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Published in: Wirtschaftsinformatik & Management 5/2020

Open Access 16-09-2020 | Schwerpunkt

Die SportsTech Matrix – ein strukturierendes Element für eine aufstrebende Branche

Authors: Nicolas Frevel, Daniel Beiderbeck, Prof. Dr. Sascha L. Schmidt, Benjamin Penkert

Published in: Wirtschaftsinformatik & Management | Issue 5/2020

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Die Sportbranche verzeichnete in den vergangenen Jahren rasante Wachstumszahlen und setzt dieses Tempo auch weiterhin fort. Begleitet wird diese Entwicklung von einem eindrucksvollen Reife- und Professionalisierungsprozess, wobei insbesondere Technologie eine entscheidende Rolle spielt. In der jüngeren Vergangenheit hat der Begriff Sportstech – das Aufeinandertreffen von Sport und Technologie – erheblich an Aufmerksamkeit und Popularität gewonnen. Es fehlten jedoch bis zuletzt strukturierende Elemente (Frameworks, Modelle etc.), die Sportstech umfassend darstellen. Um diese Lücke zu schließen, wurde im Buchbeitrag Taxonomy of Sportstech in 21st Century Sports: How Technologies Will Change Sports in the Digital Age eine Taxonomie für Sportstech entwickelt. Durch die Definition von Sportstech und der „SportsTech Matrix“ soll zu einem einheitlichen Verständnis beigetragen und Struktur in den praktischen und wissenschaftlichen Diskurs gebracht werden [1]. Im folgenden Artikel wird die im Buchbeitrag entwickelte SportsTech Matrix konkreter beleuchtet.
Der Sport hat als Branche in den letzten Jahrzehnten ein außergewöhnliches Wachstum erlebt und dabei stark an Reife und Professionalität gewonnen. Technologie und Innovationen haben dabei entscheidende Rollen gespielt: In der ferneren Vergangenheit ging es vor allem darum, bessere Leistungen und Ergebnisse zu erzielen und Athleten in ihrem fortwährenden Streben danach bestmöglich zu unterstützen. In der näheren Vergangenheit hat die Bedeutung von Technologie und Innovationen im Sport ganz neue Dimensionen angenommen und es wurde zunehmend ein Begriff für die Schnittstelle von Sport und Technologie etabliert: Sportstech. Sportstech ist eine aufstrebende Branche, die zunehmend Gestalt annimmt. Während es sich in der Vergangenheit oft auf die Anwendung der Technologie auf einige wenige Aspekte des Sports beschränkte, wirkt sich Sportstech heute auf fast alle Aspekte des Sports aus: Wie Athleten sich sportlich messen und trainieren, wie Fans Sport konsumieren und sich involvieren und wie Sportmanager ihre Organisationen führen. Sportstech hat sich von einem Nischenthema zu einer Schlüsselkomponente im Sport entwickelt. Infolgedessen wird das Sportökosystem immer komplexer und ist zunehmend auf fortschrittliche Technologien angewiesen. Sportstech könnte in Zukunft mitunter in vielen Situationen der entscheidende Faktor im Wettstreit der Athleten um Sieg oder Niederlage sein [2].
Unterdessen hat auch die Sportstech-Venture-Szene erheblich an Dynamik gewonnen. Investoren haben das Potenzial des vielversprechenden Marktes erkannt; kumuliert wurden zwischen 2014 und 2019 mehr als 12 Mrd. US-Dollar in Sportstech investiert [3]. Die Zahl der in diesem Bereich tätigen Start-ups ist rapide angestiegen und auch etablierte Unternehmen wie Intel oder Comcast haben in hohem Maße investiert. Es hat sich ein eigenes Ökosystem entwickelt. Im Jahr 2018 wurde der Sportstech-Markt auf 8,9 Mrd. US-Dollar geschätzt; bis 2024 wird ein Wachstum auf 31,1 Mrd. US-Dollar erwartet [4]. Diese Entwicklungen haben auch die Aufmerksamkeit von Wissenschaftlern auf sich gezogen, die das Potenzial und den Bedarf für Forschung erkannt haben. Bisher mangelt es jedoch noch an strukturierenden Elementen wie beispielsweise Frameworks und Modellen [5]. Um diese Lücke zu schließen, wurde im Buchbeitrag Taxonomy of Sportstech in 21st Century Sports: How Technologies Will Change Sports in the Digital Age eine Taxonomie für Sportstech bestehend aus einer Definition von Sportstech und der SportsTech Matrix entwickelt. Ziel dabei ist die Förderung eines einheitlichen Verständnisses von Sportstech und eine verbesserte Struktur für das Themenfeld.
Der vorliegende Artikel stellt die SportsTech Matrix vor und zeigt anhand von Beispielen wie sie sowohl von Forschern als auch von Praktikern verwendet werden kann. In einem Deep Dive wird auf einige Facetten der besonderen Rolle von IT im Sport eingegangen. Abschließend wird ein kurzer Ausblick gegeben.

