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Published in: e & i Elektrotechnik und Informationstechnik 3-4/2023

Open Access 05-04-2023 | Originalarbeit

Modulare Axialflussmaschine für hohes Drehmoment

Author: Alexander Kleimaier

Published in: e+i Elektrotechnik und Informationstechnik | Issue 3-4/2023

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Zusammenfassung

Axialflussmaschinen eignen sich mit ihrer scheibenförmigen Bauweise gut dazu, eine hohe Drehmomentausbeute in Bezug auf das eingesetzte Aktivmaterial zu realisieren. Gleichzeitig erlaubt es der planare Aufbau, den Eisenkreis modular und möglichst einfach herstellbar zu gestalten. In diesem Beitrag wird eine Maschinenvariante vorgestellt, deren Eisenkreis aus U‑Jochen mit UI-30-Kernblechen und Steckspulen aufgebaut ist. Solche genormten Bleche mit 30 × 40 mm Außenmaß und 30 \(\times\) 10 mm Nutausschnitt werden normalerweise zum Bau von Transformatoren eingesetzt. Vorteile dieses Maschinendesigns sind einfache Herstellbarkeit und Skalierbarkeit über die Anzahl der U‑Joche. Nachteile sind Wirbelstromverluste in den Magneten der Rotorscheibe, was den nutzbaren Drehzahlbereich aufgrund erhöhter Magnettemperaturen einschränkt. Da sich mit den UI-30-Kernblechen ebenso eine PMSM-Radialflussmaschine mit Außenläufer herstellen lässt, erfolgt ein direkter Vergleich der für beide Maschinenvarianten aufgebauten Prototypen anhand von Messdaten. In Bezug auf das Drehmoment ist die Radialflussmaschine im Vorteil, während die Axialflussmaschine in Bezug auf Rotorverluste, Materialbedarf und Herstellbarkeit besser abschneidet.
Notes

Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.

1 Einführung

1.1 Grundgeometrie

Mit Axialflussmaschinen lassen sich hohe Drehmoment- und Leistungsdichten realisieren, weshalb dieses Thema in letzter Zeit wieder mehr in den Fokus gerückt ist. Die Spielregeln für Eisenkreisdesign und Drehmommentbildung sind dabei natürlich dieselben, wie wir sie von der klassischen Radialflussmaschine her kennen. Betrachten wir zunächst eine PMSM mit Einzelzahnwicklung und Außenläufer, wie sie beispielsweise als Propellerantrieb für Modellbau und Drohnen verwendet wird, aber auch als Starter-Generator oder Torquemotor, siehe Abb. 1. Im Inneren befindet sich das Statorblechpaket mit Zahnspulen, das von einer Läuferglocke mit innenliegenden Magneten umschlossen wird. Es ist jeweils ein Schnitt axial und ein Schnitt radial durch die Maschine dargestellt. Die für die Drehmomentbildung relevante Blechpaketlänge ist lakt, der mittlere Luftspaltdurchmesser ist dL.
$$\begin{aligned}M=\frac{\pi}{2}\cdot d_{L}^{2}\cdot l_{\text{Akt}}\cdot\tau\end{aligned}$$
(1)
Bei gegebenem Drehschub \(\tau\) hängt dann nach Gl. (1) das Drehmoment \(M\) quadratisch vom Luftspaltdurchmesser und linear von der Blechpaketlänge ab, wobei natürlich die Geometrie mit Außenläufer, der bei entsprechend feiner Polteilung nur einen geringen radialen Bauraum nach außen benötigt, sehr günstig ist.
Für den Aufbau einer Axialflussmaschine wird diese Anordnung um 90 ° nach innen gedreht, so dass der magnetische Fluss nicht mehr in radialer, sondern in axialer Richtung durch den Luftspalt läuft, siehe jeweils die roten Pfeile in Abb. 1 und 2. In Abb. 2 sind bei der axialen Sicht die Magnete der Rotorscheibe (rot/grün) für ein Rotorsegment so eingezeichnet, wie sie über das Statorblechpaket laufen würden. Letztlich gilt genauso auch für die Axialflussmaschine die Beziehung aus Gl. (1), wobei für \(d_{L}\) der mittlere Luftspaltdurchmesser anzusetzen ist, der bei identischen Außenabmaßen etwas tiefer im Bauraum liegt, so dass sich bei gleichem Drehschub \(\tau\) ein geringeres Drehmoment ergäbe. Andererseits ist sind die Verhältnisse immer noch günstiger als bei den meisten klassischen Innenläufermaschinen, wo der außen liegenen Stator einen erheblichen Teil des radialen Bauraumes einnimmt.
Die Geometrie von Axialflussmaschinen bedingt, dass der auf den Umfang bezogene Strombelag und somit auch der Drehschub innerhalb des aktiven Bereichs (Blechpaket) nach außen hin abnimmt, während die Umfangskräfte konstant bleiben. Die in diesem Beitrag angegebenen Drehschubwerte sind lediglich als Mittelwerte zu verstehen und gemäß Gl. (1) aus dem Drehmoment abgleitet, sie dienen nur zum Vergleich mit der ebenso betrachteten Radialflussmaschine. De facto würden diese Werte nur in der Mitte des aktiven Bereichs auftreten, wobei ein bezüglich des Blechpaketes mittiger Luftspaltdurchmesser \(d_{L}\) gewählt wird, siehe Abb. 2.
Für die Axialflussmaschine ergibt sich beim Nutquerschnitt ein Vorteil, da dieser sich nicht trapezförmig nach innen verjüngt, sondern einfach in axialer Richtung erweitert werden kann – das ist in Abb. 3 durch die roten gestrichelten Linien angedeutet. Man kann also gegenüber der Radialfluss-Außenläufermaschine mehr Statordurchflutung respektive Strombelag unterbringen und damit den Drehschub vergrößern.

