1998 | OriginalPaper | Chapter
Fraktionen — Stiefkinder der Parlamentsforschung: Ein Problemaufriß
Author : Suzanne S. Schüttemeyer
Published in: Fraktionen im Deutschen Bundestag 1949 – 1997
Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Included in: Professional Book Archive
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“Ein Fraktionschef ist einer, ein Minister ist nur ein Zwanzigstel.”1 So wie Helmut Schmidt dies 1966 formulierte und es vorzog, Fraktionsvorsitzender der SPD im Bundestag zu werden, anstatt als Ressortchef in der Großen Koalition zu wirken, so empfanden es auch Bundestagskollegen anderer Parteien, als sie vor die Wahl zwischen Ministeramt und Fraktionsvorsitz gestellt waren. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion Barzel nahm Bundeskanzler Kiesingers Angebot, in sein Kabinett einzutreten, nicht an, weil er “die Arbeit im Parlament und mit der Fraktion… für dringlicher”2 hielt. Hans-Dietrich Genscher wäre 1969 “am liebsten… Vorsitzender der F.D.P.-Bundestagsfraktion geworden”, hätte dies als “durchaus folgerichtig” angesehen, “denn seit 1965, seit meinem Einzug als Abgeordneter ins Parlament, war ich als Parlamentarischer Geschäftsführer tätig”3. Und erst als der amtierende Fraktionsvorsitzende Wolfgang Mischnick seine Position nicht gegen einen Sitz im Kabinett eintauschen wollte, wurde Genscher Innenminister. Wolfgang Schäuble verließ sogar das Innenministerium, um 1991 Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU zu werden; in Bonn wurde dies als notwendiger und/oder logischer nächster Schritt auf dem Weg zu Schäubles Kanzlerschaft interpretiert4.