Die SportsTech Matrix

Die SportsTech Matrix (siehe Abb. 1) wurde entwickelt, um das Themenfeld Sportstech besser zu strukturieren und ein gemeinsames Verständnis zu etablieren. Sie soll dabei sowohl für Forscher als auch für Praktiker hilfreich sein. Im Kern besteht die SportsTech Matrix aus zwei Perspektiven: der Nutzerperspektive und der Technologie‑/Techperspektive. Die Nutzerperspektive bezieht drei verschiedene Nutzergruppen ein, die im Sport relevant sind: Athleten, Konsumenten und Management [6, 7]. Die Techperspektive basiert auf einer Kategorisierung von Technologien mit Blick auf Sport. Gemeinsam strukturieren diese beiden Perspektiven, wie verschiedene Arten von Technologien Lösungen für verschiedene Nutzergruppen im Bereich des Sports bieten.

Die Nutzerperspektive

Die Nutzerperspektive der SportsTech Matrix basiert auf der Auswertung einer Datenbank mit Tausenden Sportstech-Start-ups sowie langjähriger Erfahrung im Sportstech-Segment [6, 8] und beschreibt, welche Gruppe von Nutzern von einer bestimmten Sportstech-Lösung profitieren kann oder angesprochen wird. Konkret werden drei verschiedene Nutzergruppen betrachtet: Athleten, Konsumenten und Management. Jeder Nutzer im Sport gehört einer dieser drei Nutzergruppen an, welche im Folgenden genauer beschrieben werden.
Athleten
Zu dieser Nutzergruppe gehört im Wesentlichen jeder, der Sport treibt – unabhängig davon, ob es sich um Profis, Amateure oder um reine Freizeitsportler und Aktive handelt. Bei der Betrachtung dieser Nutzergruppe – wie bei den anderen Gruppen auch – wird nicht auf den Zeitraum der tatsächlichen sportlichen Aktivität reduziert, sondern es geht um Athleten insgesamt (inklusive beispielsweise Regeneration, Ernährung und so weiter), egal zu welchem Zeitpunkt (alternativ wäre beispielsweise eine zeitliche Einteilung in vor, während oder nach sportlicher Aktivität denkbar). Typische Anwendungsbereiche, in denen Sportstech einen Mehrwert für Athleten bieten kann, sind: Training, Vorbereitung, Leistungsoptimierung, Regeneration, Rehabilitation und Prävention, Motivation und so weiter. Zu den typischen Angeboten gehören Geräte, Daten-Tracker und (fortgeschrittene) Analysemethoden, Wearables, Software-Anwendungen und so weiter. Es umfasst jedoch auch Lösungen, die beispielsweise helfen, Mitspieler oder Sportstätten zu finden und gemeinsame Aktivitäten zu koordinieren [8].
Konsumenten
Zu dieser Nutzergruppe gehört jeder, der Sport konsumiert. Dies umfasst verschiedenste Arten der Beschäftigung mit einer Sportart, ohne dabei die Sportart selbst auszuüben. Es geht darum, wie Fans und Interessierte mit dem Sport interagieren und wie Sportkonsumenten der Zugang zu Sportinhalten ermöglicht werden kann. Der Fokus liegt dabei auf der Erfassung, Verarbeitung und Präsentation der dafür erforderlichen Informationen. Dies beschränkt sich nicht auf die reine Bereitstellung von Inhalten, sondern umfasst auch verschiedenste Daten, Analysen sowie daraus abgeleitete Erkenntnisse. Ein weiterer zentraler Bestandteil der Sportstech-Lösungen für Sportkonsumenten beschäftigt sich primär mit (sozialen) Medien/Plattformen sowie entsprechenden Netzwerken, zum Beispiel für das Thema Fanbindung. Dadurch soll es den Konsumenten ermöglicht werden, sich mit Sportlern, Teams, Marken und so weiter auseinanderzusetzen und entsprechende Beziehungen aufzubauen beziehungsweise zu pflegen [6].
Management
Diese Nutzergruppe umfasst alle Personen, die eine Management- oder Organisationsrolle im Bereich des Sports innehaben. Sie reicht von Sportmanagern, die Profivereine leiten, bis hin zu Managern viel kleinerer Sportanlagen oder jeder anderen Art von Sportinstitution. Dies kann die Verwaltung von Verbänden, Ligen, Vereinen und Mannschaften umfassen. Es kann allerdings auch das Management von Veranstaltungen, Veranstaltungsorten, Einrichtungen, Kartenverkaufsplattformen, Marktplätzen und so weiter umfassen [8]. Über diese eher organisatorisch ausgerichteten Aspekte hinaus umfasst die Management-Nutzergruppe auch alle Aspekte der Sportverwaltung wie beispielsweise das Management von Regelwerken, Regularien und anderer Rahmenbedingungen im Zusammenhang mit dem Sport.