1.2 Aufbauvarianten

Anstelle der einseitigen Anordnung Stator – Rotor, die wegen hoher axialer Lagerkräfte ungünstig ist, hat sich heute vor allem die symmetrische Anordung Rotor – Stator – Rotor („Innenstator“) etabliert, während die Konfiguration Stator – Rotor – Stator („Innenrotor“) seltener angewandt wird . In Abb. 4 sind die Statoren jeweils durch eine Zahnspulenwicklung, die Rotoren jeweils durch Magnete dargestellt. Der Eisenrückschluss in den Stator- bzw. Rotorjochen ist jeweils als graue Scheibe gezeichnet. – Darüber hinaus gibt es Anordungen mit einem Stack aus mehreren Rotor- und Statorscheiben, was hier jedoch nicht betrachtet werden soll.
Die Innenstatorvariante in YASA-Bauart (Yokeless And Segmented Armature [9]) ist bei industriellen Anbietern am weitesten verbreitet. Hier ergibt sich der Vorteil, dass sich ein Eisenrückschluss nur noch in den beiden synchron mit der Grundwelle umlaufenden Rotoren befindet („Yokeless“), was entsprechende Eisenverluste deutlich mindert. Andererseits muss der Stator prinzipbedingt aus einzelnen Zahnspulenelementen zusammen gesetzt werden („Segmented“), die zwar leicht bewickelbar, aber konstruktiv aufwändig zu fixieren und zu entwärmen sind. Zudem erzeugen natürlich die zur Drehmomentbildung nicht genutzen Harmonischen wiederum Eisenverluste, sobald der Stator bestromt wird.
Demgegenüber befindet sich bei der Innenrotorvariante der Eisenrückschluss (nachteilhaft) im Stator, und die Baulänge ist wie in Abb. 4 angedeutet ggf. größer als bei der Innenstatorvariante. Der Rotor kann jedoch als eisenlose Scheibe ausgeführt werden, z. B. aus GFK, die nur die Magneten fixiert und natürlich ein sehr geringes Trägheitsmoment besitzt. Bei mittiger Positionierung wirken auch keine axialen Kräfte auf die Rotorscheibe. Der Stator ist konstruktiv einfach zu realisieren und zu kühlen. Diese Anordung hat aber noch einen anderen Vorteil: für das Statorblechpaket gibt es keine Restriktionen, es kann sowohl eine (konzentrierte) Einzelzahnwicklung als auch eine (verteilte) Drehfeldwicklung eingesetzt werden (siehe z. B. [7]), wobei zusätzlich die Statorscheiben zur Elimination unerwünschter Harmonischer des Statorfeldes gegeneinander verdreht werden können. Beides ist dann von Vorteil, wenn sich bei höheren Drehzahlen aufgrund von Wirbelströmen zu hohe Temperaturen in den Rotormagneten einstellen würden. Diese sind nur schwer zu entwärmen, entweder durch Konvektion im Luftspalt oder konduktive Entwärmung zu Rotorwelle hin [3].

