Skip to main content
Top

2017 | OriginalPaper | Chapter

4. Gesellschaftliche Entwicklungsbedingungen in der EU aus der Makroperspektive: Ursachen des gesellschaftlichen Unbehagens

Author : Wolfgang Aschauer

Published in: Das gesellschaftliche Unbehagen in der EU

Publisher: Springer Fachmedien Wiesbaden

Activate our intelligent search to find suitable subject content or patents.

search-config
loading …

Zusammenfassung

In diesem Kapitel wird die Integrationsthematik auf die supranationale Ebene ausgedehnt und es werden die erzielten Fortschritte und gegenwärtigen Wandlungsprozesse einer europaweiten System- und Sozialintegration beleuchtet. Gerade im Kontext der aktuellen Krise zeigt sich, dass in ökonomischer Hinsicht neue Spaltungslinien zwischen europäischen Staaten aufbrechen, nationalstaatliche politische Reaktionsweisen auf initiierte Kriseninterventionsstrategien der EU höchst unterschiedlich ausfallen und sich auch in kultureller Hinsicht nationale Identitätsfragen mit sozialen Polarisierungen verbinden.

Dont have a licence yet? Then find out more about our products and how to get one now:

Springer Professional "Wirtschaft+Technik"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft+Technik" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 102.000 Bücher
  • über 537 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Automobil + Motoren
  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Elektrotechnik + Elektronik
  • Energie + Nachhaltigkeit
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Maschinenbau + Werkstoffe
  • Versicherung + Risiko

Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Springer Professional "Wirtschaft"

Online-Abonnement

Mit Springer Professional "Wirtschaft" erhalten Sie Zugriff auf:

  • über 67.000 Bücher
  • über 340 Zeitschriften

aus folgenden Fachgebieten:

  • Bauwesen + Immobilien
  • Business IT + Informatik
  • Finance + Banking
  • Management + Führung
  • Marketing + Vertrieb
  • Versicherung + Risiko




Jetzt Wissensvorsprung sichern!

Footnotes
1
Der Begriff der Krise wird zwar in der Soziologie durchaus inflationär verwendet, jedoch erfüllt die gegenwärtige Situation in der EU zahlreiche Bedingungen, um von einer Krise sprechen zu können. Nach Habermas (1973) ist eine Krise dadurch gekennzeichnet, dass die Institutionen von der Krisendynamik überfordert sind, also mit mehr Problemen konfrontiert sind, als sie zeitgleich lösen können. Zudem sind die Institutionen mit einem Veränderungsdruck konfrontiert (falls keine Maßnahmen ergriffen werden, würden diese einen irreversiblen Schaden erleiden). Auch die Akteure selbst nehmen die Konstellation als Krise wahr und richten ihre Handlungen danach aus (vgl. Vorbruba 2007, S. 16).
 
2
Es dominieren drei unterschiedliche Bezeichnungen dieser speziellen Soziologie: die Soziologie der europäischen Integration, die Soziologie der Europäisierung und die Europasoziologie, wobei diese weitgehend synonym verwendet werden (vgl. Keutel 2011, S. 159 ff.). Ich verwende in weiterer Folge den Terminus Europasoziologie, weil dieser am ehesten als neutral gewertet werden kann. Neben Europäisierungstendenzen zeigen sich schließlich auch Trends einer Renationalisierung (zumindest auf der Einstellungsebene der BürgerInnen). Zusätzlich gerät die europäische Integrationspolitik im Zuge der Wirtschaftskrise ins Wanken und es ist derzeit nicht absehbar, ob die Europäisierung künftig mit Fortschritten oder Rückschritten konfrontiert ist.
 
3
In den umfangreichen Forschungsprojekten, die derzeit auch im deutschsprachigen Raum durchgeführt werden, finden sich jene SoziologInnen stärker vertreten, die tendenziell eine Europa befürwortende Haltung einnehmen und möglicherweise einzelne Europäisierungsbestrebungen überbetonen. Eine vollständige Berücksichtigung der Feldtheorie von Bourdieu würde jedoch auch implizieren, dass nicht nur die proeuropäischen Verhaltensweisen in den Fokus der Betrachtung rücken sondern auch die weniger privilegierten Schichten, die als Gegenreaktion antieuropäische Haltungen einnehmen.
 