Die Techperspektive

Die Techperspektive (siehe Abb. 2) betrachtet drei verschiedene Kategorien an Technologien im Bereich Sportstech: (i) Advanced Materials, Sensoren, Geräte, Internet der Dinge und Biotechnologie, (ii) Daten, künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen und (iii) Information, Kommunikation und erweiterte Realität. Diese Kategorisierung basiert auf einer Auswertung bestehender Technologieklassifikationen, wobei darauf hingewiesen werden sollte, dass diese allgemein nur in sehr begrenztem Umfang existieren, insbesondere mit Blick auf industrieübergreifende Ansätze (bestehende Klassifikationen beschränken sich überwiegend auf ausgewählte Technologiebereiche oder Industrien [9, 10]). Auch im Sportkontext sind umfassende Technologiekategorisierungen nicht existent. In der Regel handelt es sich in bestehenden Übersichten eher um eine jeweils begrenzte Auswahl aus Themen wie E‑Sports, Fantasy Sport, Fanbindung, intelligente Stadien, Datenanalyse, Biomechanik, Coaching und/oder ausgewählter Technologien wie erweiterte Realität, Internet der Dinge, Blockchain und so weiter. Der Großteil der bestehenden Kategorisierungen ist dabei nicht wissenschaftlich erarbeitet, sondern stammt überwiegend aus dem Sportstech-Start-up-Ökosystem, beispielsweise von Sportstech-Inkubator- und Accelerator-Programmen. Unter Berücksichtigung dieser bestehenden Ansätze wurde die Techperspektive der SportsTech Matrix so entwickelt, dass eine möglichst umfassende Strukturierung und Kategorisierung von Technologien entsteht, die vor allem im Sportkontext relevant ist.
Advanced Materials, Sensoren, Geräte, Internet der Dinge und Biotechnologie
In dieser Kategorie geht es hauptsächlich um tangible Technologien (zum Beispiel Hardware). Sie umfasst Technologien wie Sensoren, Fasern, Textilien, Beschichtungen, Verbundwerkstoffe und so weiter. Viele dieser Technologien spielen eine Schlüsselrolle bei der Erfassung von Daten.
Daten, künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen
Diese Kategorie befasst sich primär mit der Handhabung und Verarbeitung von Daten. Sie umfasst Technologien im Bereich Big Data, fortgeschrittene Analysemethoden, künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen und so weiter.
Information, Kommunikation und erweiterte Realität
Diese Kategorie befasst sich vor allem mit menschlicher Interaktion und Kommunikation. Sie spielt eine besonders wichtige Rolle im Sportbereich mit Technologien wie Augmentierte Reality (AR)/Virtuelle Reality (VR), 5G (fünfte Generation des Mobilfunks) oder Mobiltechnologien im Allgemeinen.

