit von g.A. im Vergleich zu anderen Rechten des geistigen Eigentums aus dem Ursprung des Produkts und den daraus resultierenden besonderen Merkmalen ergibt.5
Auch das CETA-Abkommen, ein Freihandelsabkommen zwischen Kanada und der Europäischen Union,6 enthält in Kapitel 20 (geistiges Eigentum), Abschnitt B (Immaterialgüterrechtsnormen) einen eignen Unterabschnitt C, der den geografischen Angaben gewidmet ist. Bezogen auf den gewählten Ansatz zur rechtlichen Systematisierung von g.A., dürfte diese Abkommen von einer bestimmten Relevanz sein, da es von den Befürwortern der beiden gegensätzlichen Ansätze ausgehandelt wurde. Dieser Beitrag überprüft, auf welche Art und Weise dies geschehen ist und führt die gewonnenen Erkenntnisse einer Bewertung zu.7 Dafür wird in einem ersten Schritt kurz auf die Entwicklung der g.A.s eingegangen, um auf die Schwierigkeiten, die bei der rechtlichen Konzeption von g.A.s bestehen, hinzuweisen. In einem nächsten Schritt werden die aus europäischer Sicht wesentlichen Details der verschiedenen Konzepte hervorgehoben und gegenübergestellt. In einem dritten Schritt werden die dargelegten Erkenntnisse in Zusammenhang mit den einschlägigen CETA Regeln besprochen. Abschließend werden die wesentlichen Erkenntnisse wiedergegeben.

2 Historische und rechtliche Entwicklung

Die Notwendigkeit ein Schutzsystem für landwirtschaftliche Erzeugnisse zu entwickeln, welches geografische Unterscheidungsmerkmale als besonderen Schutzgegenstand betrachtet, wurde bereits im 19. Jhdt. Jahrhundert erkannt. Diese Merkmale sind das Ergebnis von Investitionen und Innovationen lokaler Produzenten, die diesen helfen sollen, sich mit ihren Produkten auf dem Markt einen Namen zu machen. Während nämlich spezifische Qualitätsmerkmale von Erzeugnissen zunächst vor allem den lokalen Gemeinschaften und innerhalb der damit verbundenen Handelsnetzwerke bekannt waren (und ihr Bekanntheitsgrad zunächst auch nur dort von Bedeutung war), wurde mit fortschreitender Internationalisierung der Handelsbeziehungen die Erhaltung traditionellen Wissens und die gezielte Nutzung lokaler Ressourcen ein wichtiges Motiv für die Anerkennung von g.A. auf internationaler bzw. globaler Ebene. Gerade in einer globalisierten Welt ergibt sich der zu schützende Marktwert von g.A.s aus ihrem Bekanntheitsgrad in größeren, erweiterten Märkten, in denen ein bestimmtes Produkt mit ähnlichen Produkten in Konkurrenz steht. Mit anderen Worten: Je mehr sich die Verbraucher von den Herstellern entfernen, desto wichtiger ist es, dass diese Unterscheidungsmerkmale zu einem Instrument werden, auf das sich die Verbraucher verlassen können.8 So hatten konkurrierende Hersteller vom ersten Aufkommen dieser Zeichen an begonnen, ihre eigenen Produkte mit einem geografischen Zeichen zu vermarkten, obwohl diese nicht aus der durch die verwendete g.A. bezeichneten Region stammten. Grund hierfür war, dass die Verbraucher aus dem Zusammenhang zwischen der Qualität des Produkts und seiner geografischen Herkunft einen Vorteil ableiteten. Dieses Problem verstärkte sich mit der Zunahme des Handels ab Mitte des 19. Jahrhunderts: die voranschreitende Internationalisierung der Handelsströme und damit verbunden die Erleichterung des Wissenstransfers, ging einher mit Risiken des unlauteren Wettbewerbs und der Verbrauchertäuschung und nicht zuletzt mit Risiken für die Ernährungssicherheit. Da der persönliche Bezug zu den Herstellern der gehandelten Waren und die Möglichkeit, die Produkte vor dem Kauf zu testen, zunehmend abnahm, sahen sich verschiedene Gesetzgeber gezwungen, angemessene rechtliche Lösungen auszuarbeiten, die die versprochenen Eigenschaften und typischen Merkmale von landwirtschaftlichen Erzeugnissen garantierten, welche aus der Nutzung lokaler Ressourcen und aufgrund des Einflusses natürlicher Gegebenheiten resultierten.9
Dabei wurden die im Zusammenhang mit geografischen Angaben entstehenden Fragestellungen in den verschiedenen Rechtsordnungen unterschiedlich beantwortet. Vor dem Inkrafttreten des TRIPS-Übereinkommens verfügten nur wenige Länder – darunter einige EU-Mitgliedstaaten und seit 1992 auch die EU selbst – über ein spezifisches System zum Schutz von g.A.s; andere Länder schützten ihre geografischen Angaben durch (allgemeine) handelsrechtliche Bestimmungen10 oder – wie beispielsweise die USA oder Kanada – durch das Markenrecht11 und griffen dabei auf die Vorschriften sowohl für Individualmarken als auch für Kollektiv- und/oder Gewährleistungsmarke zurück.12
Wie bereits erwähnt, versucht Art. 22 Abs. 1 TRIPS diesen unterschiedlichen Ansätzen durch die Positivierung einer allgemeinen Definition über g.A.s gerecht zu werden. Ausgehend von der in dieser Regel enthaltenenen Definition ist zunächst festzustellen, dass zwischen geografischer Herkunft einer Ware und seiner spezifischen Merkmale ein enger Zusammenhang bestehen muss.13 Mit anderen Worten: Die g.A. eines Produkts bürgt für das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften, die mit dessen geografischer Herkunft verbunden sind; das kann das Hoheitsgebiet eines Staates, eine Region oder ein bestimmter Ort sein. Aufgrund dieser Verknüpfung wird einer Ware ein besonderer Wert mit einem entsprechenden Nutzen zugeschrieben.14 Demnach hat die geografische Herkunft des Produkts zumindest in Bezug auf sein Renommee einen gewissen Stellenwert erreicht. Es wurde zu Recht festgestellt, dass die Auslegung dieses Zusammenhangs eine der schwierigsten Aufgaben bei der Anwendung des TRIPS-Übereinkommens ist.15 Im Unterschied zu CETA ist Art. 22 TRIPS aber weiter gefasst, da er sich allgemein auf Waren und nicht ausschließlich auf landwirtschaftliche Erzeugnisse oder Lebensmittel bezieht.16
Betrachtet man die verschiedenen Lösungen, so kann festgestellt werden, dass einige Länder eine ähnliche Definition verwenden, wie sie im TRIPS-Übereinkommen17 zu finden ist, während andere weit über diesen Ansatz hinausgehen.18 Die erste Kategorie umfasst auch Staaten, die eine g.A. durch das Markenrecht schützen, wie z. B. die Vereinigten Staaten von Amerika.19 Die zweite Kategorie umfasst hauptsächlich Länder, in denen Konzepte wie die italienische denominazione di origine controllata (DOC) oder die französische Appellation d'Origine Contrôlée (AOC) und dergleichen verwendet werden.20 Im Vergleich zu den auf dem Markenrecht basierenden Begriffen handelt es sich dabei um restriktivere Definitionen, da sie eine spezifische und enge Beziehung zwischen einem Produkt und seinem geografischen Produktionsumfeld verlangen. Im Wesentlichen bedeutet diese Einschränkung, dass es quasi unmöglich ist, das gleiche Produkt an einem anderen als dem ursprünglichen Ort, auf den sich das Zeichen bezieht, herzustellen. Folglich muss das Verhältnis zwischen dem Produkt und seinem geografischen Umfeld sehr genau definiert werden, während der bloße Bekanntheitsgrad des Produktionsortes selbst nicht ausreicht. Mit anderen Worten: solche Definitionen implizieren eine gewisse Ausschließlichkeit eines bestimmten geografischen Gebiets für die Lieferung von Rohstoffen oder als Standort für bestimmte Verarbeitungstätigkeiten.21
Im europäischen Rechtssystem, bei dem der Schutz durch Registrierung22 gewährt wird, wird zwischen zwei Arten von g.A.s unterschieden: die geografische Ursprungsbezeichnung (g.U.) und die geprüfte geografische Angabe (g.g.A.).23 Für erstere gilt, dass sich die Güte oder die Eigenschaften der Erzeugnisse überwiegend oder ausschließlich auf ein bestimmtes geografisches Umfeld24 zurückführen lassen; außerdem müssen alle Produktionsschritte ausschließlich in dem betreffenden geografischen Gebiet erfolgen; bei g.g.A. sind die Anforderungen weniger restriktiv. Der Antrag auf Registrierung einer g.U. oder g.g.A., muss von einer Vereinigung stammen, die mit den Erzeugnissen arbeitet,25 und eine Spezifikation beinhalten, die u. a. das Produkt und das geografischen Gebiet beschreibt, sowie den Nachweis erbringt, dass das Produkt aus diesem Gebiet stammt.26

