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Open Access 2023 | OriginalPaper | Chapter

5. Mediationsanaloge Nachfolgeplanung

Authors : Martin Fries, Ralf Deutlmoser

Published in: Mediation im Erbrecht

Publisher: Springer Berlin Heidelberg

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Zusammenfassung

Gutes Konfliktmanagement ist frühes Konfliktmanagement. Die klassische Mediation kommt im Idealfall der mit einem Prozess notwendig verbundenen Polarisierung der Streitigkeit zuvor und kann so den guten Willen der Beteiligten aufrecht erhalten. Zeichnet sich Streit zwischen den Erben allerdings schon zu Lebzeiten der Erblasserin ab, spricht viel dafür, bereits zu diesem Zeitpunkt ein Mediationsgespräch zu führen. Es versteht sich von selbst, dass die Erblasserin dann mit am Tisch sitzt. In ihrer Anwesenheit werden sich ihre Erben vergleichsweise kooperativ verhalten. Und zuweilen kann die Erblasserin in einem solchen Setting sogar Missverständnisse ausräumen, die sonst nach ihrem Tod einen Konflikt hervorrufen oder verschärfen würden.
Es kommt nicht selten vor, dass eine Erblasserin mit ihren Verwandten bereits zu ihren Lebzeiten darüber nachdenken möchte, wie sie ihre letzten Dinge strukturiert und interessenorientiert regeln kann. In diesen Fällen empfiehlt es sich, die Nachfolgeplanung analog den Phasen einer Mediation anzugehen; man spricht dabei auch von einer Gestaltungsmediation. Soweit die Beteiligten damit rechnen, dass sich bestimmte Problemlagen erst nach dem Tod der Erblasserin ergeben, empfiehlt es sich, in Testament oder Erbvertrag eine Mediationsklausel aufzunehmen; dies ist Gegenstand des sich anschließenden sechsten Kapitels.
Mit der Regelung ihrer letzten Dinge haben es die meisten Menschen nicht besonders eilig. Wenn sie überhaupt testieren, geschieht dies regelmäßig erst im hohen Alter.1 Dabei liegt das Augenmerk dann zumeist allein auf dem Wer und nur selten auf dem Wie der Nachfolgeregelung. Das liegt mitunter daran, dass die Beteiligten ihre Wünsche und Vorstellungen nicht offen kommunizieren, teilweise aber auch daran, dass sie schlicht das Konfliktpotenzial unterschätzen, das mit der Verteilung großer Vermögenswerte fast zwangsläufig verbunden ist. Die Nutzung mediativer – bzw. konkreter: interessenorientierter – Ansätze bereits bei der Nachfolgeplanung kann hier entscheidend zu Konfliktvermeidung und Deeskalation beitragen.
Den zentralen Anknüpfungspunkt für die Anwendung interessenorientierter Methoden bei der Nachfolgeplanung bildet der Umstand, dass potenzielle Erblasser und Erben im Hinblick auf die Abwicklung des Nachlasses häufig weitgehend gleichlaufende Vorstellungen haben. So zeigt eine repräsentative Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Deutschen Bank aus dem Jahr 2015: Potenziellen Erblassern ist es zu 77 % besonders wichtig, dass es keinen Streit um das Erbe gibt, weiteren 14 % ist dies ziemlich wichtig. Bei den künftigen Erben treffen diese Aussagen auf 74 % und 17 % zu. Zudem ist potenziellen Erblassern zu 73 % besonders bzw. zu 19 % ziemlich wichtig, dass klare Regelungen hinsichtlich der Aufteilung des Erbes getroffen werden. Dies trifft bei den künftigen Erben mit 72 % und 21 % nahezu in gleichem Umfang zu.2 Man kann diese Punkte einfach zusammenfassen mit folgenden Worten: Neun von zehn Erblassern wie Erben wünschen sich Klarheit hinsichtlich der Aufteilung des Erbes und eine streitfreie Nachlassabwicklung.
Eindeutige Regelungen sind demnach von allen Beteiligten gewollt. Sie stellen zudem ein wichtiges Mittel dar, die Anzahl auftretender Konflikte deutlich zu begrenzen. Gelingt es den Betroffenen und ihren Berater, (laien)verständliche und rechtlich belastbare Regelungen zur Aufteilung der Erbmasse und zur Abwicklung des Nachlasses zu treffen, reduziert sich das Konfliktpotenzial bereits massiv. Denn ein hoher Prozentsatz erbrechtlicher Streitigkeiten betrifft im Ausgangspunkt schlicht eine Frage, die sich nach Eintritt des Erbfalles kaum mehr eindeutig klären lässt: Was hatte die Erblasserin eigentlich im Sinn?
Werden die hinter einzelnen testamentarischen Verfügungen stehenden Motive nicht offen gelegt und findet mit den potenziellen Erben auch zu Lebzeiten keinerlei Austausch darüber statt, sind diese gezwungen, nach dem Tod der Erblasserin darüber zu spekulieren. Dies gilt in besonderem Maße dann, wenn sich die Sachlage verändert hat und die getroffene Regelung nicht mehr perfekt passt. Nicht selten entstehen daraus sehr divergierende subjektive Realitäten, die dann Ausgangspunkt von – oft erbittert geführten – Auseinandersetzungen werden. Klarheit und Konfliktarmut stehen dabei nicht überschneidungslos nebeneinander. Vielmehr ist die Klarheit der Nachfolgegestaltung ein Baustein hin zur Konfliktvermeidung.
Eine Erblasserin hatte im Abstand mehrerer Jahre vor ihrem Tod zwei Testamente erstellt; eines davon nach deutschem Recht und eines nach ausländischem Recht. Das deutsche Recht sah die Erbeinsetzung ihrer beiden Kinder je zur Hälfte vor; mit dem ausländischen Testament wurde einer der beiden Abkömmlinge als Erbe des ausländischen Grundbesitzes eingesetzt. Nach dem Tod der Erblasserin stritten ihre Kinder unter Einsatz hoher finanzieller und emotionaler Ressourcen, ob für den ausländischen Grundbesitz, der prozentual nicht einmal 10 % des Nachlasses ausmachte, ein Ausgleich zu leisten sein sollte. Die Uneinigkeit betraf letztlich die Frage, ob die Erblasserin eine exakte Gleichbehandlung der beiden Kinder gewollt hatte. Hierüber gab es keine belastbaren Informationen. Es verwundert kaum, dass aus dieser Fakten- und Planungslage zunächst langwierige und erbitterte kostspielige Auseinandersetzungen auf juristischer Ebene erwuchsen. Im Ergebnis ließen sich die wesentlichen Streitpunkte dann in einer Mediation beseitigen. Knackpunkt war dabei die Abkehr von juristischen Argumenten und das Herausarbeiten des beiderseitigen Interesses an einer Gleichbehandlung der Geschwister. Durch eine klare Regelung hätte sich der Streit vermeiden lassen, im Wege der Mediation fand er zumindest ein glimpfliches Ende.
Das soeben erläuterte Beispiel zeigt: Orientiert sich bereits die Nachfolgeplanung zu Lebzeiten der Erblasserin an den Zielen von inhaltlicher Klarheit und streitarmer Nachlassabwicklung, reduziert dies Quantität uns Destruktivität erbrechtlicher Konflikte nach ihrem Tod massiv. Eine Nachfolgeplanung, die diese Ziele verwirklicht, lässt sich entlang den aus § 3 bekannten Kernphasen einer Mediation strukturieren. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Reflektion der Erblasserin über ihre eigenen Interessen und diejenigen der weiteren Beteiligten. Ihre Berater sollten dabei im Auge haben, dass erbrechtliche Planungen und Auseinandersetzungen regelmäßig zu komplex und emotional belastet sind, um schnellen und einfachen Lösungen unmittelbar zugänglich zu sein.
Während die Einleitung einer Mediation bei bereits bestehendem (Erbrechts-)Konflikt kein Selbstläufer ist,3 wird eine Initiative der Erblasserin, die Nachfolgeplanung gemeinsam zu besprechen, häufig erfolgreich sein. Dabei sollte die Erblasserin jedoch auf gewisse Anlaufschwierigkeiten vorbereitet sein, um Enttäuschungen, die sich negativ auf das Klima der Zusammenarbeit auswirken können, möglichst zu vermeiden. Auch bei den weiteren Beteiligten kann es Gründe geben, die eine Beschäftigung mit der Nachfolgeplanung erschweren. Die Tabuisierung der Vergänglichkeit der Erblasserin kann bei den Abkömmlingen oder (Ehe-)Partnern sogar stärker als bei der Erblasserin selbst ausgeprägt sein. Dies gilt noch einmal umso mehr, wenn diese ihre Nachfolgeplanung frühzeitig angeht.

