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2021 | OriginalPaper | Chapter

7. Das achsenzeitliche Griechenland: Zum Formzusammenhang von Münzgeld, phonetischem Alphabet, Polis-Struktur und vorsokratischer Philosophie

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Zusammenfassung

In diesem zweiten historischen Kapitel geht es zentral um die Entwicklung von Geldformen und um die Effekte einer sukzessiven Monetarisierung von Gesellschaftsstrukturen. Griechenland kommt geldsoziologisch eine exponierte Stellung zu, weil Geld dort erstmals als Münzgeld auftauchte, also in Form einer medial (gegenständlich) verselbständigten, universalen Wertform. Das Kapitel rekonstruiert die ko-evolutionären Prozesse (Formzusammenhänge) von phonetischem Alphabet, Münzgeld, Polis-Struktur und vorsokratischer Philosophie.

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Footnotes
1
In Unterkapitel 8.​1. erfolgt, wie in der Einleitung bereits angekündigt, eine solche resümierende Diskussion der Befunde zu Mesopotamien und Griechenland, in der es schwerpunktmäßig um die jeweiligen Abstraktionsweisen und Abstraktionstiefen der jeweiligen (Komponenten der) Formzusammenhänge geht.
 
2
Die hier diskutierten Argumentationsmuster benennen nur einige zentrale und insofern als exemplarisch zu kennzeichnende Ausdeutungen. Weiterführende Befunde zum ideologischen Charakter von Griechenlanddiskursen lassen sich der genannten Literatur entnehmen.
 
3
Dazu weiter bei Burkert (1992, S. 1): „The Greeks had become aware of their own identity as separate from that of the ‚Orient‘ when they succeeded in repelling the attacks of the Persian empire. But not until much later, during the crusades, did the concept and the term Orient actually enter the languages of the West“.
 
4
Siehe zu den verschiedenen Zeitphasen der antiken griechischen Zivilisation detailliert Unterkapitel 7.1.1.
 
5
Es geht hier nicht darum, die nach wie vor überaus lesenswerten Beiträge Snells zu diskreditieren. Sie sollten aber mit Blick auf ihren Entstehungskontext rezipiert werden: „Snell entfaltete seine Interpretationen in der Situation der Zwanzigerjahre. Auf den Zusammenbruch des Weltkriegs war damals eine Konzentration auf die ‚eigenen‘ Werte gefolgt, mit der an sich löblichen Absicht, das Unsrige zu halten. Heute hat unser schrumpfendes ‚altes Europa‘ solche Bemühungen aufgegeben, und dies ist nicht nur zu bedauern. Mit der Globalisierung aber schwindet auch, rückblickend, das Bild des isolierten Griechenlands“ (Burkert 2004, S. 173 f.).
 
6
Anfügen lassen sich hier auch noch die sogenannten „Volksgeist-Theorien“ als idealisierenden und mythologisierenden Rückführungen des griechischen logos auf einen mythischen Urgrund (siehe dazu kritisch Fett 2000, S. 53 ff. sowie Löffler 2019, S. 375).
 
7
Wie hinreichend bekannt diagnostizieren Adorno und Horkheimer in der Dialektik der Aufklärung einen als mehr oder weniger zwangsläufig interpretierten Umschlag von Mythos in Logos und wiederum in Mythos, der im Holocaust kulminiert.
 
8
Siehe dazu die folgende Aussage bei Bammé (2011, S. 532): „Entscheidend für meine Argumentation ist nun allerdings nicht so sehr die Entwicklung des Schriftgebrauchs im Allgemeinen, sondern vor allem die Einführung und Verwendung der Alphabetschrift, weil sie auf der gleichen Abstraktionsleistung basiert wie die Einführung und der Gebrauch gemünzten Geldes. Beides geschah nahezu zeitgleich im selben Kulturraum“.
 
9
Die vollständige Passage lautet so: „Logan […] has suggested that the greatest symbolic invention of the Greeks, and the key to their progress, was the alphabet. Indeed, this was their most original invention on this level, and the alphabet was a more efficient script than its predecessors. But it is difficult to see how the mere possession of the alphabet could have triggered such a creative explosion; phonetic scripts, in the form of various syllabaries, had been in existence for almost 2,000 years, and the phonetic transcription of speech had long since been achieved. The alphabet made such transcriptions much easier and more accurate, and this allowed the spread of literacy and facilitated the writing of books, so that it cannot be discounted as a factor; but it is difficult to assign it a determining role in the Greeks' extraordinary achievements“ (Donald 1993, S. 341).
 
10
Bei Bammé (2011) betrifft dies vorrangig das Kapitel zum griechischen Mirakel (104–170) sowie jenes zum Verhältnis von Psychogenese und Soziogenese (344–358). Bei Löffler (2019) betrifft dies – neben vielen anderen Stellen – insbesondere das Kapitel zum „Formzusammenhang der humankollektiv-integrativen Performanzen“ (482–497).
 
11
Gestreift wird die Thematik im Fortgang des Kapitels vor allem durch die (beiläufige) Erwähnung von Richard Seafords These, dass sich in der Tragödie eine Krise der vormaligen, das Griechenland des dunklen Zeitalters und des frühen archaischen Zeitalters noch kennzeichnenden Reziprozitätsstrukturen Ausdruck verschafft.
 
12
Die gewählte Begrifflichkeit ist nicht kulturkonservativ gemeint. Die Freisetzung (besser: Konstitution) von Individuen im Zuge der Herauslösung aus traditionellen Vergesellschaftungsweisen besitzt – wie immer krisenhaft und unappetitlich die konkreten Modalitäten in einzelnen historischen Episoden verlaufen sein mögen – ein progressives Moment.
 
13
Zeitlich beziehen sich diese Ausführungen auf die archaische sowie den Beginn der klassischen Periode, womit – nebenbei bemerkt – aufgezeigt werden kann, dass Polanyis Einschätzung, wonach Marktdynamiken in nennenswerter Größe erst in der hellenistischen Periode aufgetaucht seien, zurückgewiesen werden kann. Siehe dazu Engen (2004, S. o. S.): „Polanyi concluded that ancient Greece did not have a developed market system until the Hellenistic period. Before that time, the economy of ancient Greece did not comprise an independent sphere of institutions, but rather was ‚embedded‘ in other social and political institutions“. Daraus folgt wiederum nicht der Schluss, dass Polanyis Kategorienapparat und Forschungsweise mit grundsätzlichen Problemen behaftet wäre. Polanyi standen schlicht und einfach noch keine zureichenden Daten zur Verfügung, um erkennen zu können, dass Marktdynamiken bereits früher eingesetzt haben.
 
14
Die Klassifikation „vorsokratische Philosophie“ stellt nur ein sehr grobes Raster dar. Konkret geht es zunächst um die ionische Naturphilosophie. Im Unterkapitel 7.4. wird dies näher differenziert.
 
15
Entsprechende Hinweise werden auch im Fortgang des Kapitels immer wieder eingestreut, um auf mögliche Verzerrungen hinzuweisen.
 
16
Zu einem ähnlichem Befund anhand eines anderen Textgenres kommt Reden (2002, S. 53): „The orators have been an important source for Athenian economic history, in particular in the recent and very different analyses of credit and banking […]. Yet it has also been pointed out that law-court speeches do not offer insights into the economic reality of fourth-century Athens, but present us with an ‚economic imaginary‘“.
 
17
Die angegebenen Jahreszahlen variieren in der Literatur mitunter leicht, jedenfalls bezogen auf die früheren Phasen. Siehe etwa bei Engen (2004, S. o. S.): „Ancient Greek civilization flourished from around 776 to 30 B.C. in what are called the Archaic (776–480), Classical (480–323), and Hellenistic (323–30) periods“.
 