3 Geografische Angaben: die unterschiedlichen Konzeptionen

Um Inhalt und Funktion der g.A. zu konkretisieren, ist es hilfreich, eine aus europäischer Sicht konzipierte g.A. mit der (Individual-)Marke zu vergleichen.27 Beide stellen Unterscheidungsmerkmale dar, die zur Abgrenzung von vergleichbaren oder verwechselbaren Produkten dienen. Während aber die Individualmarke die Produkte eines einzelnen Herstellers identifiziert und somit im Wesentlichen den „Namen“ des Produkts darstellt, unter dem die Ware auf dem Markt vertrieben wird, ist die g.A. das Zeichen, das Produkte bestimmter Hersteller in einen geografischen Kontext stellt, wie er aus dem im Zeichen angegebenen Ort ersichtlich ist.28
Beide Zeichen zeigen erwünschten Eigenschaften von Produkten auf. Im Fall einer g.A. gelingt dies, indem die Herstellung gemäß einer detaillierten Produktspezifikation durchführt werden muss.29 Gleichwohl sind auch die Hersteller von Produkten, die mit Marken gekennzeichnet sind, bestrebt, die Qualität dieser Produkte zu gewährleisten und zu behalten, damit die bereits erworbene Kundenpräferenz nicht verloren geht. Folglich müssen sowohl Marken als auch g.A. eine bestimmte Qualität des Produkts aufweisen, um die Kundenbindung zu gewährleisten.30 Bei der Kommentierung von Art. 22 TRIPS ist deshalb zu ergänzen, dass das zentrale Element, das die Nutzung einer g.A. anregt, die Reputation des Produktionsortes ist, da sowohl die Qualität als auch die anderen Eigenschaften des Produkts allein deshalb von Bedeutung sind, weil sie mit ihm verbunden sind und werden.31
Aus europäischer Sicht ist hier hinzuzufügen, dass sich g.A.s, auch wenn sie als eine bestimmte Art von geistigem Eigentum ähnlich den Marken konzipiert sind, sich von letzteren vor allem dadurch unterscheiden, da sie nicht einem bestimmten Eigentümer zugeordnet werden können, der – gerade wegen seines alleinigen Eigentums – Dritten verbieten könnte, den Begriff zu verwenden um deren Produkte zu kennzeichnen. Grundsätzlich kann nämlich jeder Unternehmer, der die Spezifikation einer g.A. einhält, seine Produkte entsprechend kennzeichnen, weil die Einhaltung der Spezifikation sicherstellt, dass die Produkte den lokalen und qualitativen Anforderungen entsprechen, die das Charakteristische einer bestimmten geografischen Angabe bilden.32 All dies resultiert (auch) aus der Tatsache, dass die Regeln betreffend g.A.s dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind, während die Markenregeln im Privatrecht verankert sind. Entsprechend kann das Recht, das Zeichen vor irreführender Verwendung zu schützen, jedem der Hersteller gewährt werden, während im Falle der Marke dieses Recht nach den Regeln des Privatrechts jener Person zuerkannt wird, die als ihr „Eigentümer“ im Markenregister eingetragen ist.33 Daraus ergibt sich auch, dass die typischen Merkmale von Schutzrechten wie jene von (Individual-)Marken auf g.A.s nicht anwendbar sind, da letztere weder übertragbar noch vererbbar sind, noch durch eine Lizenz nutzbar gemacht werden können.34 Im europäischen Recht werden g.A.s kollektiv zugeschrieben, d. h. einer Gemeinschaft von Erzeugern, von denen jeder einzelne berechtigt ist, die geografische Angabe zu nutzen, ohne dass dafür eigens eine Lizenz oder Konzession beantragt werden muss. Dieser Gemeinschaft obliegt es dann auch, über die korrekte Verwendung der jeweiligen g.A. zu wachen.35
Die Anerkennung eines Rechts auf Unterscheidungsmerkmale von Produkten einer Gemeinschaft in einem bestimmten geografischen Gebiet stellt eine Herausforderung dar, da sie nicht dem traditionellen Konzept des Eigentums, wie es beispielsweise die italienische oder deutsche Rechtsordnung vorsieht, entsprechen. Ein Grund dafür ist, dass geografische Namen und Angaben nicht im herkömmlichen Sinne erfunden oder entwickelt werden, wie dies bei anderen geistigen Eigentumsrechten, wie beispielsweise Marken, der Fall ist.36 Individualmarken sind im Gemeinschaftsrecht immer das Ergebnis von Kreativität und Vorstellungskraft und damit Gegenstand von Erfindungen. Andererseits sind Ortsnamen bereits jedem als solche bekannt und als beschreibende Begriffe zu verstehen, die – gerade weil sie beschreibend sind – im Recht der Europäischen Union nicht als Individualmarken verwendet werden können. Hier ist zu ergänzen, dass Toponyme, auch wenn sie beschreibend sind, sehr wohl als g.A.s, d. h. als Gegenstand des geistigen Eigentums, verwendet werden können, denn eine erfinderische Idee ist in einer g.A. durchaus ersichtlich: Die „Erfindung“ besteht darin, dass ein oder mehrere Produzenten als erste daran gedacht haben, einem Erzeugnis den Namen eines geografisch bestimmten Produktionsgebiets zu geben, um dem Produkt dadurch die Eigenschaften des Bodens, der Luft und des Klimas dieses Ortes zuzuweisen oder die traditionelle Technik für dessen Herstellung erkennbar zu machen. Dieser Jemand (oder diese Gruppe von Personen) unterbreitete seine (ihre) Idee in Folge den anderen Produzenten desselben Gebietes, die nachfolgend die Notwendigkeit sahen, eine öffentliche Behörde um die Anerkennung des Zusammenhangs zwischen dem Produkt und dem Produktionsort zu bitten.37 Dieses Phänomen des kollektiven Handelns erschwert jedoch die Beantwortung rechtstheoretischer Fragen, wie z. B. welche Rechtssubjekte befugt sein sollten, Entscheidungen über die Verwendung einer g.A. zu treffen, oder wer rein technisch gesehen der Eigentümer einer g.A. ist.38
Zwar dürfen Marken im europäischen Recht keine Toponyme enthalten,39 dies gilt aber nur beschränkt für Individualmarken. So können in der Europäischen Union Kollektivmarken geografische Angaben beinhalten,40 da sie gemäß den einschlägigen Bestimmungen von einer großen Anzahl von Herstellern verwendet werden können, sofern dies der Inhaber der Kollektivmarke gewährt hat. Hierdurch wird den Verbrauchern die Einhaltung der festgelegten Produktspezifikation garantiert. Eine ähnliche Lösung gibt es in Kanada; hier ist aber eine Gewährleistungsmarke zu verwenden.41
Art. 1.1 des TRIPS-Übereinkommens akzeptiert diese unterschiedlichen Ansätze und legt fest, dass jedes WTO-Mitglied frei entscheiden kann, mit welchen Mitteln es seinen Verpflichtungen zum Schutz von geografischen Angaben nachkommen will. Es kann daher vorkommen, dass das Gesetz, wie in den USA, die g.A. also solche nicht speziell anerkennt, wohl aber erlaubt, dass eine Individualmarke geografische Angaben zum Inhalt hat, d. h. dass ein Hersteller seinen Produkten den Namen einer Region oder eines geografischen Gebietes geben darf, unabhängig davon, ob er sie in dieser Region produziert oder nicht.42 Auf dem Absatzmarkt eines Staates, dessen Rechtsordnung den Unterschied zwischen den beiden Konzeptionen nicht kennt, können somit Streitigkeiten entstehen zwischen Herstellern, die eine registrierte geografische Marke zur Kennzeichnung ihrer Produkte verwenden und europäischen Herstellern, die eine gleichlautende g.A. im Sinne des EU-Rechts als sui generis Form und in Einklang mit der entsprechenden Produktspezifikation verwenden möchten.43
In Anbetracht dieser unterschiedlichen Ausgangslagen stellt sich zu Recht die Frage, wie das CETA-Abkommen die verschiedenen Konzeptionen von g.A. in ein einheitliches Regelwerk integriert hat und wie diese Zusammenführung zu bewerten ist.