1.3 Elimination von Oberwellen

Die Möglichkeit bei der Innenläufertopologie, die Statoren gegeneinander zu verdrehen, kann auch bei der Einzelzahnwicklung genutzt werden, um unerwünschte Harmonische gezielt zu eliminieren: In [8] wird eine Axialflussmaschine mit \(Q=9\) Nuten und \(2p=10\) Polen betrachtet, wobei durch einen Versatz der Statoren die gegenläufige, nicht genutzte 4. Harmonische weitgehend eliminiert werden kann. Das lässt sich auch auf häufig genutzte Konfigurationen, die auf einer Grundmaschine mit \(Q=12\) Nuten und \(2p=10\) bzw. 14 Polen basieren, übertragen. In Abb. 5 ist oben die entsprechende Felderregerkurve (vgl. z. B. [4]) mit ihren beiden am stärksten ausgeprägten Harmonischen zu sehen. Bei Drehmomentbildung mit der 5. Harmonischen würde die gegenläufige 7. zusätzliche Verluste im Statoreisen und in den Rotormagneten erzeugen (und die Flussverkettung erhöhen). Verdreht man nun bei der Innenläufer-Axialflussmaschine die beiden Statoren um \(2\tfrac{1}{2}\) Nutteilungen gegeneinander, so kann man die 7. Harmonische deutlich reduzieren –siehe mittleres Diagramm und Oberwellenanalyse. Umgekehrt kann man bei zusätzlicher Verpolung der Statoren in gleicher Weise die 5. Harmonische eliminieren, während dann die 7. nutzbar bleibt.

