Springer Professional: Was sind die Intentionen der Kohleplattform und welche Erwartungen verbindet Brandenburg damit?
Hendrik Fischer: Die Kohleplattform behandelt sowohl energiepolitische und technische Fragen als auch wirtschaftsstrukturelle Aspekte und soziale Veränderungen in Folge der Energiewende. Sie bietet uns die Möglichkeit, uns mit den anderen Regionen auszutauschen und mit Vertretern verschiedener Generaldirektionen konkrete Unterstützungsmöglichkeiten der EU zu erörtern.
Warum wurde die Plattform jetzt erst möglich?
Mit der Konkretisierung der internationalen, europäischen und nationalen Umwelt- und Klimaschutzziele erhöht sich auch der Handlungsbedarf in den Kohleregionen. Die Dynamik des Strukturwandels in den Revieren beschleunigt sich. Damit rückt die Unterstützung der Strukturentwicklung auch in Brüssel in den Fokus. Ferner laufen jetzt die Vorbereitungen für die neue EU-Strukturfondsperiode, in der das Thema Unterstützung von Regionen in wirtschaftsstrukturellen Transformationsprozessen ebenfalls eine verstärkte Rolle spielen wird.
Ein Strukturwandel im Kohlebergbau findet in Brandenburg schon seit den 1990er Jahren statt und wurde bereits von gravierenden Umbrüchen in den betroffenen Regionen begleitet. Gestartete Großprojekte wie Cargolifter, Chipfabrik oder Solarzellenfabrik waren nicht von Erfolg gekrönt. Welche aktuelle Strategie und welche Potenziale gibt es für den Strukturwandel in Brandenburg?
Die in der Frage genannten Projekte befanden sich nicht in der Lausitz. Es geht aber auch nicht um einzelne Großprojekte für die Kohleregion, sondern um einen langfristig angelegten Prozess. Nur wenn bereits vor dem energiepolitisch vorgegebenen Strukturwandel der Grundstein für die wirtschaftliche Zukunft der Region gelegt wird, kann es gelingen, neue, gleichwertige Arbeitsplätze zu schaffen und die Lausitz als Energie- und Industriestandort zu erhalten und zu stärken. Dabei müssen alle relevanten Akteure auf allen Ebenen - Region, Land, Bund, EU - eingebunden werden. Am 13. Juni 2017 haben die Kabinette des Landes Brandenburg und des Freistaates Sachsen in Großräschen ein Grundsatzpapier mit dem Titel "Gemeinsam für die Industrieregion Lausitz" beschlossen. Darin werden erste Eckpunkte festgelegt. Um die mit einem hohen Einkommen verbundenen Industriearbeitsplätze zu erhalten, bedarf es des Auf- und Ausbaus alternativer Wirtschaftszweige. Ein wichtiger Ansatzpunkt ist, dass die braunkohleaffinen Unternehmen sich rechtzeitig neue Handlungsfelder und neue Absatzmärkte erschließen. Die Aktivitäten in Forschung und Entwicklung müssen verstärkt werden. Die verkehrliche und digitale, aber auch die Hochschul- und Forschungsinfrastruktur sind weiter auszubauen.
Brandenburg wurde kürzlich von der EU-Generaldirektion "Klima und Energie" als Pilotregion ausgewählt. Was bedeutet das? Mit welchen Projekten möchte man den Strukturwandel jetzt wie vorantreiben?
Brandenburg ist Gründungsmitglied der EU-Kohleplattform. Im Februar 2018 haben wir die strategischen Eckpunkte und erste Projekte als Best-Practice-Ansätze in Arbeitsgruppentreffen vorgestellt. Im Juli 2018 soll es dazu Gespräche mit Kommissionsvertretern geben.
Wie verläuft der Strukturwandel in anderen Regionen Europas?
Der Strukturwandel in verschiedenen Regionen in Europa verläuft je nach Wirtschaftsstruktur, gesamtwirtschaftlicher Entwicklung, Arbeitsmarktlage und strukturpolitischem Unterstützungsinstrumentarium unterschiedlich. Teilweise gibt es aber auch Gemeinsamkeiten und Erfahrungen aus anderen Regionen, von denen wir lernen können. Die konkreten Projekte wurden auf der Internetseite der Kohleplattform veröffentlicht.