Moral, Politik und totalitäre Verbrechen

Auszug

Die Argumentation, die Lothar Fritze in seinem Text entwickelt, halte ich für einen Irrweg. Der Irrweg beginnt schon am Anfang mit der Fragestellung, und er endet erst mit dem vorletzten Absatz. Ich kommentiere im folgenden drei Punkte: Erstens gehe ich auf die Problemstellung ein und behandle die Frage, worin die christliche Moral besteht. In diesem Zusammenhang erörtere ich die Behauptung von Hannah Arendt, dass in einer Welt, in der die Menschen an Gott und an das Jüngste Gericht glauben, die totalitären Verbrechen nicht geschehen wären. Zugleich versuche ich deutlich zu machen, dass mit dieser Aussage bei Arendt keineswegs die Auffassung verbunden ist, der Glaube an Gott und die Angst vor der Hölle könnten bei der Begründung freiheitlicher politischer Ordnungen irgendwie hilfreich sein. Zweitens untersuche ich die Trennung in Moral und außermoralische Überzeugungen, die das Hauptgewicht der Abhandlung von Fritze trägt. Anders als Fritze bin ich überzeugt, dass die außermoralischen Überzeugungen der totalitären Verbrecher nicht auf der Erkenntnis der Wirklichkeit und der Auseinandersetzung mit realen Problemen beruhten, sondern auf einem Wahn. Dieses Faktum wird in der Argumentation von Fritze nicht zureichend berücksichtigt. Drittens gehe ich am Ende meines Beitrags darauf ein, wie Hannah Arendt das Verhältnis von Moral und Politik bestimmt. Das Argument lautet hier, dass die Berufung auf religiöse Bestimmungen und die Anwesenheit des Absoluten für die Welt des freien politischen Handelns zerstörerische Konsequenzen hat. …