2 Modulare Axialflussmaschine

2.1 Aufbau

Für die in diesem Beitrag vorgestellte Maschine was es das Ziel, einen Aufbau zu finden, der einerseits modular und mit Standardblechelementen realisiert werden kann, der andererseits aber auch eine hohe Drehmomentausbeute liefert. Wegen der Freiheitsgrade bei der Gestaltung der Statorwicklung wurde auf die Innenläufertopologie zurückgegriffen. Die Geometrie einer Wicklung mit einzeln bewickelten Zähnen wurde so umgeformt, dass U‑Joche aus UI-30 Kernblechen mit Steckspulen verwendbar sind [5], siehe Abb. 6 unten und Abb. 7. Diese genormten Kernbleche mit 30 \(\times\) 40 mm Außenmaß und 30 \(\times\) 10 mm Nutausschnitt werden normalerweise zum Bau von Transformatoren eingesetzt, als Alternative zu EI-Kernblechen. Aufgrund des planaren Aufbaus einer Axialflussmaschine können diese kreisförmig auf einer Trägerplatte angeordnet werden; für die Darstellung in Abb. 6 und eine 2D-FEM Rechnung kann die Anordnung als Linearmotor betrachtet werden. Im Prinzip zerfällt der Eisenkreis dabei in Einphasenmaschinen, die durch die jeweils gegenüberliegenden U‑Joche eines Stranges gebildet werden. Die Felderregerkurve entspricht jedoch nach wie vor der einer Einzelzahnwicklung, wie sie in Abb. 5 oben dargestellt ist. Eine Grundmaschine besteht dann aus 6 U‑Jochen mit 12 Zähnen, für die Drehmomentbildung ist in diesem Falle die 7. Harmonische am günstigsten, so dass sich \(2p=14\) Pole ergeben. Diese „Umformung“ wirkt sich nicht negativ auf das Drehmoment aus: Eine FEM-Simulation zeigt, dass beide Geometrievarianten in Abb. 6 nahezu den gleichen Drehschub erzeugen können, trotz der unregelmäßigen Zahnabstände der Joche. Diese ergeben sich dadurch, dass sich die Jochabstände (siehe Abb. 6) nach außen aufweiten, wenn die Joche planar im Kreis angeordnet werden. Das Drehmoment kann recht gut mit einer 2D-Simulation analysiert werden, wobei für Innen‑, Mitten- und Außenkreis mit jeweils angepassten Jochabständen gerechnet wird. Für die in Abb. 7 gezeigte Variante wurden auf der Statorgrundplatte jeweils 18 Joche \(=3\) Grundmaschinen angeordnet, womit sich ein Rotor mit 42 Magneten bzw. Polpaarzahl 21 ergibt.
Je nach Lastenheftanforderung kann die Jochzahl variiert werden; bislang wurden Maschinen mit 12, 18 und 24 Jochen aufgebaut. Mit zunehmender Jochzahl kann auch die Blechpaketlänge \(l_{\text{Akt}}\) vergrößert werden, wobei \(l_{\text{Akt}}\) im Bereich von 10..15 % des mittleren Luftspaltdurchmessers \(d_{L}\) (siehe Abb. 2) liegen sollte. Damit ergibt sich mit Gl. (1) Folgendes:
$$\begin{aligned}M=\frac{\pi}{2}\cdot d_{L}^{3}\cdot\alpha\cdot\tau\quad\text{mit }\alpha=0{,}10{\ldots}0{,}15\end{aligned}$$
(2)
Bei unveränderter Verwendung von z. B. UI30-Blechen wächst dann aber die Massse der Maschine nur mit etwa \(d_{L}^{2}\), da ja die axiale Länge unverändert bleibt: die Ausbeute Drehmoment pro Masse nimmt dann mit \(d_{L}\) immer weiter zu. Für einen bereits mit 24 Jochen aufgebauten Prototypen wurde demgegenüber die Jochgeometrie miniaturisiert (lasergeschnittene Joche mit 16 mm anstelle 30 mm Länge [1]), was auch bei kleinerer Drehmomentanforderung die Masse reduziert.

2.2 Vor- und Nachteile

Der hier beschriebene Maschinenaufbau zeichnet sich letztlich durch folgende Vorteile aus:
  • Einfache Herstellbarkeit durch planaren Aufbau, Verwendung von U‑Kern-Standardblechen, kein Einsatz von SMC-Materialien.
  • Einfache Skalierbarkeit über die Anzahl und die Blechpaketlänge der U‑Joche
  • hohes Drehmoment, insbesondere bei hoher Jochzahl, bei gleich bleibender axialer Länge
  • die Scheibenläuferbauweise führt zu einem geringen Trägheitsmomment bei sehr guter Ausnutzung des eingesetzten Magnetmaterials
  • die Maschine ist wegen \(I_{K}\approx I_{N}\) gut feldschwächbar, allerdings mit erhöhtem Scheinleistungsbedarf / erhöhter Wechselrichterbaugröße
Auf der anderen Seite wird diese Anordnung auch mit Nachteilen erkauft:
  • Die offenen Nuten führen bereits im Leerlauf zu einer Feldmodulation in den Rotormagneten, was zu Wirbelströmen und bei höheren Polwechselfreqeuenzen zu relativ hohen Magnettemperaturen führen kann
  • eine Elimination von Harmonischen wie in Abschn. 1.3 beschrieben würde zu einer Drehmomenteinbuße von ca. 20 % führen und ist daher nicht anwendbar
  • auch führt die Drehmomentbildung mit der 5. Harmonischen zur einer Drehmomentreduktion von ca. 10 % gegenüber der 7. Harmonischen, die daher zu bevorzugen ist
Bei zusätzlicher, feiner Segmentierung der Magnete können die Magnettemperaturen allerdings deutlich abgesenkt werden, je nach Magnetgeometrie aber mit Einbußen beim Drehmoment [6]. Feldschwächung senkt ebenfalls die Magnettemperaturen. Auch hat sich gezeigt, dass die Maschine mit Luftkühlung (auch bei Kapselung mit interner Zirkulation [2]) sehr gut entwärmt werden kann, insbesondere die Magneten der Rotorscheibe. Bei den in [6] verglichenen Rotorbauformen konnte die Magnettemperatur durch feine Segmentierung im Leerlaufbetrieb bei 1800 \(\text{min}^{-1}\) von 100 °C (pro Pol 3‑fach segmentiert) auf 50 °C (12 Rundmagnete pro Pol) abgesenkt werden; durch Lüfterbetrieb bei der 3‑fach segmentierten Variante von 100 °C auf 76 °C (siehe auch Abb. 13). Mit der in Abb. 7 gezeigten Variante werden letztlich Eckdrehzahlen im Bereich von 1000 bis etwa 2000 \(\text{min}^{-1}\) möglich sein.
Fazit: Diese Maschine ist vor allem als Antrieb mit hohem Drehmoment, aber niedriger bis mittlerer Drehzahl einsetzbar, bevorzugt als getriebeloser Direkantrieb oder als Antrieb mit kleiner Getriebeübersetzung.