5.1 Entscheidung für einen interessenorientierten Planungsansatz

Erörtern die Beteiligten ihre Interessen nicht im Rahmen eines klassischen Streitverfahrens, sondern bereits vor der Entstehung eines Konflikts bzw. im konkreten Fall im Rahmen einer präventiven Nachfolgeplanung, obliegt die Gesprächssteuerung nicht unbedingt einer Mediatorin, sondern wird zumindest vorläufig von einem Berater wahrgenommen. Das kann durchaus der „Hausanwalt“ der Erblasserin sein, der im Laufe des Verfahrens ggf. die Hilfe einer professionellen Mediatorin hinzuzieht. Dieses Modell eröffnet einen niederschwelligen Zugang zu einer interessenorientierten Nachfolgeplanung, denn der Hausanwalt ist weiterhin (bezahlter) Bestandteil der Wertschöpfungskette und hat keinen Grund zur Sorge vor der Abwerbung des Gesamtmandates. Gleichzeitig zeigt die Erfahrung, dass Mandanten es durchaus schätzen, wenn Hausanwälte erkennen, an welchen Stellen das Hinzuziehen einer Expertin dem Wohl der Mandantin dient. Sowohl die Einschätzung der Gesamtkompetenz des Hausanwalts als auch das in ihn gesetzte Vertrauen steigen damit im Ergebnis eher an.
Die wesentlichen Schritte einer nach den Phasen einer Mediation strukturierten, interessenorientierten Nachlassplanung seien im Folgenden jeweils unter Bezug auf einen Beispielsfall aus der Praxis erläutert.
Beispiel
Erblasser Eduard (74) ist seit mehr als vierzig Jahren mit Frida (64) im gesetzlichen Güterstand verheiratet. Beide stammen aus gutbürgerlichen Verhältnissen, und Eduard blickt auf ein erfolgreiches Berufsleben zurück. Nach dem „aktiven“ Managerleben beteiligt er sich an jungen Unternehmen. Diesen stellt er Kapital, vor allem aber auch Expertise und sein Netzwerk zur Verfügung. Auch anderweitig ist er ein gefragter Gesprächspartner und bezieht laufende Einnahmen aus diversen Beratungs- und Aufsichtsratstätigkeiten mittelständischer Unternehmen. Derweil bezieht Frida Einnahmen aus der Vermietung einer signifikanten Auslandsimmobilie, die ihr Eduard vor mehr als zehn Jahren übertragen hatte. Ihr übriges – weitgehend ererbtes – Vermögen ist konservativ angelegt.
Aus der Ehe stammen die beiden Kinder Stefan (40) und Tamina (38). Das jüngste Kind von Eduard, Bijan (15), stammt aus einer außerehelichen Beziehung zwischen Eduard und Mara (42). Stefan gilt als risikoaffiner – mancher würde sagen waghalsiger – Lebemann mit stark schwankendem Einkommen. Tamina arbeitet erfolgreich in der Finanzbranche mit entsprechendem Einkommen. Mara wechselt häufiger ihre meist schlecht bezahlten Anstellungen und kämpft regelmäßig mit Liquiditätsproblemen. Aus der Vergangenheit ist bekannt, dass sie auch generell schlecht mit Geld umgehen kann. Bijan besucht (gerne) eine international ausgerichtete Privatschule, die Eduard bezahlt.
Zwischen Stefan und Tamina besteht regelmäßiger aber eher loser Kontakt; zu Bijan und Mara haben beide ebenso wenig Kontakt wie Frida. Eduard pflegt seinen Kontakt mit Bijan und Mara. Er verheimlicht die Treffen nicht, gesprochen wird darüber aber auch nicht. Seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber Bijan kommt er stets großzügig nach und unterstützt auch Mara immer wieder, ohne dass eine entsprechende Rechtspflicht bestünde. Mündlich hat er Mara oft versichert, dass sie sich auf ihn in finanzieller Notlage verlassen könne.
Eduard ist bei guter Gesundheit; gelegentlich aufkommende Gedanken über die eigene Endlichkeit schiebt er konsequent beiseite. Er sieht daher auch keine Veranlassung sich Gedanken über ein Testament zu machen. Zudem ist er sich der Komplexität einer etwaigen Erbauseinandersetzung bewusst, scheut aber die Auseinandersetzung hierüber und vertraut darauf, dass alle Beteiligten im Erbfall schon rational und damit ohne große Konflikte „sein Erbe“ regeln werden.
Es bedarf keiner großen Phantasie oder Erfahrung in erbrechtlichen Angelegenheiten, um zu erkennen, dass das Konfliktpotenzial in einem solchen Fall immens ist. Sollte es zu einem ungeregelten Erbfall kommen, wird dieser fast zwangsläufig zu massiven Auseinandersetzungen auf juristischer wie persönlicher Ebene führen. Eine reflektierte, interessenorientierte Nachfolgeplanung liegt im Interesse aller Beteiligten. Weil dies für Eduard als unmittelbar Betroffenen schwer zu sehen ist, braucht es im Zweifel einen Fingerzeig von einer familiären Autoritätsperson, einem Anwalt oder einer Notarin, um ihn für das Thema zu sensibilisieren.

5.2 Bestandsaufnahme

Analog zum Vorgehen in einer Mediation4 sollte sich an die Entscheidung zugunsten einer interessenorientierten Nachfolgeplanung eine Bestandsaufnahme anschließen. Das bedeutet: Die Gesprächsparteien sollten gemeinsam den Hintergrund ausleuchten, vor dem die Nachfolgeplanung stattfinden soll. Diese Sachverhaltsklärung dient naturgemäß einerseits dem Verständnis der mandatierten Anwältin, sie dient aber auch der Selbstvergewisserung bzw. gegenseitigen Vergewisserung der beteiligten Personen, wer für die Erbfolge eine Rolle spielen könnte und welche Details aus der Familiengeschichte für die Planung Bedeutung entfalten könnten.

5.2.1 Personen

Die erste Station der Bestandsaufnahme sollte stets darin bestehen, dass die bereits am Planungsprozess beteiligten Personen – häufig wird dies auch nur die Erblasserin mit ihrem Hausanwalt sein – gemeinsam überlegen, welche weiteren Personen zu welchem Zeitpunkt in die weitere Planung mit einbezogen werden sollten und in welchem Verhältnis diese zueinander stehen. In Betracht kommen dabei unter anderem Ehegatten, Lebenspartner, unverheiratete Partner, Abkömmlinge, weitere Verwandte oder sonstige enge Bezugspersonen wie Haushaltsgehilfen oder Pflegepersonal.5 Die Entscheidung, wer zur Nachfolgeplanung im Stadium der gemeinsamen Interessenermittlung hinzugezogen werden sollte, sollte sich grundsätzlich daran orientieren, wessen Verhalten oder Input relevant oder notwendig für die Realisierung der Interessen der Erblasserin ist. Dies ist letztlich eine Frage der Abwägung im Einzelfall. Dabei ist einerseits zu berücksichtigen, dass die für den Prozess bedeutsamen Interessen einen Statthalter erhalten, dass die Zahl der Beteiligten aber insgesamt nicht unübersichtlich wird.6
Besondere Herausforderungen treten naturgemäß dann auf, wenn bestimmte Personen enterbt oder bekannte Erwartungen enttäuscht werden sollen. Häufig findet eine Kommunikation hierüber noch nicht zu Lebzeiten der Erblasserin statt; die „Bombe platzt“ dann erst nach ihrem Tod. Orientiert man sich jedoch am Interesse der konfliktarmen Nachfolgeplanung und Abwicklung, bedarf eine solche Weichenstellung jedoch sorgfältiger Abwägungen. Dies gilt auch dann, wenn das Verschweigen als der zunächst einfachere Weg wahrgenommen wird. Die offene Grundhaltung einer Erblasserin, die sowohl vorläufig anvisierte Erben und Vermächtnisnehmer wie auch potenziell zu enterbende Angehörige einbezieht, kann nämlich durchaus Vorteile mit sich bringen. Man sollte regelmäßig nicht zu früh abschreiben, dass ein bis dato ungeliebtes und zur Enterbung vorgesehenes Kind die kooperative Haltung der Erblasserin erwidern und sich ggf. sogar ein wenig mit ihr aussöhnen könnte. Selbst wenn es nicht dazu kommt, mag es häufig besser sein, eine sich anbahnende Enterbung offen zu kommunizieren, Verständnis und Akzeptanz zu schaffen und ggf. durch eine Vorabzahlung mit Pflichtteilsverzicht abzusichern, als das Problem auf die Zeit nach dem Erbfall zu verschieben. Regelmäßig empfiehlt es sich, nicht berücksichtigte „Erbschaftsanwärter“ zwar nicht in die detaillierte Nachfolgeplanung einzubeziehen, ihnen aber zumindest am Anfang und am Ende des Prozesses Gehör zu gewähren und sie generell transparent zu informieren. Freilich besteht bei einer Einbindung nicht berücksichtigter Dritter das Risiko, dass sich destruktive Konflikte schon zu Lebzeiten der Erblasserin einstellen oder verstärken und dadurch die sonstige Nachfolgeplanung torpedieren.
Nicht unbedingt einfacher zu beantworten ist die Frage, ob die Erblasserin diejenigen an ihrer Planung beteiligen sollte, denen sie nennenswerte Vermögensbestandteile übertragen möchte. Eine Beteiligung empfiehlt sich naturgemäß dann, wenn bereits zu Lebzeiten der Erblasserin organisatorische Schritte zu gehen sind, etwa weil die Erben bestimmte unternehmerische Rollen von der Erblasserin übernehmen sollen. Geht es hingegen um eine klassische Erbfolge, die erst durch den Todesfall ausgelöst wird, haben viele Erblasser ein Interesse an Geheimhaltung ihrer Planung, weil sie bis zu ihrem Tod nicht als Geldgeber, sondern als Menschen wahrgenommen werden möchten.
Im oben bereits eingeführten Praxisbeispiel hatte Erblasser Eduard zunächst die Absicht, seine Vorstellungen von der Nachfolgeplanung und die Interessenermittlung mit Frida, seinen drei Kindern und seinem Berater vorzunehmen. Aus Praktikabilitätsgründen schlug er hierzu sein Büro am Familiensitz vor. Ein erstes Vorbereitungsgespräch mit Frida brachte jedoch zu Tage, dass Frida ein gemeinsamer Termin mit Bijan widerstrebte; keinesfalls wollte sie Bijan in ihrem Haus sehen. Es stand also nicht zu erwarten, dass Frida mit der notwendigen Offenheit, oder überhaupt, teilnehmen würde. Gleichzeitig erkannte Eduard, dass Frida als seine Ehefrau erwartete, inhaltlich vor den Kindern eingebunden zu werden. Vor diesem Hintergrund erarbeitete Eduard gemeinsam mit seinem Berater folgenden Ablauf der Planungen in den nächsten zwei Monaten: Auf den Vorschlag des Beraters hin werden die ersten Termine mit separiertem Teilnehmerkreis durchgeführt. In der Folge kommt es zu Terminen mit Frida und jedem der Kinder sowie mit Mara. Der Termin mit Bijan und Mara beginnt gemeinsam; danach spricht Eduard jedoch noch einzeln mit Bijan und Mara.
Besondere Fragen werden aufgeworfen, wenn ein Teil des involvierten Personenkreises noch minderjährig ist. In der erbrechtlichen Praxis ist dies alles andere als eine Ausnahme. Im Hinblick auf die Einbindung Minderjähriger in die umfassende Interessenermittlung ist auf ihren Reifegrad abzustellen. Denkbar ist hier insbesondere, dass sich Minderjährige durch eine Vertreterin in der Planung repräsentieren lassen, dass sie mit einem Begleiter erscheinen oder dass sie nur zu einzelnen Planungsterminen selektiv hinzugezogen sind.7 Besondere Erfahrung und Fingerspitzengefühl des Beraters bzw. der Mediatorin sind an dieser Stelle unerlässlich.
Der Fall Eduard enthält auch diese Komponente. Der Minderjährige Bijan wird gesetzlich durch seine Mutter vertreten. Gleichzeitig stellt sich im Falle der Beteiligung Minderjähriger am Nachlass stets die Frage, inwieweit die Zustimmung eines Dritten erforderlich ist. Regelmäßig wird man für den Minderjährigen einen Ergänzungspfleger bestellen müssen. Ansonsten ist stets zu prüfen, ob der Vertreter für sein Handeln einer Zustimmung des Familiengerichts bedarf. 8
Entscheidet sich die Erblasserin dafür, potenzielle Erben an ihrer Planung zu beteiligen, so muss ihr Anwalt darauf achten, dass er seine Loyalität ausschließlich seiner Mandantin schuldet. Bei der Einbeziehung Dritter ohne Beiziehung weiterer Anwälte ist es daher wichtig, dass die weiteren Gesprächsteilnehmer den Anwalt der Erblasserin nicht auch als ihren Berater wahrnehmen. Eine Beratung mehrerer Personen mit auch nur teilweise gegenläufigen Interessen wäre unzulässig nach § 43a Abs. 4 BRAO, § 3 Abs. 1 BORA und brächte ein erhebliches Haftungsrisiko mit sich.9
Die Einbindung einer Mediatorin erfolgt nach dem Vorgesagten nur und erst im Bedarfsfall. Sollte bereits im Anfangsstadium für den Erblasser oder seine Beraterin aufgrund der Vermögens- oder Familiensituation ein hohes Konfliktpotenzial absehbar sein, kann die Hinzuziehung einer Mediatorin von Anfang an sinnvoll sein. Die Beteiligten sollten in einem solchen Fall jedoch strikt darauf achten, dass die Mediatorin ihre Neutralität wahrt und nicht etwa „im Lager der Erblasserin“ steht.

