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2021 | OriginalPaper | Chapter

6. Marx kultur-evolutionstheoretisch situiert: Logisch-genetische Theorie ökonomischer Formen und historische Forschung

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Zusammenfassung

Das fünfte Kapitel verweist – eingeschoben zwischen die beiden historischen Kapitel – auf eine weitere wichtige Theorieressource, nämlich die Marxsche Kritik der politischen Ökonomie, und dort insbesondere auf die sogenannte Formanalyse von Geldmedien und Geldfunktionen. Man kann davon ausgehen, so wird argumentiert, dass die Motorik dieser Formanalyse ein geldtheoretisch komplementäres Unterfangen zu Polanyi darstellt. Während Polanyi vom historischen Auftauchen von Medien der Quantifizierung und Kommensurabilisierung her denkt, also bottom-up, verfährt Marx in erster Linie top-down.

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Footnotes
1
Jedenfalls wenn man einer Seminarmitschrift glauben mag, die Hans-Georg Backhaus von einem einschlägigen Seminar Adornos angefertigt hat (vgl. Backhaus 1997, S. 505). Dieses Diktum bezieht sich selbstverständlich nicht auf jegliche sozialwissenschaftliche Forschung in Osteuropa und der UdSSR, sondern auf die parteioffiziellen Lesarten von Marx.
 
2
Als Anleitung für empirische Forschung im Feld der aktuellen interdisziplinären Forschungslage taugen die dortigen Eingaben trotzdem nur bedingt. Eine Kritik am Diskurs der Neuen Marx Lektüre aus historisch-genetischer Perspektive findet sich zuerst bei Holz (1993), wo allerdings insofern das Kind mit dem Bade ausgeschüttet wurde, als dass das Marxsche Motiv der Formentwicklung ad acta gelegt wurde, ohne dass adäquater Ersatz bereitgestellt wurde. Innovative Fortführungen der Marxschen Theorie lassen sich gegenwärtig unter anderem durch Einsatz agentenbasierter Simulationen erreichen (vgl. Beckenbach 2020).
 
3
Siehe hingegen Schröter (2018) für einen substanziellen medientheoretischen Beitrag zum Geld inklusive genealogischer Untersuchungen zum Gebrauch des Medienbegriffs in Wirtschaftswissenschaft und Medienwissenschaft.
 
4
Siehe dazu Backhaus (1997, S. 52): „Die falsche Geldtheorie Ricardos ist die Quantitätstheorie, deren Kritik die Analyse der Wertform intendiert“.
 
5
Um Missverständnissen vorzubeugen sei vorangestellt, dass mit dem vorliegenden Kapitel nicht beansprucht wird, eine systematische Abhandlung zu Marx zu präsentieren. Es geht lediglich darum – in einer Art Schnelldurchgang – für das Forschungsinteresse des vorliegenden Buches relevante Aspekte herauszupräparieren und in aller Kürze so aufzubereiten, dass sich sinnvoll mit ihnen weiterarbeiten lässt.
 
6
Eine solche Agenda ist weitaus ertragreicher als es die meisten explizit „soziologisch“ oder realphilosophisch ausgeflaggten Anschlussunternehmungen im Gefolge Hegels waren, deren „Überführung dieser Lektüre in Gesellschaftstheorie“, so Ellrich (2000, S. 73), in aller Regel „nicht mehr als eine Kirchentagsrede“ ergab.
 
7
Hinsichtlich der Marxschen Methode ist bei Reichelt (2002, S. 168) zu lesen, dass Marx in seinem Vorwurf an die Ökonomen, „sie würden die Kategorien äußerlich aufgreifen“, die „Hegelsche Kritik an der Verstandesphilosophie als Verabsolutierung der äußeren Reflexion“ in bestimmter Weise fortschreibt: „Ein fertig vorausgesetztes Subjekt wird fertigen Formen (Kategorien) gegenübergestellt. Entwicklung von Kategorien heißt dann aber zugleich, daß mit der Weiterentwicklung der Kategorien auch jeweils neue Gestalten von Subjektivität entstehen. Werden hingegen die Kategorien äußerlich aufgenommen, dann muß auch ein Gemeinsames, das alle diese Gestalten von Subjektivität charakterisiert, verabsolutiert werden: zur Handlungskategorie des ‚zweckrationalen sozialen Handelns’, dem strategischen Handeln, zur Soziologie des rational choice“.
 