Anwendung der SportsTech Matrix

Die SportsTech Matrix kann sowohl von Forschern als auch von Praktikern genutzt werden. Forscher können die SportsTech Matrix nutzen, um die Forschung an der Schnittstelle von Sport und Technologie gezielt voranzubringen. Zum Beispiel können Studien in eine gewisse Struktur eingeordnet und bisher unerforschte Themenfelder im Bereich Sportstech systematisch identifiziert werden. Ein solches bisher kaum erforschtes Themenfeld könnte die Schnittstelle von Sportmanagement und Technologie darstellen. Während Athleten und Konsumenten zumindest eine gewisse akademische Aufmerksamkeit in der Sportstech-Forschung erhalten haben, wurde die Management-Nutzergruppe meist vernachlässigt. Es gibt zwar umfassende Forschung im Bereich Sportmanagement, allerdings wird diese selten im Zusammenhang mit Technologien betrachtet. Ein vielversprechender nächster Schritt wäre es, die bestehende Forschung in der SportsTech Matrix abzubilden und mögliche Forschungslücken aufzuzeigen. Dies könnte wesentlich dazu beitragen, relevante Forschung im Bereich Sportstech zu fördern, was bis dato noch eine Herausforderung darstellt. Des Weiteren könnten Forscher die SportsTech Matrix nutzen, um relevante Theorien und Erkenntnisse aus verwandten Disziplinen wie Wirtschaft, Technik und Medizin in die Sportstech-Forschung zu integrieren.
Auch Praktiker können die SportsTech Matrix auf vielfältige Weise nutzen; einige Anwendungsbeispiele werden im Folgenden skizziert. Zunächst können die einzelnen Gruppen der Nutzerperspektive selbst die Matrix nutzen. Athleten könnten systematisch beurteilen, welche Technologien sie bereits einsetzen und in welchen Bereichen sie von einem zusätzlichen Technologieeinsatz profitieren könnten. Betrachtet man beispielsweise die drei Kategorien der Techperspektive, so könnte ein Athlet bereits Sensoren zur Erfassung biometrischer Daten verwenden, aber es könnten ihm die technologischen Lösungen in Bezug auf die Datenverarbeitung fehlen, um diese Daten optimal zu nutzen. In ähnlicher Weise könnte das Management darüber nachdenken, wie die einzelnen Kategorien der Techperspektive miteinander verbunden werden können, um Wert zu generieren. Zum Beispiel: Wie können Technologien am besten zur Leistungssteigerung genutzt werden? Wie werden die relevantesten Daten am besten erfasst und verarbeitet? Wie kann das Trainerteam am besten mit Daten, Analysen oder sonstigen Technologien unterstützt werden? Wie kann man am besten mit den Fans interagieren und sie dadurch binden? Die Konsumenten hingegen sind vermutlich die Gruppe, die die Matrix am wenigsten aktiv nutzt. Theoretisch könnten sie sich jedoch überlegen, wie sie sich mit Sportlern und Sportarten beschäftigen wollen und welche Technologien ihre Interaktionen dabei am besten ermöglichen.
Die SportsTech Matrix kann außerdem von Sportstech-Unternehmen und -Start-ups genutzt werden, um ein besseres Verständnis der Sportstech-Landschaft zu entwickeln und strategischer zu agieren. Man sollte zum Beispiel bewusst entscheiden, welche Nutzer man wie adressieren möchte und welche Technologien dafür am besten geeignet sind. Dazu zählt unter anderem auch eine Abwägung unterschiedlicher Geschäftsmodelle: B2B, B2C, B2B2C, Peer-to-Peer, Software as a Service, Marktplätze, Plattformen, elektronischer Handel, Datenlizensierung und so weiter. Es ist wichtig, verschiedene Geschäftsmodelle sorgfältig zu prüfen, da sie die Skalierbarkeit von Projekten und Unternehmen erheblich beeinflussen können. Ein weiteres wichtiges Anwendungsbeispiel für Sportstech-Unternehmen und Start-ups ist die Untersuchung des Sportstech-Ökosystems. Es besteht aus Start-ups, Inkubator- und Accelerator-Programmen, Investoren, Veranstaltungen und Auszeichnungen, Innovationszentren und -laboren sowie vielen weiteren Initiativen und Vertretern. Die Betrachtung von Sportstech aus einer Ökosystemperspektive hat viele Vorteile, unter anderem: die Anpassung von Strategien an die Chancen und Gefahren aufkommender Trends; der Zugang zu Netzwerken, die Identifizierung neuer Kunden und das Nutzen neuer Datenquellen durch die Integration in das Ökosystem und die dort vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten; das aktive Einbringen in das Ökosystem (zum Beispiel Integration von Zahlungs- oder Werbelösungen) zur Verbesserung der eigenen Produkte und Dienstleistungen. Darüber hinaus können Ökosystembetrachtungen dazu genutzt werden, Ressourcenströme in und aus einem bestimmten System darzustellen. Die SportsTech Matrix kann dabei die Identifizierung von Sportstech relevanten Ökosystemen erleichtern. Zum Beispiel könnten technologiespezifische Ökosysteme wie das Blockchain-Ökosystem entlang der Techperspektive identifiziert werden.