18
Münzgeld wurde seitens griechischer Kolonien in Kleinasien von den Lydern übernommen, das phonetische Alphabet geht zurück auf ein phönizisches Silbenalphabet. In den entsprechenden Kapiteln im Fortgang wird dies näher diskutiert.
 
19
Löffler (2019, S. 457) offeriert einen Vorschlag zur Systematisierung der Binnenentwicklung Griechenlands: „Tatsächlich lässt sich die kulturelle Entwicklungsgeschichte sowohl des antiken Griechenland als auch des neuzeitlichen Europa in einer historisch-genetisch regulären Abfolge von vier formalen Phasen einteilen, die als Initialisierungsphase, Stabilisierungsphase, Kristallisationsphase und Auslaufphase bezeichnet werden können. Diese Phasen formen den Realisierungskegel eines generativen Milieus, in dem sich die Performanzen einer zivilisatorischen Kapazität verwirklichen“. Dies wird in Unterkapitel 8.​4. aufgegriffen.
 
20
Ober (2018, S. 18) verweist ferner unter Bezug auf Untersuchungen menschlicher Knochen, die bei griechischen archäologischen Ausgrabungen gefunden wurden, darauf, dass die durchschnittliche Lebenserwartung griechischer Männer und Frauen, die das Erwachsenenalter erreichten, vom Ende des dunklen Zeitalters bis zum vierten Jahrhundert v.u.Z. erheblich zunahm. Auf der Grundlage neuerer Analysen scheint das Sterbealter jener Personen, die die Kindheit überlebt haben, in diesem Zeitraum sowohl bei Männern als auch bei Frauen um etwa zehn Jahre gestiegen zu sein, von etwa 26 auf 36 Jahre bei Frauen und von unter 30 auf etwa 40 Jahre bei Männern.
 
21
Die Erläuterungen zur klassischen Periode können eher knapp ausfallen, weil einschlägige Entwicklungen im weiteren Verlauf näher betrachtet werden. Die Erläuterungen zur hellenistischen Periode können ebenfalls sehr kurz ausfallen, weil sie für das hier verfolgte Erkenntnisinteresse nur von geringer Bedeutung sind.
 
22
Siehe dazu die folgenden Details bei Rahmstorf (2006: 63): „Die ägäischen Tonplombenfunde der Frühbronzezeit II bilden somit den Ansatz zum palatialen Verwaltungssystem, das später auf Kreta in den älteren Palästen des frühen 2. Jahrtausends v. Chr. erstmals zu fassen ist. Das vorderasiatische System der Lagerraumverwaltung wurde somit in der Mitte des 3. Jahrtausends v. Chr. […] in der Ägäis angenommen. Aus der Ägäis sind inzwischen ein gutes Dutzend von Fundorten bekannt […], in denen eine administrative Siegelverwendung mittels Tonplomben nachgewiesen ist“.
 
23
Siehe zu Verortung und Interpretationsgeschichte Starr (1986: 16 f.): „In recent years, nonetheless, there has been a growing consensus that the epics, in their final form, are to be dated to the eighth century, the Iliad coming about a generation before the Odyssey; Hesiod’s poem is most properly placed about 700. It has become clear that the epic poets created their tales out of an ancestral stock of stories in a stylized, artificial vocabulary and a poetic technique which reached back centuries in oral transmission“.
 
24
Dass sich solche Mechanismen auch noch in der modernen Gesellschaft auffinden lassen, wurde ausgiebig anhand der Forschungen Zelizers diskutiert. Man kann hier ferner auf die klassische Arbeit des alten ökonomischen Institutionalismus zum Statuskonsum verweisen, Veblens (2009) The Theory of the Leisure Class: An Economic Study in the Evolution of Institutions, deren Erstauflage 1899 publiziert wurde. Es ist aber ein Unterschied, ob Statuskonsum in einer Welt praktiziert wird, die primär durch einen generalisierten Geldnexus gekennzeichnet ist, oder in einer solchen, in der davon noch keine Rede sein kann.
 
25
Bei der Diskussion der vorsokratischen Philosophie im Fortgang des Kapitels wird sich zeigen, zu welch einer radikalen Transformation des Weltverhältnisses die Einführung von Münzgeld, Alphabet und Polis führen sollten.
 
26
Viele neue oder vormals aufgegebene Standorte wurden besiedelt. Die Zahl der Bestattungen scheint stark angestiegen zu sein, was darauf hindeutet, dass auch die Bevölkerung zunahm. Das Ausmaß des Bevölkerungswachstums ist umstritten, aber die archäologischen Überreste suggerieren, dass die Zahl der Menschen, die die griechischen Gemeinden bewohnten, deutlich größer war als in den vorangegangenen Jahrhunderten (Schaps 2004: 80).
 
27
An dieser Stelle kann erneut auf die typischen Schräglagen bezüglich der verfügbaren Daten verwiesen werden: „And for no city other than Athens do we have a wealth of material from genres of literature such as forensic oratory or comedy“ (Robinson 2015: 217).
 
28
Entsprechend wurde gerade diese Periode im ansetzenden europäischen Diskurs der Moderne über jegliches rationales Maß hinaus idealisiert (siehe zur Korrektur insbesondere Unterkapitel 7.5.2. zu Sklaven als monetär handelbaren Waren
 
29
Siehe dazu unter Bezug auf Michael Stahl Löffler (2019: 462): „Stahl hält fest, dass die Griechen aufgrund einer normativen und subjektfigurativen Pfadabhängigkeit keinen Begriff für Außenpolitik entwickelt hatten, denn das Leitprinzip des agon sieht nur einen Gewinner und Herrscher vor. Da auch die Polisstruktur ‚dauerhafte Zusammenschlüsse größeren Maßstabs‘ verhindert, konnte das Problem der konfligierenden Machtzentren nach der Herrschaft Athens und dem Tod Alexanders nicht gelöst werden, woraufhin der Ägäisraum in den Diadochenkriegen bis zur Bildung der Monarchien politisch in Chaos und Anarchie verfiel“.
 
30
Es müsste geprüft werden, inwiefern sich diese für Griechenland „eigentümliche Kombination von Ferne und Nähe“ auch in anderen Achsenzeitkulturen wiederfinden lässt.
 
31
Das bedeutet selbstverständlich nicht, dass die frühe griechische Literatur keine Eigenständigkeit besessen hat. Seaford hat, wie bereits diskutiert – und um nur einen Aspekt zu nennen – darauf verwiesen, dass die Epen Homers eine Krise der Reziprozität reflektieren, für die es so in Mesopotamien keine direkten Vorgänger in der Literatur gegeben hat: „The concern of West, and generally of those who in recent years have with great success compared Greek with ancient Near Eastern material in various fields, is confined to the points of correspondence, which are indeed enough to show that the Homeric narratives were, however remotely, influenced by the Mesopotamian. But given these similarities, of no less interest is a fundamental difference. Each of the Homeric epics is, when compared with the epic narratives of other cultures, including the Mesopotamian, unusually centred around a crisis that is both political and economic“ (Seaford 2004: 71). Auch das spätere Genre der Tragödie ist – wie zu Anfang dieses Kapitels vermerkt wurde – zunächst eine genuin griechische Reflexionsform gewesen.
 
32
Zum Hintergrund siehe Lindberg (2007: 15): „The heavens have been objects of observation and speculation since the dawn of human existence. But our first evidence of close, systematic observation, measurement, and cataloging of the stars and planets is found among Babylonians during the second millennium b.c. Astronomical activity in other ancient cultures (Greece, India, and Egypt) not only emerged later, but also apparently owed its existence to Babylonian influence. It would be reasonable to suppose that Babylonian astronomy grew naturally out of Babylonian mathematics, as the riches of the latter were applied to celestial phenomena. But reality has a way of violating our reasonable expectations. It is true that Babylonians eventually developed a predictive mathematical astronomy, but not until centuries of celestial divination (the art of reading the heavenly signs as predictors of future events) had paved the way“.
 