4 Die geografischen Angaben im CETA-Abkommen

Wie eingangs erwähnt, enthält das CETA-Abkommen einen Unterabschnitt C, der den geografischen Angaben gewidmet ist. Die Definition von g.A. in Art. 20.16 CETA44 ist teilweise eine Kopie der Definition in Art. 22 TRIPS, beschränkt sich aber ausdrücklich auf landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel. In diesem Zusammenhang wurde Kritik an der Ersetzung des Begriffs „Ware“ durch „landwirtschaftliches Erzeugnis oder Lebensmittel“ geäußert, da dies den Umfang des möglichen Schutzes im Rahmen des CETA erheblich einzuschränken und sogar das Gleichgewicht zwischen geografischen Angaben und anderen geistigen Eigentumsrechten wie Marken, Patenten usw. zu verändern scheint.45 Derlei Feststellungen dürften jedoch etwas übertrieben sein, da sowohl Kanada als auch die EU im Rahmen von TRIPS verpflichtet sind, ein Grundsystem zum Schutz von geografischen Angaben in Bezug auf den Begriff „Ware“ (ein Wort, das landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel umfasst) zu implementieren. Darüber hinaus sind sowohl Kanada als auch die EU verpflichtet, strengere Schutzsysteme für Weine und Spirituosen einzuführen. Das CETA-Abkommen gewährt diesen stärkeren Schutz auch für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Lebensmittel,46 ohne den in Art. 22 TRIPS definierten Grundansatz zu untergraben.
In Übereinstimmung mit dem TRIPS-Übereinkommen verlangt Art. 20.16 CETA, dass die verschiedenen Kriterien, d. h. die Qualität, der Ruf und sonstige Eigenschaften des Erzeugnisses, im Wesentlichen auf seine geografische Herkunft zurückzuführen sind. Dieses Konzept ist auch den Erzeugern in der EU bekannt, da es in den Begriffsbestimmungen der geschützten Ursprungsbezeichnungen (g.U.) und der geschützten geografischen Angaben (g.g.A.) enthalten ist.47 Darüber hinaus sieht Art. 7 Buchst. f VO 1151/2012 vor, dass die Produktspezifikationen für eine g.A. einen Nachweis enthalten müssen, der den Zusammenhang zwischen der Qualität des Produkts und dem geografischen Umfeld oder der geografischen Herkunft belegt. Diesem Zusammenhang kommt daher eine Schlüsselrolle bei der Beantragung der Registrierung von geografischen Angaben nach dem Gemeinschaftsrecht zu.48
Die Vorgaben von Art. 20.16 CETA sind in die kanadische Rechtsordnung übernommen worden; dementsprechend wird nun verlangt, dass im Falle der Registrierung einer g.A. die Kriterien, d. h. die Qualität, der Ruf und die anderen Eigenschaften eines Erzeugnisses, die im Wesentlichen auf seinen geografischen Ursprung zurückzuführen sind, beschrieben werden müssen. Es obliegt dem kanadischen Amt für geistiges Eigentum, zu prüfen, ob diese Kriterien ausreichen, um eine Angabe als geografisch im Sinne des Gesetzes zu qualifizieren.49 Dabei wird dieses Amt auch die gesetzliche Definition von g.A. beachten müssen, die nunmehr, ähnlich den europarechtlichen Vorgaben, einen wesentlichen Zusammenhang zwischen den Eigenschaften eines Erzeugnisses und einem bestimmten geografischen Ursprung fordert.50
Diese allgemeine Regel gem. Art. 20.16 CETA wird durch Art. 20.17 CETA ergänzt; dieser hält fest, dass der im CETA-Abkommen verankerte Schutzanspruch nur für Erzeugnisse gilt, welche einer der Produktklassen in Anhang 20-C zugeordnet werden können. Diese Liste deckt sich nicht vollständig mit der Liste von Produktklassen für die Anwendung der EU-VO 1151/2012.51 Während die EU die Registrierung von g.A. zulässt, die sich auf Agrarerzeugnisse wie z. B. Baumwolle, Wolle, Korbweide, Schwingflachs, Leder und Pelzen beziehen, bietet CETA diese Möglichkeit nicht.52
Um den Schutz von g.A. zu gewährleisten, folgt nach der Identifizierung des zu schützenden Produkts in einem weiteren Schritt eine Bewertung im Hinblick auf die zu erfüllenden Anforderungen. Dies kann z. B. im Rahmen eines Antrages auf Eintragung in ein Markenregister oder Sonderregister für geografische Angaben geschehen.53 Auch im CETA ist ein solcher Mechanismus zu finden.54 Allgemein lassen sich in diesem Zusammenhang zwei Vorgehensweisen unterscheiden: Zum einen gibt es offene und internationale Systeme, die auf allgemeinen Bestimmungen laut einem internationalen Abkommen fußen. Demgegenüber resultiert bei bilateralen oder plurilateralen Abkommen der Schutz aus der gegenseitigen Anerkennung von g.A., die bereits in nationalen Systemen geschützt sind. Diese Anerkennung basiert auf Namenslisten.55 Da sich die wirtschaftlichen Interessen und Notwendigkeiten der Erzeuger jedoch im Laufe der Zeit weiterentwickeln können, verfügen bilaterale Abkommen56 in der Regel über interne Mechanismen zur Aufnahme weiterer Namen in diese Listen.57 Sofern nun eine g.A. die Kriterien der Art. 20.16 und 20.17 CETA erfüllt, kann die g.A. in die spezifische Liste nach Art. 20.18 CETA aufgenommen werden. Interessanterweise enthält die europäische Liste 171 geografische Angaben,58 während die kanadische Liste leer ist;59 dies bedeutet, dass Kanada – zumindest vorerst – auf den durch Art. 20.19 CETA garantierten Schutz verzichtet.60
Hinsichtlich der Möglichkeit Namen hinzuzufügen, ist auf Art. 20.22 CETA zu verweisen, der sich mit möglichen Änderungen der Namenslisten61 befasst. Diese Regel legt fest, dass der nach Art. 26.1 eingesetzte Gemischte CETA-Ausschuss unter bestimmten Umständen beschließen kann die Listen zu ändern, wodurch in Folge weitere geografische Angaben hinzugefügt oder bestehende gestrichen werden können, sofern im letzteren Fall diese an ihrem Ursprungsort nicht mehr geschützt oder nicht mehr verwendet werden.62 Die hier untersuchte Vorschrift wirft jedoch einige Fragen auf, da sie besagt, dass „grundsätzlich“ keine Angaben hinzugefügt werden dürfen, die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des CETA-Abkommens bereits im einschlägigen Register der Europäischen Union als g.A. eingetragen waren. Das hat zur Folge, dass fast 1400 europäische g.A. vom CETA-Abkommen – grundsätzlich – ausgeschlossen bleiben.63 Diese Vorschrift wurde als diskriminierend und ungerecht kritisiert, da sie viele Hersteller daran hindert, in diesen neuen, durch das CETA-Abkommen definierten Markt einzutreten, im Unterschied zu jenen Herstellern, deren Begrifflichkeiten geschützt worden sind.64 Wenngleich der Begriff „grundsätzlich“ auf eine mögliche Aufweichung dieser Regel hinweist, muss bedacht werden, dass die Anzahl der von der EU geschützten geografischen Angaben zunächst zwischen den europäischen Mitgliedern ausgehandelt wurde, um die für eine Handelsbeziehung mit Kanada relevanten geografischen Angaben zu ermitteln. Auch ist zu bedenken, dass die Inhalte der Listen der geschützten geografischen Angaben die Teil der verschiedenen Freihandelsabkommens sind, vielfach divergieren.65 Letztlich sind diese Art von bilateralen Abkommen Verträge, die im Ergebnis spezifisch sind und die im Zusammenhang mit der Marktdynamik, auf die sie sich beziehen, zu betrachten sind.
Im Hinblick auf eine Änderung der Namenslisten räumt Art. 20.22 Absatz 3 zudem bereits eingetragenen Marken Vorrang vor neu hinzuzufügenden geografischen Angaben ein, wenn diese mit einer bereits eingetragenen Marke identisch sind.66 In diesem Zusammenhang wurde kritisch angemerkt, dass die EU mit der Annahme dieser Bestimmung ihre Rechte und damit die Verpflichtungen Kanadas gemäß dem TRIPS-Übereinkommen beschränkt habe, da letzteres, wie wir gesehen haben, keine klare Unterscheidung zwischen diesen Arten des geistigen Eigentums vornimmt. Nun ist der Gedanke, dass zwei Bündel von Rechten und Pflichten – wie sie sich beispielsweise zum einen aufgrund einer Marke und zum anderen aufgrund von geografischen Angaben die sui generis konzipiert sind, ergeben – zu Konflikten führen können, nichts ungewöhnliches. Zudem darf es nicht verwundern, dass beim Aufeinandertreffen unterschiedlicher Rechtsinstitute mit zum Teil ähnlichem Inhalt, Probleme auftreten. Diese Probleme könnten durch Leitprinzipien des Gesetzgebers gelöst werden.67 Andererseits ist aber auch zu bedenken, dass derlei Abkommen Beispiele für politische Kompromisse sind, die notwendigerweise in konkrete Bestimmungen übertragen werden müssen und deshalb, aus juristischer Sicht, Unklarheiten mit sich bringen.