Deep Dive IT

Im Sportkosmos spielt IT– wie heutzutage in nahezu allen Branchen einer zunehmend digitalen Wirtschaft – eine entscheidende Rolle. Einige Beispiele dafür sollen an dieser Stelle kurz angeführt werden. Auf den ersten Blick findet sich die IT in der SportsTech Matrix vor allem in der dritten Kategorie der Techperspektive wieder (Information, Kommunikation und erweiterte Realität). Die Technologien und Angebote, die wir in dieser Kategorie sehen, hängen in besonderer Weise von der zugrunde liegenden IT wie beispielsweise Betriebssystemen und Anwendungsprogrammen ab. Gleichzeitig zeigt ein weiterer Blick auf die Matrix jedoch, dass auch die anderen beiden Kategorien der Techperspektive in signifikanter Weise auf gute IT-Lösungen angewiesen sind. Dies ist wenig überraschend, da IT als Oberbegriff für elektronische Datenverarbeitung sowie die damit verbundene Hard- und Softwareinfrastruktur heutzutage in gewisser Weise in nahezu allen relevanten Technologien eine Rolle spielt.
In den vergangenen Jahren haben IT-gestützte Lösungen im Sport zu einem exorbitanten Zuwachs an verfügbaren Daten geführt. Dabei handelt es sich beispielsweise um Informationen über den Athleten (zum Beispiel biometrische Daten), um Informationen über die Konsumenten (zum Beispiel Social-Media-Daten zur Interaktion) oder um Informationen im Bereich Management (zum Beispiel ERP- und CRM-Systeme). Die wahrscheinlich größte Menge an Daten entsteht jedoch in der Datenaufzeichnung des Sports selbst. Wenn beispielsweise im Rahmen eines Fußballspiels Spielerdaten und Positionsdaten erfasst und womöglich auch noch miteinander kombiniert werden, können innerhalb von Sekunden Millionen von Datenpunkten entstehen. In der Formel 1 ist die Liveauswertung von Daten während des Rennens bereits seit Jahren einer der Haupterfolgsfaktoren. Hier ließe sich zum Beispiel die spannende Frage stellen, ob die Fahrer oder die Datenanalysten den größeren Anteil am sportlichen Erfolg haben.
Die Verfügbarkeit einer großen Datenmenge ist prinzipiell zunächst einmal positiv einzuordnen. Allerdings zeigt sich in der Sportbranche auch immer wieder, dass eine Menge an verarbeiteten und gespeicherten Informationen alleine nicht ausreicht und sogar zu einer Belastung werden kann, wenn man nicht weiß, wie man damit umgehen soll oder wie man daraus Vorteile generieren kann.
Was die Sportbranche also braucht sind IT-Fachkräfte und digital-affine Talente. Die erste Voraussetzung dafür ist, zu wissen, wonach man sucht. Erst wenn man definiert hat, ob man Know-how im digitalen Marketing oder doch eher im Bereich Data Science braucht, kann man nach den entsprechenden Fachkräften Ausschau halten. Bei der Frage, wie man nun die besten Talente für sich gewinnen kann, sollte sich die Sportbranche auf ihre Vorteile im Arbeitsmarkt besinnen: Selbst wenn man bei Gehältern nicht immer mit anderen Branchen mithalten kann, kann man durch die besondere Anziehungskraft des Sports – besonders auf emotionaler Ebene – viele talentierte Mitarbeiter für sich gewinnen. Dafür könnte ein Umdenken im Recruiting erforderlich sein – die in Zukunft erforderlichen Talente finden sich nicht mehr zwingend in Nachwuchsmannschaften, sondern müssen eventuell an anderen Stellen angesprochen werden. Vermutlich wird es in Zukunft dann auch weniger eine Rolle spielen, wie gut man in einer Sportart war. Stattdessen wird mehr und mehr entscheiden, wie gut man mit Daten umgehen und die richtigen Schlüsse daraus ziehen kann.