33
Hoyrup (1994: 7) gibt allerdings zu bedenken, dass uns die babylonische Mathematik auch nur über Ausbildungsdokumente bekannt ist. Die Ausbildung zielte nicht auf das theoretische Verständnis von Methoden ab, sondern auf den Erwerb von praktischen Methodenkenntnissen.
 
34
Instruktiv für eine kulturevolutionäre Perspektive ist Pauls (2019: 208) medienmaterialistische Abhandlung zur Entwicklung der Mathematik, in der gezeigt wird, „dass die durch die Substitution von Rechenmitteln ins Werk gesetzte altgriechische Revolutionierung der Mathematik formal einen Vorgang ‚wiederholt‘, der sich bereits für die mesopotamische, die Arithmetik allererst begründende Substitution von Rechensteinen durch Schriftzeichen feststellen lässt“. Dies sei zwar kein Beweis, dass mathematische Revolutionen grundsätzlich mit Medienwechseln einhergehen, es liege, Paul zufolge, aber nahe, nach derartigen Medienwechseln Ausschau zu halten (ebenda). Damit vergleichbar – aber mit stärkerem Systematizitätsanspruch – thematisiert Löffler (2019: 694 ff.) die Mathematikgeschichte im Rahmen seiner Theorie als kumulative Folge von Rekursionsgraden diskreter Weltdifferenzierung.
 
35
Man denke auch an die noch heute übliche Bezeichnung der britischen Währung als „Pfund Sterling“, die ursprünglich ebenfalls eine Gewichtseinheit für genormtes Silber darstellte.
 
36
Siehe dazu weiter bei Hannah (2009: 68): „The earliest, surviving, dedicated sundial technology in the vicinity of the Greek and Roman worlds comes from Egypt and Mesopotamia. In Egypt, from the middle of the second millennium bc, there are L-shaped shadow clocks which measured the shadow cast through the day (though how is still debated). From Mesopotamia, from the end of that millennium about 1000 bc, there are written tables of shadow lengths between sunrise and sunset. These Babylonian tables presuppose some physical means of casting those shadows. In fact, the evidence for sundials among Greece’s neighbours is so early that it is surprising that we do not have earlier signs of anything similar from Greece than we do. The absence for so long of such technology in Greece suggests that what the Greeks did develop in this line was at least partly imported, rather than indigenous“.
 
37
Für van de Mieroop (2017: 213) zeigen die unterschiedlichen Schriftsysteme (nicht Sprachen!) Grenzen von Kulturdiffusion an: „To sum up this final era of Babylonian intellectual history, then, it is perhaps easiest to say that it hit a wall of incomprehension. When Greeks developed their scholarly practices on the periphery of the age-old Near Eastern cultural world, they may have tried to borrow from it, but they could do so only superficially. They could adopt ideas on how to formulate laws and how to exhibit them, and they could take over elements from tales about the universe’s creation. But they could not use the essential structures of Babylonia’s scientific exploration because they did not know its script“.
 
38
Dieser Nexus wird im nächsten Unterkapitel zur Genese des Münzgeldes und insbesondere zur weitergehenden Monetarisierung der Gesellschaft im Polis-Kontext nochmals von anderer Warte betrachtet. Ins vorliegende Unterkapitel sind bereits einige Bemerkungen zum Verhältnis von phonetischem Alphabet und Münzgeld eingeflochten.
 
39
Der Altphilologe Milman Parry hat in den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts die These stark gemacht, dass sich die Struktur der Homerischen Dichtung Regeln oraler Mnemotechnik verdankt und damit nicht primär der Intention des Dichters, sondern der Tradition der (oralen) Wissensüberlieferung geschuldet ist (Kloock und Spar 2007, S. 45 f.). Die Debatten, inwiefern die Ilias und die Odyssee auf in vorschriftlicher Zeit entstandenen Geschichten aufruhen, die zunächst mündlich tradiert wurden, dauern bis heute an (siehe Friedrich 2019).
 
40
Die Herkunft der phönizischen Silbenschrift ist nicht eindeutig geklärt. Es wird aber angenommen, dass sie auf eine ägyptische Schrift zurückgeht. Um 1000 v.u.Z. kann von einer vollständigen Entwicklung dieser Schrift ausgegangen werden, die sich ohne maßgebliche Differenzierungen nach Hebräisch-Palästina und bald darauf ins aramäisch-sprachige Syrien und das nördliche Mesopotamien ausbreitete (Powell 1999, S. 6).
 
41
Laut Powell (1999, S. 6) erschienen zwischen dem achten und sechsten Jahrhundert v.u.Z. in der Levante lokale Varianten dieser Schrift. In der westsemitischen Schrift gab es zwei Zweige, das Nordwest-Semitische (Phönizisch, Kanaanitisch, Hebräisch, Aramäisch, Samaritanisch) und das Südwest-Semitische (Nordarabisch, Südarabisch, Äthiopisch).
 
42
Siehe dazu Reden (2003, S. 178): „Ingots are pre-weighed, marked pieces of metal which have been found, for example, in […] North Syria. Stamps on ingots are probably examples of standardised metal units; yet these were measures of size and relative weight rather than of value“.
 
43
Vermutlich dürfen diese frühen Analogiebildungen – so treffend sie auch sein mögen – nicht überbewertet werden. Die schrifthistorische Datenlage, auf der Rousseau und Herder ihre Ideen entwickelt haben, ist selbstverständlich nicht mit der heutigen gleichzusetzen.
 
44
Eine ähnliche Einschätzung findet sich bei Assmann (2000, S. 268): „Die orientalischen Schriften sind als Instrumente politischer Repräsentation und wirtschaftlicher Organisation entwickelt worden; sie sind untrennbar verbunden mit der Bürokratie, die sich ihrer bedient zur Verwaltung großer Herrschaftsbereiche […]. Schreiben heißt soviel wie ordnen, planen, gliedern. Die Schrift ist hier in erster Linie ein Instrument organisierender Wirklichkeitsbewältigung und herrschaftlicher Repräsentation. Was sie schreibt, sind die Diskurse der Macht und der offiziellen Identität, Gesetze, Erlasse, Akten, Rituale, Opferstiftungen“. Wie im Kapitel zu Mesopotamien argumentiert, trifft diese Einschätzung zwar die Grundlinien der dortigen Schriftentwicklung sowie der primären Verwendungskontexte. Sie berücksichtigt aber zu wenig die endogene Weiterentwicklung der Schriftverwendung in Mesopotamien, die sich zumindest im Bereich des Handels auch auf Segmente ausweitete, die nicht unmittelbar der staatlichen Bürokratie zugehörig waren. Gleiches gilt für die Möglichkeit internationaler Kontakte. Wie im Kapitel zu Mesopotamien gezeigt, war es auch auf Basis der Keilschrift möglich, die Differenz verschiedener Sprachen zu überbrücken. Leistungsgewinne des phonetischen Alphabets sind zwar vorhanden, aber eher gradueller Natur.
 
45
Im nächsten Unterkapitel (7.3.) wird gezeigt, dass der relative Anteil der aktiv an Politik beteiligten Polis-Bürger im Verlauf der Entwicklung der Polis deutlich ansteigt, und zwar maßgeblich bedingt durch kriegerische Aktivitäten und dadurch forcierte Monetarisierungsprozesse im Rahmen der durch Recht geprägten Polis-Struktur. Das entspricht aber keinesfalls einer ansteigenden politisch-rechtlichen Integration der Gesamtbevölkerung, wie später in Unterkapitel 7.5.2. anhand der vom Recht fast vollständig ausgeschlossenen Sklavenpopulation gezeigt wird, die in dieser Zeit ebenfalls rasant angestiegen ist.
 
46
Die in der Textstelle präsente Engführung auf wissenschaftliche Eliten ist nicht zielführend, wie sogleich im Anschluss gezeigt wird.
 