5 Schlussbemerkung

Betrachtet man den im CETA-Abkommen verwendeten Ansatz zur Regulierung von g.A., zeigt sich, dass die Vertragsparteien ihre verschiedenen Verhandlungspositionen wirksam verteidigt haben, ohne einen Kompromiss über die Konzeption des Begriffes der geografischen Angaben finden zu müssen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass solche Vereinbarungen nicht unbedingt dieses Ziel verfolgen. Von Bedeutung dürfte aber die klare Begriffsbestimmung sein, die in den kanadischen Rechtsrahmen Einzug gefunden hat. Somit bleibt der potenzielle Konflikt zwischen dem auf der Grundlage von Markenrechten gewährten Schutz und den sui generis-Regeln der g.A. bestehen. Insofern fügt CETA nichts Neues hinzu, was dienlich wäre bei der Erstellung von Regeln oder Grundsätzen, um die Handhabung geografischer Angaben umfassend zu regeln. Mit zunehmender Globalisierung steigt folglich der Bedarf an einem umfassenden und effizienten Schutzrahmen für geografische Angaben.68 Angesichts der Schwierigkeiten, die in den Debatten im TRIPS-Rat69 festzustellen waren, erscheint die Einrichtung eines globalen Registers für geografische Angaben nach dem Vorbild des europäischen Modells in naher Zukunft jedoch unwahrscheinlich. Entsprechend wird wohl die Anzahl bilateraler Abkommen, die die grundlegenden Bestimmungen des TRIPS über geografische Angaben „ergänzen“, weiter steigen.
Das CETA-Abkommen ist ein Beispiel für die Entwicklung von Normen im globalen Kontext. Zu Beginn dieses Beitrags wurde kurz auf die Entwicklung der geografischen Angaben und die Notwendigkeit ihres Daseins eingegangen. Dabei hat sich gezeigt, dass es keinen einheitlichen Ansatz gibt. Vielmehr hat sich das Konzept deshalb entwickelt, weil typische und traditionelle Vorstellungen in den Markt eingedrungen sind, die dort entsprechend geschätzt wurden. Ebenso wie die jeweilige Rechtstradition einer Gesellschaft, sind auch derlei Vorstellungen und Wertungen Ausfluss und Teil einer Gesellschaft und definieren diese. In Zusammenhang mit der rechtlichen Einordnung von g.A. sind somit verschiedenartige Aspekte zwingend zu berücksichtigen: Es geht nicht nur um soziale Traditionen, sondern auch um die damit verbundenen Rechtstraditionen. Es ist wesentlich festzuhalten, dass geografische Angaben als soziales Phänomen (die nicht nur durch unterschiedliche, sondern manchmal auch durch widersprüchliche Rechtsinstrumente geschützt werden) in ein internationales Abkommen integriert werden, in dem nicht nur verschiedene politische Akteure die Aufgabe haben, die Interessen ihrer Produzenten und ihrer Wirtschaft zu schützen, sondern in dem auch dasselbe soziale Phänomen mittels verschiedener Rechtsintitute zugänglich gemacht werden soll.
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Footnotes
1
Vgl. hierzu allgemein Watson, K.W. (2016), Reign of Terroir: How to Resist Europe’s Efforts to Control Common Food Names as Geographical Indications; Borghi, P. (2014), Passport Please! WTO, TRIPS, and the (serious?) Question of the Geographical Origin of Foodstuffs, in P. Nappi, G. Sgarbanti, P. Borghi, L. Russo, C. Fioravanti, C. Agostini, S. Manservisi, M. Borraccetti, S. Rizzioli & L. Costato (Hrsg.), Studi in onore di Luigi Costato. Diritto alimentare, diritto Europeo (S. 77–95), Napoli: Jovene; Germanò, A. (2017), Sulla titolarità dei segni DOP e IGP. Diritto agroalimentare, (2), S. 287–312; Di Lauro, A. (2016), Labels, names and trade marks, in L. Costato & F. Albisinni (Hrsg.), European and global food law (S. 369–386), (2. Aufl.), Milanofiori Assago (Milano): Wolters Kluwer; Allaire, G., Casabianca, F. & Thévenod-Mottet, E. (2011), Geographical origin: A complex feature of agro-food products, in E. Barham & B. Sylvander (Hrsg.), Labels of origin for food: local development, global recognition (S. 1–12), Wallingford: CABI; Vittori, M. (2010), The International Debate on Geographical Indications (GIs): The Point of View of the Global Coalition of GI Producers-oriGIn, The Journal of World Intellectual Property, 13 (2), S. 304–314; Ibele, E. W. (2009), The Nature and Function of Geographical Indications in Law, Estey Journal of International Law and Trade Policy, (10/1), S. 36–49; Blakeney, M. (2001), Proposals for the International Regulation of Geographical Indications, The Journal of World Intellectual Property, 4 (5), S. 629–652; Senti, R. (2017), WTO. System und Funktionsweise der Welthandelsordnung (2. Aufl.), Zürich: Schulthess, S. 443 ff.; Mantrov, V. (2014), The Place of Indications of Geographical Origin in the Intellectual Property System, in V. Mantrov (Hrsg.), EU Law on Indications of Geographical Origin (S. 45–95), Cham: Springer International Publishing, S. 45 ff.; Palma, R. (2017), Agro-ecologia e indicazioni geografiche tra magia e razionalità nel diritto dell’UE dell’OMC: ‘reinventare le designazioni d’origine per preservare l’economia rurale, il patrimonio culturale e l’ambiente, Rivista di diritto industriale, (6), S. 269; Rangnekar, D. (2010), The Law and Economics of Geographical Indications: Introduction to Special Issue of The Journal of World Intellectual Property, The Journal of World Intellectual Property, 13 (2), S. 77–80; Kamperman Sanders, A. (2010). Incentives for and Protection of Cultural Expression: Art, Trade and Geographical Indications, The Journal of World Intellectual Property, 13 (2), S. 81–93; Hughes, J. (2006), Champagne, Feta, and Bourbon – the Spirited Debate About Geographical Indications, Hastings Law Journal, (58), S. 299–386; Lorvellec, L. (1996), You’ve Got to Fight for Your Right to Party: A Response to Professor Jim Chen, Minnesota Journal of Global Trade, 5, S. 65–80; Borghi, P. (2015), Sovrapposizioni fra ordinamenti e „fantasia“ del legislatore in tema di segni di qualità dei prodotti alimentari: entropia e storytelling, Rivista di diritto alimentare, (4), S. 4–25; Büscher, W. (2008), Geografische Herkunftsangaben als Gegenstand des gewerblichen Eigentums oder als Steuerungsintrument von Wirtschaft und Politik? GRUR Int., (12), S. 977–984; WTO (2004), World Trade Report. Geographical Indications. https://​www.​wto.​org/​english/​res_​e/​booksp_​e/​anrep_​e/​world_​trade_​report04_​e.​pdf. (20.08.2019), S. 72 ff.; Raustiala, K. & Munzer, S. R. (2007), The Global Struggle over Geographic Indications. European Journal of International Law, 18 (2), S. 337–365.
 