5.2.2 Vermögen

Regelmäßig werden die an der Nachfolgeplanung beteiligten Personen sich anschließend einen Überblick über das Vermögen der Erblasserin verschaffen. Es gibt zwar Fälle, in denen der genaue Vermögensbestand auch nach ihrem Tod nie genau ermittelt werden muss; insbesondere bei Bestimmung einer Alleinerbin ohne Enterbung naher Angehöriger wird dieser Fall eintreten. Gerade bei großen Erblasservermögen wird sich die Vermögensnachfolge aber regelmäßig auf mehrere Personen verteilen. Für diesen Fall ist es unabdingbar zu wissen, was der Erblasserin gehört und welche Verbindlichkeiten sie noch zu bedienen hat. Forderungen in durchaus beträchtlicher Höhe können sich auch aus weniger bekannten Grundlagen ergeben, wie etwa Ansprüche wegen enttäuschter Erberwartung oder fehlgeschlagener Vergütungserwartung sowie aus der Beendigung nichtehelicher Lebensgemeinschaft.10 Auf der anderen Seite ist neben den Erblasserverbindlichkeiten stets auch an mögliche Haftungen für fremde Schuld, wie etwa übernommene Bürgschaften und Grundschuldbestellungen im Fremdinteresse, zu denken.11 An dem so festgestellten Vermögensbestand kann sich bis zum Erbfall naturgemäß noch vieles ändern. Gleichwohl stellt eine dann Jahre zurückliegende Momentaufnahme immer noch einen guten Anhaltspunkt dar, der viel Misstrauen unter den Nachfahren der Erblasserin vermeiden kann.
Insbesondere dann, wenn sich eine Testamentsvollstreckerin später über den Nachlassbestand Klarheit verschaffen möchte oder ein Pflichtteilsberechtigter nach § 2314 BGB auf ein detailliertes Nachlassverzeichnis pocht, erweist sich eine Vermögensaufstellung aus der Hand der Erblasserin selbst als ungemein nützlich. Regelmäßig werden die Beteiligten bereits in diesem frühen Stadium der Nachfolgeplanung vereinbaren, dass die Erblasserin das Vermögensverzeichnis in regelmäßigen Abständen aktualisiert und an einer näher bezeichneten Stelle – etwa bei ihrem Hausanwalt – hinterlegt.
Eduards Nachlass setzt sich wie folgt zusammen: Den größten Einzelwert stellt das Familienheim am Starnberger See mit einem Verkehrswert von etwa drei Millionen Euro dar. Daneben hatte Eduard fünf kleinere Wohnungen in München und im Münchener Umland erworben, die sämtlich vermietet sind. Der Verkehrswert beläuft sich auf jeweils eine halbe Million Euro. Weitgehend liquide Mittel sind in Höhe von etwa eineinhalb Millionen Euro vorhanden. Die diversen, wenig liquiden, Unternehmensbeteiligungen an jungen Unternehmen haben einen Buchwert von zwei Millionen Euro. Eine (Verkehrswert-)Bewertung ist kaum möglich; die Beteiligungen sind auf dem freien Markt auch kaum veräußerbar und es bestehen weitreichende Veräußerungsbeschränkungen.
Unverzichtbare Grundlage für eine umfassende Nachfolgeplanung ist auch die Erstellung einer kurz- und mittelfristigen Liquiditätsplanung bei komplexer Nachlasszusammensetzung. Während die laufende periodengerechte Gegenüberstellung von „Zahlungsmitteln […] und fälligen Verbindlichkeiten“ für Unternehmen selbstverständlich ist,12 wird dieser Punkt in der erbrechtlichen Praxis häufig nicht in der notwendigen Detaillierung beachtet. Dabei geht es nicht nur um die Liquiditätsplanung im Hinblick auf den Nachlass, sondern auch um eine Liquiditätsplanung im Hinblick auf die Erben, einschließlich der wirtschaftlichen Folgen von Vermächtnissen, etwaigen Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüchen sowie der erbschaftsteuerlichen Belastungen und gegebenenfalls entsprechender finanzieller Vorsorge. Es geht dabei nicht unbedingt um konkrete Zahlen, sondern eher darum, das Bewusstsein der Beteiligten dafür zu schärfen, dass sie in der Zukunft in bestimmten Situationen Liquidität benötigen oder auch freisetzen werden.
Beispiel
Größere Verbindlichkeiten im Hinblick auf den Nachlass von Eduard bestehen nicht. Diese könnten sich nur dann ergeben, wenn aufgrund letztwilliger Verfügungen bei der Nachfolgeplanung Pflichtteilsansprüche entstehen. Aufgrund der Höhe des Nachlasses ist aber mit erheblicher Erbschaftsteuerlast zu rechnen. Bemessen lässt sich diese naturgemäß jedoch erst nach den Entscheidungen über die Ausgestaltung der letztwilligen Verfügungen und etwaiger vorweggenommener Erbfolgen. Überdies müssen die Beteiligten die Liquiditätsplanungen der potenziellen Erben und sonstigen relevanten Personen im Blick behalten. Unproblematisch erscheint die Liquidität von Frida und Tamina zu sein. Bijan und Mara benötigen hingegen laufend bzw. periodisch liquide Mittel. Auch Stefan verfügt nur über geringe Liquidität.
Selbst wenn die Nachfolgeplanung von Eduard noch ganz am Anfang steht, sollten Marker für die Liquiditätsplanung gesetzt werden, die im vorliegenden Fall aufgrund der Konstitution des Nachlasses überschaubar und handhabbar erscheinen. Im Einzelnen geht es um die Themen Finanzierung möglicher Pflichtteilsansprüche, Planung und Finanzierung der Erbschaftsteuerlast und Beachtung der Liquiditätsziele vor allem von Stefan, Bijan und Mara.