47
In Mesopotamien hat dieser Prozess, wie ausgeführt, mehrere Jahrhunderte eingenommen. Schrift ist dort, wie geschildert, zunächst als spezifisches Medium der Rechnungslegung bzw. zentralistischen Wirtschaftsplanung entstanden. Entsprechend war das dortige Symbolsystem nicht von vornherein darauf angelegt, als Allzweck-Medium von Sinnspeicherung und Sinnübermittlung zu fungieren.
 
48
Der Begriff der sektorialen Schriftlichkeit wird bei Löffler mit Bezug auf Assmann verwendet, der ihn geprägt hat.
 
49
Wobei es, verglichen mit der stärker funktional differenzierten Gesellschaft der Moderne, im Griechenland der Antike noch weitaus mehr Einzelpersonen gab, die eine Mehrzahl solcher Rollen auf sich vereinen konnten.
 
50
Auf das Kleinasien dieser Zeit wird auch im Unterkapitel zur Genese der vorsokratischen Philosophie (7.4.) nochmals referiert, weil Münzprägung und Philosophiegenese dort räumlich und zeitlich zusammengefallen sind.
 
51
Als Einblick in den Verlauf entsprechender Kontroversen zur Datierung soll hier nur eine Passage von Schaps (2004, S. 95 f.) widergegeben werden: „The coins, which were very various in type, were surely not all minted just before being deposited or lost in the Artemision, but they cannot be taken as proof for the existence of coins for more than a few decades before they were first put there, giving a date somewhere around the year 620 for the minting of the first coins. A serious attack on this dating was mounted by Liselotte Weidauer, who preferred, on grounds that are chiefly stylistic, a date at the beginning of the seventh century. Robinson’s dating was accepted by most numismatists, but more recent excavations have demonstrated that the building that Hogarth took for an early temple is in fact the latest building on the site, apparently that of Croesus himself, so the archaeological context can guarantee only that the coins are earlier than about 560 B.C.E. It is unlikely that the last word has been said in this controversy“. Siehe dazu auch die Einschätzungen bei Howgego (2005, S. 2), Kim (2007, S. 11) sowie Davies (2005, S. 64). Für die Ägäis ist die Sachlage klarer, für die ersten in Athen geprägten Münzen wird ein Zeitpunkt um 575 oder 550 v.u.Z. angegeben (mehr hierzu unten).
 
52
Die Funde von athenischen Silbermünzen aus der klassischen Periode beispielsweise – um hier zeitlich vorzugreifen – decken sich nur begrenzt mit den aus literarischen oder epigraphischen Quellen sowie aus anderen materiellen Zeugnissen vorliegenden Informationen. So wurden nur wenige athenische Münzen entlang der Küste des Schwarzen Meeres und der Adria, in Mazedonien sowie in Thrakien gefunden, obwohl aus anderen Quellen gut belegt ist, dass hier zentrale Handelsrouten für Getreide, Holz und Sklaven verliefen. Gleiches gilt für die Verteilung der Funde keramischer Erzeugnisse – als weiterem zentralen Beleg für Handel – die sich ganz überwiegend nicht mit Münzfunden decken (Howgego 2005, S. 94 f.).
 
53
Siehe zu dieser chartalistischen Geldentstehungstheorie im Allgemeinen auch Peacock (2006, S. 639 f.): „A central authority (state) can impose debts (taxes, tribute) on the subjects over whom it rules. The state denominates these debts using a unit of account (e.g., ounces of silver) so that tax obligations are quantitatively specified. It further specifies the thing(s) to be used by subjects making tax payments; this might be the substance which forms the basis of the unit of account (silver), in which case, the thing performing the functions of unit of account and means of payment is the same; the means of payment can, however, be something different (e.g., wheat, paper money tokens). […] The means of payment need not, however, be a commodity at all; if it is not a commodity (either because market trade and hence commodity prices are scarcely developed or because the means of payment has no intrinsic value but is a mere token of debt), it will acquire value as a result of its role in payment: taxpayers must acquire the means of payment, and its issuer (the state) dictates the terms on which people may do so“.
 
54
Der Nexus von Münzgeld und Zählbarkeit wird auch von Netz (2002, S. 330) besonders betont: „State money was invented before coins, and representative money was invented after them. What coins did however was extremely important. They brought money under one's thumb and, in this way – given the nature of Greek numeracy – they made money participate directly in numerical operations. Put quite simply, one would now count one’s money“.
 
55
Auch Schaps ist zweifelsohne auf der Spur von Formzusammenhängen, wenn er betont, dass er überzeugt wurde, dass „the invention of coinage and its adoption by the Greeks involved an intellectual change of great importance – to put it clearly, if too simply, that the notion of money as we think about it, although it surely had antecedents, was something that had not been thought of before the Greeks adopted coinage. I became convinced, moreover, that this new concept arose at a time when it was particularly appropriate to the Greeks, for whom it offered a way of organizing and of thinking about many crucial matters for which their existing institutions were inadequate“ Schaps 2004, S. vi).
 
56
Die dazu herangezogene Textstelle sei hier noch einmal wiederholt. Assmann (2000, S. 264 f.) schreibt: „Unter dem Begriff ‚Schriftsystem‘ werden Fragen der Struktur, des inneren Aufbaus und der Funktionsweise einer spezifischen Schrift behandelt, z. B. ob eine Schrift ideographisch oder phonographisch, syllabisch oder alphabetisch ist, ob sie an eine Einzelsprache gebunden ist oder ob sie auch Laute/Wörter/Sätze einer anderen Sprache wiedergeben kann usw. Unter dem Begriff ‚Schriftkultur‘ geht es demgegenüber um Fragen der Institutionen und Traditionen des Schreibens, des Umgangs mit Texten, der Einbettung von Schrift und schriftlich fixierten Texten in die Gesellschaft“.
 
57
Es lässt sich freilich argumentieren, dass es bei den Lydiern ähnliche Opferpraktiken gegeben hat wie bei den von Homer beschriebenen Griechen des dunklen Zeitalters. Das vorliegende Unterkapitel geht dieser Frage nicht weiter nach, sondern fokussiert sich, Axel Paul folgend, unter abstraktionstheoretischen Gesichtspunkten auf die Passförmigkeit von griechischem Opferkult und Münzgeld. Siehe aber detailliert zu Laum die hervorragende Arbeit von Brandl (2015).
 
58
Ähnlich spricht auch Seaford (2004, S. 68) vom „animal sacrifice as an important factor in the genesis of coinage“.
 
59
Seaford (2004, S. 76) betont ferner die auch Fremde einbeziehende Funktion des Opfers bei Homer: „Another symptom of the inclusiveness of the Homeric sacrifice is that all three of the sacrifices described in detail in the Odyssey are marked by the participation of one or more strangers. Indeed it is a topos, in Homer and elsewhere, that strangers arrive during a sacrifice and are invited to participate“.
 
60
Weitere semantische Verbindungslinien werden bei Schaps (2004, S. 9 f.) genannt: „Other facts as well seemed to indicate that cattle had a particular role in the invention of money: bronze ingots of the Mediterranean Basin seemed to represent the shape of an ox’s hide, and the Latin word pecunia, ‚money‘, was connected to the word pecus, ‚cattle‘, as the Romans themselves had noticed. Since the idea that one item is the measure of all others is an important step on the way to the idea of money, it followed, according to Laum, that the idea of money did not develop from trade at all. He proposed that the origin of money came from the sacrificial animal’s status as a substitute for the sacrificer. When other items came to be accepted in place of cattle, they had to be evaluated in terms of cattle: this is the stage we see in Homer“.
 