2
Gem. Trade-marks Act (R.S.C., 1985, c. T-13.
 
3
Siehe diesbezüglich VO 1151/2012. Vgl. Ibele, 2009; Blakeney, 2001; Mantrov, 2014, S. 78 ff. Ein allgemeiner Schutz geografischer Angaben ergibt sich aus den Normen des Verbraucherschutzes und jener, die die Praktiken des lauteren Handels regeln. Vgl. Thévenod-Mottet, E. & Marie-Vivien, D. (2011), Legal debates surrounding geographical indications, in E. Barham & B. Sylvander (Hrsg.), Labels of origin for food: local development, global recognition (S. 13–28), Wallingford: CABI, S. 15 ff.; Mantrov, 2014, S. 78 ff.
 
4
Sog. allgemeines Abkommen über handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights).
Das internationale Abkommen mit den höchsten Standards für den Schutz von g.A. ist das Lissabonner Abkommen; es wurde nur von einigen Ländern unterzeichnet. Bilaterale Abkommen hingegen sind aufgrund des Fehlens eines multilateralen Rahmens nur Teillösungen für ein globales Problem. In diesem Zusammenhang ist es erwähnenswert, dass die Harmonisierung der internationalen Normen für Agrarerzeugnisse hauptsächlich geografische Namen betrifft, die als Gattungsbezeichnungen anerkannt sind. Infolgedessen befand sich der internationale Schutz von geografischen Angaben vor dem TRIPS-Übereinkommen in einer Sackgasse. Das Allgemeine Zollabkommen (GATT) betraf zwar nur den Warenverkehr, jedoch hat seit 1947 der Handel mit Waren und Dienstleistungen, die geistiges Eigentum beinhalten, an Bedeutung gewonnen. In Folge wurden in der sog. Uruguay-Runde Aspekte des geistigen Eigentums in die Verhandlungen mit aufgenommen. Vgl. Thévenod-Mottet & Marie-Vivien in Barham & Sylvander, 2011, S. 17 ff.; Senti, 2017, S. 429 ff. Es wird kritisiert, dass die EU darauf bestanden hat, geografische Angaben in das TRIPS-Übereinkommens aufzunehmen, während geografische Angaben in Wirklichkeit, so der Hauptkritikpunkt, tatsächlich Teil der EU-Agrarpolitik sind. Vgl. Hughes, 2006, S. 339.
In Bezug auf die Charakteristik dieser Zeichen ist anzumerken, dass die g.A. in Teil II des TRIPS-Übereinkommens behandelt werden und, ähnlich anderen Rechten wie Urheberrechten, Patenten, Marken usw. als Immaterialgüterrecht anzusehen sind. Diese Auffassung wird mittlerweile mehrheitlich akzeptiert. Vgl. z.B. Mantrov, 2014, S. 46 u.64 f.; O’Connor, B. (2004), The law of geographical indications, London: Cameron May Ltd., S. 21; Cornish, W. R., Llewelyn, D. & Aplin, T. F. (2010), Intellectual property. Patents, copyright, trade marks and allied rights (7. Aufl.), London: Sweet & Maxwell, S. 779 ff.; Baeumer, L. (1999), Protection of Geographical Indications Under WIPO Treaties and Questions Concerning the Relationship Between those Treaties and the TRIPS Agreement, in Symposium on the Protection of Geographical Indications in the Worldwide Context (S. 9–39), Geneva: WPO und Watson, 2016. S. 7. Siehe auch Lorvellec, 1996 und Turner, J.D.C. (2010), Intellectual property and EU competition law. Oxford: Oxford Univ. Press, S. 265 f.; Germanò, 2017; Morgese, G. (2009), L’accordo sugli aspetti dei diritti di proprietà intellettuale attinenti al commercio (TRIPs), Bari: Cacucci u. Trapè, I. (2012), I segni del territorio. Profili giuridici delle indicazioni di origine dei prodotti agroalimentari tra competitività, interessi dei consumatori e sviluppo rurale, Milano: Giuffrè.
 
5
Allgemein hierzu Mantrov, 2014, S. 51 f. Siehe auch Ibele, 2009, S, 40 u. Borghi in Nappi & Sgarbanti et al., 2014, S. 78 u. 89.
 
6
Es trat, wenn auch vorläufig, am 21. September 2017 in Kraft und befindet sich derzeit in der Ratifizierungsphase durch die EU-Mitgliedstaaten.
 
7
Weiterführend vgl Miribung, G. (2019), Inquadramento delle indicazioni geografiche tra TRIPS e CETA: qualche osservazione, Rivista di diritto alimentare, XIII (2), S. 23–38.
 
8
Allgemein hierzu Thévenod-Mottet & Marie-Vivien in Barham & Sylvander, 2011, S. 13 f.; Mantrov, 2014, S. 31 ff.; Allaire, Casabianca & Thévenod-Mottet in Barham & Sylvander, 2011, S. 1 ff.; WTO, 2004, S. 72 f.; Borghi, 2015, S. 7 f.; Palma, 2017, S. 265 ff. u. Raustiala & Munzer, 2007.
 
9
Vgl. Thévenod-Mottet & Marie-Vivien in Barham & Sylvander, 2011, S. 13 f.; Allaire, Casabianca & Thévenod-Mottet in Barham & Sylvander, 2011, S. 1 ff. Allgemein, Raustiala & Munzer, 2007, S. 340 ff. u. Mantrov, 2014, S. 31 ff.
 