5.2.3 Ereignisse

Ein drittes Thema, das in der Bestandsaufnahme Erwähnung finden sollte, sind vergangene und für die Zukunft zu erwartende Ereignisse im Umfeld der Erblasserin. Hier geht es zum einen darum, dass alle Beteiligten einschließlich der eingebundenen anwaltlichen Berater wissen, welche familiären Vorfälle oder Konstellationen für die Planungen der Erblasserin bedeutsam sein könnten. Es könnte etwa sein, dass sie mit einem Schwiegersohn wegen dessen Lebensstils überkreuz liegt oder dass sie zu einem Zugehmann seit Jahren eine besondere Beziehung pflegt. Zum anderen mögen die Beteiligten auch für die Zukunft bestimmte Ereignisse erwarten, die für die Nachfolgeplanung bedeutsam sein könnten. Womöglich macht es für eine Unternehmensübergabe einen Unterschied, ob sich eine Enkelin der Erblasserin für ein betriebswirtschaftliches Studium entscheidet, inwieweit sich ihre Tochter von einer gefährlichen Krankheit erholt oder welchen Lebensmittelpunkt deren Ehefrau wählt. Der Eintritt solcher Eventualitäten lässt sich auch mit der notwendigen Sensibilität nicht sicher berechnen, für die Gesprächsteilnehmer ist es aber dennoch wichtig, sie im Blick zu haben, um sie ggf. auch in der Erbfolgevereinbarung abbilden zu können.

5.3 Interessen

Haben sich die Planungsbeteiligten im Wege der Bestandsaufnahme eine gemeinsame Ausgangsbasis verschafft, kommen sie schnell in Versuchung, nunmehr sogleich das Fell des noch lebenden Bären zu verteilen: Wer bekommt was? In Anwesenheit der Erblasserin wird diese Frage natürlich subtiler gestellt, aber letztlich sind die konkrete Aufteilung und das Nachfolgeprozedere ja längst in den Hinterköpfen vorgeplant und stellen für alle Beteiligten den zentralen Grund ihres Zusammentreffens dar. Ganz im Sinne der in § 313 dargestellten Mediationsprinzipien wäre dieses Vorgehen allerdings alles andere als zielführend, denn eine Werteverteilung ohne Vergewisserung der verteilungsrelevanten Kriterien führt dazu, dass das Ergebnis des Prozesses allenfalls zufällig den Interessen der maßgeblichen Beteiligten entsprechen kann. Werden die Interessen nicht in einem eigenen Schritt reflektiert und priorisiert, bleibt es in aller Regel bei den ursprünglichen Ideen der Erblasserin. Das ist nicht notwendig falsch, die für ihre Entscheidung aber vermutlich wichtigen Eventualitäten der Zukunft wie auch ihre bis dahin nicht näher beleuchteten Bedürfnisse bleiben damit außer Betracht.

5.3.1 Vorbedingungen der Interessenermittlung

Dass eine Erblasserin im Gespräch mit anderen ihre Bedürfnisse äußert, ist heute nach wie vor ungewöhnlich. Das liegt zunächst daran, dass die meisten Menschen zunächst keine Klarheit darüber haben, was ihnen mit Blick auf die letzten Dinge überhaupt wichtig ist. Dieser Befund betrifft Menschen mit eher überschaubarem Vermögen ebenso wie Inhaber großer Familienunternehmen. Hinzu kommt, dass die Interessenermittlung unbequem ist: Bei der Reflektion seiner Bedürfnisse muss man fast zwangsläufig eigene Perspektiven kritisch hinterfragen und hergebrachte Bewertungsmaßstäbe auf den Prüfstand stellen. Oftmals folgt darauf die unangenehme Erkenntnis, dass das eigene Verhalten in der Vergangenheit wenig geeignet war, die Durchsetzung der eigenen Interessen zu fördern.
Neben die Herausforderung, sich selbst in Frage zu stellen, tritt im Kontext eines Beratungsgespräch der große Vertrauensvorschuss, den die Erblasserin ihrer Beraterin gewähren muss, wenn sie mit ihr über ihre sehr persönlichen Motive und Bedürfnisse spricht. Kennen sich beide Akteure bereits aus früherer Zeit, ist womöglich schon eine gute Vertrauensbasis geschaffen; andernfalls liegt es am Geschick der Beraterin, durch ihr Auftreten und die Art ihrer Kommunikation Vertrauenswürdigkeit zu signalisieren.
Um dem zunächst unbequemen Unterfangen einer Offenlegung der individuellen Interessen zu entgehen, tragen viele Erblasser vage Ideen zur Erbfolge an ihre Berater heran und bitten sie, auf dieser Grundlage „einen ersten Entwurf“ zu erstellen. Der bereits oben dargestellte Prozess der Delegation14 dringt damit in die Nachfolgeplanung vor. Eine Beraterin, die nicht über das strategische Gespür und das kommunikative Handwerkszeug für die Interessenermittlung verfügt, wird auf diese Bitte hin regelmäßig einen positionsbasierten Entwurf für eine Erbfolgeregelung erstellen. Im schlechtesten, aber nicht seltensten Fall stammt dieser Entwurf dann auch noch weitgehend einem Formularbuch, das die Spezifika des konkreten Falles natürlich nicht angemessen abbilden kann. Zwängt die Beraterin ihren Regelungsentwurf nicht in das Prokrustesbett eines starren Formulars, kann sie zwar die Ideen der Erblasserin berücksichtigen, die große Bandbreite ihrer Interessen bleibt indes ohne Beachtung. Zudem läuft die Erblasserin Gefahr, dass ihre Beraterin unbewusst eigene Überzeugungen in den Regelungsentwurf einfließen lässt, mit denen sie bei näherem Hinsehen nicht einverstanden wäre.
Die Interessenermittlung stellt insofern für die Erblasserin eine Herausforderung dar, gleichzeitig ist sie für die Beraterin ein regelrechtes Kunststück. Sie darf sich insbesondere nicht mit schnell artikulierten, offensichtlichen Interessen zufriedengeben, sondern sollte durch offene Fragen zu den wichtigen und häufig zunächst verborgenen Interessen und Bedürfnissen vorstoßen. Das ist schwierig, weil diese Bedürfnisse der Erblasserin häufig selbst nicht bewusst sind. Es geht also nicht schlicht um ein Frage-Antwort-Spiel, sondern um die Initiierung eines Nachdenkprozesses. Gerade am Anfang der Zusammenarbeit mit Unternehmer-Erblassern zeigt sich an dieser Stelle, dass diese oft gewohnt sind, lediglich ihre Positionen bekannt zu geben und deren Umsetzung zu erwarten. Das Nachfragen und Eingehen auf tieferliegende Motive und Interessen empfinden sie tendenziell als einen überflüssigen Fremdkörper.
In ganz praktischer Hinsicht haben Berater und Mediatoren gute Erfahrungen damit gemacht, die Interessenermittlung als das zentrale Stadium der strukturierten Nachfolgeplanung in einen anderen Kontext als die übliche Rechtsberatung zu verlegen. So kann es sich anbieten, für einen abgestimmten Zeitraum hierzu auch das Umfeld und die Örtlichkeit zu verändern. Statt Besprechungen zu den üblichen Arbeitszeiten in der Kanzlei der Beraterin lässt sich etwa ein Planungswochenende in einem entsprechend ausgestatteten Hotel in angenehmer Umgebung ansetzen.