4
Der Fiskalpakt soll dabei durch die erzwungene Aufnahme der Schuldenbremse in das nationale Recht verhindern, dass es nochmals zu einer Schuldenkrise kommt, während der ESM als Notfallprophylaxe zur Verfügung steht, falls sich die Schuldensituation in einzelnen Ländern erneut zuspitzen sollte (vgl. Gundel 2014, S. 103).
 
5
Die Divergenzen und Spannungen zwischen den gesellschaftlichen Gruppen und die unterschiedlichen Grade der Empfänglichkeit von Desintegration, Verunsicherung und Ethnozentrismus im Kontext aktueller gesellschaftlicher Entwicklungsbedingungen sind nicht zuletzt deshalb das empirische Hauptziel der Arbeit.
 
6
Nach Honneth und Sutterlüty (2011) handelt es sich dabei um klassische Paradoxien des Kapitalismus. Abstrakten Normen wird überwiegend zugestimmt, aber bei konkreten situativen Gegebenheiten werden diese gezielt unterlaufen.
 
7
Die Spaltungslinien bei Varianzaufklärungen bis zu 33 % (!) als gering darzustellen, verdeutlicht nur bedingt eine wertneutrale Darstellung der Befunde (vgl. Gerhards und Lengfeld 2014, S. 215).
 
8
Beispielhaft wird diese Ausrichtung im Buchtitel von Maurizio Bach (2008): „Europa ohne Gesellschaft“.
 
9
Dies ist auch der Grund, warum auch in dieser Arbeit eine ländervergleichende Betrachtung des gesellschaftlichen Wohlbefindens vorgenommen werden wird (vgl. dazu näher Abschn. 7.​2).
 
10
Die gängigen Begründungsmuster für das Desinteresse an EU-Wahlen lassen sich zusammenfassend basierend auf Haller (2009, S. 21 f.) folgendermaßen beschreiben: Defizite in der politischen Kommunikation und in der Herstellung einer europäischen Öffentlichkeit, schwindendes Politikinteresse der BürgerInnen, geringer Informationsstand gegenüber der EU sowie die Wahrnehmung einer geringen Entscheidungsbefugnis des Europaparlaments.
 
11
Die starken Unterschiede in den Ländern mit Wahlpflicht sind auf die unterschiedliche Androhung und Verfolgung von Sanktionen im Falle der Nichtbeteiligung bei Wahlen zurückzuführen. In Belgien wird die Nichteinhaltung der Wahlpflicht nach wie vor gesetzlich verfolgt; in den anderen drei Ländern sind Sanktionen jedoch unwahrscheinlich. Während in Luxemburg und Zypern zumindest Geldstrafen angedroht werden, existiert das Wahlrecht in Griechenland quasi nur mehr auf dem Papier (vgl. Malkopoulou 2009, S. 9). Dennoch lag die Wahlbeteiligung in Zypern 2014 deutlich unter dem Niveau Griechenlands.
 
12
Tsipras erlangte in Griechenland 2014 mit seinem EU-kritischen Syriza-Bündnis einen fulminanten Wahlsieg und dürfte folglich eine breite Wählermobilisierung erreicht haben.
 
13
Diese zentralen Indikatoren werden in den Eurobarometer-Umfragen bereits seit mehreren Jahrzehnten erhoben. Die Zeitreihendaten, die im interaktiv nutzbaren Datenpool der Eurobarometer-Umfragen (siehe http://​ec.​europa.​eu/​COMMFrontOffice/​PublicOpinion/​index.​cfm/​Chart/​index.​cfm) zur Verfügung gestellt werden, beginnen 1973 (EU Mitgliedschaft eine gute Sache), 1983 (von EU Mitgliedschaft profitiert) bzw. 2003 (Image der EU). Der Indikator zur Unterstützung zentraler EU-Politiken (z. B. Einstellung zur Erweiterungspolitik) wurde erst im Zuge der Wirtschaftskrise (ab Mai 2011) in einzelnen EB-Umfragen verwendet.
 
14
Siehe dazu näher Abschn. 4.4.2.
 
15
Dass dieser Prozess nicht beliebig fortgeführt werden kann, zeigt sich im gegenwärtigen Konflikt mit Russland, wo es der EU nicht gelingt, mit der Einbindung der Ukraine in Europa eine neue Pufferzone zu errichten. Zudem scheint sich auch die Türkei zunehmend davon wegzubewegen, den Status einer Puffer- und Sicherheitszone zum Mittleren Osten für die EU einnehmen zu wollen.
 
