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08-06-2018 | Corporate Finance | Interview | Article

"Der Verkäufer hat oft die besseren Karten"

Author: Sylvia Meier

4:30 min reading time

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Interviewee:
Bernd Heesen

ist Geschäftsführender Gesellschafter der internationalen Führungsakademie Berchtesgadener Land (IFAK-BGL) und Inhaber der ABH Partner in München. 

Die Bewertung eines Unternehmens ist in einem gewissen Rahmen steuerbar. Verschiedene Interessen auf Käufer- beziehungsweise Verkäuferseite können zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Im Interview erklärt Springer-Autor Bernd Heesen, warum Verkäufer oft die bessere Ausgangslage für ihr Wunschergebnis haben.

Springer Professional: Kommt es zu einem Unternehmenskauf, liegen bei der Unternehmensbewertung unterschiedliche Interessen von Verkäufer und Käufer vor. Warum ist es so wichtig, dass beide Seiten Kenntnisse bei der Unternehmensbewertung vorweisen können? Und wie findet man den richtigen Bewertungsansatz?

Bernd Heesen: Die Bewertung ist letztendlich eine mathematische Funktion, die auf zukünftige Planungen beruht. Wenn man aber genau weiß, welche Daten der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) wie in die Berechnungen eingehen und welche unterschiedlichen Betrachtungsmöglichkeiten und Auslegungsvarianten es gibt, dann kann man sehr wohl genau in Richtung Käufer und Verkäufer bewerten. Und diese Ergebnisse weichen stark voneinander ab. Hat eine Partei einen Wissensvorteil, dann werden schnell hohe Beträge verschenkt bzw. eingespart; je nach Position und Sichtweise: Käufer (buy-side) oder Verkäufer (sell-side).

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Unternehmensbewertung

Die Unternehmensbewertung ist nichts Neues, auch wenn noch viele Bücher dazu erscheinen. Die Vorarbeiten und daraus resultierende Erkenntnisse wurden aber fast alle in den neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts publiziert. Neuere/jüngere Bücher …


In Ihrem Buch "Basiswissen Unternehmensbewertung" zeigen Sie, dass das Ergebnis durchaus steuerbar ist. In dem Beispielsfall erreichen Sie durch einige Optimierungsmaßnahmen ein Resultat, dass 5,8 Millionen Euro über der ersten Bewertung liegt. Das Unternehmen wäre also unter Wert verkauft worden. Aus Ihrer Erfahrung: Welche Schwachstellen zeigen sich häufig auf der Verkäuferseite?

Es wird oft zu kurzfristig entschieden. Wer ein Unternehmen verkaufen will, sollte schon zwei oder drei Jahre vorher damit beginnen, es "aufzuhübschen". Ich spreche gerne davon "die Braut schmücken". Leider fallen Entscheidungen zu verkaufen häufig recht ungeplant. Das kann beispielsweise daran liegen, dass das Kind beruflich doch in eine andere Richtung geht und das Unternehmen nicht übernehmen will. Oder der Unternehmer leidet unter einer schweren, unvorhergesehenen Krankheit. Er geht eine neue Beziehung ein oder andere Gründe. 

Verkäufe muss man jedoch rechtzeitig planen. Generell sollten die Abschlüsse von Firmen eine gewisse Solidität zeigen. Die GuV und Bilanz sind wie ein Zeugnis, in dem die Leistungen des letzten Jahres beurteilt werden. Wer will schon ein schlechtes Zeugnis haben? Sie können auch den Vergleich mit einem großen Blutbild beim Facharzt heranziehen. Auch hier möchte man als Patient, hier Auftraggeber der Bewertung, ein positives Urteil bekommen. Leider werden die Bilanz und GuV meist als jährliches notwendiges Übel gesehen und nicht als Motivation, ein gutes Zeugnis abzugeben.

Welche Bilanzposten oder GuV-Posten sollten besonders genau analysiert werden? Oder anders gesagt: Welche Posten werden zu oft vernachlässigt?

Es geht eigentlich immer um das Netto-Umlaufvermögen, also: Vorräte, Forderungen, Kasse/Bank, Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen (L&L) und sonstige kurzfristige Verbindlichkeiten. Hier sieht man genau anhand von Cash Cycle und Cash Conversion Cycle-Analysen, ob das Management ein gutes Zeugnis verdient.

In der Literatur und bei Banken wird immer das Eigenkapital bzw. die Quote in den Vordergrund geschoben. Hohe Eigenkapitalquoten (EK) sind aber bei Bewertungen sogar eher nachteilig, da EK teuer als Fremdkapital und nur Zinsen steuerlich abzugsfähig sind. Dividenden werden vom Finanzamt nicht als Aufwand gewürdigt, sind ja auch aus dem versteuerten Einkommen (Jahresüberschuss) zu zahlen. Und, räumen wir mal mit einem Irrglauben an hohe Eigenkapitalquoten generell auf: Solange ein Unternehmen über hohe Liquidität verfügt (Kasse, Bank und Wertpapiere des Umlaufvermögens), kann die Eigenkapitalquote auch geringer sein.

Und auf der Käuferseite? Welche Schwachstellen zeigen sich hier häufig?

Das ist eigentlich nur spiegelbildlich verschoben. Der Käufer muss die Schwächen der Ist-Abschlüsse sehen und diese gegen den Verkäufer in der Planung einbringen beziehungsweise den Wert der zu kaufenden Gesellschaft entsprechend "herunterrechnen". Gleichzeitig müssen Berechnungstricksereien zum Beispiel bei der Kalkulation des zinstragenden Kapitals und darauf aufbauend der Kapitalkosten auffallen und korrigiert werden.

Wenn eine Unternehmensbewertung steuerbar ist und sich bereits wenige Maßnahmen eklatant auswirken können: Wie kann man die Bewertung so planen und vorbereiten, dass zwischen Verkäufer und Käufer keine größeren Konflikte entstehen? 

Die wird es immer geben, weil einfach die Interessenlage zu unterschiedlich ist. Der Eine will viel bekommen und der Andere wenig zahlen. Wenn beide Parteien es wollen, weil sie von der Verkäufer/Käufer-Konstellation überzeugt sind, kann man sich auch auf einen gemeinsamen neutralen Dritten (Mediator) einigen, der sich wirklich zur Neutralität verpflichtet. Dies habe ich schon einige Male gemacht. Das funktioniert aber nur, wenn ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis vorhanden ist. 

Der Vorteil liegt darin, dass alles viel schneller geht und viel günstiger wird. Wenn man getrennte Wege geht, hat der Verkäufer eigentlich die besseren Karten. Er hat schließlich Zeit, sich auf den Verkauf einzustellen und "die Braut sukzessiv zu schmücken". Ist die Historie analytisch als gut zu würdigen, dann ist es für einen potenziellen Käufer natürlich schwer, eine andere (negativere) Entwicklung für die Zukunft zu unterstellen und damit den Wert runterzurechnen.

Keine gute Ausgangslage hat der Verkäufer, wenn er mit dem Rücken zur Wand steht und kurzfristig verkaufen muss. Doch dann sollte man eigentlich auch nicht verkaufen wollen oder der Verkauf kommt eventuell sogar zu spät.

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