5.3.2 Methodik der Interessenermittlung

Die wichtigste Technik bei der Ermittlung der Interessen ist das Stellen offener Fragen. Offene Fragen ermöglichen den Vorstoß von vordefinierten Positionen auf die tieferliegenden Interessen und Bedürfnisse. Wichtig ist dabei, dass die gefragte Person ausreichend Zeit erhält, um eine gute Antwort zu geben. Der Fragesteller tut gut daran, seinem Gegenüber nicht durch Antwortvorschläge „auf die Sprünge zu helfen“, denn solche Vorschläge engen den Gefragten sogleich ein und stören ihn beim Nachdenken darüber, wie er die Frage am treffendsten beantworten kann. Für die Fragestellerin gilt: Wenn im Anschluss an die Frage eine längere Pause entsteht, ist das kein schlechtes, sondern ein gutes Zeichen, denn gut überlegte Antworten bringen das Gespräch enorm weiter!15
Im Stadium der Nachfolgeplanung äußern die Beteiligten häufig konkrete Vorschläge für letztwillige Verfügungen und nehmen damit Positionen ein. Das dahinterliegende Interesse bildet aber auch hier das Motiv für die entsprechende Regelung. Will ein Erblasser beispielsweise seinen älteren Sohn durch Alleinerbeneinsetzung des jüngeren Sohnes enterben, stellt die Alleinerbenstellung eine Position dar. Das dahinterliegende Interesse könnte dabei aber beispielsweise Gerechtigkeit sein, wenn der ältere Sohn im Wege der vorweggenommenen Erbfolge bereits das Immobilienvermögen erhalten hat. Denkbar wäre aber natürlich auch ein anderes Motiv, etwa ein friedliches Miteinander, da Erbengemeinschaften häufig streitbeladen sind und der ältere Sohn ein Vermächtnis als Ausgleich erhält, oder auch Angst, weil mit der Alleinerbenstellung quasi die Pflege im Alter „erkauft werden soll“.
Beispiel
Im Fall von Eduard liegen schließlich auf Basis einer intensiven Bestandsaufnahme und einem – nicht immer einfachen – Prozess der Interessenermittlung die Hauptinteressen von Eduard offen und sind bereits in der Reihenfolge der Darstellung priorisiert. Typischerweise kam und kommt es dabei im Laufe des Prozesses hierbei immer wieder zu Veränderungen und Verschiebungen. Dies verwundert nicht, weil Eduard aus diffusen Vorstellungen, die positionsgeprägt waren, die notwendige Klarheit über seine Interessen erst ermitteln musste.
Zentrales Motiv seiner Nachfolgeplanung ist, dass Eduard sein Erbe gerecht verteilen möchte. Fast ebenso wichtig wie eine gerechte Aufteilung seines Vermögens ist es ihm, dass der Nachlass konfliktfrei abgewickelt wird und der ohnehin strapazierte Familienfriede nicht weiter belastet wird. Er hat erkannt, dass das voraussetzt, dass seine Nachlassregelung im Grunde von allen akzeptiert wird. Diese Akzeptanz erfordert Kenntnis und idealerweise Verständnis seiner Motivationen.
Unabhängig vom Erbfall liegt Eduard am Herzen, dass der Geschwisterzusammenhalt gefördert wird und friedliche Koexistenz zwischen Frida und Bijan einkehrt. Zwischen Stefan, Tamina und Bijan wünscht er sich intensiveren Kontakt und hofft, dass Stefan und Tamina Bijan mit Wissen und Lebenserfahrung zur Seite stehen.
Seine Zusage Mara gegenüber, dass sie sich in finanzieller Notlage auf ihn verlassen könne, will Eduard auch für die Zukunft und im Hinblick auf sein Erbe gesichert wissen. Auch die finanziellen Grund- und Liquiditätsbedürfnisse von Frida und den drei Kindern möchte er befriedigen. Ebenso soll die Ausbildung von Bijan wie bisher sichergestellt sein und Bijan ebenso wie Stefan und Tamina die Ausbildung oder das Studium seiner Wahl aufnehmen können, ohne deshalb mit Schulden in das Berufsleben starten zu müssen. Gleichzeitig möchte Eduard vermeiden, dass Bijan bereits in jungen Jahren über hohes Vermögen selbst verfügen kann. Über den Schutz des Vermögens von Bijan soll eine Person wachen, zu der Eduard Vertrauen hat.
Den Mittelpunkt der gemeinsamen Familie will Eduard dauerhaft in der Familie erhalten. Da Bijan in diesem Haus nie gelebt hat, stehen dabei Stefan und Tamina an erster Stelle. Eduard wünscht sich – bisher unausgesprochen – dass Stefan und/oder Tamina das Haus später gemeinsam nutzen. Idealerweise sollen sie mit einziehen, sobald Frida und er oder der länger lebende Unterstützung benötigen. Grundstück und Haus sind im Hinblick auf den Platz ausreichend dimensioniert bzw. die Erweiterung des bestehenden Hauses ist vorstellbar. Der Berater weist Eduard hier darauf hin, dass konkrete Bausteine einer Nachfolgeregelung erst später besprochen werden; insofern belässt es Eduard hier bei einer Andeutung.
Während die steuerliche Optimierung zunächst als wichtig vorgetragen wurde, liegt der Fokus nun auf den vorgenannten Punkten. Am Ende soll dann jedoch noch eine steuerliche Optimierung erfolgen.
Die Ermittlung und Erörterung der Interessen benötigen Zeit und Sorgfalt. Ebenso wie in einer klassischen Mediation kann sie sich auch bei einer interessenorientierten Nachfolgeplanung durchaus über mehrere Stunden hinziehen. Naturgemäß geht es bei der Nachfolgeplanung vor allem um die Interessen der Erblasserin. Regelmäßig wird diese aber auch versichern, die Bedürfnisse der anderen Beteiligten berücksichtigen zu wollen. Die Erfahrung zeigt, dass die „Akteure auf der Nehmerseite“ in dieser Situation keine unverschämten Forderungen stellen, sondern meistens auf Anhieb vergleichsweise treffend formulieren können, was ihnen bei der Nachfolgegestaltung wichtig ist.

5.3.3 Ergebnis der Interessenermittlung

Die Interessen der Erblasserin und ggf. der ihr nahestehenden Personen bilden den Maßstab für ihre Entscheidung, welche erbrechtlichen Regelungen für sie vorzugswürdig sind. Ohne Klarheit und Reflektion über diese Interessen können Nachfolgeregelungen in der Regel nur Ergebnis von Bauchentscheidungen oder mehr oder minder unbewussten Pfadabhängigkeiten sein. Entscheidend ist dann meistens, welche Regelungen in solchen Fällen üblich sind oder was eine einflussreiche Bezugsperson – womöglich unter Einfluss von Eigeninteressen – empfohlen hat. Die Qualität solcher Lösungen lässt sich allerdings auch mit einem Laienratgeber für 20 Euro erreichen; für wenig mehr Geld lässt sie sich mit einem Online-Testamentsgenerator16 vermutlich sogar übertreffen.
Im Vergleich zu dieser Konfektionsware ist eine selbst erarbeitete, interessenorientierte Lösung der Maßanzug und damit das entscheidende Argument dafür, dass die Erblasserin signifikant Zeit und Geld in die Nachfolgeplanung investiert.17 Wer einmal selbst an einer Erbrechtsmediation oder einem interessenorientierten Planungsprozess teilgenommen hat, erinnert sich erfahrungsgemäß Jahre und Jahrzehnte später noch vor allem an die kathartische Wirkung des gemeinsamen Nachdenkens über Interessen und das dadurch deutlich verbesserte gegenseitige Verständnis innerhalb des Familienkreises.
Beispiel
Auch im Fall von Eduard lässt sich unter allen Beteiligten Einvernehmen darüber herstellen, dass Konflikte im Hinblick auf den späteren Erbfall möglichst vermieden werden sollen. Gleichzeitig machen gerade Frida und Mara für Bijan klar, dass ein Verzicht auf bestehende Rechte für sie nicht in Frage komme.
Das von Eduard ins Spiel gebrachte Kriterium einer gerechten Nachlassaufteilung interpretieren die Beteiligten zwar teilweise unterschiedlich, können es aber als solches akzeptieren. Frida meint, der Nachlass dürfe keinesfalls unter ihrem Ausschluss zu gleichen Teilen auf Stefan, Tamina und Bijan aufgeteilt werden, denn ihr stehe das halbe Erbe zu. Keinesfalls wolle sie Bijan etwas schenken, der nach ihrer Auffassung lediglich seinen Pflichtteil erhalten soll. Wenn sie noch vor Eduard versterbe und er sie beerbe, dürfe Bijan nicht über diesen Umweg einen Teil ihres Vermögens erhalten.
Mara und Bijan sind hingegen an einer vollständige Gleichbehandlung der Halbgeschwister einschließlich eines Ausgleiches bisheriger überverhältnismäßiger Leistungen interessiert. Bijan soll nach ihren Vorstellungen „endlich auf einer Stufe“ mit Stefan und Tamina stehen. Zugleich legen sie großen Wert auf eine formale Gleichbehandlung bei der Erbenstellung unabhängig von der Zuwendungsquote.
Frida setzt sich vehement gegen Leistungen aus dem Erbe an Mara ein. Die außereheliche Beziehung ihres Mannes habe schließlich ihre Ehe gefährdet. Mara vertraut für wirtschaftliche Notlagen auf Eduards Zusagen zur Unterstützung und will diese abgesichert wissen. Bijan benötigt die finanzielle Sicherheit, seine Schule und spätere Ausbildung ohne finanzielle Belastungen durchführen zu können. Dies hat Eduard bisher stets sichergestellt und als selbstverständlich zugesagt.
Während Stefan und Tamina beide sicherstellen wollen, dass der Familiensitz dauerhaft in der Familie bleibt, und Bijan keinerlei Interesse an der Immobilie an sich zeigt, können sich weder Stefan noch Tamina vorstellen, gemeinsam dort zu wohnen. Aktuell wäre Stefan auch der Anteil an quasi gebundenem Vermögen zu hoch, sollte er den Familiensitz erhalten. Im Verkaufsfall durch Tamina will er aber auf jeden Fall einbezogen werden. Tamina kann sich hingegen vorstellen, später in den Familiensitz einzuziehen, bei Pflegebedarf der Eltern auch früher. Aufgrund ihrer beruflichen Belastung setzt dies aber voraus, dass umfassende professionelle Unterstützung durch Pflegekräfte vor Ort sichergestellt ist, worauf das Haus derzeit nicht vorbereitet ist. Stefan möchte das Haus bei Tamina mit dem Verkehrswert ansetzen und einen gegebenenfalls erzielbaren Steuervorteil für die selbstgenutzte Immobilie aufteilen. Tamina erwartet den Ansatz eines geringeren Wertes als den Verkehrswert, da das Vermögen schließlich quasi illiquide sei und außer dem Wohnwert keinerlei Rendite erwirtschafte. Ein Steuervorteil stehe ihr alleine zu, da dieser mit einer langen Bindung hinsichtlich des Wohnsitzes „erkauft“ werde.
Im Verlaufe des Nachfolgeprozesses kommen sich die Halbgeschwister insgesamt auf persönlicher Ebene näher. Dennoch sind sich alle drei einig, dass es möglichst wenige erzwungene Verbindungen geben soll. Auch Stefan und Tamina wollen keinesfalls eine gemeinsame Vermögensverwaltung im Hinblick auf die Beteiligungen. Die Entwicklung mit Bijan wollen sie langsam angehen. Beide haben aber zu erkennen gegeben, dass sie gerne mit ihm regelmäßig ihre jeweiligen Sichtweisen auf die Finanzangelegenheiten erörtern und bei Fragen zur Verfügung stehen wollen. Es hat sich auf sehr emotionale Weise herausgestellt, dass der Kontakt bisher mit Rücksicht auf Frida unterblieben war.
Eduard und die Bedachten möchten nach grundlegenden Einigungen über die Nachlassplanung gemeinsam Liquiditätsüberlegungen und erbschaftsteuerliche Optimierungen vornehmen. Inzwischen steht dieser Punkt bei keinem der Beteiligten mehr im Vordergrund.