16
Insofern ist die veritable Eurokrise ein Paradebeispiel für ein unreflektiertes und vorschnelles politisches Handeln, wobei die wirtschaftliche Dynamik dieser Maßnahme die EU im Zuge der Finanzkrise quasi überrollt und vor kaum lösbare Probleme gestellt hat.
 
17
Mit den hierarchischen NUTS-Einheiten (NUTS 1, NUTS 2, NUTS 3) sollen die Regionen in Europa für die amtliche Statistik einheitlich klassifiziert werden (siehe http://​ec.​europa.​eu/​eurostat/​web/​nuts/​overview).
 
18
Die relative Standardabweichung der Wirtschaftsleistung in den einzelnen Ländern (Daten für 2011) wird als Prozentwert ausgedrückt, wobei geringe Werte eine niedrige regionale Variation und hohe Werte eine große regionale Wohlstandsdiskrepanz ausdrücken.
 
19
Neben den neun Staaten, die durch krisenhafte Entwicklungen gekennzeichnet sind, waren dies zusätzlich Deutschland, Ungarn, Österreich, die Niederlande und Malta. 2013 sind auch noch Kroatien und Slowenien in die Riege der Länder mit (zu) hoher Staatsverschuldung aufgestiegen.
 
20
In der EU scheint derzeit die im asketischen Protestantismus verwurzelte Leistungsethik den Geist des europäischen Kapitalismus zu prägen (Weber 1972 [orig. 1904]) und die Maßstäbe vorzugeben. Das südliche „Savoire-vivre“ erfährt eine Abwertung, weil es nicht zur gleichen wirtschaftlichen Produktivität führt und den Erfolg des Nordens gefährdet.
 
21
Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass nur private Haushalte in die Stichprobe eingeschlossen werden und Personen in einzelnen Einrichtungen nicht zur Zielpopulation zählen. Es ist folglich anzunehmen, dass zumindest bei einzelnen Gruppen am unteren Rand der Gesellschaft Undercoverage vorliegt.
 
22
Schließlich zählt die Reduktion der unter Armut und sozialer Ausgrenzung leidenden Menschen (auf unter 100 Mio. Betroffene) zu den fünf Kernzielen der EU im Rahmen der Strategie Europa 2020 (vgl. Europäische Kommission 2010, S. 13).
 
23
Die Maßzahl des Gini-Koeffizienten bedient sich der Lorenz-Kurve, wobei auf der y-Achse in der Regel der kumulierte Anteil des Haushaltseinkommens und auf der x-Achse der kumulierte Anteil der Bevölkerung aufgetragen ist. Bei einer völligen Einkommensgleichheit ergäbe sich eine 45° Diagonale, jedes Individuum würde den gleichen Einkommensanteil der Gesamtbevölkerung verdienen (Gini-Koeffizient = 0). Bei einer völligen Ungleichverteilung würde eine Person das gesamte Einkommen beanspruchen können (Gini-Koeffizient = 1). Die Lorenzkurve gibt schließlich das tatsächliche Ausmaß der Einkommensverteilung in einer Nation wieder. Zur Berechnung des Gini-Index ist schließlich der Abstand der Lorenz-Kurve von der Gleichverteilung entscheidend. Der resultierende Wert zwischen 0 und 1 (Gini-Koeffizient) bzw. zwischen 0 und 100 (Gini-Index) gibt somit an, in welchem Ausmaß die beobachtete Einkommensverteilung von einer (hypothetischen) Gleichverteilung abweicht.
 
24
Zur Berechnung der Maßzahlen der Einkommensungleichheit wird das verfügbare Äquivalenzeinkommen herangezogen. Hierbei wird das Haushaltseinkommen (nach Abzug von Steuern und Ausgaben) verwendet und durch die Zahl der Haushaltsmitglieder geteilt. Neben der Haupterwerbsperson erhalten diese eine niedrigere Gewichtung, weitere Haushaltsmitglieder über 14 Jahre fließen mit 0,5, Kinder unter 14 Jahre mit 0,3 in die Berechnung ein.
 
25
Im Vergleich dazu liegen die Gini-Index-Werte der Wirtschaftsmächte Japan (Daten 2008: 32,1) und USA (Daten 2010: 41,1) in einem ähnlichen bzw. höheren Niveau und jene der Brics-Staaten (Brasilien 2012 = 52,7; Russland 2009 = 39,7; Indien 2009 = 33,9; China 2010 = 42,1 und Südafrika 2011 = 65,0) übersteigen in der Regel die Werte der europäischen Länder (siehe http://​data.​worldbank.​org/​indicator/​SI.​POV.​GINI).
 