10
Allgemein hierzu Thévenod-Mottet & Marie-Vivien in Barham & Sylvander, 2011, S. 15 ff. Siehe auch Ferrari, M. & Izzo, U. (2012), Diritto alimentare comparato. Regole del cibo e ruolo della tecnologia, Bologna: Il mulino.
 
11
Vgl. Ibele, 2009.
 
12
Für einen guten Überblick, vgl. Germanò, 2017, S. 296 ff. Siehe auch Ferrari, M. (2015), La dimensione proprietaria delle indicazioni geografiche. Uno studio di diritto comparato, Napoli: Editoriale scientifica, S. 19 ff.
 
13
Entsprechend hält Art. 22 TRIPS fest: „Geographische Angaben im Sinne dieses Abkommens sind Angaben, die eine Ware als aus dem Hoheitsgebiet eines Mitglieds oder aus einer Region oder aus einem Ort in diesem Hoheitsgebiet stammend kennzeichnen, wenn eine bestimmte Qualität, ein bestimmter Ruf oder ein anderes bestimmtes Merkmal der Ware im wesentlichen seinem geografischen Ursprung zuzuschreiben ist.“
 
14
Vgl. Hughes, 2006, S. 314 ff.; Senti, 2017, S. 443 f.; Blakeney, 2001, S. 640; Allaire, Casabianca & Thévenod-Mottet in Barham & Sylvander, 2011, S. 5. Siehe auch Albisinni, F. (2005), L’origine dei prodotti alimentari, in A. Germanò & E. Rook Basile (Hrsg.), Il diritto alimentare tra comunicazione e sicurezza dei prodotti (S. 41–100), Torino: Giappichelli, u. Lucifero, N. (2005), Il territorio: rapporto tra regole del produrre e regole del vendere, in A. Germanò & E. Rook Basile (Hrsg.), Il diritto alimentare tra comunicazione e sicurezza dei prodotti (S. 101–134), Torino: Giappichelli.
 
15
Vgl. auch Senti, 2017, S. 444 u. Knaak, R. (1995), Der Schutz geografischer Angaben nach dem TRIPS-Abkommen, GRUR Int., (8-9), S. 642–653, S. 647.
 
16
Vgl. Art. 2016 CETA-Abkommen.
 
17
Weiterführend, vgl. z.B. Echols, M.A. (2008), Geographical indications for food products. International legal and regulatory perspectives, Alphen aan den Rijn: Kluwer Law International, S. 62 ff.
 
18
Allgemein hierzu Mantrov, 2014, S. 78 ff. u. Thévenod-Mottet & Marie-Vivien in Barham & Sylvander, 2011, S. 24. Siehe auch Ibele, 2009, S. 73 f., Blakeney, 2001, S. 629 ff.
 
19
Vgl. Mantrov, 2014, S. 85 ff.; Ibele, 2009, S. 42 ff. Siehe auch Watson, 2016, S. 3 ff.
 
20
Vgl. Blakeney, 2001, S. 636 f. u. Thévenod-Mottet & Marie-Vivien in Barham & Sylvander, 2011, S. 24.
 
21
Vgl. Thévenod-Mottet & Marie-Vivien in Barham & Sylvander, 2011, S. 24. Siehe auch McGuire, M.-R. (2008), Die geographische Herkunftsangabe im Gemeinschaftsrecht. Wettbewerb in Recht und Praxis, (5), S. 620–628, S. 623 ff.; van Couter, Y. & d’Ath, F. (2016), Protecting the Origin of Foodstuffs in the European Union. Indications of Origin and Trademarks as Intellectual Property Tools, European Food and Feed Law Review, (4), S. 290–308, S. 293 ff.
 
22
Die Rechtsvorschriften wurden 1992 durch die EU-Verordnung Nr. 2081 erlassen und in der Folge durch die Verordnung (EG) Nr. 510/06 und zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel überarbeitet bzw. erneuert.
 
23
Diese Unterscheidung stellt einen Kompromiss zwischen früheren nationalen Vorschriften der verschiedenen EU-Mitgliedstaaten dar. So wurde beispielsweise in den 1990er-Jahren in Frankreich kritisiert, dass die Unterscheidung zwischen Ursprungsbezeichnung und geografischen Angaben den Ruf der französischen Appellation d‘origine contrôlée, die auf dem Gedanken des Terroirs fußt, untergraben werden könnte, da die europäische Lösung im Vergleich zur französischen eine niedrigere Qualitätsanforderung für g.A. zuließe. Als Folge war die Verwendung der geografischen Angabe in Frankreich zunächst an eine vorherige Zertifizierung des Produkts gebunden (wie im Falle des offiziellen französischen Programms „Label Rouge“). Diese Einschränkung wurde später aufgehoben. Vgl. Allaire, Casabianca & Thévenod-Mottet in Barham & Sylvander, 2011, S. 7 f. Siehe auch Artom, A. (2014), Tutela e circolazione del food italiano in Italia, in Europa e nel mondo, in P. Nappi, G. Sgarbanti, P. Borghi, L. Russo, C. Fioravanti, C. Agostini, S. Manservisi, M. Borraccetti, S. Rizzioli & L. Costato (Hrsg.), Studi in onore di Luigi Costato. Diritto alimentare, diritto Europeo (S. 31–43), Napoli: Jovene, S. 37 ff.; Canfora, I. (2011). La tutela delle indicazioni geografiche di qualita‘ ai margini della normativa comunitaria sulle denominazioni di origine e indicazioni geografiche protette, in G. Resta (Hrsg.), Diritti esclusivi e nuovi beni immateriali (S. 362–399), und allgemein Bourges, L.A. (2014), Le produit agricole: l’importance du marché et la protection des dénominations d’origine au niveau international, in P. Nappi, G. Sgarbanti, P. Borghi, L. Russo, C. Fioravanti, C. Agostini, S. Manservisi, M. Borraccetti, S. Rizzioli & L. Costato (Hrsg.), Studi in onore di Luigi Costato. Diritto alimentare, diritto Europeo (S. 97–114), Napoli: Jovene.
 
24
Einschließlich der natürlichen und menschlichen Einflüsse.
 
25
Vgl. Art. 49 VO 1151/2012.
 
26
Zudem muss die Herstellungsweise des Produkts offengelegt und der Zusammenhang zwischen Qualität, Ruf oder anderen Merkmalen und der geografischen Herkunft erbracht werden; des weiteren sind jene Einrichtungen anzugeben, die für die Kontrolle der spezifischen Merkmale zuständig sind. Vgl. Art. 5 u.7 VO 1151/2012. Weiterführend van Couter & d’Ath, 2016, McGuire, 2008.
 
27
Vgl. auch Ibele, 2009, S. 45 ff.; Mantrov, 2014, S. 56; Albisinni, F. (2015), Marchi e indicazioni geografiche: una coesistenza difficile, in A. Germanò & V. Rubino (Hrsg.), La tutela dell’origine dei prodotti alimentari in Italia, nell’Unione europea e nel commercio internazionale. Atti del convegno, Alessandria, 21–25 Maggio, 2015 (S. 189–221), Milano: Giuffrè. Grundsätzlich ist eine Marke ein Unterscheidungsmerkmal, das Waren oder Dienstleistungen als von einem Unternehmen bereitgestellte Produkte ohne besonderen Bezug zu Qualitätsstandards identifiziert. Weiterführend vgl. Vanzetti, A. (1961), Funzione e natura giuridica del marchio. Rivista del diritto commerciale, (1–2), S. 16; Galli, C. (2004). Protezione del marchio e interessi del mercato, In Studi di diritto industriale in onore di Adriano Vanzetti. Proprietà intellettuale e concorrenza (S. 661), Milano: Giuffrè; Sena, G. (2007), Il diritto dei marchi. Marchio nazionale e marchio comunitario (4. Aufl.), Milano: Giuffrè., S. 45 ff., 91 ff.; Sarti, D. (2017), I marchi e i nomi a dominio; le indicazioni geografiche, in M. Cian, A. Cetra & D. Sarti (Hrsg.), Diritto commerciale – Vol. I. Diritto dell’impresa (S. 239–279), Turin: G. Giappichelli, S. 244 ff.; für eine historische, wirtschaftliche und vergleichende Perspektive des europäischen Rechts, vgl. Ricolfi, M. (2015), Trattato dei marchi. Diritto europeo e nazionale, Torino: G. Giappichelli. Siehe auch Micara, A.G. (2018), Tutela del marchio e competitività nell’Unione Europea, Torino: G. Giappichelli.
 