5.4 Bausteine für eine Nachfolgeregelung

Die Interessen der Beteiligten bilden die Basis für eine unvoreingenommene Erörterung möglicher Elemente einer Nachfolgeregelung. Man kann sich diese Phase des Planungsprozesses wie einen Rubikswürfel vorstellen: Es geht darum, möglichst viele denkbare Bausteine einer Nachfolgeregelung zu erwägen, daraus einen ersten Lösungsvorschlag abzuleiten und diesen durch sorgfältiges Abklopfen möglicher Verbesserungen möglichst weit zu optimieren.

5.4.1 Methodik der Entwicklung von Regelungselementen

Entsprechend dem bei der klassischen Streitmediation vorgestellten18 Ansatz empfiehlt es sich auch bei einer interessenorientierten Nachfolgeplanung, unter Bezugnahme auf die zuvor erarbeiteten Interessen denkbare Lösungsoptionen zunächst ohne jegliche Kritik zu sammeln und sie erst in einem zweiten Teilschritt zu bewerten und in ein juristisches Kleid zu hüllen.
Es ist bei der Sammlung möglicher Lösungselemente von entscheidender Bedeutung, dass sich die Beteiligten dazu zwingen, eine postwendende Bewertung neu aufkommender Lösungsideen unbedingt zu unterlassen. Denn die Erfahrung zeigt, dass eine Einordnung der Ideen in Kategorien wie „gut möglich“, „schwierig“ oder „ausgeschlossen“ eine kreative Fortsetzung des Nachdenkprozesses im Keim erstickt.19 Wer glaubt, bereits eine gute Lösung auf dem Tisch zu haben, spart sich üblicherweise das energische Nachdenken über alternative Möglichkeiten. Wer mit seinem ersten Vorschlag sogleich auf entschiedene Ablehnung gestoßen ist, hat geringe Bereitschaft dafür, sich mit einer zweiten Idee umgehend die zweite Abfuhr abzuholen. Deswegen wird im Unterschied zu mancher TV-Quizshow der zuerst geäußerte oder der nach kurzem Nachdenken am plausibelsten klingende Vorschlag nicht sogleich eingeloggt, sondern sämtliche Ideen werden ohne Filter oder Priorisierung aufgenommen und für die Gesprächsteilnehmer visualisiert. Ideenbündel oder Wenn-Dann-Konstruktionen sollten aufgebrochen werden, denn sie enthalten im Kern bereits die Aussage, dass sich die Urheberin der Idee eine andere Zusammensetzung kaum vorstellen kann.
Es ist die Aufgabe der Gesprächsleiterin, diese Regeln behutsam einzufordern und durchzuhalten. Das erfordert Erfahrung, kommunikative Sensibilität und regelmäßig ein entschiedenes Vorgehen. Die Herausforderung besteht darin, die kreative Ideensuche nicht verfrüht in eine Diskussion des Für und Wider und in eine Erörterung juristischer Konstruktionen umschlagen zu lassen. Diese wägenden und bewertenden Überlegungen sollte eine Gesprächsleiterin erst zulassen, wenn das Spektrum möglicher Regelungsoptionen wirklich gründlich ausgeschöpft ist. Das ist in der Praxis nicht in 30 Minuten zu erledigen, sondern dauert bei kommunikativ guter Gesprächsführung in der Regel durchaus mehrere Stunden.
Haben die Beteiligten die Tür zum Raum der möglichen Regelungselemente erst einmal weit aufgestoßen, fallen ihnen die weiteren Schritte erfahrungsgemäß sehr leicht. Bei der Auswahl zwischen den möglichen Regelungsoptionen hat die Erblasserin naturgemäß das letzte Wort; sie wird hier aber regelmäßig auch an der Meinung ihrer Gesprächspartner interessiert sein. Die Übersetzung dieser Wahlentscheidung in ein kautelarjuristisch treffendes Format ist sodann Sache ihres anwaltlichen Begleiters bzw. der ggf. zugezogenen Notarin.

5.4.2 Verhaltensleitlinien für Erbengemeinschaften

Besondere Aufmerksamkeit ist angebracht, wenn die Entscheidung der Erblasserin dahin geht, mehrere Personen als ihre Erben zu bezeichnen und damit nach ihrem Tod eine Erbengemeinschaft nach § 2032 Abs. 1 BGB entstehen zu lassen. Das Gesetz notiert hier recht kursorisch, dass der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben wird. In diesem Satz liegt freilich eine enorme Sprengkraft und eine der Hauptursachen erbrechtlicher Auseinandersetzungen. Denn die von einem Dritten – hier: der Erblasserin – verfügte Zwangsgemeinschaft der Erben drängt Personen ohne ihre Zustimmung in eine Rechtsgemeinschaft, die zwar aus Sicht des Gesetzgebers zeitnah aufgelöst werden soll, die sich aber gleichwohl nur durch gemeinsames Handeln auflösen lässt. Dass es hier regelmäßig Streit gibt, ist mit Blick auf diese Rahmenbedingungen geradezu vorprogrammiert.
Sobald es Reibungspunkte unter den Miterben gibt, ist eine Auseinandersetzung ohne wirtschaftliche Schädigung des Nachlasses und ohne massive Konflikte kaum vorstellbar. Das Konfliktpotenzial ist auch deswegen so hoch, weil sich die Beteiligten durch den Tod der Erblasserin regelmäßig in einer emotionalen Krisenphase befinden und damit anfälliger für Konflikteskalationen sind. Erbengemeinschaften bergen daher enormes Gefährdungspotenzial für die Fortexistenz von Unternehmen.20 Und auch ohne die zusätzliche Komplexität einer Unternehmensnachfolge werden Streitigkeiten „selten so heftig geführt, wie dies bei Erbengemeinschaften häufig der Fall ist.“21
Für die an der Nachfolgeplanung beteiligten Berater bedeutet dies: Sie sollten die Beteiligten über Gefahren aufklären, die mit Miterbengemeinschaften typischerweise verbunden sind. Anschließend sollten die Gesprächsteilnehmer erörtern, wie die Miterben mit den womöglich zu erwartenden Problemen idealerweise umgehen könnten. Denkbar sind etwa die Anordnung einer Testamentsvollstreckung, bestimmte Transparenzauflagen für die Erben untereinander oder auch prozessuale Bestimmungen wie Mediations- oder Schiedsgutachtenklauseln.22 Haben sich die Beteiligten an dieser Stelle verständigt, sollte die Nachfolgeregelung um Bestimmungen zu diesem Punkt ergänzt werden.