8
Engels hat im Rahmen einer Rezension der Schrift „Zur Kritik der politischen Ökonomie“ von Marx Missverständnissen Vorschub geleistet, indem er eine weitgehende Parallelität des logischen Zusammenhangs ökonomischer Kategorien und deren historischer Verlaufsfolge postuliert hat: „Die Geschichte geht oft sprungweise und im Zickzack und müsste hierbei überall verfolgt werden, wodurch nicht nur viel Material von geringer Wichtigkeit aufgenommen, sondern auch der Gedankengang oft unterbrochen werden müsste […]. Die logische Behandlungsweise war also allein am Platz. Diese aber ist in der Tat nichts andres als die historische, nur entkleidet der historischen Form und der störenden Zufälligkeiten. Womit diese Geschichte anfängt, damit muss der Gedankengang ebenfalls anfangen, und sein weiterer Fortgang wird nichts sein als das Spiegelbild, in abstrakter und theoretisch konsequenter Form, des historischen Verlaufs; ein korrigiertes Spiegelbild, aber korrigiert nach Gesetzen, die der wirkliche geschichtliche Verlauf selbst an die Hand gibt“ (MEW 13: 475). An Engels anschliessende Positionen haben hieraus eine logisch-historische Methode abgeleitet. Dort wird behauptet, dass die logische Reihenfolge der Kategorienentwicklung im Marxens Kapital (Ware, einfache, entfaltete, allgemeine Wertform, Geld und Kapital) in abstrakter Form auch die historische Entstehung dieser Kategorien widerspiegele (siehe kritisch dazu Elbe 2007). Es ist im Prinzip nichts gegen eine stärkere historische Anwendung Marxscher geldtheoretischer Theoreme einzuwenden – im Gegenteil – dies muss dann aber auf empirischem Weg erfolgen.
 
9
Der stenografische Stil ergibt sich hier daraus, dass es sich um Notizen zur Selbstverständigung handelt, die in dieser Form nicht zur Publikation gedacht waren.
 
10
Das darf aber nicht als einfache Theorie einer Virtualisierung gelesen werden. Der sozial objektive Charakter des Geldes bleibt bestehen. Dazu vermerkt Campbell (2002, S. 226): „In Marx’s view at least, as long as production ‚decisions‘ are left to the market, money, since it realizes value, is the thing by which the social conflict (among capitalists and between capitalists and workers) is managed. In this sense, credit money is just as much a thing as gold money”.
 
11
Dass ethnologisches Wissen über sogenannte primitive Sozialitäten für Marx im Forschungsverlauf stets wichtiger wurde, haben unter anderem Lucas (1975) und Krader (1976) detailliert herausgearbeitet.
 
12
Nach heutigem Forschungsstand müsste eine solche Liste von Faktoren natürlich deutlich erweitert werden (siehe dazu beispielsweise Kocka 2013). Auch bei Marx war die Formanalyse im engeren Sinne begleitet von Reflexionen, die ganz allgemein Prozesse der Bemächtigung von Welt in die Betrachtung integriert haben: „Pulver, Kompaß, Buchdruckerei, die 3 großen der Erfindungen, die die bürgerliche Gesellschaft einleitend. Das Pulver sprengt die Ritterschaft in die Luft, der Kompaß entdeckt den Weltmarkt und stiftet Kolonien, und die Buchdruckerei Mittel des Protestantismus und überhaupt der Regeneration der Wissenschaft; der mächtigste Hebel für die geistig notwendigen Voraussetzungen“ (MEW 44: 38).
 
13
Siehe zum Kontext und den Veränderungen des Konzeptes der asiatischen Produktionsweise bei Marx und in der späteren Interpretation und Ausdeutung Shiozawa (1966) sowie aktuell Li (2020).
 
14
Zur Zentralität von Geld als Maß bei Marx siehe auch die umfangreichen und sehr instruktiven Überlegungen bei Engster (2014). Engster präsentiert qua Exegese und Theorievergleich eine Unternehmung, die zu den in diesem Buch auf historisch-empirischem Weg gewonnenen Ergebnissen in vielen Hinsichten kompatibel ist.
 
15
Daneben hat das Konzept der einfachen Zirkulation noch zwei weitere Bedeutungskomponenten. Marx setzt es ein, um die nur beschränkte wirtschaftliche Eigenlogik in vormodernen Wirtschaftsweisen zu konzeptualisieren. In einer dritten Bedeutungskomponente schließlich – der hier nicht weiter gefolgt werden muss – findet die einfache Zirkulation Verwendung, „um innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft nicht-kapitalistische Formen der Produktion von Gebrauchswerten, welche aber lohnförmig betrieben werden, von der kapitalistischen Warenproduktion unterscheiden und bestimmen zu können“ (Girschner 2001, S. 40).
 
16
Simmel hingegen – um noch eine weitere einschlägige Position wenigstens kurz zu erwähnen – akzeptiert zwar, anders als die Neoklassik, „die Objektivität des Werts, er lässt aber keine hierarchische Differenzierung seiner Bestimmungsgründe zu“ (Eichler 2015, S. 145). Folgt man Simmels Überlegungen, so Eichler (ebenda) weiter, „gewinnt man einen Wertbegriff ohne Wertsubstanz. […] In dieser Hinsicht gleicht er dem Marx der Millexzerpte [von 1843/44, H.P.], der das ‚wahre Gesetz der Nationalökonomie‘ als den ‚Zufall [bestimmte], aus dessen Bewegung wir, die Wissenschaftlichen, einige Momente willkürlich in der Form von Gesetzen fixieren‘“.
 
