2002 | OriginalPaper | Chapter
Öffentlichkeit in den sozialstaatlichen Massendemokratien
Author : Andrea Gourd
Published in: Öffentlichkeit und digitales Fernsehen
Publisher: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Included in: Professional Book Archive
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Die Frage, ob das in Anlehnung an Habermas dargestellte liberale Modell von Öffentlichkeit als Publikum räsonierender Privatleute, die zum Zweck der Gemeinwohlfindung im herrschaftsfreien Raum zusammentreten, in einer wenn auch nur kurzen, so doch nachweisbaren historischen Entwicklungsstufe der bürgerlichen Gesellschaft überhaupt existiert hat (so kommt beispielsweise Heming zu der begründeten Schlussfolgerung, dass das Modell bürgerlicher Öffentlichkeit von Anbeginn mehr Fiktion denn empirisches Wissen war1), stellt sich bei der Betrachtung der heutigen gesellschaftlichen Wirklichkeit gar nicht mehr vorrangig. Denn es ist offensichtlich, dass die strukturellen Voraussetzungen des liberalen Modells mit der Dialektik einer fortschreitenden Verstaatlichung der Gesellschaft und sich gleichzeitig durchsetzender Vergesellschaftung des Staates nicht mehr gegeben sind. Diesen für den sozialen Interventionsstaat charakteristischen Wandel des Verhältnisses von öffentlicher Sphäre und privatem Bereich analysierte Habermas seinerzeit als Zerfallsprozess von Öffendichkeit.2 Er konstatiert: „Das liberale Modell der Öffentlichkeit ist heute noch im Hinblick auf den normativen Anspruch der Öffentlichkeitsgebote lehrreich; aber auf die tatsächlichen Verhältnisse einer industriell fortgeschrittenen und sozialstaatlich verfassten Massendemokratie lässt es sich nicht anwenden.“3