5.4.3 Umgang mit Pflichtteilsberechtigten

Ein besonderes Augenmerk sollten die Gesprächsteilnehmer schließlich auch auf etwaige Pflichtteilsberechtigte lenken. Das deutsche Erbrecht sieht, anders als die überwiegende Systematik im europäischen Rechtskreis, weder ein Noterbrecht naher Angehöriger im Sinne einer Mindestquote am Nachlass vor noch – sofern ein pflichtteilsähnlicher Anspruch dort überhaupt besteht – eine an den anglo-amerikanischen Rechtskreis angelehnten Schutz nur bedürftiger Angehöriger.23 Das deutsche Recht belässt es vielmehr bei der fast ausnahmslosen Testierfreiheit der Erblasserin, die damit die Erbfolge frei und auch unter gänzlichem Ausschluss der nahen Angehörigen bestimmen kann. Als Ausgleich erhalten die nahen Angehörigen jedoch eine nicht abdingbare, prozentuale Partizipation am Nachlasswert in Form eines Geldanspruchs.24 Das Pflichtteilsrecht findet damit einen Kompromiss zwischen der völligen Testierfreiheit und dem Familienerbrecht nach dem Grundsatz „das Gut rinnt wie das Blut“.25 Gleichzeitig bringt der Gesetzgeber mit den Regelungen der §§ 2303 ff. BGB auch die grundgesetzlich verbürgte Testierfreiheit mit dem Verwandtenerbrecht im Sinne der praktischen Konkordanz zu einem Ausgleich.26
Ansprüche im Zusammenhang mit dem Pflichtteilsrecht erweisen sich in der Praxis als besonders streitanfällig. Ausweislich der Zahlen aus dem Amtsgerichtsbezirk München liegt in neun von zehn Erbfällen keine letztwillige Verfügung vor. Dies bringt die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung. Damit könnten Pflichtteilsansprüche überhaupt nur in zehn Prozent aller Erbfälle dem Grunde nach im Raum stehen. Dennoch sind bei einem Drittel aller vor dem Amtsgericht München geführten Erbrechtsverfahren Pflichtteilsansprüche streitig.27 Pflichtteilsansprüche sind also weit überproportional Gegenstand gerichtlicher Verfahren. Dies verwundert nicht, da sich hier ein gesetzlicher Pflichtanspruch gegen die letztwillige Verfügung des Erblassers durchsetzen muss. Gleichzeitig sind vielfach elementare Grundbedürfnisse der Enterbten nach Zugehörigkeit und Teilhabe, aber auch nach wirtschaftlicher Grundversorgung betroffen.
Konflikte mit Pflichtteilsberechtigten betreffen typischerweise nicht das Pflichtteilsrecht als solches, denn dessen Kernvoraussetzungen – eine bestehende Ehe bzw. Lebenspartnerschaft bzw. ein Eltern- oder Kindschaftsverhältnis zwischen der Erblasserin und dem Anspruchsteller – sind im Grunde nur in besonderen Fällen mit Auslandsberührung einmal ernsthaft streitig. Sehr konflikthaft ist demgegenüber regelmäßig die Frage nach der genauen Zusammensetzung des Nachlasses und nach lebzeitigen Schenkungen der Erblasserin, die dem Nachlasswert für die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs fiktiv wieder zugerechnet werden müssen. Gerade bei großen Vermögensmassen ist die nach § 2314 BGB von den Erben geschuldete Auskunft über den Nachlassbestand eine Herkulesaufgabe, die sich nur mit großer Mühe klagesicher bewältigen lässt. Man kann über Jahre und mehrere Instanzen und unter Mitwirkung kostspieliger Gutachter trefflich darüber streiten, ob die Erben das Vermögen tatsächlich vollständig angegeben und seinen Wert korrekt beziffert haben.
Diese Konfliktaffinität von Sachverhalten, in denen die Erblasserin nahe Angehörige enterbt, lässt es aus einer ex-ante-Perspektive als sehr erstrebenswert erscheinen, dass sich die Erblasserin mit den enterbten Pflichtteilsberechtigten noch zu Lebzeiten auf einen Nachfolgeplan verständigt. Ohne Frage besteht die Möglichkeit, durch rechtliche Kunstgriffe Pflichtteilsansprüche zu reduzieren oder ganz zu vermeiden.28 Den Preis dieser Winkelzüge sollte man freilich nicht unterschätzen. Regelmäßig wäre es den Erben lieber, wenn die Pflichtteilsberechtigten noch vor dem Erbfall gegen eine etwas höhere Abfindung einem Pflichtteilsverzicht zustimmen, als dass sie nach dem Tod der Erblasserin ein aufwändiges Nachlassverzeichnis erstellen und womöglich zusätzlich einen ressourcenintensiven Rechtsstreit austragen müssen. Eine gewisse Ausnahme gilt beim Berliner Testament mit Pflichtteilsstrafklausel: Auch hier gibt es bisweilen Nachfahren, die schon nach dem Tod des erstversterbenden Elternteil ihren Pflichtteil geltend machen, der Anreiz dazu ist aber eher gering, weil sie sich damit die Erbenstellung nach dem letztversterbenden Elternteil verlieren.
In der Erbsache Eduard stehen im Fall einer Enterbung durch letztwillige Verfügung sowohl Frida als auch den Abkömmlingen Stefan, Tamina und Bijan Pflichtteilsansprüche zu. Die Höhe des Geldanspruches gegen den oder die Erben beliefe sich dann auf die Summe, die bei Frida einem Viertel und bei jedem Abkömmling einem Zwölftel des Nachlasswertes entspräche. 29 Es spricht vieles dafür, dass die Beteiligten im Rahmen der Nachfolgeplanung darüber sprechen, inwieweit die Pflichtteilsberechtigten bereit sind, auf eine Partizipation am Nachlass zu verzichten. Wo dies nicht der Fall ist, mag Eduard eine lebzeitige Abfindung im Gegenzug für einen notariellen Pflichtteilsverzicht erwägen, um seinen Erben Querelen zu ersparen.

5.5 Abschluss und Iteration

Die klassische Mediation wie auch die interessenorientierte Nachfolgeplanung schließen damit ab, dass jeder Beteiligte für sich entscheiden darf und muss, ob die final ermittelte Lösungsmöglichkeit für sie akzeptabel ist.30 Nur wenn sich alle Beteiligten für eine Lösung entscheiden, kann diese sodann umgesetzt werden. Dabei ist die Bandbreite von Umsetzungsmechanismen grundsätzlich breit und bedarf im Zweifel einer Konkretisierung von anwaltlicher Hand. Spätestens jetzt muss jeder Beteiligten für sich ernsthaft erwägen, eine Anwältin hinzuzuziehen. Insbesondere dort, wo jemand eine rechtlich bindende Vereinbarung eingeht, ist dies in der Regel unverzichtbar.
Die einfachste Form einer gemeinsamen Absprache ist ein Übereinkommen aller Beteiligten, die auf Basis ihrer Interessen gefundene Lösung zu akzeptieren. Konkretere Umsetzungsschritte lassen sich multilateral oder bilateral abbilden. In Betracht kommen etwa Ehegattentestamente, Erbverträge, Maßnahmen der vorweggenommenen Erbfolge und gegebenenfalls Erb- oder Pflichtteilsverzichtsverträge. Naturgemäß kann die Erblasserin darüber hinaus weitreichende Umsetzungen auch alleine, beispielsweise in Testamentsform, vornehmen. Dabei kann sie durch Setzen von entsprechenden Anreizen auch das Befolgen der unilateralen Umsetzung fördern. Ganz allgemein gesprochen gilt jedoch auch an dieser Stelle, dass sich Medianden an einvernehmlich gefundene Lösungen in aller Regel auch freiwillig halten. Es bietet sich daher an, die Ergebnisse des Prozesses, selbst wenn diese nicht rechtlich verbindlich vereinbart werden, schriftlich festzuhalten.
Erbrechtliche Gestaltungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie mit dem Tod der Erblasserin einen Umstand regeln, der womöglich noch in weiter Ferne liegt. Aus diesem Grund ist zu bedenken, ob Vereinbarungen getroffen werden, wann und wie es zur periodischen iterativen Überprüfung und Anpassung kommt.
Beispiel
Im Hinblick auf die Nachlassgestaltung von Eduard ließ sich auf diesem Weg ein Übereinkommen aller Beteiligten finden, das nach Auffassung aller Beteiligten eine hohe Chance hatte, eine konfliktfreie Nachlassabwicklung zu ermöglichen. Folgende Bausteine spielten dabei eine wichtige Rolle:
Eduard setzt Frida testamentarisch als Alleinerbin und Tamina als Ersatzerbin ein. Mit Vermächtnissen wird der Nachlass dann weiter aufgeteilt, so dass Frida als Erbin im Wesentlichen die immateriellen und wenige nicht sehr wertvolle Nachlassgegenstände verbleiben. Der Berater des Erblassers wird als Testamentsvollstrecker eingesetzt. Dies dient insbesondere dem Ziel, die Erfüllung der Vermächtnisse kurzfristig und konfliktfrei sicherzustellen.
Frida verzichtet auf ihren wirtschaftlichen Anteil am Nachlass, soweit davon nur Stefan und Tamina profitieren. Damit erhalten Bijan wertmäßig 1/6 sowie Stefan und Tamina jeweils 5/12 vom Nachlass als Vermächtnisse. Obwohl damit die Quote von Bijan deutlich unter der seiner Halbgeschwister liegt, ist er damit letztlich einverstanden, weil dies auf den Verzicht von Frida zugunsten ihrer Kinder zurückzuführen ist und er Vermögen in Höhe seiner Erbquote erhält.
Als Ersatzvermächtnisnehmer werden, sofern und soweit vorhanden, die jeweiligen Abkömmlinge zu gleichen Teilen eingesetzt; sofern keine Abkömmlinge vorhanden sind, Stefan und Tamina wechselseitig und Mara im Hinblick auf Bijan.
Frida und Eduard verzichten zudem wechselseitig auf ihre Pflichtteilsansprüche, damit nicht „über Eduard“ Vermögen von Frida an Bijan fließen kann oder Frida im Erbfall die gefundene Einigung durch Ausschlagung des Erbes und Geltendmachung ihres Pflichtteils torpedieren kann.
Unter Aufrechterhaltung der oben gefundenen Quoten werden die folgenden Vermögensgegenstände kurzfristig an die Kinder zur Ausnutzung der Freibeträge im Hinblick auf die Erbschaftsteuer sowie die Sicherung der Liquidität übertragen: Bijan erhält eine Summe in Höhe von EUR 400.000 unter Beschränkung der Vermögenssorge von Mara und unter der Auflage, dass er die Summe bis zu seinem 25. Geburtstag oder dem erfolgreichen Abschluss seines Erststudiums nur für den Lebensunterhalt in Höhe von EUR 1000 pro Monat sowie für Ausbildungszwecke verwenden darf. Als Zuwendungspfleger wird dem Familiengericht der Berater des Erblassers vorgeschlagen. Stefan und Tamina erhalten jeweils eine der Eigentumswohnungen übertragen.
Als Vermächtnis erhält Bijan im Erbfall dann eine Eigentumswohnung sowie einen Geldbetrag in Höhe von EUR 100.000, auch um die Erbschaftsteuer begleichen zu können, falls der Erbfall eintreten sollte, bevor der Freibetrag erneut zur Verfügung steht. Stefan erhält als Vermächtnis die Beteiligungen, eine weitere Eigentumswohnung sowie einen Geldbetrag in Höhe von EUR 750.000.
Zu seinen Lebzeiten hält Eduard weiter an seiner Zusage gegenüber Mara fest. Im Erbfall erfolgt keine „direkte“ Zuwendung an Mara. Allerdings wird Bijan mit einem Untervermächtnis dergestalt beschwert, dass Mara den lebenslangen Nießbrauch für eine Eigentumswohnung erhält. Den existenziellen wirtschaftlichen Sorgen Maras ist durch die Sicherung mietfreien Wohnraumes Rechnung getragen.
Tamina erhält als Vermächtnis den Familiensitz. Für die Quotenberechnung wird dieser mit dem aktuellen Verkehrswert angesetzt, ein etwaiger Steuervorteil steht ihr alleine zu. Stefan wird im Wege eines Vermächtnisses für den ersten Verkaufsfall ein dingliches Vorkaufsrecht eingeräumt, um ihm in diesem Fall die Möglichkeit zu geben, den Familiensitz in der Familie zu erhalten. Frida und Eduard wollen den Familiensitz alsbald so umgestalten, dass eine Einliegerwohnung entsteht, die dann als Gästebereich zur Verfügung steht, und zum anderen ein separates Souterrainapartment später von einer Pflegekraft genutzt werden kann.
Eduard stimmt letztlich zu, dass ein engeres Zusammenwachsen der Geschwister nicht über erzwungene Verbindungen erreicht werden kann. Er freut sich über die Annäherung der Halbgeschwister und ringt Frida letztlich das Versprechen ab, dies nicht zu unterwandern. Die Beteiligungen erhält Stefan als Vermächtnis. Da Stefan sich schon heute diesbezüglich einbringt, soll er Wertzuwächse wie auch Verluste tragen. Im Hinblick auf die interne Verteilungsquote ist demnach der aktuelle Wert maßgeblich. Sofern Stefan, wie von ihm angeregt, eine aktivere Rolle bei der Verwaltung der Beteiligungen und Unterstützung der jungen Unternehmen übernimmt, möchte Eduard ihn dafür angemessen vergüten.
Hinsichtlich aller Immobilien und der Beteiligungen bleibt es für die internen Quotenüberlegungen bei dem heutigen Wertansatz. Sollten einzelne Vermächtnisgegenstände nicht mehr im Nachlass vorhanden sein, ist eine entsprechende Geldsumme vermacht.
Im Hinblick auf künftige Vermögensveränderungen will Eduard ein separates Depot und ein separates Konto anlegen, dem wesentliche neue Mittel gutgebracht werden bzw. das, sofern notwendig, auch debitorisch geführt werden kann. Depot und Konto werden im Wege von Vermächtnissen bzw. Auflagen (im Falle der debitorischen Führung) im Verhältnis der Wertquoten übertragen.
Alle Beteiligten versprechen Eduard „in die Hand“, dass sie sich an diese Ergebnisse halten, wenn es nicht zu grundlegenden Änderungen der Verhältnisse kommt. Über die rechtliche Unverbindlichkeit bei gleichzeitiger moralischer Verbindlichkeit sind sich alle Beteiligten dabei klar.
Ein solcher Weg hin zu einer von allen Beteiligten dem Grunde nach akzeptierten Nachfolgeplanung war sicherlich länger und anstrengender als das Thema zu tabuisieren oder alleine sein Testament zu verfassen. Der gewählte Weg der interessenorientierten Nachfolgeplanung führt jedoch dazu, dass die Interessen aller Beteiligten Berücksichtigung finden konnten. Wenn man Streitigkeiten nach dem Erbfall natürlich auch damit nicht ausschließen kann, sind diese doch sehr viel unwahrscheinlicher geworden und in ihrer Intensität dürften sie geringer ausfallen. Die Kosten für die Berater lagen im unteren fünfstelligen Bereich und damit bei einem Bruchteil der Kosten, welche die Streitigkeiten in einem ungeregelten Erbfall ausgelöst hätten.
In einem von einem der Verfasser begleiteten Fall, der demjenigen von Eduard in vielerlei Hinsicht glich, lief es grundlegend anders: Den Beteiligten gelang es nicht, sich auf eine Abstimmung ihrer Interessen und einen gemeinsamen Nachfolgeplan einzulassen. Wenig später starb die Erblasserin unvermittelt. Daraufhin kam es bald zu heftigsten Auseinandersetzungen unter den Erben und den weiteren Beteiligten. Erster Streitpunkt waren bereits Details zu Beerdigung und Totensorge; der Leichenschmaus gab die Gelegenheit zum Austausch von Freundlichkeiten in alle Richtungen. Die bereits entstandene Erbengemeinschaft war kaum handlungsfähig, selbst kleinste Entscheidungen waren nicht einvernehmlich zu treffen. Die beteiligten Anwälte spulten – angestachelt von ihren Mandanten – das gesamte Programm der juristischen Möglichkeiten ab. Hieraus resultierte ein ganzer Reigen von Gerichtsprozessen einschließlich strafrechtlicher Verfahren wegen angeblicher Unterschlagungen von Teilen des Nachlasses (Uhren, Bargeld und Gold) und Beleidigungen. Nach mehreren Jahren kam es auf Anraten einer Autoritätsperson zu einer Mediation, mit der sich die Konflikte beenden ließen. Eine wirkliche Aufarbeitung und Lösung der Konflikte war in diesem Stadium freilich kaum mehr möglich.
Den Wert eines erhaltenen Familienfriedens und eines engeren Zusammenrückens können nur die Beteiligten für sich ermitteln. Zudem wirken sich das Erlernen zusätzlicher Kompetenzen und der Erfolg der gemeinsamen Bewältigung der Herausforderung auf jeden Einzelnen, aber auch auf die Gesamtheit der Beteiligten positiv aus. Nach dem Abschluss einer interessenorientierten Nachfolgeplanung beschäftigen sich viele Erblasser weiterhin ungern mit ihrer eigenen Endlichkeit, erleben aber zugleich eine tiefe persönliche Befriedigung, ihre Nachfolge umfassend und einvernehmlich geregelt zu haben.
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Footnotes
1
Weitere Nachweise bei Fries (2016), S. 425 f.
 