17
Im vierten Kapitel wurde im Zuge des kurzen Rekurses auf Woeslers Arbeit bereits auf die Bedeutung eines verwissenschaftlichten, stetiger Rationalisierung fähigen Produktionsprozesses verwiesen, also auf die Koevolution von industriellem Kapitalismus und Naturwissenschaft.
 
18
Für eine ausführliche Darstellung dieses hier nur sehr gerafft dargestellten Argumentationsgangs siehe Pahl 2008. Dieser Arbeit bzw. ihrem Autor wurde in einer Rezension der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (vom 09.02.2009) seitens des Rezensenten Jan Grossarth unter anderem vorgeworfen, „kräftig aus dem Brunnen sprachlicher Eitelkeiten [geschöpft] und […] den Eindruck [erweckt zu haben], mit seinen Ausführungen nicht verstanden werden zu wollen“. Das irritiert angesichts der Tatsache, dass der Rezensent zum Beleg teilweise Textstellen aus dem Buch aufführt, die sich dort gar nicht so finden lassen (etwa: „Märkte als beobachtungsstiftende interne Umwelt(en) des Wirtschaftssystems“. Weiter wird ausgeführt: „Neben interessanten Ansätzen finden sich in den oft ausschweifenden Ausführungen immer wieder antibürgerliche und antikapitalistische Ressentiments“. Das wird wohl so intendiert gewesen sein. Mit Heinz Strunk gesprochen: „Aus Gründen“. Schließlich ist auch der Vorwurf unzutreffend, wonach „der Aufsatz [sic] naheliegende historische Fragen links liegen [lasse]: Warum ‚emergierten‘ monetäre Weltbezüge nicht schon zu Sophokles Zeiten?“. Im Buch finden sich dazu ab Seite 79 einige jener Marxschen Ausführungen zum antiken Griechenland, auf die im Folgenden (unten) noch einmal ausführlicher referiert wird. Textadäquate Rezensionen meines Buchs mit sinnvollen Ergänzungsvorschlägen finden sich bei Müller (2008) und Münnich (2011).
 
19
Siehe ausführlich zu Marx’ Konzept der antiken griechischen Wirtschaft Reichardt (2004).
 
20
Siehe dazu auch Bürgin (1996, S. 80): „Den Griechen fehlte […] in der Tat der Begriff einer ‚Wirtschaft‘ und darüber hinaus die begrifflichen Voraussetzungen für das, was wir ‚die Wirtschaft‘ nennen“. Der Problemkomplex antiker Wirtschaftssemantik wird in Unterkapitel 7.5.3.2 eingehend betrachtet, hier geht es zunächst nur um die Wiedergabe der Marxschen Position.
 
21
Es gibt in der Tat keinen plausiblen Grund, Realabstraktionen auf den Austausch zu beschränken. Was bei Schaper beibehalten wird ist eine eher unidirektionale ableitungstheoretische Konzeption, in der Prozesse von Realabstraktion als Ursache oder Grund kognitiver Entwicklungen („Denkabstraktionen“) gedacht werden. Im vorliegenden Buch wird diese Frage im Sinne koevolutionärer Prozesse strukturell gleichartiger Abstraktionsweisen und Abstraktionstiefen (Formzusammenhänge) gefasst und damit ohne starke ableitungstheoretische Konnotationen konzipiert.
 
22
Bei Marx wird zu Griechenland ausgeführt: „Daß aber in der Form der Warenwerte alle Arbeiten als gleiche menschliche Arbeit und daher als gleichgeltend ausgedrückt sind, konnte Aristoteles nicht aus der Wertform selbst herauslesen, weil die griechische Gesellschaft auf der Sklavenarbeit beruhte, daher die Ungleichheit der Menschen und ihrer Arbeitskräfte zur Naturbasis hatte. Das Geheimnis des Wertausdrucks, die Gleichheit und gleiche Gültigkeit aller Arbeiten, weil und insofern sie menschliche Arbeit überhaupt sind, kann nur entziffert werden, sobald der Begriff der menschlichen Gleichheit bereits die Festigkeit eines Volksvorurteils besitzt. Das ist aber erst möglich in einer Gesellschaft, worin die Warenform die allgemeine Form des Arbeitsprodukts, also auch das Verhältnis der Menschen zueinander als Warenbesitzer das herrschende gesellschaftliche Verhältnis ist“ (MEW 23: 74). Die gleiche Argumentation lässt sich für Mesopotamien anbringen (selbst wenn der Anteil an Sklavenarbeit dort die meiste Zeit niedriger war als in Griechenland unterscheidet sich auch die Institution der Corvée deutlich von moderner Lohnarbeit). Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Sklavenarbeit und Lohnarbeit werden in den Unterkapiteln 7.5.2 und 7.5.3 präziser konturiert.
 
Metadata
Title
Marx kultur-evolutionstheoretisch situiert: Logisch-genetische Theorie ökonomischer Formen und historische Forschung
Author
Hanno Pahl
Copyright Year
2021
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32684-5_6