61
Das dunkle Zeitalter war durch eine Vielzahl lokaler Häuptlingstümer gekennzeichnet, die sich häufig im Krieg mit ihren Nachbarn befanden. Eine Aristokratie von Grundherren und Häuptlingen herrschte über die Bauern, kontrollierte Naturalabgaben als auch die Luxusgüter, die durch den Fernhandel aus dem Nahen Osten kamen (Bresson 2014, S. 52).
 
62
Hierbei darf freilich die Bedeutung des ruralen Hinterlands nicht unterschlagen werden. Cartledge (1988, S. 34) weist zutreffend darauf hin, dass eine Bezeichnung wie Stadtstaat, die die konventionelle Übersetzung der Polis ist, in gewisser Weise eine Travestie darstellt, die das städtische Element auf Kosten des ländlich-urbanen Kontinuums überzeichnet. Die Mehrheit der griechischen Bevölkerung der Antike lebte durchgehend auf dem Land.
 
63
Zu den wechselnden Regierungsformen der Polis (etwa: Demokratie, Oligarchie und Tyrannenherrschaft) siehe ausführlicher Unterkapitel 7.5.1.
 
64
Dass die griechischen Abgrenzungen von östlichen Hochkulturen oftmals ideologisch überzeichnet waren, wurde eingangs dieses Kapitels vermerkt.
 
65
Dies wird in Unterkapitel 7.4. genauer betrachtet.
 
66
Beispiele für festgelegte Strafen betreffen unter anderem Mord, die Vergewaltigung einer freien Frau, Kuppelei, verbale Beleidigungen sowie den Export von Lebensmitteln (Seaford 2004, S. 194 f.).
 
67
Im fünften Jahrhundert v.u.Z. verwandelte sich diese Idee schließlich in das abstrakte Konzept der „Isonomia“, der Gleichheit aller Polis-Bürger vor dem Gesetz (Vernant 1983, S. 388 f.).
 
68
Siehe dazu auch die folgende Feststellung bei Müller (1975, S. 9): „Während die Forschung sich aber in größter Ausführlichkeit mit der Interpretation der Überlieferung der solonischen Reformen beschäftigt, wird die Tatsache der einheitlichen Regelung der Maße selbst kaum grundsätzlich gewürdigt, geschweige denn interpretiert. Es wird nicht gesehen, daß eine derartige Regelung überhaupt nur in einem gesellschaftlichen Entwicklungsstand notwendig und sinnvoll sein kann, wo die unmittelbare, autoritative Verteilung der Produkte z. B. gemäß den Stammestraditionen nicht mehr allein herrscht, sondern wo ein Teil der Produkte regelmäßig in den Austausch eingeht, d. h. in bestimmten Gebrauchswertquanten irgendwie gleichgesetzt werden muß“. Müller war freilich noch nicht bekannt, dass der Festlegung und Standardisierung von Maßeinheiten auch innerhalb der mesopotamischen Redistributionsökonomie bereits eine herausragende Bedeutung zugekommen ist und Maßeinheiten insofern nicht zwangsläufig auf eine weite Verbreitung von Markttausch verweisen.
 
69
Wie im Kapitel zu Mesopotamien erwähnt, stellte Schuldenerlass (blank slate) dort in vielen Perioden eine regelmäßige Praxis dar (bei Hudson 2018 ist dies im Detail aufgearbeitet). In Griechenland gab es zwar keine in ähnlicher Weise kontinuierlich institutionalisierten Erlasse. Solon hat allerdings nicht nur einen Schuldenerlass durchgeführt, er hat auch dafür gesorgt, dass es in Zukunft verboten war, dass Polisbürger mit ihrer eigenen Person für aufgenommene Schulden haften konnten. Auf diese Weise wurde die Institution der Schuldsklaverei abgeschafft. Gläubiger waren in der Folge gezwungen – wovon auch reichlich Gebrauch gemacht wurde (siehe ausführlich in Unterkapitel 7.5.2.) – Sklaven von außerhalb Griechenlands zu importieren (Cartledge 1988, S. 36).
 
70
Über die Frage, ob und inwiefern es im antiken Griechenland auch ohne die Vorlagen aus Lydien zur Herausbildung von Münzgeld gekommen wäre – gleichsam als autonome Entwicklung – lässt sich allerdings nur spekulieren.
 
71
Die Behauptung, der Fernhandel habe eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung und Verwendung des Münzgeldes gespielt, findet sich unter anderem bei Aristoteles. Der Zusammenhang ist insofern äußerst fragwürdig, als dass, wie oben im Text sowie zuvor im Buch abgehandelt, Fernhandel auf Basis von gewogenem Edelmetall erfolgreich durchgeführt wurde (Schaps 2004, S. 97). Münzgeld hätte demgegenüber keinen Vorteil mit sich gebracht, denn außerhalb der zunächst sehr beschränkten politischen Geltungsgrenzen der jeweiligen Münzen („Währungsräume“) hätte nur ihr Metallwert als Zahlungsmittel gezählt.
 
72
Ungeklärt ist die Frage, ob Silber – wie von Leslie Kurke vermutet – als favorisiertes Material für Münzgeld auch aus symbolischen Erwägungen gewählt wurde. Positiv dazu äußert sich Reden (2002, S. 54): „At least part of the reason why silver became the preferred metal for Greek civic coinages was its symbolic opposition to the elitist identification with pure gold“. Skeptischer zeigt sich Schaps (2004, S. 104): „I do not agree with Kurke’s suggestion […] that silver was adopted because it was a metal with a more middle-class ideology than gold. Silver had been the main medium of international trade throughout the eastern Mediterranean when Athens had been a village, and it needed no ideology to make it preferable to gold, which was too rare and too valuable“.
 
73
Bresson (ebenda) verweist hier unter anderem auf spätere Verlautbarungen Platons, der die Polis als eine Gemeinschaft definierte, deren Mitglieder regelmäßig zu ihrem gegenseitigen Nutzen miteinander verkehren würden.
 
74
Ganz ähnlich äußert sich Trundle (2010, S. 236): „The mid-sixth century bce saw the appearance of the three banker warship or triērēs, commonly today called the trireme. Triremes became the backbone of several large navies in the eastern Aegean around 500 bce. These new navies required and were the product of a more cohesive and solid infrastructure. They also consumed huge resources. There is, perhaps, no coincidence that coined money appeared in the Aegean basin at the same moment as these new three-banked vessels. Thucydides […] links naval power with money and the ability to wage major wars“.
 
75
Wesentlich später, zu Beginn des vierten Jahrhunderts v.u.Z., wurde auch die Teilnahme an politischen Versammlungen als solche entlohnt (Trevett 2007, S. 24).
 
76
Andererseits muss auch in Rechnung gestellt werden, dass es sich bei vielen späteren Stadtstaaten, die Münzprägung betrieben haben, um Oligarchien gehandelt hat (Trevett 2007, S. 32 f.). Es lässt sich vermuten – aber das müsste durch einschlägig ausgerichtete Forschungen empirisch analysiert werden –, dass die Münzgeldprägung innerhalb der Poleis Pfadabhängigkeiten in Kraft gesetzt hat, die auch von Seiten oligarchischer Regierungen nicht mehr vollständig revoziert werden konnten.
 
77
Dies bestätigt zugleich die oben erwähnte These von Robert Cook, wonach Münzen ursprünglich zur Bezahlung von Söldnerheeren geprägt wurden. Weitere Beispiele aus späteren Zeiten liegen vor im Alexanderreich (hellenistische Periode), als Münzprägung in vielen Regionen des Reiches erheblich zunahm, als ein wesentlicher Teil der Armee Alexanders ab ca. 324 v.u.Z. ausbezahlt und nach Hause geschickt wurde (Howgego 2005, S. 36).
 
78
Unter symbolischen Aspekten mag es von Bedeutung gewesen sein, dass die Münzen den Soldaten zugleich über ihre Einprägungen ihren Kriegsherren angezeigt haben (Trundle 2010, S. 231).
 