2
Institut für Demoskopie Allensbach (2018), S. 23 ff.
 
3
Risse (2018), § 69 Rn. 23.
 
4
Siehe oben in Abschn. 3.​2.​2.
 
5
Eine Erbeinsetzung oder ein Vermächtnis an Angestellte einer Pflegeeinrichtung ist allerdings mit Blick auf § 14 HeimG problematisch; für frei tätige Pfleger oder Angestellte mobiler Pflegedienste gelten teilweise länderspezifische Sonderregeln.
 
6
Eingehend zur Planung des Teilnehmerkreises Bühring-Uhle et al. (2017), S. 173 ff.
 
7
Ähnlich ist das Konzept einer „Stimme des Kindes“ im familientherapeutischen Kontext sowie in bestimmten familienrechtlichen Streitverfahren; siehe dazu Gammer (2009), passim; Engel (2013), S. 172.
 
8
Ausführlich dazu Pawlytta (2018), § 42 Rn. 3 ff.
 
9
Zu Haftungsgefahren eines Vermittlers mit Interessenkollisionen BGH Urt. v. 21. September 2017, IX ZR 34/17, https://​openjur.​de/​u/​973687.​html; Duve et al. (2019), S. 98; Eidenmüller (2015), S. 171 ff.; Ade und Alexander (2017), S. 149.
 
10
Kössinger (2020), § 1 Rn. 134 ff.
 
11
Kössinger (2020), § 1 Rn. 124 ff.
 
12
Haas (2022), Vor § 64 Rn. 36.
 
13
Siehe oben in Abschn. 3.​2.​1.
 
14
Siehe oben in Abschn. 1.​1.​5.
 
15
Duve et al. (2019), S. 146 ff.
 
16
Siehe etwa das Angebot von Smartlaw unter https://​www.​smartlaw.​de/​testament.
 
17
Dieses Bild prägte Hartung (2017), S. 21.
 
18
Siehe oben in Abschn. 3.​2.​2.​4.
 
19
Ausführlich Duve et al. (2019), S. 186 f.
 
20
Lorz und Kirchdörfer (2011), Kap. 1 Rn. 3.
 
21
Beisel (2016), § 32 Rn. 28.
 
22
Dazu ausführlich unten Kap. 6.
 
23
Klingelhöffer (2014), 1. Teil Rn. 2.
 
24
Der Kreis pflichtteilsberechtigter Personen wird von der Regelung des § 2303 Abs. 1 und Abs. 2 BGB auf Abkömmlinge, Eltern sowie Ehegatten bzw. eingetragene Lebenspartner des Erblassers beschränkt. Maßgeblich ist dabei die rechtlich anerkannte Verwandtschaft, die durch Abstammung oder Annahme begründet werden kann. Geschwister und weitere Seitenverwandte sowie Großeltern steht hingegen kein Pflichtteilsrecht zu. Die Höhe des Pflichtteils beträgt dabei ausweislich § 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB stets die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der gesetzliche Erbteil wiederum wird nach den Vorschriften der §§ 1923, 1924 und § 1931 BGB bzw. § 10 LPartG ermittelt.
 
25
Lange (2022), § 2303 Rn. 1.
 
26
Zur Testierfreiheit nur Müller (2017), § 11 Rn. 176; zum Pflichtteilsrecht BVerfG v. 14. Dezember 1994, 1 BvR 720/90, juris.
 
27
Klingelhöffer (2014), 1. Teil Rn. 6.
 
28
Hierzu insbesondere Abele et al. (2018), passim.
 
29
§§ 1931 Abs. 1 und Abs. 3 i. V. m. 1371 Abs. 1 BGB bzw. § 1924 Abs. 1 BGB jeweils i. V. m § 2303 Abs. 1 S. 2 BGB.
 
30
Fries et al. (2018), S. 55.
 
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Metadata
Title
Mediationsanaloge Nachfolgeplanung
Authors
Martin Fries
Ralf Deutlmoser
Copyright Year
2023
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-66301-1_5

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