3 Radialflussmaschine

Mit den U‑Jochen ist es ebenso möglich, den Statoreisenkreis einer Radialflussmaschine mit Außenläufer nachzubilden, wie sie in Abb. 1 skizziert ist. Das ermöglicht den direkten Vergleich beider Maschinenvarianten bei Einsatz von UI30-Kernblechen. Für die Radialflussmaschine wurde dabei exakt die gleiche Statorblechmenge wie bei der Axialflussvariante eingesetzt: anstelle der zwei gegenüberliegenden Joche mit Blechpaketlänge \(l_{\text{Akt}}\) entsteht nun ein einziges, durchgehendes Joch mit der Länge \(2\cdot l_{\text{Akt}}\), das nach außen zeigend auf einem ringförmigen Statorträger angeordnet ist, siehe Abb. 8 und 9.
Der Aufbau mit 18 Jochen und Polpaarzahl 21 ist analog zu der in Abschn. 2.1 beschriebenden Axialflussmaschine. Im Unterschied dazu wird jedoch ein Eisenrückschluss im Rotor benötigt, der geblecht ausgeführt ist – die Problematik der Feldmodulation wie in Abschn. 2.2 beschrieben besteht auch hier und erstreckt sich nun auch auf das Rotoreisen. Teile wie Statorträger und Rotorglocke waren für den Radialflussmotor erheblich aufwändiger zu fertigen als bei der Axialflussmaschine mit ihrem planaren Aufbau.