Ausblick

Die Sportstech-Branche ist rasch gewachsen und wird dieses Wachstum voraussichtlich in ähnlicher Weise vorerst fortsetzen. Dies sollte nicht nur zu verbesserten Bedingungen für die verschiedenen Nutzergruppen führen (Athleten, Konsumenten und Management), sondern auch Großunternehmen, Start-ups und institutionelle Investoren dazu bewegen, in diesem Bereich aktiver zu werden. Gleichzeitig könnte die Sportstech-Branche von mehr Struktur profitieren. Als ein Mittel zu diesem Zweck wird die SportsTech Matrix vorgeschlagen. Die SportsTech Matrix zeigt, wie verschiedene Arten von Technologien Lösungen für verschiedene Nutzergruppen im Bereich des Sports bieten – auch und insbesondere durch innovative IT-Unterstützung.
Die SportsTech Matrix soll eine Struktur für den Bereich bieten und zu einem gemeinsamen Verständnis beitragen. Ziel ist es, sowohl Forscher als auch Praktiker im Bereich Sportstech zu unterstützen. Stärkere Verbindungen zwischen Praxis und Forschung könnten Wirtschaft und Technik im Interesse des Sports besser miteinander verbinden. Daher wäre es wünschenswert und vielversprechend, mehr Forschung in diesem Themenfeld zu initiieren.
Zusammenfassung
  • Sportstech wurde vorgestellt als eine aufstrebende Branche, die zunehmend Gestalt annimmt und sich heute auf fast alle Aspekte des Sports auswirkt.
  • Die SportsTech Matrix wurde als strukturierendes Element vorgeschlagen – für ein einheitliches Verständnis von Sportstech und eine verbesserte Struktur für das Themenfeld.
  • Die besondere Rolle von IT für Sportstech wurde erläutert, insbesondere mit Blick auf die hohe Bedeutung von Datenerhebung und -analyse im Sport.
Die Sportindustrie setzt das außergewöhnliche Wachstum der vergangenen Jahrzehnte fort – Technologie und Innovation spielen dabei entscheidende Rollen.
Sportstech entwickelt sich vom Nischenthema zu einer Schlüsselkomponente im Sport, es fehlen jedoch noch strukturierende Elemente. Die SportsTech Matrix bietet einen möglichen Lösungsansatz hierfür.
Der IT wird im Sport eine besondere Relevanz zukommen, da viele Neuerungen und Verbesserungen in Zukunft in signifikanter Weise auf gute IT-Lösungen angewiesen sein werden.
Handlungsempfehlungen
  • Akteure im Sport sollten versuchen, sich vermehrt mit Sportstech – der Schnittstelle von Sport und Technologie – auseinanderzusetzen, um mögliche Chancen nicht ungenutzt zu lassen und diese frühzeitig zu erkennen.
  • Forscher wie Praktiker können die SportsTech Matrix als Unterstützung nutzen, um besser zur verstehen, wie verschiedene Arten von Technologien Lösungen für verschiedene Nutzergruppen im Bereich des Sports bieten.
  • Unternehmen im Sport sollten sich verstärkt um IT-Fachkräfte und digital-affine Talente bemühen. Im „War for talent“ mit anderen Branchen könnte die besondere Anziehungskraft des Sports ein Vorteil sein – gegebenenfalls auch, um geringere Gehälter zu kompensieren.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Metadata
Title
Die SportsTech Matrix – ein strukturierendes Element für eine aufstrebende Branche
Authors
Nicolas Frevel
Daniel Beiderbeck
Prof. Dr. Sascha L. Schmidt
Benjamin Penkert
Publication date
16-09-2020
Publisher
Springer Fachmedien Wiesbaden
Published in
Wirtschaftsinformatik & Management / Issue 5/2020
Print ISSN: 1867-5905
Electronic ISSN: 1867-5913
DOI
https://doi.org/10.1365/s35764-020-00285-9

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