1991 | OriginalPaper | Chapter
Die Lokalredaktion: Organisiertes soziales System im Schnittpunkt von Zeitungsverlag und Gemeinde
Author : Norbert Jonscher
Published in: Einführung in die lokale Publizistik
Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Included in: Professional Book Archive
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Journalismus ist in der Bundesrepublik Deutschland ein “freier” (gesetzlich ungeregelter) Beruf, d.h. jeder kann seine Meinung in Wort, Schrift und Bild sagen und verbreiten. Diese “Freiheit” darf jedoch nicht als Unabhängigkeit mißdeutet werden. Der überwiegende Teil der Journalisten ist arbeitsvertraglich an bestimmte Grundhaltungen, Regeln und Vorschriften der jeweiligen, ihn beschäftigenden Medienorganisation gebunden. “Der Arbeitsvertrag bildet die Legitimationsgrundlage für die Ausübung einer Befehlsgewalt durch Vorgesetzte”, stellt Kunczik (1988) fest.1 Es sei demnach ein Mythos, Journalismus als rein individualistische Tätigkeit zu sehen, denn nicht die Individuen (Journalisten), sondern die Redaktionen würden “primär themenspezifisch und genreorientiert” arbeiten. Im Gegensatz zu dieser neueren, kollektiven Betrachtungsweise der Journalisten stehen die früheren, individualistisch geprägten Gatekeeper-Studien, wobei jedoch auch hier der Journalist zunehmend im Kontext seiner Organisation gesehen wird.2Rühl (1979) geht in seinem systemtheoretischen Ansatz nicht von einem Handeln einzelner Entscheidungsträger, sondern von einem Entscheidungshandeln in einem organisierten sozialen System, der Zeitungsredaktion, aus. Er begreift die Zeitungsredaktion als ein soziales, umweltorientiertes System, das aus sinnvollen, wechselseitigen Handlungen besteht.3 Anhand empirischer Befunde versucht Rühl spezifische Mitgliedschaftsregeln für Angehörige einer Zeitungsredaktion zu erfassen. Im Ergebnis fand er sieben Regeln, mit denen sich ein Redakteur bei Eintritt in die Redaktion konfrontiert sieht: oZustimmung zu den RedaktionszweckenoAnerkennung der Entscheidungsrechte der RedaktionsleitungoInformationsverarbeitung nach d. Entscheidungsprogramm der RedaktionoAusschluß der Mitarbeit bei KonkurrenzmedienoWahrung der redaktionellen DiskretionoIdentifikation mit der Redaktion undoOrientierung am relevanten Recht.4