4 Vergleich und Messungen

4.1 Geometriedaten und Masse

Die Radialflussmaschine (im Folgenden „RadMDM“) ist bedingt durch die Geometrievorgaben der UI30-Kernbleche mit einem Rotor-Außendurchmesser von 326 mm größer geraten als die Axialflussmaschine („AxMDM“), deren Grundplatten nur 300 \(\times\) 300 mm Abmaß haben; beide Maschinen haben ungefähr die gleiche radiale Länge, siehe Abb. 10. Damit hat die Außenläufervariante für die Drehmomentbildung einen größeren Bauraum – siehe Gl. (1) – womit die ursprünglich avisierte Vergleichbarkeit nur eingeschränkt gegeben ist. Mit Tab. 1 und 2 sind die wichtigsten mechanischen Daten aufgelistet. Die Radialflussmaschine kommt mit weniger Kupfer aus, da pro Joch jeweils nur 2 anstatt wie bei der AxMDM 4 Spulenstirnseiten pro Jochpaar benötigt werden; dafür kommt die Axialflussvariante aufgrund des doppelten Luftspaltes mit erheblich weniger Magnetmaterial aus. Die Magnethöhe \(h_{M}\) entspricht bei der Axialflussmaschine der Rotorscheibendicke; bei der RadMDM ist die Luftspaltdicke \(\delta_{L}\) aufgrund der Polygonstruktur der nach außen zeigenden Joche variabel.
Der Maschinenaufbau ist aktuell recht massiv und nicht gewichtsoptimiert, beispielsweise werden für die AxMDM jeweils 20 mm starke Grundplatten als Statorträger verwendet. Magnetmaterial ist für die AxMDM Vacodym 956 TP und für die RadMDM N45 SH, wobei die Magnetpole segmentiert sind, um Wirbelströme zu reduzieren. Blechsorte ist jeweils M165-35S.
Tab. 1
Geometriedaten
Parameter
AxMDM
RadMDM
Jochzahl, Polpaarzahl
\(N_{J}=18\), \(p=21\)
Windungszahl Jochspule
\(N=186\)
\(N=190\)
⌀ Rotorscheibe/-glocke
296 mm
326 mm
Luftspaltdicke \(\delta_{L}\)
\(2\times 0{,}7\) mm
0,7…1,4 mm
Magnethöhe \(h_{M}\)
6 mm
5 mm
Luftspaltdurchmesser \(d_{L}\)
249 mm
292 mm
Blechpaketlänge \(l_{\text{Akt}}\)
24,1 mm
48,2 mm
aktive Luftspaltfläche
\(2\times 188\)\(\text{cm}^{2}\)
\(1\times 442\)\(\text{cm}^{2}\)
Trägheitsmoment
0,04 \(\text{kgm}^{2}\)
0,18 \(\text{kgm}^{2}\)
Tab. 2
Massenbilanz
Parameter
AxMDM
RadMDM
Statorblechpaket
5,65 kg
5,65 kg
Rotorblechpaket
3,60 kg
Statorwicklung: Kupfer
3,67 kg
2,97 kg
Rotor: NdFeB-Magnete
0,70 kg
1,58 kg
Summe Aktivmaterial
10,02 kg
13,80 kg
Gesamtmasse
29,8 kg
32,4 kg

4.2 Drehmoment

Mit der Radialflussmaschine ergibt sich wie zu erwarten aufgrund des größeren Rotoraußendurchmessers ein höheres Drehmoment. Wegen der aktuell schlechteren Kühlung ist allerdings ihr Dauerstrom reduziert, so dass beide Maschinenvarianten ein nahezu identisches Nenndrehmoment liefern. Am Prototyp der AxMDM sind jeweils acht 40 mm-Axiallüfter pro Statorhälfte installiert, womit Wicklung und Rotormagnete durch Luftkühlung sehr wirksam entwärmt werden können. Die am Prüfstand gemessenen Kurven Strom über Drehmoment sind in Abb. 11 dargestellt, das Verhalten Strom über Pollage in Abb. 12. Trotz der unregelmäßigen Nutabstände ergibt sich eine Kraftkurve, die bei 40 A (Nennstrom der AxMDM) noch nahezu sinusförmig ist und sich im Überlastbereich etwas in Richung negativer d‑Stellung (= 180°) verschiebt. Auch die gemessene EMK ist nahezu sinusförmig. Das Rastmoment (Kurven für \(I_{S}=0\)) ist mit max. etwa 6 Nm für die AxMDM und 8 Nm für die RadMDM relativ niedrig.
Tab. 3
Drehmoment und Drehschub
Parameter
AxMDM
RadMDM
Drehmoment \(M_{N}\)
175 Nm
175 Nm
Drehmoment \(M_{\text{max}}\)
335 Nm
425 Nm
Drehschub \(\tau_{\text{max}}\)
\(2\times 71.600\) N\(/\text{m}^{2}\)
65.900 N\(/\text{m}^{2}\)
 
\(=143.200\) N\(/\text{m}^{2}\)
 
 
(Mittelwert)
 