79
Auch bei Schaps (2004, S. 111) wird dieser Umbruch hervorgehoben: „The monetization of the marketplace appears to have been immediate (a matter of decades at the most) and total. Nowhere in the historical record after coins have been invented do we find local markets being run by barter. Everything sold in the marketplace was sold for a price, and the price was expressed and expected in coins. As we have seen in his story of Rhodopis, Herodotus was unaware that iron spits had ever been used as a medium of exchange. By the mid–fifth century and probably well before that, market trade implied coins“.
 
80
Siehe dazu Kula (1986, S. 18): „Newly emergent city-states created their own standards as symbols of their sovereignty, while those that had the misfortune to be conquered had the measures of the conqueror imposed upon them as symbols of the new domination“.
 
81
Worüber in der Literatur keine Einigkeit besteht, ist die Frage des „imperialistischen“ Charakters Athens. Handelte es sich bei den Versuchen, der eigenen Währung eine Monopolstellung zu schaffen, um ein Mittel zur Beherrschung der Alliierten oder zielten die Maßnahmen auf die Schaffung einer Interaktionssphäre, die allen Alliierten zu Gute kommen sollte? Das letztere Deutungsmuster wird bei Figueira (2013) ausführlich entwickelt.
 
82
Siehe dazu auch die Einschätzung bei Migeotte (2009, S. 137 f.): „A number of cities now gradually abandoned the minting of their own silver coins and adopted the ‚little owls‘ of Athens for their external trading, continuing meanwhile to issue bronze coins for internal use. This gradual supremacy received official confirmation just before or during the Peloponnesian War (the date is controversial), when Athens imposed its own currency, weights, and measures upon its allies“.
 
83
Siehe zur vormaligen Situation Gabrielsen (2013, S. 347): „A typifying feature of coinage was its diversity. Since the early emissions were based on locally prevailing, mutually incompatible weight standards, different currency standards existed simultaneously throughout the Greek world […]. Outside its own polis, a coin was valuable only as bullion, and several cities did not accept foreign currency. Moreover, except for the few places that possessed silver deposits (Athens, Macedon-Thrace), all others had to import silver“.
 
84
Nike wird in der griechischen Mythologie als Siegesgöttin ausgewiesen.
 
85
Einschränkend merkt Reden (2003, S. 108) an, dass es nicht völlig geklärt ist, inwieweit der ländliche Demos die eigentliche Machtbasis der Politiker blieb, gesichert ist aber, dass sich das Zentrum der Politik ideologisch in Richtung der Stadt und ihrer Agora verlagerte.
 
86
Das vorliegende Kapitel verwendet zumeist den allgemeineren Begriff der vorsokratischen Philosophie, der als Sammelbezeichnung alle Philosophen umfasst, die vor Sokrates (470–399 v.u.Z.) gewirkt haben oder von dessen Denken noch nicht beeinflusst waren. Die ionische Naturphilosophie stellt als erste Form von Philosophie in Griechenland die erste Phase der vorsokratischen Philosophie dar. Siehe als Übersicht die Anthologie von Long (1999) sowie unten die Tabelle in Unterkapitel 7.4.5.
 
87
Siehe dazu auch Habermehl (2015, S. 18): „Die Stadt Milet, Metropole des archaischen Ioniens, und dank ihrer Beziehungen ins östliche Mittelmeer lange Zeit eine der wichtigsten griechischen Vermittlerinnen orientalischer Technik und Theorie, erlebt im 6. Jahrhundert v. Chr. die Geburt der griechischen Wissenschaften“. Bei Löffler (2019, S. 464) wird festgehalten: „Die Philosophie und Mathematik der Griechen entstand in den ionischen Handelsstädten und gerade nicht im Kernland oder auf den Inseln, wo noch die Adelsstruktur vorherrschte, die den Ausbau einer konkurrierenden bürgerlichen informatorischen Elite verhinderte“.
 
88
Anaximander vorausgegangen ist Thales, der vermutlich um 624/23 v.u.Z. in Milet geboren wurde und ebendort in den Jahren zwischen 548 und 544 v.u.Z. verstarb. Thales gilt als Lehrer Anaximanders.
 
89
Maßgebliche Einsichten zur lange Zeit vernachlässigten Erforschung von Kleingeldgebrauch in Griechenland finden sich bei Kim (2002) und (2007).
 
90
In seiner jüngsten Monografie, die hier nicht mehr berücksichtigt werden kann, liefert Seaford (2020) einen Vergleich der frühesten Philosophien in Griechenland und Indien, wiederum mit besonderem Bezug auf Monetarisierungsprozesse.
 
91
Die verschiedenen Erklärungsmodi lassen sich auch im Bereich der Handlungsrationalität oder Subjekttheorie aufzeigen. Bei Homer ist es noch so, dass außergewöhnliche menschliche Taten unter Rekurs auf transzendente Einflüsse erklärt werden: „Wo immer ein Mensch mehr leistet oder mehr sagt, als sein bisheriges Verhalten erwarten läßt, führt Homer dies, wenn er es erklären möchte, auf das Eingreifen eines Gottes zurück. Vor allem echte, eigene Entscheidungen des Menschen kennt Homer noch nicht, auch in den Überlegungsszenen spielt deshalb das Eingreifen der Götter solche Rolle“ (Snell 2009, S. 28).
 
92
Diese philosophischen Entwicklungen bedeuteten natürlich nicht das Ende der griechischen Mythologie. Noch im fünften Jahrhundert sammelte der Historiker Herodot einen Großteil der alten mythologischen Texte und Überlieferungen und streute auch in seinen historischen Texten Geschichten über göttliche Eingriffe ein. Poseidon beispielsweise nutzte seinem Bericht zufolge die Flut, um einen Sumpf zu überschwemmen, den die Perser durchquerten. Und Herodot betrachtete eine Finsternis, die mit dem Abzug der persischen Armee nach Griechenland zusammenfiel, als ein übernatürliches Omen (Lindberg 2007, S. 26 f.).
 
93
Siehe dazu kulturvergleichend auch Seaford (2018, S. 383): „Both the Ṛgveda and Homer imply a conception of the universe that I call polytheist reciprocity. The universe is controlled largely by a variety of personal deities for whom humans provide offerings, sustenance, prayer and praise in order to elicit in return various forms of well- being. In the early Upanishads and Presocratics, by contrast, personal deities have been marginalised by the idea that everything is in fact a single entity (monism). In both cultures monism takes various forms, including what I call abstract monism, in which the single entity is abstract“.
 
94
Siehe dazu weiter Snell (2009, S. 212): „Schon Hesiod hatte versucht, die Erscheinungen der Welt dadurch systematisch zu ordnen, daß er alle Götter und Dämonen in einem genealogischen System zusammenschloß. Solcher Versuch, eine alles umfassende Ordnung in der Welt aufzuweisen, benutzte mythische Namen und nicht Dingwörter“.
 
95
Die manchmal aufzufindende Auffassung, bei Homers Epik habe es sich um eine Art Bibel der Griechen gehandelt, ist wenig überzeugend. Zwar sind Götter bei Homer omnipräsent, kanonisierbare religiöse Dogmen finden sich aber gerade nicht (McKirahan 2010, S. 19).
 
96
Siehe dazu Horrocks (2014, S. 60): „[M]ost of the great innovative thinkers from Ionia, like Thales (Miletus, 7th/6th centuries), Anaximander (Miletus, late 7th/6th centuries), Anaximenes (Miletus, 6th century) and Heraclitus (Ephesus, 6th/5th centuries), all wrote in prose, as did the geographer and historiographer Hecataeus (Miletus, 6th/5th century)“. Als Ausnahmen verweist Horrocks auf Xenophanes, Parmenides und Empedokles, die weiterhin der hesiodischen Tradition didaktischer Verse folgten und ihre Lehren in epischen Hexametern darlegten.
 
