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23-01-2017 | IT-Management | Schwerpunkt | Article

Deutschland braucht einen digitalen Kulturwandel

Author: Sven Eisenkrämer

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Warum hängt Deutschland bei der Digitalisierung hinterher? Granit-Gestein ist der Grund, meint ein Amerikaner. Und die Kultur, die dahinter steht.  

In München treffen sich in dieser Woche IT- und Digitalmanager aus Deutschland, Europa, den USA und sogar aus Vietnam, um über strategisches IT-Management zu konferieren. Bei der 23. Auflage der IT-Jahrestagung des Handelsblatts referieren bekannte Vertreter großer Konzerne, angesehene Universitätsprofessoren und KMU-Manager über Innovationen und Entwicklungen der sich digitalisierenden Welt. Die digitale Transformation in der Automobilwirtschaft ist einer der großen Themenschwerpunkte, künstliche Intelligenz, Auswirkungen auf den Handel und öffentliche Verwaltungen genau so. 

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2016 | OriginalPaper | Chapter

Gesellschaft 4.0

In diesem Buchkapitel beschreiben Prof. Dr. Tobias Kollmann und Dr. Holger Schmidt, wie sich die deutsche Gesellschaft besser an die neue digitale Welt anpassen muss. Die Geschichte der technologischen Wandlungen wird beleuchtet und es werden Handlungsempfehlungen an Politik und Wirtschaft gerichtet.


Den Auftakt zur Jahrestagung bildete ein Vergleich zwischen dem digitalen Vorreiter der Welt, dem Silicon Valley und Deutschland. "What Germany gets wrong – and right – about digitalization: Innovation lessons from Silicon Valley", hieß der Eröffnungsvortrag von Burton Lee, kalifornischer Europa-Innovationsexperte von der Stanford University und Managing Director eines Unternehmens im Silicon Valley, mit dem er auch in Deutschland und Österreich IT-Projekte in Firmen realisierte.

Gefahr für die Zukunft

"Ich finde es komisch, dass ein Amerikaner an einem Montag nach der Amtseinführung von Donald Trump vor Ihnen steht und Ihnen erzählt, was Deutschland falsch macht", sagte Lee zum Auftakt mit einem sarkastischen Unterton. "Dass ausschließlich amerikanische IT-Unternehmen unter den wertvollsten der Welt sind, ist eine Gefahr für die Zukunft der deutschen Wirtschaft", meinte Lee und verwies auf die Vormachtstellungen von Apple, Google, Microsoft & Co.

Künstliche Intelligenz wird nach Lees Auffassung die Zukunft sein, in vielen Wirtschaftsbereichen. Am Beispiel von General Electrics, dessen CEO 2016 forderte, dass alle neuen Angestellten von GE künftig lernen müssten, Software programmieren zu können, sagte Lee: "Kennen Sie irgendein deutsches Unternehmen mit einer solchen Idee? Oder ein europäisches? Nein!" Lee nannte auch einige Positivbeispiele wie SAP oder das Berliner Unternehmen Rocket Internet, das gerade eine Milliarde US-Dollar an Investitionsgelder eingesammelt hat – ein Rekord in Europa und ein "gutes Zeichen". Auch deutsche Fachlektüre und Autoren lobte Lee ausdrücklich, darunter das Springer-Buch "Deutschland 4.0 – Wie die Digitale Transformation gelingt" von Tobias Kollmann und Holger Schmidt.

Im Kapitel "Gesellschaft 4.0" stellen die beiden Autoren fest: "Wir müssen akzeptieren, dass sich digitale Technologien durchgesetzt haben und wir nur noch lernen müssen, diese wertvoll(er) für Gesellschaft und Wirtschaft einzusetzen!" 

"Hört auf, über 'Digitalisierung' zu sprechen!"

"Das alles ist notwendig, aber nicht ausreichend", meinte Lee und forderte: "Hört auf, über 'Digitalisierung' zu sprechen!" Software, Data, Business Models und Kultur gehörten zum erlaubten Wortschatz. Denn "Data is the new Oxygen” – Daten sind der neue Sauerstoff.

Lee leitete auf seinen Kernsatz hin: Kultur schlägt Strategie. Deutschland habe eine fundamentale Arbeitskultur und Unternehmenskultur. "Ihr seid die besten Maschinenbauingenieure in der Welt." Und Deutschland habe Granit. Das feste Gestein stehe für die deutsche Arbeitskultur rund um Maschinenbau, Stahl, Eisen, Kohle, Mechatronik. Schwer, langsam, Schweiß, Muskeln, Struktur, Ordnung, Hierarchie waren einige der Schlüsselmerkmale, die Lee nannte.

Kulturunterschied zwischen Granit und Sand

"In Kalifornien haben wir keinen Granit. Wir haben Sand und Wasser. It’s Flowing." Kalifornier seien Strand-Menschen, "Beach-People". Man surfe auf der endlosen Welle der Innovation. Und da müsse Deutschland ansetzen, um im Wettrennen nicht unterzugehen. "Was ich glaube ist, dass wir einen digitalen Kulturwandel brauchen für ein digitales Wirtschaftswunder", sagte Lee aus deutscher Sicht.

Wenn man das erreichen wolle, müsse man aber am Kern der digitalen Bildung etwas bewegen. Man müsse weg vom deutschen Informatik-Fakultät-Modell an den Hochschulen. Der Fokus auf die Mathematik in den Studiengängen habe sich zu einem "Desaster" entwickelt, sagte Lee. "Geht über zum US-Modell!" Man solle den Studenten also nicht Mathematik beibringen, sondern modernes, anwendungsorientiertes Programmieren.

Wir müssen unseren Nachwuchs besser auf die Herausforderungen der Digitalen Zukunft vorbereiten! Während dies in anderen Ländern ein elementarer Bestandteil der Schulausbildung ist, befinden wir uns sprichwörtlich noch in der 'Kreidezeit'. [...] Was an den Schulen versäumt wird, wird an den Hochschulen nur teilweise wieder aufgeholt. Zwar gibt es zahlreiche Informatik‐ und Wirtschaftsinformatik‐Studiengänge an deutschen Hochschulen. Aber sie bilden immer noch nicht genügend Absolventen für den Arbeitsmarkt aus. Die Folge ist der immer wieder zitierte Mangel an IT‐Fachkräften in Deutschland. [...] Daneben wird aber auch in den Wirtschaftswissenschaften kaum bis gar nicht speziell für die Digitale Wirtschaft ausgebildet." Tobias Kollmann und Holger Schmidt im Kapitel "Gesellschaft 4.0" im Springer-Buch "Deutschland 4.0 - Wie die Digitale Transformation gelingt" (2016, Seiten 20/21).  

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Source:
Deutschland 4.0

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