26
Diese beiden klassischen Größen zur Einkommensungleichheit geben Aufschluss über das Verhältnis des Einkommens der obersten 10 bzw. 20 % zu den untersten 10 bzw. 20 % der Bevölkerung.
 
27
Um den unterschiedlichen Lebenserhaltungskosten in der EU gerecht zu werden, wird der Grenzwert der Armutsgefährdung in KKS (Kaufkraftstandards) festgesetzt. Dennoch schwankten auch diese Werte innerhalb der EU beträchtlich. Sie reichten 2012 von 2161 KKS in Rumänien bis zu 15.996 KKS in Luxemburg.
 
28
In der EU-SILC-Studie werden neun Aspekte, die eine angemessene Lebensführung ermöglichen, zur Disposition gestellt. Wenn für mindestens vier der neun Ausgaben (Mietschulden und Rechnungen für Versorgungsleistungen, angemessene Beheizung, unerwartete Ausgaben, fleisch- und eiweißhaltige Mahlzeiten, Urlaubsreiser, Fernseher, Kühlschrank, Auto und Telefon) finanzielle Mittel fehlen, gelten die einzelnen Individuen als schwer materiell benachteiligt (siehe Eurostat-Glossar: Severe_​material_​deprivation_​rate).
 
29
Der Indikator des Anteils der Personen, die von Armut und/oder sozialer Ausgrenzung bedroht sind (siehe Eurostat-Glossar: At_​risk_​of_​poverty_​or_​social_​exclusion), wird ebenfalls aus den EU-SILC-Studien abgeleitet und zählt zu den Schlüsselindikatoren zum Monitoring der aktuellen Krise.
 
30
Damit sind Personen zwischen 0 und 59 Jahren gemeint, die in Haushalten leben, in denen die Erwachsenen weniger als 20 % ihres Erwerbspotenzial ausschöpfen (siehe Eurostat-Glossar: Persons_​living_​in_​households_​with_​low_​work_​intensity).
 
31
Dies sind die europaweit harmonisierten Bildungsstufen, die tertiäre Bildungsstufen beschreiben (vgl. UNESCO 1997) und ausführlich Abschn. 7.​4.​2.
 
32
MigrantInnen weisen in vielen Staaten ein überproportional geringes Bildungsniveau auf und sind auch häufiger mit Arbeitslosigkeit bzw. prekären Beschäftigungsverhältnissen konfrontiert (siehe Kap. 5).
 
33
Eine ländervergleichende Analyse (Mesoebene der Nationalstaaten) der Erscheinungsformen sozialer Destabilisierung, die mit den drei P-Begriffen Prekarisierung, Partizipationswandel und Polarisierung umschrieben werden, findet sich in Kap. 5.
 
34
Besonders in den südeuropäischen Mitgliedsstaaten kann die Spaltung zwischen Erwerbstätigen und Erwerbslosen als gravierendste Auswirkung der Krise betrachtet werden.
 
35
Die deskriptiven Darstellungen haben schließlich ebenfalls gezeigt, dass die sozialstaatlichen Leistungen auch in Osteuropa zu heterogen ausfallen, um eine gemeinsame Restkategorie in vergleichenden Analysen zu rechtfertigen. Mit der Ausnahme von Slowenien, das weitestgehend zu den südeuropäischen Staaten aufschließt, sind die Leistungen in Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Polen deutlich geringer bemessen, und sie fallen in den baltischen Ländern und in Bulgarien nochmals deutlich nach unten ab.
 
36
Es findet sich in der Argumentation von Schwinn (2006) auch eine Parallele zu Fligstein (2008), der ebenfalls die Werteorientierung der Mittelschichten als Entscheidungsträger der künftigen europäischen Entwicklung festmacht.
 
37
Es können auf Basis des Wertekonzepts von Inglehart und Baker (2000) die protestantischen Länder vom katholischen und orthodoxen Europa klar unterschieden werden. Zudem bilden die englischsprachigen Länder im weltweiten Vergleich ein gemeinsames Cluster.
 
38
Das politische Konzept der Staatsbildung und die Schaffung einer nationalen Identität (Nationenbildung) sind bei Rokkan die ersten und entscheidenden Prozesse zur Erklärung der nationalstaatlichen Ordnung Europas. Es folgen schließlich die Prozesse der Demokratisierung (Gewährleistung von Bürgerrechten) und der Prozess der Sozialstaatsentwicklung (Gewährleistung sozialer Sicherheit). Hier wird auch die Nähe zur britischen Wohlfahrtsstaatstheorie von T.H. Marshall (1992) [orig. 1950] deutlich.
 