97
Als Kontrast wird wiederum oft auf Homer verwiesen, bei dem sich noch keinerlei philosophische Analogieschlüsse auffinden lassen, sondern auf Gleichnisse referiert wird (Snell 2009, S. 178). Bei Homer ist „die Abstraktion unentwickelt“, dafür ist „im Konkret-Sinnlichen eine Fülle der Bezeichnungen vorhanden“, die einer heutigen Leserschaft eher fremdartig anmutet (ebenda: 13).
 
98
Grethlein (2014, S. 235) weist darauf hin, dass Mündlichkeit ohnehin durch den einsetzenden Schriftgebrauch zunächst nicht aus gesellschaftlich relevanten Kontexten verdrängt wurde: „Writing was introduced at the beginning of the Archaic age around 800, but until the fourth century oral performances were the primary means of disseminating poetry as well as oratory“.
 
99
Siehe ausführlich Marcinkowska-Rosol (2014), die sich mikrologisch mit den auf die Milesier bezogenen Textzeugnissen bei Aristoteles beschäftigt.
 
100
Anaximenes wird insbesondere die erstmalige Verwendung von Analogieschlüssen zugeschrieben, einer Methode, die dann die (natur-)wissenschaftliche Forschung der folgenden Zeit bestimmen sollte (Zimmermann 2015: 19).
 
101
Siehe dazu Seaford (2004: 253): „We have seen that the strange notion of imperceptible, abstract being was not invented ex nihilo by Parmenides but developed gradually in earlier views which nevertheless basically adhered to material monism. Parmenides took this development to its extreme by stripping what exists of all qualities except what is fundamental to Anaximander’s apeiron, Anaximenes’ air, etc., namely being“.
 
102
Der zwischen Anaximenes und Parmenides anzusiedelnde Xenophanes wird hier nicht näher behandelt. Er ist der erste Philosoph, von dem mehr als nur Bruchstücke seines Denkens überliefert sind (Seaford 2004: 209). Er ist ebenfalls in Ionien aufgewachsen, ging dann aber nach der Eroberung seiner Heimatstadt Kolophon ins hellenistische Süditalien sowie an die Ostküste Siziliens. Verkürzt lässt sich sagen, dass Xenophanes das vorsokratische Programm auf den Bereich der Religion übertragen hat. Er kritisiert den Anthropomorphismus der tradierten griechischen Götterwelt scharf und entwickelt eine monotheistische bzw. pantheistische Auffassung (Habermehl 2015b)
 
103
Hier sei die Nebenbemerkung erlaubt, dass der im sechsten Kapitel erfolgte Blick auf die Rekonstruktion des Werts bei Marx – zentriert um verschwindende Formen von Wertförmigkeit und die Frage der Verselbständigung des Werts bei der Diskussion insbesondere der dritten Geldform (Geld als Wertaufbewahrungsmittel) – ganz ähnliche Argumentationsmuster gezeigt hat (freilich ohne dass bei Marx die Verbindung zur Entwicklung von Denkformen bereits in dieser Form vorgelegen hat).
 
104
Eine damit einhergehende neue Denkform ist die Deduktion bzw. der deduktive Beweis, die es im Denken der frühen Vorsokratiker in dieser Form noch nicht gab. Bei den frühen Ioniern war der Maßstab für die Gültigkeit einer Theorie das eher vage Kriterium der Plausibilität. Jeder Philosoph hat eine spezifische Konzeption der Natur und der Geschichte des Universums erzählt. Ihr Ziel war es, die plausibelste Geschichte zu erzählen, dies allerdings gemessen an einem noch unvollständig spezifizierten Satz von rationalen Kriterien (McKirahan 2010: 76). Parmenides rückt demgegenüber – in der Linie der oben erwähnten Trennung zwischen den Objekten der mentalen Abstraktion und den Objekten der Sinne – eine systematische Analyse der aufeinander folgenden Denkschritte ins Zentrum.
 
105
Breuer zieht von dort aus Parallelen zur modernen Philosophie: „Der Mensch, heißt es jetzt, ist der Maßstab der Dinge, denn alles, was dem Menschen vorkomme, sei auch wirklich so; ‚was aber keinem einzigen Menschen erscheint, das ist Überhaupt nicht vorhanden‘. Die Sophistik ist dualistisch, insofern sie eine Grenze zwischen dem denkenden Subjekt und der Gesamtheit der äußeren Wirklichkeiten zieht. Sie ist relativistisch, insofern sie alle Erkenntnis der äußeren Wirklichkeit auf die Wahrnehmungsbeziehung reduziert. Und sie ist subjektivistisch und perspektivistisch, insofern sie im Subjekt die einzige ordnungsstiftende Instanz sieht. Hegel hat deshalb recht, wenn er die Sophistik in die Nähe der Aufklärung rückt und meint, das Prinzip der modernen Zeit beginne in dieser Periode“ (Breuer 1994, S. 26).
 
106
Dieser Aspekt wird in Unterkapitel 7.5.3. noch etwas weiter ausgeführt sowie dann im abschließenden Unterkapitel 8.​4. wieder aufgegriffen.
 
107
So auch die Einschätzung bei Cartledge (2009, S. 161): „The distinction between politics and democratic politics has rightly been insisted upon. The former was common to most of Hellas, by the fifth century at the latest, whereas the latter became widespread only in the fourth century, after which it virtually disappeared once again“.
 
108
Das gleiche Muster zeigt sich auch noch wesentlich später: „So popular was the demand for a debt jubilee that the 4th-century BC Greek general Aeneas Tacticus advised attackers of cities to draw the population over to their side by cancelling debts, and for defenders to hold onto the loyalty of their population by making the same offer. Cities that refrained from cancelling debts were conquered, or fell into widespread bondage, slavery and serfdom“ (Goodhart und Hudson 2018, S. 7).
 
109
Ein weiteres Beispiel liefert Strauss (2013, S. 28 f.) mit der athenischen Tyrannei von Peisistratos und seinen Söhnen, die fast vier Jahrzehnte (von 546 bis 510 v.u.Z.) anhielt. Ihr kann einerseits ein Einfluss auf den fortan schlechten Ruf von Tyrannen zugeschrieben werden. Andererseits zeichnete sich ihre Herrschaft durch eine gewisse Privilegierung des einfachen Volkes gegenüber der Elite aus, was sich im Bau öffentlicher Gebäude und in Festen auf Staatskosten manifestierte.
 
110
Das war nicht immer so oder hat jedenfalls oftmals für Verwirrung gesorgt: „Ideological, since although the lingering poison of slavery does not subtly contaminate the modern historiography of ancient Greece as it inevitably does that of New World slavery, there have always been ancient historians who find it hard to stomach the notion of slavery as an integral part, let alone the basis, of a civilisation they like to see as the fountainhead of everything most admirable in the entire western cultural tradition“ (Cartledge 1988, S. 33).
 
111
Im Kapitel zu Mesopotamien wurde darauf hingewiesen, dass der Anteil dezidierter Sklaven in den verschiedenen vorachsenzeitlichen Hochkulturen verglichen mit Griechenland eher niedriger anzusetzen ist. Näher zu klären wäre in diesem Zusammenhang die Charakterisierung und Einschätzung der mesopotamischen Corvée.
 
112
Auf ein weiteres semantisches Beispiel, das eine solche Interpretation rechtfertigt, verweist Rihll (2011, S. 51: „Various terms were used to signify slaves but the one most appropriate in this context was andrapodon, ‚man-footed thing‘. The conception was based on the model of four-footed animals, tetrapoda, and the cattle market“.
 
113
Für den englischen Ausdruck chattel slaves liegt keine deutsche Übersetzung vor. Entsprechende Verwendungen in englischen Texten werden im Deutschen immer nur generalisierend als Sklaverei wiedergegeben. Chattel bezeichnet in der juristischen Fachsprache ein bewegliches Hab und Gut, chattel mortgage bezeichnet ein Pfandrecht an beweglichen Sachen.
 
