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2017 | Book

Gesundheitspolitik in Deutschland

Eine Chronologie der Gesundheitsreformen der Bundesrepublik

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About this book

Die Gesundheitspolitik ist eines der unübersichtlichsten Politikfelder in Deutschland. Das Buch strukturiert und ordnet erstmals die Fülle an Gesetzgebungsmaßnahmen: Es bietet einen prägnanten Überblick der wichtigsten gesundheitspolitischen Weichenstellungen und Reformen – von der Gründung der Bundesrepublik bis zur aktuellen Gesundheitspolitik. Dabei beschränkt es sich nicht auf den chronologischen und komprimierten Abriss gesundheitspolitischer Entscheidungen. Zugleich werden die jeweiligen Gesetze zu den vorherigen und nachfolgenden Reformen in Beziehung gesetzt. Darüber hinaus erläutert es die politische Debatte, ordnet die Initiativen in den Kontext ein und stellt Querverbindungen zwischen den Legislaturperioden und Gesetzen her. Politikfelder wie die Arzneimittelversorgung, die vertragsärztliche Versorgung oder die Krankenhauslandschaft beleuchtet das Buch über die Legislaturperioden hinweg. Mit seinem synoptischen Charakter verdeutlicht es Kontinuität und Wandel der deutschen Gesundheitspolitik.