Der bei \(M_{\text{max}}\) erzielbare Drehschub \(\tau_{\text{max}}\) ist in Tab. 3 für die AxMDM pro Luftspalt angegeben; in Summe ergeben sich für die Rotorscheibe immerhin 143.100 N\(/\text{m}^{2}\). Für die Axialflussmaschine können hier lediglich Mittelwerte angegeben werden, die sich gemäß Abb. 2 auf den Mittenradius \(d_{L}\) beziehen. Der Drehschub bei der RadMDM ist trotz deutlich größeren Magnetmaterialeinsatzes sogar etwas kleiner, da sich die erzielbare Umfangskraft der 18 Joche mit wachsendem Umfang und damit größeren Jochabständen kaum ändert, die Luftspaltfläche als Bezugsfläche für \(\tau\) aber wächst.

4.3 Drehmomentvergleich bei identischem Außenabmaß

Wegen der unterschiedlichen Außenabmaße soll abgeschätzt werden, wie der Drehmomentvergleich bei identischem Außendurchmesser beider Maschinen aussehen würde. Dazu wird bei der AxMDM der Kranz der 18 Joche so nach außen geschoben, dass sich 326 anstatt 300 mm Kantenlänge ergeben würde. Damit würde sich der mittlere Luftspaltdurchmesser \(d_{L}\) von 249 auf 275 mm vergrößern, womit er aber immer noch kleiner als bei der RadMDM wäre. Der mittlere Drehschub \(\tau_{\text{max}}=143.100\) N\(/\text{m}^{2}\) wird dann wegen der auch hier in etwa gleichbleibenden Umfangskraft um etwa 10 % sinken. Mit Gl. (1) und 10 % Abschlag ergäbe sich dann ein Drehmoment von etwa 370 Nm. Bei unveränderter U‑Jochgeometrie bleibt die Axialflussmaschine damit auch bei gleichen Außenabmaßen im Nachteil und erreicht nur 87 % des Drehmomentes des Außenläufers.

4.4 Magnettemperaturen

Als Nachteil der modularen Bauweise mit U‑Jochen wurden in Abschn. 2.2 Wirbelstromverluste in den Rotormagneten angeführt. In Abb. 13 sind Messungen der Magnettemperaturen bei geschleppter Maschine gegenübergestellt. Bei der RadMDM war der Rotor nicht ganz heruntergekühlt, daher sind die Temperaturen am Fußpunkt der Kurve erhöht; letztlich stellt sich bereits bei einer Drehzahl von 1500 \(\text{min}^{-1}\) eine Temperatur von 100 °C ein. Obwohl geblecht, liefert auch der Eisenrückschluss der Rotorglocke mit Eisenverlusten einen deutlichen Beitrag. Bei der Axialflussmaschine ergeben sich bereits ohne Lüfter günstigere Werte; mit Lüfter können die Temperaturen weiter um bis zu 25 K gesenkt werden.
Bei Betrieb mit Nennstrom steigen die Verluste in den Magneten durch Harmonische des Statorfeldes weiter an, und zusätzlich entsteht ein Wärmeeintrag durch die Kupfer- und Eisenverluste des Stators. Aktuell liegen Messwerte für die Axialflussmaschine im Dauerbetrieb bei Drehzahl 845 min−1 (\(M=175\) Nm, \(P=15\),5 kW) und Lüftkühlung durch Axiallüfter vor: Die Wicklungstemperatur erreicht nach 20 min ca. 125 °C, die Rotormagnettemperatur 78 °C; letzteres ist jedoch gegenüber Leerlauf ein Anstieg von fast 40 K. Der Wirkungsgrad der Maschine betrug in diesem Betriebspunkt 91,3 %. Bei Bestückung des Rotors mit VD 956 TP-Magneten (bzw. N45 SH) ergeben sich bei maximalem Strom bzw. Stoßkurzschluss lokal Arbeitspunkte, bei denen die Magnete bereits bei 120 °C gefährdet wären; soll die AxMDM mit Drehzahlen deutlich über 1000 −1 betrieben werden, sind mindestens UH-Magnete erforderlich. Andererseits kann man die Magnettemperaturen wie beschrieben durch feinere Segmentierung erheblich absenken. Versuche mit einem Rotor mit Rundmagnetmatrix (siehe Abb. 14) anstelle der 3‑fach segmentierten Quadermagnete führen hier zu einer erheblichen Verbesserung bei zusätzlich einfacher Herstellbarkeit mit 5 mm- und 6 mm-Rundmagneten, allerdings aufgrund des geringen Füllfaktors zu Drehmomenteinbußen von fast 20 % [6]. Als Alternative bietet z. B. die Fa. Vacuumschmelze die Fertigung relativ fein segmentierter Quadermagnete an, was diesen Nachteil vermeiden würde.