39
Die calvinistische Erwerbsethik hat bereits Max Weber (1972) [orig. 1904] als zentral für die Entwicklung des Kapitalismus erachtet. Wirtschaftlicher Erfolg durch Fleiß und durch ein asketisches Leben sind wesentliche Werte, wodurch die Arbeit im Leben einen hohen Stellenwert einnimmt.
 
40
Das von Schwartz et al. (2001) neu als Portraits Value Questionnaire (PVQ) konzipierte Instrument besteht aus 40 kurzen verbalen Porträts von Individuen. Die Porträts weisen auf die Ziele und Erwartungen der Personen hin und thematisieren somit implizit die Wichtigkeit der einzelnen Werte. Der Befragte muss auf einer sechsstufigen Skala angeben, wie ähnlich er sich der genannten Person fühlt. In den Porträts werden nur einfache Vergleiche getroffen und keine abstrakten Aussagen über Werte eingefordert. Insgesamt zeigen Untersuchungen von Schwartz (2005) dass sich der Portraits Value Questionnaire für repräsentative Bevölkerungsstichproben eignet, weil die Komplexität im Antwortprozess deutlich verringert und die Durchführungszeit signifikant kürzer im Vergleich zur ursprünglichen 57 Item Skala, dem Schwartz Value Survey (SVS) ausfällt (vgl. Schmidt et al. 2007, S. 263 f.).
 
41
Aus den Rohdaten der verkürzten PVQ-Skala des ESS wurden die zehn Wertorientierungen berechnet und die Skalenverwendungskorrektur nach Vorgabe von Schwartz angewendet. Aus diesen Werteindizes wurden anschließend die beiden bipolaren Dimensionen Offenheit für Veränderungen vs. Erhaltung des Gegebenen und Statuserhöhung vs. Selbsttranszendenz erstellt. Um die Wertelandschaft Europas in einem zweidimensionalen Koordinatensystem darstellen zu können, wurden die beiden gegenüberliegenden Dimensionen (die einen ausreichenden negativen Zusammenhang bilden) voneinander subtrahiert.
 
42
Die Islamophobie wird von rechtspopulistischen Parteien europaübergreifend instrumentalisiert, um die europäische Zivilisation vor dem Islam zu schützen. Die Studie „The new face of populism“ stellt als übergreifendes Merkmal rechtsgerichteter Parteien Besorgnisse um die nationale Identität fest, die durch die Immigration von MuslimInnen besonders genährt wird (vgl. Bartlett et al. 2011, S. 26).
 
43
Insbesondere Polen und Rumänien können nach wie vor als ethnisch homogene Nationen eingestuft werden.
 
44
Insofern wird erklärbar, warum die Integrationsdebatte im politischen Diskurs vor allem in den westeuropäischen Ländern einen hohen Stellenwert einnimmt.
 
45
Schließlich werden die institutionellen Strukturen in der EU derzeit weder von den EU-BürgerInnen gewürdigt, noch als effizient beurteilt (vgl. Abschn. 4.2.3).
 
46
Eine Analyse des Wandels des gegenseitigen Vertrauens zwischen EU-Staaten im Zuge der Krise kann leider nicht durchgeführt werden, weil die European Election Study 2009 die Fragebatterie nicht mehr aufgenommen hat und auch in alternativen europaweiten Umfragen nach eigener Recherche keine Daten zum gegenseitigen Vertrauen der EU-Mitgliedsstaaten vorliegen.
 
47
Der Indexwert reicht erneut von 0 (= 100 % Missings) bis 100 (= 100 % gültige Angaben).
 
48
Die Befragten müssen angeben, ob die künftige Identität rein am Nationalstaat orientiert bleibt oder national/europäisch bzw. primär europäisch/national ausgerichtet ist bzw. ausschließlich europäisch geprägt sein wird. Der Anteil der Bevölkerung, die ihre Identität ausschließlich europäisch definiert, ist zu gering, um aussagekräftige Ergebnisse ableiten zu können. Deshalb werden in der Tabelle nur die drei anderen Kategorien illustriert.
 
Metadata
Title
Gesellschaftliche Entwicklungsbedingungen in der EU aus der Makroperspektive: Ursachen des gesellschaftlichen Unbehagens
Author
Wolfgang Aschauer
Copyright Year
2017
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-10882-3_4