Table of Contents

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
„Experimentelle Gesetzgebung“. Treffender als mit dieser Bezeichnung des Verfassungsrichters a. D. Udo di Fabio während seiner Laudatio zum 25-jährigen Jubiläum von Kassenärztlicher Vereinigung und Ärztekammer in Thüringen lässt sich die Gesetzgebung im Politikfeld der Gesundheitspolitik in Deutschland nicht beschreiben. Von Mitte der 1970er Jahre bis 1996 wurden im Bereich der Gesundheitspolitik 46 größere Gesetze erlassen, die knapp 7000 Einzelmaßnahmen umfassten.
Falk Illing
Kapitel 2. Strukturen und Akteure der deutschen Gesundheitspolitik
Zusammenfassung
An der Spitze der gesundheitspolitischen Hierarchie in Deutschland steht der Bundesgesetzgeber, der zur Durchsetzung seiner Interessen auf verschiedene Steuerungsmodi setzt. Er normiert im Rahmen der ihm zustehenden Gesetzgebungskompetenz eigenverantwortlich und hoheitlich den rechtlichen Rahmen der Gesundheitspolitik. Innerhalb des derart abgesteckten Bereichs betraut er die Partner der Selbstverwaltung mit hoheitlichen Aufgaben, sodass schließlich den Körperschaften und Verbänden der Selbstverwaltung die Umsetzung der gesetzlich normierten Aufgaben obliegt.
Falk Illing
Kapitel 3. Grundlegungen in den 1950er und 1960er Jahren
Zusammenfassung
Bis in die 1960er Jahre hinein war die Gesundheitspolitik geprägt von dem Ziel, an die rechtlichen Regelungen aus der Zeit vor 1933 anzuknüpfen. Im Zentrum dieses Gesundheitssystems befand sich mit dem „Gesetz betreffend die Errichtung der Krankenversicherung für Arbeiter“ seit Juni 1883 die mit einkommensabhängigen Pflichtbeiträgen finanzierte Krankenversicherung, deren Leistungen von privaten Anbietern unter staatlicher Aufsicht erbracht wurden. Die Organisation des deutschen Gesundheitssystems lag in der Hand der Selbstverwaltung, in der sich gegliederte Krankenkassen und Verbände der Leistungserbringer gegenüberstanden.
Falk Illing
Kapitel 4. Weichenstellungen in den 1970er und 1980er Jahren
Zusammenfassung
In den 1970er Jahren wurde an die vorherige Dekade anknüpfend das Gesundheitssystem umfassend ausgebaut. Nicht nur dehnte sich der Adressatenkreis aus. Neben die neu bestimmten Versicherungsansprüche für Angestellte, Landwirte, Menschen mit Behinderungen und Studenten trat ein Ausbau der Leistungen. Der umfangreichere Leistungskatalog ging mit einer entsprechenden Kostensteigerung einher. Das KHG reformierte die Finanzierungsgrundlagen im stationären Sektor, was ebenfalls zu Mehrkosten führte. Das KVWG verbesserte im Bereich der ambulanten Versorgung die medizinische Betreuung weiter, erkannte aber erstmals mit der Unterversorgung vor allem in ländlichen Gebieten eine Fehlsteuerung. In der darauffolgenden Phase der sogenannten „K-Gesetze“ in den 1980ern wurde reine Kostendämpfungspolitik betrieben, die dem Ziel diente, die Beitragssätze nicht weiter steigen zu lassen.
Falk Illing
Kapitel 5. Die Gesundheitspolitik unter der schwarz-gelben Koalition 1987–1990
Zusammenfassung
Das GRG regierte nicht nur auf die fehlende Steuerbarkeit der GKV-Leistungen, die mit einer Orientierungslosigkeit über das Gesamtangebot einherging. Zugleich fand es Antworten auf das Problem des moral hazard, bei dem Versicherte auf Kosten der Gemeinschaft den eigenen Nutzen optimieren. Mit erhöhten Zuzahlungen wurden die Versicherten stärker in die Pflicht genommen, um ihr eigenes Konsumverhalten mit einem Kostenbewusstsein zu verbinden. Die Negativliste ist der Versuch des Gesetzgebers, Licht ins Dickicht des Arzneimittelmarktes zu bringen. Sie ist darüber hinaus Ausdruck der staatlichen Ersatzvornahme bei fehlender Mitwirkung der Selbstverwaltung, die in den folgenden Jahrzehnten häufiger Anwendung finden wird. Im Krankenhausbereich griff das GRG die bereits in der vorherigen Legislaturperiode beim KHNG beobachtete Stärkung der Krankenkassen durch mehr Mitspracherechte auf Kosten der Länder wieder auf.
Falk Illing
Kapitel 6. Die Gesundheitspolitik unter der schwarz-gelben Koalition 1990–1994
Zusammenfassung
Kohl lobte in seiner Regierungserklärung zum Arbeitsprogramm der 12. Legislaturperiode die mit dem GRG erzielten Erfolge: „Mit der Gesundheitsreform haben wir die Grundlagen für die finanzielle Stabilisierung der gesetzlichen Krankenversicherung geschaffen. Nichts zeigt den Erfolg dieser Reform deutlicher als die Beitragssenkungen von durchschnittlich 0,7 Prozentpunkten.“ Allerdings war der Bundesregierung die Kurzfristigkeit dieser Beitragssatzabsenkung bewusst. Bereits Ende des Jahres 1990 plante sie, die Gesetzgebung der vorangegangenen Legislaturperiode mit einer Reform der Organisations- und Finanzierungsstrukturen der GKV zu flankieren. Als wichtigstes Gesetzgebungsverfahren wird das GSG eine umfassende Strukturreform einleiten.
Falk Illing
Kapitel 7. Die Gesundheitspolitik unter der schwarz-gelben Koalition 1994–1998
Zusammenfassung
