Die folgende Arbeit stellt die Grundlagen, Entwicklungen und Ergebnisse eines Forschungsprojektes dar, das sich einem Aspekt des Supply Chain Managements widmet, der bisher nicht systematisch erörtert wurde. In der allgemeinen Supply-Chain-Literatur wird auf „horizontale Supply-Chain-Beziehungen“ verwiesen, es fehlt jedoch eine theoriebasierte Analyse von Potentialen und Hindernissen der Zusammenarbeit horizontal verbundener Akteure in Supply Chains sowie der Wirkungszusammenhänge, die diesen Potentialen und Hindernissen zugrunde liegen. Im Rahmen der folgenden Arbeit werden die „Potentiale der Zusammenarbeit zwischen Zulieferern in Supply Chains“ untersucht.
Supply Chain Management hat sich aus der Praxis heraus entwickelt, wird jedoch bereits seit mehr als 20 Jahren in der Wissenschaft diskutiert. Dennoch erfolgt die Auseinandersetzung mit dem Thema bisher wenig strukturiert, so dass die Positionierung eines Forschungsprojektes nicht ohne einleitende Darstellung des Kontextes erfolgen kann. Ziel dieses Kapitels ist es, eine Darstellung des Themenkomplexes „Supply Chain Management“ zu leisten, die in die grundlegenden Ideen und Terminologie einführt und es ermöglicht, das Thema in Kapitel 3 der Arbeit in diesem Kontext zu positionieren und zu spezifizieren.
Ziel des folgenden Kapitels ist es, eine Abgrenzung des Forschungsobjektes vorzunehmen und die Relevanz der Forschungsfragen zu belegen. Die Abgrenzung der Supply-Chain-Struktur, die der Arbeit als Forschungsobjekt zugrunde liegt, erfolgt in Abschnitt 3.1. In Abschnitt 3.2 werden zwei aufeinander aufbauende Forschungsfragen vorgestellt, die im Rahmen der Arbeit beantwortet werden sollen. In Abschnitt 3.3 wird die Wahl der Forschungsmethodik anhand des Status quo der wissenschaftlichen Erkenntnisse in Bezug auf das Erkenntnisobjekt wird erörtert.
Die Supply-Chain-Management-Diskussion hat sich aus der Praxis entwickelt, viele Veröffentlichungen haben anekdotischen Charakter und es wird ein Mangel theoretischer Fundierung beklagt.214 Erklärungen, die ad hoc und ohne Systematik entwickelt werden, können bei der Lösung konkreter Probleme hilfreich sein, aus wissenschaftlicher Sicht sind sie problematisch, da unklar bleibt, wie weit die für Einzelfälle entwickelten Erklärungen und Lösungen auf andere Fälle übertragbar sind.215 Ziel der Wissenschaft ist es, Aussagen zu generieren, die allgemeine Gültigkeit für einen abstrakten Situationstyp besitzen.216 Es besteht somit die Herausforderung, Modelle und Hypothesen zur Erklärung der relevanten Wirkungszusammenhänge zu entwickeln, aus denen Maßnahmen für die Gestaltung konkreter Supply Chains abgeleitet werden können.217 Dazu muss das Untersuchungs- und Gestaltungsobjekt zu theoretischen Modellen in Beziehung gesetzt werden, die es erlauben, explikative Aussagen über Wirkungszusammenhänge und deren ökonomische Bewertung zu fundieren.218 Auf diesen Aspekt wird bei dieser Arbeit besonderer Wert gelegt, da sie durch ihren besonderen Beitrag in diesem Bereich als Komplement zur bestehenden Literatur angelegt ist.
Nach der Abgrenzung des Forschungsobjektes und Darstellung von Theorien, die der Modellierung zugrunde gelegt werden, ist dieses Kapitel der ersten Forschungsfrage gewidmet:
„Welche Potentiale und Hindernisse der Zusammenarbeit bestehen in horizontalen Supply-Chain-Beziehungen zwischen Zulieferern eines Unternehmens?“
Während im vorangegangenen Kapitel die Potentiale und Hindernisse der Zusammenarbeit zwischen Zulieferern auf der Basis verschiedener theoretischer Ansätze identifiziert und systematisiert wurden, untersucht Kapitel 6 den Einfluss eines gemeinsamen Kunden auf die Beziehung zwischen Zulieferern. Die folgenden Ausführungen widmen sich der zweiten Forschungsfrage dieser Arbeit:
„Welche Formen der Einflussnahme auf die Kooperation zwischen Zulieferern sind von einem gemeinsamen Kunden zu erwarten?“
Ausgangspunkt der Arbeit war die Beobachtung, dass in der Supply-Chain-Literatur häufig auf die Bedeutung von horizontalen Beziehungen in Netzwerken verwiesen wird, jedoch keine systematischen Untersuchungen dazu vorliegen. Beispiele aus der Praxis belegen die Relevanz horizontaler Beziehungen; es mangelte jedoch an systematischen Ansätzen zur Erklärung, in welchen Fällen solche Beziehungen von Bedeutung sind und mit welchen Auswirkungen auf die Performance der kooperierenden Unternehmen zu rechnen ist. Ziel der Arbeit war es daher, ein theoriebasiertes Framework zu entwickeln, mit dem unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit und deren Einflussfaktoren identifiziert werden können. Es wurde bei der Darstellung auf bestehende Beispiele aus der Literatur zurückgegriffen. Die Arbeit selbst ist jedoch als komplementärer Beitrag zur bestehenden Forschung konzipiert, der Fokus wurde daher auf die theoretische Durchdringung des Untersuchungsobjektes gelegt und es wurde ein deduktives Vorgehen zur Entwicklung des Frameworks gewählt. Abbildung 7.1 stellt das entwickelte Framework, dessen wesentliche Bestandteile im Folgenden zusammengefasst werden, in einer Übersicht dar.