28
Bei beiden Konzepten ergibt sich die Verpflichtung die Waren gemäß bestimmter Vorgaben herzustellen; folglich haben beide Zeichen eine Kennzeichnungsfunktion: Der einzelne Hersteller „markiert“ (durch eine Marke) seine eigenen Produkte, um sie von ähnlichen Produkten anderer Wettbewerber auf dem Markt zu unterscheiden. Dadurch erleichtert er es den Verbrauchern, seine Produkte unter ähnlichen Produkten zu finden. Demgegenüber wollen Hersteller, die ihre Erzeugnisse in Einklang mit einer entsprechenden g.A.-Spezifikation produzieren, diese kennzeichnen um sie von anderen Produkten zu unterscheiden, die zwar von der natürlichen Beschaffenheit her identisch sind, jedoch nicht an einem bestimmten Ort und nach spezifischen Vorgaben hergestellt werden. Vgl. Germanò, A. (2016), Manuale di diritto agrario, Turin: G. Giappichelli, S. 205 ff. u. 224 ff.; vgl. auch Sena, 2007, S. 249 ff.; Germanò, 2017, S. 289 ff. Allgemein Travostino, M. (2009), I marchi collettivi e di certificazione. le indicazioni geografiche, in S. Ambrosini, M. Barbuto, N. Bottero & M. Travostino (Hrsg.), Il diritto dei marchi d’impresa. Profili sostanziali, processuali e contabili (S. 195–214), Torino: UTET Giuridica, S. 195 ff.
 
29
Vgl Art. 7 VO 1151/2012.
 
30
Vgl. Mantrov, 2014, S. 65 ff.; Ibele, 2009, S. 43 ff.; Allaire, Casabianca & Thévenod-Mottet in Barham & Sylvander, 2011, S. 5. Siehe auch Hughes, 2006, S. 335 ff.; Peukert, A. (2011), Individual, multiple and collective ownership of intellectual property rights - which impact on exlusivity? in A. Kur & V. Mizaras (Hrsg.), The structure of intellectual property law. Can one size fit all? (S. 195–225), Cheltenham: Edward Elgar, S. 215 f.; Germanò, 2016, S. 205 ff., S. 224 ff.; Sena, 2007, S. 45 ff., 91 ff., 247 ff.; u. Palma, 2017. Siehe auch Micara, 2018, S. 5 ff.
 
31
Dies gilt unabhängig davon, ob eine g.A. als Kennzeichungsform sui generis oder als Marke konzipiert ist.
 
32
Siehe fn. 34.
 
33
Vgl. Ibele, 2009; Sarti in Cian, Cetra & Sarti, 2017, S. 253 ff., S. 277 ff.; Sena, 2007, S. 15 ff., S. 247 ff.; Blakeney, 2001. Siehe auch Germanò, 2017.
 
34
Vgl. Blakeney, 2001, S. 632; Büscher, 2008, S. 977; Peukert in Kur & Mizaras, 2011, S. 214 f.; Ibele, 2009, S. 45 ff.; Germanò, 2017; u. Borghi in Nappi & Sgarbanti et al., 2014, S. 87 f.
 
35
Für eine ausführliche Diskussion hierzu siehe z.B. Mantrov, 2014, S. 65 ff.; aber auch Peukert in Kur & Mizaras, 2011; u. Germanò, 2017. Siehe auch Baeumer, 1999; Geuze, M. (1999), Protection of Geographical Indications Under the TNPS Agreement and Related Work of the World Trade Organization, in Symposium on the Protection of Geographical Indications in the Worldwide Context (S. 39–59), Geneva: WPO; Thévenod-Mottet & Marie-Vivien in Barham & Sylvander, 2011; Borghi, 2015, S. 13 ff.; Germanò, 2016, S. 224 ff. u. S. 218 ff.; Travostino in Ambrosini & Barbuto et al., 2009, S. 195 ff.; u. Sena, 2007, S. 247 ff.
 
36
Vgl. Thévenod-Mottet & Marie-Vivien in Barham & Sylvander, 2011, S. 14.
 
37
Ein Beispiel wäre das Fleischprodukt „Speck“, den es, geschützt als g.g.A., sowohl als Tiroler Speck, Gailtaler Speck oder Südtiroler Markenspeck gibt. Worin nun der genaue Unterschied zwischen diesen Speckarten liegt, kann den entsprechenden Produktspezifikationen entnommen werden. Interessant ist, dass alle drei Territorien, in denen die unterschiedlichen Speckarten hergestellt werden, in geografischer Nähe zueinander liegen.
 
38
Allgemein Mantrov, 2014, S. 65 ff. Siehe auch fn. 35.
 
39
Vgl. Art. 7 Abs. 1 Buchst. c VO 2017/1001 (Verordnung über die Unionsmarke). Weiterführend, vgl. Germanò, 2016, S. 205 ff. u. S. 218 ff. Siehe auch Turner, 2010, S. 267 f.; u. Costato, L. & Russo, L. (2015), Corso di diritto agrario italiano e comunitario (4. Aufl.), Milano: Giuffrè, S. 219 ff.
 
40
Vgl. Art. 74 VO 2017/1001.
 
41
Vgl. Ibele, 2009, S. 42 ff. u. Mantrov, 2014, S. 85 ff. Siehe auch Germanò, 2016, S. 218 ff. u. Costato & Russo, 2015, S. 220 f.; Germanò, 2017, S. 293 ff. Allgemein Travostino in Ambrosini & Barbuto et al., 2009, S. 195 ff.
 
42
Vgl. Watson, 2016, S. 3 ff. Siehe auch Germanò, 2017, S. 296 ff. u. Ferrari, 2015, S. 52 ff. Allgemein Mantrov, 2014, S. 85 ff.
 
43
Ein bekanntes Beispiel ist der Parmaschinken. Auf dem kanadischen Markt konnten die Hersteller von Parmaschinken nach der von der Europäischen Union anerkannten einschlägigen Spezifikation ihn nicht als geografische Marke registrieren lassen, da es bereits einen kanadischen Hersteller gab, der seinen Schinken den Namen „parma“ gegeben hatte u. den Namen als Marke eintragen ließ. Vgl. Federal Court of Canada (25.01.2001). Consorzio del Prosciutto di Parma v. Maple Leaf Meats Inc. Weiterführend, Garzotti, P. & Cavarero, E. (1999). TBR proceedings concerning Canadian practices affecting Community exports of Prosciutto di Parma. Report to the Trade Barriers Regulation Committee. Brussels.
 
44
Dieser legt fest: „Für die Zwecke dieses Unterabschnitts bezeichnet der Ausdruck geografische Angabe eine Angabe, die ein landwirtschaftliches Erzeugnis oder Lebensmittel als Ware mit Ursprung im Gebiet einer Vertragspartei oder in einer Gegend oder einem Ort in diesem Gebiet ausweist, wobei eine bestimmte Qualität oder der Ruf oder eine sonstige Eigenschaft des Erzeugnisses im Wesentlichen auf seiner geografischen Herkunft beruht, und Produktklasse eine in Anhang 20-C aufgelistete Erzeugniskategorie.“
 
45
Vgl. O’Connor, B. (2015), Geographical Indications in CETA, the Comprehensive Economic and Trade Agreement between Canada and the EU. Rivista di diritto alimentare, IX (2), S. 61–67, S. 66.
 
