Als Design definiert § 1 Nr. 1 DesignG die zweidimensionale oder dreidimensionale Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst oder seiner Verzierung ergibt. Die Aufzählung der Merkmale, die eine Erscheinungsform begründen können, ist beispielhaft und nicht abschließend. Sie umfasst nicht nur visuell wahrnehmbare Wirkungen, sondern auch – anders als nach dem altem deutschen Recht – taktile Wirkungen, was insbesondere durch die Aufnahme der Oberflächenstruktur als schutzfähige Erscheinungsform deutlich wird. Auch das Gewicht und die Biegsamkeit können zur Produktgestaltung beitragen; ob es sich dabei jedoch um eine musterfähige Erscheinungsform handelt, wird in der Literatur unterschiedlich beurteilt.
18 Schwierigkeiten ergeben sich daraus, dass derartige Merkmale regelmäßig nicht das Anmeldeerfordernis der grafischen Darstellbarkeit, vgl. § 11 Abs. 2 Nr. 3 DesignG bzw. Art. 36 Abs. 1 lit. c) GGV erfüllen; insoweit bleibt aber der Schutz als nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster möglich. Begriffe wie „Vorbild“, „ästhetische Wirkung“, wie sie aus der früheren deutschen Gesetzgebung und Rechtsprechung zur Musterfähigkeit bekannt sind, spielen heute keine Rolle mehr. Für die Zugänglichkeit zum Design- bzw. Geschmacksmusterschutz genügt die bloße visuelle oder taktile Wahrnehmbarkeit. Weitere Grundvoraussetzung für den Design- bzw. Geschmacksmusterschutz ist das Vorhandensein eines Erzeugnisses gemäß § 1 Nr. 2 DesignG bzw. Art. 3 lit. b) GGV, worunter jeder industrielle oder handwerkliche Gegenstand verstanden wird, einschließlich Verpackun-gen, Ausstattungen, grafischer Symbole und typografischer Schriftzeichen sowie Einzelteile, die zu einem komplexen Erzeugnis zusammengebaut werden können.
19 Fehlt dem der Erscheinungsform zugrunde liegenden Gegenstand die Eigenschaft als Erzeugnis, besteht kein Schutz.
20 Damit ist das Vorliegen eines Erzeugnisses zwar Voraussetzung für den Designschutz, aber das Erzeugnis selbst nicht Schutzobjekt, sondern dessen Erscheinungsform.
21 Die in § 1 Nr. 2 DesignG bzw. Art. 3 lit. b) GGV genannten Beispiele machen deutlich, dass der Erzeugnisbegriff weit auszulegen ist. Die Gegenstände, die industriell oder handwerklich gefertigt sein müssen, können ein- oder mehrteilig sein. Insofern kann die Erscheinungsform eines Teils eines Erzeugnisses (Einzelteil oder Bauelement) ein schutzfähiges Design bzw. Geschmacksmuster begründen,
22 unabhängig davon, ob das Teil wesentlicher Bestandteil des Gesamterzeugnisses ist oder nicht. Zur Frage des Schutzgegenstands des Designrechts unter der Wiedergabe unterschiedlicher Darstellungen bei der Anmeldung hat der Bundesgerichtshof im Rahmen seiner „Weinkaraffen“-Entscheidung vom 08.03.2012 zudem klargestellt, dass auch dann, wenn die Anmeldung eines nationalen Designs wie auch eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters mehrere Darstellungen der Erscheinungsform enthält, diese nur einen einzigen Schutzgegenstand bilden.
23 Der Schutzgegenstand kann demnach auch aus mehreren Gegenständen bestehen, die nach der Verkehrsauffassung als ein einheitliches sog. Kombinationserzeugnis anzusehen sind.
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