Kohls Erklärung zum Regierungsprogramm für die 13. Legislaturperiode stellte die dritte Reform des Gesundheitswesens in einen größeren Zusammenhang und bettete sie ein in den generellen Umbau des Sozialstaats. In diesem Zusammenhang besaß nicht die Verbesserung der Gesundheitsversorgung Priorität, sondern die Gesundheitsreform war eine von vielen Maßnahmen zur Entlastung der Sozialsysteme. Zusammenfassend lässt sich in der 13. Legislaturperiode eine Liberalisierung der Strukturen des Gesundheitswesens erkennen. Die christlich-liberale Koalition griff die Maxime der „Vorfahrt für die Selbstverwaltung“ auf und setzte sie mit einem größeren Handlungsspielraum für die Akteure der Selbstverwaltung um.
Falk Illing
Kapitel 8. Die Gesundheitspolitik unter der rot-grünen Koalition 1998–2002
Zusammenfassung
SPD und Grüne verfolgen im Gegensatz zu CDU/CSU und FDP ein gesundheitspolitisches Konzept, in dem die Steuerungskräfte der Selbstverwaltung weniger Priorität besitzen. Im Mittelpunkt des rot-grünen Gesundheitskonzepts steht einerseits die hoheitlich-staatliche Steuerung des Gesundheitssystems, andererseits die Stärkung der Position der Krankenkassen gegenüber den Leistungserbringern. Das letztlich gescheiterte Globalbudget, die Vorarbeiten für die Positivliste und die Budgetierung bei den Arznei- und Heilmitteln sind Ausdruck einer Intervention in das Gesundheitssystem, die den Akteuren der Selbstverwaltung die Handlungshoheit weitgehend nimmt.
Falk Illing
Kapitel 9. Die Gesundheitspolitik unter der rot-grünen Koalition 2002–2005
Zusammenfassung
Der Politikstil knüpfte an die vorangegangene Legislaturperiode an: Rot-grün zog die staatlich instruierte Steuerung des Gesundheitswesens der Problemlösungskompetenz der Selbstverwaltung vor. Als Fixpunkt diente dem GMG das Leitbild geöffneter Sektoren, auf die rot-grün mit einer Vielzahl von Reformen hinwirkte. In diesem Sinne verstand die rot-grüne Koalition „Modernisierung“ als Weiterentwicklung der als „starr“ perzipierten Strukturen vertragsärztlicher und stationärer Versorgung, die in dieser Logik als überkommen und veraltet bewertet wurden. Die Weiterentwicklung der integrierten Versorgung, die MVZ und die ambulante Versorgung im Krankenhaus erhöhten nicht nur die Durchlässigkeit zwischen den Sektoren, sondern ermöglichten zugleich vollständige Behandlungsketten.
Falk Illing
Kapitel 10. Die Gesundheitspolitik der Großen Koalition 2005–2009
Zusammenfassung
Im Mittelpunkt der Gesundheitsreform 2007 stand die Neugestaltung der Finanzierungsgrundlagen der GKV. Seitdem die Regierungsparteien mit unterschiedlichen Finanzierungsmodellen aufwarteten, hatten sich die Fronten verhärtet. CDU/CSU offerierten die Gesundheitsprämie bzw. Kopfpauschale, während die SPD mit der Bürgerversicherung warb. Den Kernpunkt der Reform bildete der Gesundheitsfonds, der zum Jahr 2009 eingeführt wurde. In Hinblick auf die Selbstverwaltung führte die Gesundheitsreform 2007 den mit dem GSG begonnenen Prozess der Stärkung staatlicher Kontrolle bei gleichzeitiger Liberalisierung der Wettbewerbsordnung fort. Der kassenindividuelle Zusatzbeitrag stärkte den Wettbewerb ebenso wie die Insolvenzfähigkeit aller Kassen, die Rabattverträge oder die freiwillige kassenartenübergreifende Fusion von Orts-, Betriebs- und Innungskrankenkassen.
Falk Illing
Kapitel 11. Die Gesundheitspolitik der schwarz-gelben Koalition 2009–2013
Zusammenfassung
Den Schwerpunkt der Reform lag für Kanzlerin Merkel auf der perspektivischen Finanzierung der GKV, die sich durch den demografischen Wandel mit einem langfristigen Einnahmeverlust konfrontiert sah. Da ein immer größerer Teil der Gesellschaft ein Alter jenseits der 50 Jahre aufwies, sollte die Politik zum Erhalt der sozialen Sicherungssysteme Schutzvorkehrungen treffen. Darüber hinaus reagierte der Gesetzgeber mit dem Versorgungsstrukturgesetz auf eine zunehmende Ungleichverteilung ambulanter Versorgungsstrukturen.
Falk Illing
Kapitel 12. Die Gesundheitspolitik der Großen Koalition ab 2013
Zusammenfassung
Trotz des Regierungswechsels und der Formierung der Großen Koalition orientierte sich die Gesundheitspolitik nicht völlig neu. Die Große Koalition knüpfte an einzelne Schwerpunkte der vorherigen Legislaturperiode an, wodurch sie den gesundheitspolitischen Maßnahmen eine gewisse Kontinuität verlieh. Mit der ärztlichen Versorgung im ländlichen Raum und den Anstrengungen hin zu einer Gleichverteilung der medizinischen Versorgung und weg von dem Nebeneinander über- und unterversorgter Gebiete griff die Gesundheitspolitik mit dem Versorgungsstärkungsgesetz (VSG) zentrale Aspekte des VStG unter schwarz-gelb wieder auf.
Falk Illing
Kapitel 13. Schlussbetrachtung
Zusammenfassung
Mit Blick auf die Struktur der Leistungserbringung lässt sich zweifelsohne ein umfassender Wandel ausmachen. Den Ausgangspunkt des strukturellen Wandels bildet das sektoral gegliederte Gesundheitssystem, das dem Patienten kaum fließende Übergänge zwischen einzelnen Behandlungsabschnitten bot. Ambulante Betreuung, stationäre OPs, nachstationäre Untersuchung und Reha-Behandlung reihten sich nicht nahtlos aneinander, sondern waren jeweils Einzelbereiche ohne fließenden Übergang und fanden innerhalb der Logik der jeweiligen Sektoren statt.
Falk Illing
Backmatter
Metadata
Title
Gesundheitspolitik in Deutschland
Author
Falk Illing
Copyright Year
2017
Electronic ISBN
978-3-658-17609-9
Print ISBN
978-3-658-17608-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-17609-9