46
Dieser Ansatz entspricht dem aktuellen EU-Recht. Hierzu ausführlich, Miribung, 2019.
 
47
Vgl. Art. 5 VO 1151/2012.
 
48
Vgl. Art. 8, Abs. 1, Buchst. c VO 1151/2012.
 
49
Es gibt Markenregistrierungssysteme gibt, bei denen verwaltungstechnisch nicht geprüft wird, ob die Qualität, Merkmale oder der Ruf eines bestimmten Produkts im Wesentlichen auf sein geografisches Umfeld oder seine Herkunft zurückzuführen sind. Beispielsweise wird in den USA keine Prüfung oder Bewertung des Zusammenhangs zwischen der Angabe und den Produkteigenschaften vorgenommen. Vgl. O’Connor, B. (2014), Geographical Indications: Some thoughts on the practice of the US Patent and Trademark Office and TRIPs, World Trade Review, 13 (4), S. 713–720, S. 717. Siehe auch Watson, 2016.
 
50
Dabei wendet die kanadische Gesetzgebung im Einklang mit dem CETA eine Definition gemäß Artikel 20.16 CETA an, wonach ein entsprechender Zusammenhang bestehen muss. Vgl. Art. 2 u. Art. 11.12 Abs. 3 Trade-marks Act sowie das entsprechende Formular mit dem der Antrag auf Registrierung zu stellen ist. https://​www.​ic.​gc.​ca/​eic/​site/​cipointernet-internetopic.​nsf/​vwapj/​Demande_​protection_​IG_​pragricole_​almient-Request_​Form_​Protection_​GI_​Agricultural_​Food-e.​pdf/​$file/​Demande_​protection_​IG_​pragricole_​almient-Request_​Form_​Protection_​GI_​Agricultural_​Food-e.​pdf (20.08.2019).
 
51
Gem. Anhang I der VO.
 
52
Vgl. O’Connor, 2015, S. 62 f.
 
53
Für die diversen Ansätze, vgl. Mantrov, 2014, S. 80 ff.
 
54
Dadurch wird der allgemeine Rechtsschutz, wie er bereits im Art. 22 TRIPS vorgesehen ist, erheblich erweitert. Art. 22 TRIPS verpflichtet die Vertragsparteien dafür Sorge zu tragen, dass g.A. nicht irreführend verwendet werden oder dass deren Verwendung nicht zu Handlungen unlauteren Wettbewerbs führt. Für die entsprechende Bewertung der CETA-Normen, die sich mit dem von diesem Abkommen gewährten Rechtsschutz befassen, vgl. Miribung, 2019.
 
55
Allgemein, Thévenod-Mottet & Marie-Vivien in Barham & Sylvander, 2011, S. 17 ff.; Blakeney, 2001, S. 637 ff.; Mantrov, 2014, S. 78 ff.
 
56
Frankreich und Deutschland unterzeichneten 1960 ein Abkommen über geografische Angaben; die EU unterzeichnete mehrere Weinabkommen mit Australien (1994, 2008), Südafrika (1999, 2002), Chile (2002), Kanada (2004) und den Vereinigten Staaten (2005); sie unterzeichnete auch ein Abkommen über Spirituosen mit Mexiko (1997) und über Weine und Spirituosen mit der Schweiz (1999). Diese Abkommen, die sich hauptsächlich auf geografische Angaben für Weine und Spirituosen konzentrieren, basieren im Allgemeinen auf Listen geografischer Angaben, die in den Anhängen zu den allgemeinen Bestimmungen enthalten sind.
 
57
Derlei Mechanismen finden sich auch in regionalen Vereinbarungen, wie beispielsweise in der Europäischen Union. So erfolgt gem. Art. 49 Abs. 4 VO 1151/2012 zunächst eine Prüfung vom Mitgliedstaat in dem sich das geografische Gebiet befindet, der dann den Antrag an die Europäische Kommission weiterleitet. Vgl. Art. 49, Abs. 4, VO 1151/2012. Dagegen können Anträge, die geografische Gebiete von Drittländern betreffen, direkt an die Europäische Kommission gerichtet werden. Vgl. Art. 49, Abs. 5, VO 1151/2012.
 
58
Gem. Anhang 20-A, Teil A.
 
59
Gem. Anhang 20-A, Teil B.
 
60
Siehe auch O’Connor, 2015. S. 63 f. u. Awad, B. & Cadogan, M. (2017), CETA and the Future of Geographical Indications Protection in Canada, S. 11.
 
61
Gem. Anhang 20-A.
 
62
Daher kann ein Begriff den Schutz verlieren und zu einem Gattungsbegriff werden.
 
63
Siehe auch O’Connor, 2015, S. 63.
 
64
Vgl. O’Connor, 2015, S. 65.
 
65
Allgemein, O’Connor, B. & Richardson, L. (2012), The legal protection of Geographical Indications in the EU’s Bilateral Trade Agreements: moving beyond TRIPS, Rivista di diritto alimentare, VI (4), S. 39–51. Siehe auch Blakeney, 2001, S. 645 f.
 
66
Dieser 3. Abs. legt fest: „Eine geografische Angabe, die ein Erzeugnis als Ursprungserzeugnis einer bestimmten Vertragspartei ausweist, wird nicht in Anhang 20-A eingefügt, a) wenn sie mit einer Marke identisch ist, die in der anderen Vertragspartei für die gleichen oder ähnliche Erzeugnisse eingetragen wurde, oder mit einer Marke, für die im Gebiet der anderen Vertragspartei durch gutgläubige Benutzung bereits Rechte erworben und ein Antrag für die gleichen oder ähnliche Erzeugnisse gestellt wurde, b) wenn sie mit dem gebräuchlichen Namen einer in der anderen Vertragspartei existierenden Pflanzensorte oder Tierrasse identisch ist oder c) wenn sie mit einer Bezeichnung identisch ist, die im Gebiet einer Vertragspartei gemeinsprachlich der übliche Name für dieses Erzeugnis ist.“
 
67
Vgl. O’Connor, 2015, S. 65.
 
68
Allgemein, Vittori, 2010, S. 307 ff.
 
69
Vgl. O’Connor & Richardson, 2012, u. Borghi in Nappi & Sgarbanti et al., 2014, S. 94 f. Allgemein, Palma, 2017. Nach dem Inkrafttreten des TRIPS-Übereinkommens im Jahr 1995 und insbesondere nach dem Jahr 2000 (als die Schweiz, Indien, die Tschechische Republik und andere Länder einen Vorschlag zur Ausweitung des höheren Schutzes auf alle geografischen Angaben vorlegten) wurden die Diskussionen über den Schutz von geografischen Angaben zwischen den WTO-Mitgliedern fortgesetzt. Bisher konnte jedoch kein Konsens über die beiden Hauptdiskussionspunkte erzielt werden, nämlich über die Einführung eines multilateralen System zur Notifizierung und Registrierung von geografischen Angaben für Weine und Spirituosen gemäß Artikel 23 Absatz 4 TRIPS, sowie über die Ausweitung des Schutzniveaus für Weine und Spirituosen auf alle Erzeugnisse. Vgl. Thévenod-Mottet & Marie-Vivien in Barham & Sylvander, 2011, S. 21 ff.
 
Metadata
Title
Die geografischen Angaben im CETA-Abkommen: Keine neuen Schläuche für alten Wein
Author
Georg Miribung
Copyright Year
2021
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-62179-0_6