4.5 Erzielbare Leistung

Limitierend für die Leistung ist bei diesem Maschinenkonzept die von den Magnetemperaturen bestimmte Nennzahl. Bei einer Drehzahl von 845 \(\text{min}^{-1}\) und einer Leistung von 15,5 kW sind diese Temperaturen für die vorgestellte Variante der AxMDM noch völlig unkritisch. Mit weiteren Maßnahmen (UH-Magnete mit feinerer Segmentierung) sollte eine Nenndrehzahl von mindestens 2000 \(\text{min}^{-1}\) entsprechend \(P=36\),7 kW realisierbar sein. Zu 10 kg Aktivmasse kommt momentan ein knapp 20 kg schweres Gehäuse (vgl. Tab. 2). Bei Optimierung und Reduktion auf 25 kg Gesamtmasse würde das Maschinenkonzept eine massenbezogene Leistungsdichte von 1,47 kW/kg (im Dauerbetrieb) erreichen.

5 Zusammenfassung und Ausblick

Es wurde eine Axialflussmaschine mit scheibenförmigem Innenläufer vorgestellt, deren Eisenkreis aus UI30-Kernblechen hergestellt werden kann. Das ermöglicht leichte Herstellbarkeit und einfache Skalierbarkeit. Erste Prototypen sind relativ schnell herstellbar. Immerhin kann die hier vorgestellte Variante der AxMDM mit ca. 10 kg Aktivmasse ein Maximaldrehmoment von 335 Nm erzeugen. Zur Erzielung einer hohen Leistungsdichte muss jedoch der zulässige Drehzahlbereich nach oben erweitert werden, wobei die Magnettemperaturen der Rotorscheibe limitierend sind. Diese können durch Luftkühlung und eine feine Segmentierung der Magnete wirksam reduziert werden.
Ein direkter Vergleich mit einer Radialfluss-Außenläufermaschine, die ebenso mit U‑Jochen realisiert werden konnte zeigt, dass die Axialflussmaschine bei gegebenem Bauraum bezüglich Drehmoment im Nachteil ist, jedoch in Bezug auf Magnetmaterialausnutzung, Drehzahlbereich und Trägheitsmoment erheblich besser abschneidet.
Aktuell laufen Arbeiten an einem weiteren Prototyp mit vergrößerter Blechpaketlänge und höherem Drehmoment, wobei eine Erhöhung des Wirkungsrades durch bessere Bleche und einen höheren Nutfüllfaktor (dieser beträgt aktuell nur 40 %) sowie eine Vergrößerung des nutzbaren Drehzahlbereichs durch feinere Segmentierung der Rotormagnete im Vordergrund stehen.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
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Hinweis des Verlags

Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.
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go back to reference Woolmer T., McCulloch M.: Analysis of the Yokeless and Segmented Armature Machine, IEEE Electric Machines and Drives Conference, 2007. Woolmer T., McCulloch M.: Analysis of the Yokeless and Segmented Armature Machine, IEEE Electric Machines and Drives Conference, 2007.
Metadata
Title
Modulare Axialflussmaschine für hohes Drehmoment
Author
Alexander Kleimaier
Publication date
05-04-2023
Publisher
Springer Vienna
Published in
e+i Elektrotechnik und Informationstechnik / Issue 3-4/2023
Print ISSN: 0932-383X
Electronic ISSN: 1613-7620
DOI
https://doi.org/10.1007/s00502-023-01133-5

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