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2022 | OriginalPaper | Chapter

Die Kultur im Kiez

Eine mikrosoziologische Spurensuche in Berlin-Friedenau

Author : Dominik Pietzcker

Published in: Neue Wege für die Kultur?

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

Die Großstadt als Lebens- und Arbeitsraum zerfällt in eine Vielzahl einzelner Bezirke, Ortsteile und Quartiere, welche sich gerade nicht durch Diversität, sondern durch eine empirisch und sozioökonomisch nachweisbare Homogenität auszeichnen. Diese Ortsteile werden im norddeutschen Raum (namentlich in Berlin und Hamburg) auch Kiez genannt. Damit ist ein stadtsoziologischer Begriff eingeführt, der die spezifische Lebens-, Bildungs- und Arbeitskultur eines Großstadtquartiers zu benennen versucht. Der Kiez ist die räumlich eng eingehegte Gesamtheit eines Stadtquartiers, die sich aus ökonomischen Faktoren, Architektur, Infra- und Bevölkerungsstruktur, Arbeitsmöglichkeiten sowie Freizeit- und Einkaufsangeboten zusammensetzt. Diese Faktoren bilden die – stets änderlichen – Rahmenbedingungen des individuell erlebten Alltags. Dabei zeichnet sich jeder Kiez durch ein spezifisches Kulturangebot aus, welches zum Teil über eine mehr als bloß lokal begrenzte Strahlkraft verfügt. Wie lässt sich dieses Wechselverhältnis zwischen spezifisch lokalem Ambiente und Kulturangebot umschreiben? Am Beispiel des Berliner Ortsteils Friedenau soll dies einmal exemplifiziert werden. Die zentrale These des folgenden Aufsatzes lautet: Die Kultur eines Ortsteils ist spezifisch für diesen selbst, nicht aber für die ihn umgebende Großstadt. Großstadtkultur ist das heterogene und selbstwidersprüchliche Ganze, welches aus in sich homogenen Stadtteilkulturen zusammensetzt ist.

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Footnotes
1
Das generische Maskulinum inkludiert – hier wie in allen anderen Fällen – selbstverständlich auch Römerinnen, Londonerinnen, Tokyoterinnen etc.
 
2
Allerdings gibt es in der wirtschaftlich saturierten Mittelschicht Westeuropas zunehmend den Trend, die Innenbezirke zu verlassen und an die Peripherie, oder gleich ganz aufs Land, zu ziehen. Durch die Pandemie wurde dieser, statistisch jedoch kaum relevante, Trend nochmals verstärkt. In der Berliner Tagespresse wird dieser Entwicklung aufgrund des fraglos vorhandenen Leserinteresses recht breiten Raum gewidmet, vgl. Cerruti (2021) im Tagesspiegel. Auch die Financial Times Weekend bietet in der Sektion House & Home zuverlässig einen wöchentlichen Überblick über Immobilienangebote im grünen Gürtel der westlichen Welt- und Finanzmetropolen (Paris, London, New York, Mailand).
 
3
Augenscheinlicher Beleg hierfür ist die polarisierende Debatte um die Gentrifizierung einzelner Viertel in den globalen Agglomerationen, vgl. Brown-Saracono (2010) und Sassen (2014).
 
4
Es versteht sich von selbst, dass Städte, die durch eine homogene Planung entstanden, eine völlig andere urbane Struktur aufweisen, die sich durch eine starke Zentralisierung und eben nicht durch die Autonomie der einzelnen Viertel auszeichnet. Typische Beispiele hierfür sind Brasilia und Wolfsburg – zwei Städte, die buchstäblich „am Reißbrett“ entstanden.
 
5
So wurde etwa das ehemalige Rathaus des Berliner Ortsteils Friedenau, welches schon seit längerer Zeit als städtische Bücherei und Kantine diente, in Folge der globalen Migrationsbewegungen seit 2016 in ein Wohnheim für Geflüchtete verwandelt.
 
6
Ein traditionell ansässiges Uhren- und Juweliergeschäft bietet allerdings auch Produkte international führender Luxusmarken im fünfstelligen Bereich. Dies ist als deutlicher Indikator für die wirkliche Kaufkraft in Friedenau und den angrenzenden Ortsteilen zu sehen.
 
7
Die vermeintliche Gelassenheit der bürgerlichen Bezirke Berlins ist kein statistisches Arkanum. Friedenau und der Südwesten Berlins (Steglitz, Wilmersdorf, Zehlendorf, Grunewald) gehören zu den einkommensstärksten und konsumfreudigsten Stadtteilen Berlins. Allein auf der belebten Schlossstraße befinden sich vier Shopping Malls.
 
8
Diese weißen Berliner Gedenktafeln, die an ehemals oder noch heute bekannte Bewohnerinnen und Bewohner erinnern sollen, sind das Pendant zu den blauen Emailschildern, die man in London an den entsprechenden Hausfassaden findet.
 
9
In den Räumen der Wolff’schen Bücherei wurde zudem der Verlag Friedenauer Presse gegründet, der bibliophile Ausgaben und insbesondere russische Literatur publiziert.
 
10
Zum Zusammenhang von bürgerlichem Habitus und Kunstaffinität vgl. bereits Bourdieu (1987).
 
Literature
go back to reference Latour, Bruno (2021). Wo bin ich? Lektionen aus dem Lockdown. Berlin, Suhrkamp Latour, Bruno (2021). Wo bin ich? Lektionen aus dem Lockdown. Berlin, Suhrkamp
go back to reference Blake, William (1988). The Complete Poetry & Prose. Ed. by V. Erdman, commented by Harald Bloom. London Anchor Books Blake, William (1988). The Complete Poetry & Prose. Ed. by V. Erdman, commented by Harald Bloom. London Anchor Books
go back to reference Blankenburg, Gudrun (2011). Friedenau – Künstlerort und Wohnidyll. Berlin, Frieling Verlag Blankenburg, Gudrun (2011). Friedenau – Künstlerort und Wohnidyll. Berlin, Frieling Verlag
go back to reference Bourdieu, Pierre (1987): Die feinen Unterschiede. Kritik der sozialen Urteilskraft. Frankfurt a. M., Suhrkamp Bourdieu, Pierre (1987): Die feinen Unterschiede. Kritik der sozialen Urteilskraft. Frankfurt a. M., Suhrkamp
go back to reference Brown-Saracono, Japonica (ed.) (2010). The Gentrification Debates. London/New York, Routledge Brown-Saracono, Japonica (ed.) (2010). The Gentrification Debates. London/New York, Routledge
go back to reference Elias, Norbert u. Scotson, John L. (1993). Etablierte und Außenseiter. Frankfurt a. M., Suhrkamp Elias, Norbert u. Scotson, John L. (1993). Etablierte und Außenseiter. Frankfurt a. M., Suhrkamp
go back to reference Enzensberger, Ulrich (2004). Die Jahre der Kommune I. München, Goldmann Sachbücher Enzensberger, Ulrich (2004). Die Jahre der Kommune I. München, Goldmann Sachbücher
go back to reference Sassen, Saskia (2014). Ausgrenzungen. Brutalität und Komplexität in der globalen Wirtschaft. Frankfurt a. M., Fischer Verlag Sassen, Saskia (2014). Ausgrenzungen. Brutalität und Komplexität in der globalen Wirtschaft. Frankfurt a. M., Fischer Verlag
go back to reference Südwestpassage (2022). www.südwestpassage.com Südwestpassage (2022). www.südwestpassage.com
Metadata
Title
Die Kultur im Kiez
Author
Dominik Pietzcker
Copyright Year
2022
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-37862-2_5