114
Wenn in diesem Unterkapitel das Augenmerk auf die Differenz von traditioneller Sklaverei und chattel slaves gelegt wird, dann soll damit keine Homogenität der letzteren Gruppe unterstellt werden. Im Gegenteil hat die Integration von Sklaven in einen dezidiert ökonomischen Nexus sicher zur Ausdifferenzierung dieses Segments beigetragen. So konnten Sklaven durchaus von ihrem Sklavenstatus befreit werden. Auch wenn sie dann immer noch nicht die vollen Rechte und Privilegien eines Bürgers besaßen, konnten sie doch mitunter als Metöken wirtschaftlich prosperieren (Engen 2004, S. o. S.).
 
115
Graeber (ebenda: 229) bezieht sich unter Rekurs auf Ingham auf einen „military-coinage-slavery complex“ (siehe dazu auch Dodd 2016, S. 94 f.).
 
116
Ähnliche Rechtfertigungsmuster finden sich später auch im Zuge des von Europa ausgehenden kolonialistischen Sklavenhandels, siehe dazu Weinberger (1978).
 
117
Diese Konstellation änderte sich dann im Mittelalter grundlegend: „Dadurch, dass der Herr durch das Ausbleiben neuer Sklavenlieferungen auf die Reproduktion seiner Untertanen angewiesen war und sie in den Kreis der Einzelfamilie stellte, neigte sich die Machtbalance deutlich zugunsten der untersten Schicht der sich nunmehr erheblich wandelnden Gesellschaftsordnung. Die ökonomischen Verhältnisse verdrängten den einfachen Gegensatz von freier und unfreier Arbeit und formten schon in der spätrömischen Zeit die Umrisse der feudalen Ständegesellschaft“ (Postberg 2013, S. 89).
 
118
Der Begriff der „zusammengesetzten Maschine“ stammt aus Metz (2006). Löffler (2019, S. 489 f.) formuliert unter Bezug auf diesen (2019): „So ist die Technik der Griechen […] charakterisiert von ‚handbewegten Werkzeugen‘ und ‚Maschinen, die nicht der Bewegung des Werkzeugs dienen, sondern der Verstärkung der Muskelkraft.‘ Diese ‚einfachen Maschinen‘ sind schiefe Ebene, Keil, Schraube, Hebel und Rad, die ‚mächtigen Fünf‘ der Leistungserhöhung‘. Funktional bestehen einfache Maschinen aus einer Kraftquelle (etwa Muskeln oder Zuggewichten am Flaschenzug), einer Umlenkstelle oder eines Vermittlers (Rolle oder Seil) und dem Empfänger (der zu bewegende Gegenstand). In ihnen wird vornehmlich Muskelkraft um einen Grad verstärkt und mittels eines Gelenkpunktes umgelenkt (dieser kann auch als lokaler archimedischer Fixpunkt bezeichnet werden, etwa der Hebelpunkt oder die Aufhängung der Umlenkrolle). Die später durch Archimedes unternommene geometrische Beschreibung der zugrundeliegenden mechanischen Hebelgesetze macht sie ubiquitär anwendbar. Das Charakteristikum dieses Entwicklungsstands der Technologie ist jedoch, dass ‚einfache Maschinen‘ noch nicht in Reihe geschaltet werden, um mehrgelenkige ‚zusammengesetzte Maschinen‘ zu bilden. Dies verhindern primär die verwendeten Materialien wie Holz, die nur eine begrenzte Präzision und Kraftübertragung erlauben. Die Qualität der Werkstoffe verunmöglicht so technische Anordnungen, in denen Kraftübertragung zuverlässig reproduzierbar, messbar und quantifizierbar ist“.
 
119
Indirekt mag die kontinuierliche Verfügbarkeit günstiger Sklaven insofern doch als Innovationshemmnis gewirkt haben, als dass diese Verfügbarkeit Lohnanstiege auf Seiten der freien Lohnarbeiterschaft systematisch begrenzt bzw. verhindert hat und damit einen – verglichen mit der Konstellation im modernen Kapitalismus – negativen Einfluss auf die Nachfrageseite hatte (Schaps 2004, S. 159).
 
120
Dass Sozialstruktur und Semantik faktisch einem Realitätskontinuum angehören und insofern nicht als unabhängig voneinander zu denken sind, soll mit solch einer Trennung selbstverständlich nicht suggeriert werden. Die Einteilung nach sozialstrukturellen und semantischen Aspekten folgt lediglich pragmatischen Gründen der Darstellungsökonomik.
 
121
Die listenförmige Präsentation impliziert auch, dass zwar Elemente der beiden unterschiedlichen Formzusammenhänge von Antike und Neuzeit bzw. modernem Kapitalismus genannt und diskutiert werden. Eine systematische Analyse bildet aber nicht mehr das Thema des vorliegenden Buches. Siehe zur Neuzeit als maschinen-integrativer zivilisatorischer Kapazität Löffler (2019, S. 391 ff. und 497 ff.).
 
122
Dabei hat es sich um eine Art Schattenwirtschaft gehandelt: „Functioning within a legal system that did not recognize businesses as autonomous persons for juridical purposes, the Athenian bank was not an ‚institution‘, but an intensely personalized ‚operation‘ (ergasia) conducted by individuals having considerable skill in finance. Because Athenian banking was closely involved with the ‚invisible‘ (aphanês) economy, which avoided taxes and creditors, the bankers also needed discretion” (Cohen 2011: 61).
 
123
Detaillierte Überlegungen dazu finden sich bereits bei Vernant (1983: 396 f., vgl. auch Snell 2009: 212 f.): Der griechischen Philosophie und Proto-Naturwissenschaft blieb die Idee des systematischen wissenschaftlichen Experimentierens weitestgehend fremd, die einzelnen Wissensbereiche wurden weit weniger miteinander verkoppelt als in Neuzeit und Moderne. Zwischen Mathematik und Physik (oder zwischen Kalkül und Erfahrung) gab es nur wenige Verbindungen, die Mathematik blieb ein Teil der Logik. Vernant resümiert: „Greek reason is the type of reason that makes it possible to act in a positive, deliberate, and methodical manner upon men, but not to transform nature“ (ebenda).
 
124
Details dazu finden sich bei Metz (2006), im letzten Unterkapitel 8.​4. wird das Thema der Energiequellen etwas systematischer skizziert.
 
125
Siehe dazu im Detail Migeotte (2009, S. 34 f.): „Both Plato and Aristotle repeatedly pondered the use, acquisition, and trading of material goods and the advantages and disadvantages that proximity to the sea presented to a city. Their writings reflect development in their thinking. While continuing to affirm the ideal of the greatest possible self-sufficiency […], they both recognized that the natural evolution of societies had imposed, as necessities, trading, commerce (both local and distant), and the use of money […]. At the beginning of the Politics […], Aristotle distinguished chrematistics from acquisition that conformed with nature, was part of the oikonomia, and was limited to the products necessary for living well […]. Immediately after, however […], in a passage possibly inserted at a later date, he declared that he was moving on from theory to practice and was speaking of the utility of chrematistics in perfectly straightforward terms, rather than returning to his earlier distinction. Finally, in his Rhetoric […], he not only classified provisioning (trophe) for the city as one of the five major preoccupations of politicians (along with public resources [poroi], war and peace, protection of the territory, and legislation) but also stressed the need for exports (exagoge) and imports (eisagoge) and the usefulness of treaties (synthekai) and conventions (symbolai) concluded with other parties“.
 
Metadata
Title
Das achsenzeitliche Griechenland: Zum Formzusammenhang von Münzgeld, phonetischem Alphabet, Polis-Struktur und vorsokratischer Philosophie
Author
Hanno Pahl
Copyright Year
2021
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-32684-5_7