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1999 | Book

Schmelze, Erstarrung, Grenzflächen

Eine Einführung in die Physik und Technologie flüssiger und fester Metalle

Editors: Prof. Dr. Dr. E. h. Peter R. Sahm, Prof. Dr. rer. nat. Iván Egry, Dr. rer. nat. Thomas Volkmann

Publisher: Springer Berlin Heidelberg

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Table of Contents

Frontmatter
1. Von Flüssig Nach Fest: Prozeβ — Gefüge — Eigenschaften
Zusammenfassung
Schmelzen und Erstarren stehen am Beginn wichtiger Fertigungsverfahren für das Bauwesen, den Maschinenbau (einschließlich der Verkehrs- bzw. Transporttechnik), die Elektrotechnik, Elektronik, Medizin und Kunst, Bild 1. Die damit befaßten Verfahrenszweige sind die
  • Gießereitechnik (sowohl für den Halbzeug (= Formate)- als auch den Formguß), und die
  • Kristallzüchtung.
Peter R. Sahm
2. Fluiddynamik metallischer Schmelzen
Zusammenfassung
Die Fluiddynamik (Strömungsmechanik, Hydrodynamik) beschreibt das Strömungsverhalten von Flüssigkeiten und Gasen. Der Einschluß der Strömungsmechanik in die quantitative Beschreibung von Erstarrungsprozessen hat in den letzten zehn Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Um dies zu veranschaulichen sei kurz eine typische Methode zur Untersuchung von Erstarrungsvorgängen beschrieben:
Gerichtete Erstarrung wird häufig nach dem Bridgeman-Verfahren durchgeführt (siehe Kap. 6) Eine lange zylindrische Probe wird mit konstanter Geschwindigkeit vertikal durch einen Ofen mit Temperaturgradient bewegt, so daß der erstarrende Festkörper entgegen der Schwerkraft wächst. Wann immer die Grenzfläche fest-flüssig leicht gekrümmt oder nicht exakt senkrecht zur Schwerkraft ist, bilden sich vor der Erstarrungsfront Konvektionen aus, wie auch bei der Erstarrung einer Legierung, bei der eine leichte Komponente vor der Erstarrungsfront angereichert wird (z.B. AlMg). Diese Konvektionen beeinflussen wiederum das Konzentrationsfeld und Temperaturfeld und somit die Erstarrung selbst. Je nach Stärke der Strömungen sind sie von größerer Bedeutung für die Gefügeausbildung als der diffusive Stofftransport. Beim Czochalski-Verfahren zur Herstellung großer Halbleiterkristalle wird ein Impfkristall rotierend aus einer Schmelze gezogen. Strömungen, die hier wie spiralige Wirbel sind, beeinflussen empfindlich den Erstarrungsverlauf und die Qualität der Einkristalle. Auch ohne eine Erstarrungfront lassen sich Strömungen in Flüssigkeiten kaum vermeiden. Schon geringste Temperatur-oder Dichtegradienten können Strömungen bewirken. Das Verhalten von Flüssigkeiten zu verstehen und zu berechnen ist bei vielen technischen Prozessen von entscheidender Wichtigkeit.
Jens Alkemper, Lorenz Ratke
3. Transportprozesse in Metallischen Schmelzen
Zusammenfassung
In den hydrodynamischen Gleichungen des letzten Kapitels tauchen die sogenannten Transportkoeffizienten, d.s. die Koeffizienten der Diffusion, der Viskosität sowie der Wärmeleitfähigkeit auf. Nach den Ansätzen der irreversiblen Thermodynamik beschreibt ein Transportkoeffizient, A, die lineare Verknüpfung eines Substanzflusses, j ψ ,mit der dazugehörigen treibenden Kraft Xψ: j ψ = A · X ψ.
Peter Jrgen Schilz
4. Phasengleichgewichte
Zusammenfassung
Die Thermodynamik ist eine phänomenologische Theorie makroskopischer physikalischer Systeme und beschreibt das Verhalten von Stoffen bei Änderung verschiedener Parameter, wie der Temperatur und dem Druck. Auch nichtmechanische Systeme, z. B. magnetische, ferroelektrische oder supraleitende Stoffe, werden thermodynamisch beschrieben. Da die Thermodynamik die verschiedensten Systeme mit dem selben Formalismus behandelt, ist sie eine abstrakte und vielfältige Theorie. Für viele praktische Fragen in der Physik kondensierter Materie, der Metallurgie und vielen anderen Gebieten ist sie von großem Nutzen. Wir können hier nur einige wichtige Aspekte ansprechen und verweisen für eine ausführliche Darstellung auf entsprechende Lehrbücher wie z. B. [Callen 1985, Huang 1963, Becker 1966].
Armin Bratz, Iván Egry, Thomas Volkmann
5. Keimbildung
Zusammenfassung
Mit Hilfe der Thermodynamik konnten wir die Grenzen der Stabilität der Phasen in einem System bestimmen und Phasendiagramme konstruieren. In der Praxis beobachtet man häufig, daß die Umwandlung in eine andere Phase nicht unmittelbar beim Erreichen einer Stabilitätsgrenze eintritt, sondern daß diese überschritten werden kann. Das System verharrt eine zeitlang in dem Nicht-Gleichgewichtszustand, bevor die Umwandlung in die thermodynamisch stabile Phase einsetzt. So kann man flüssige Metalle, Wasser etc. unter die Schmelztemperatur abkühlen (unterkühlen) ohne daß die Erstarrung unmittelbar einsetzt. Ebenso kann man bei konstanter Temperatur den Druck eines Gases eine gewisse Zeit über der Dampfdruck erhöhen, bevor der Dampf kondensiert.
Armin Bratz, Iván Egry, Thomas Volkmann
6. Einphasige metallische Erstarrung
Zusammenfassung
Die meisten Metalle und Legierungen werden durch den Prozeß der Erstarrung aus der schmelzflüssigen Phase hergestellt. Das Urformverfahren „Gießen“ ist eine der ältesten Techniken der Werkstoffverarbeitung. Obwohl der Mensch schon auf mehrere tausend Jahre Gußgeschichte zurückblickt, begann die wissenschaftliche Untersuchung der Erstarrungsvorgänge jedoch erst vor einem Jahrhundert, als erstmals der Phasenübergang theoretisch behandelt wurde [Gibbs 1878]. Die von N. Chvorinov 1940 dargelegte „Wurzel-t-Formel”, die die Beziehung zwischen der Erstarrungszeit und der Abmessung eines Gußstückes beschreibt, ist der wichtigste Erfolg bei der Makroanalyse des Wärme-, Massen-sowie Impulstransportes in den Gußprozessen. Das von [Tiller et al. 1953] sowie [Rutter et al. 1953] vorgeschlagene und von [Mullins & Sekerka 1964] modifizierte Stabilitätskriterium für die Phasengrenze kennzeichnet die Entwicklung der Erstarrungstheorie im mikroskopischen Bereich. Zur quantitativen Beschreibung der Erstarrungsmorphologie, der Konzentrationsseigerung, der Gefügefeinheit sowie des übrigen Erstarrungsverhaltens wurden bis jetzt verschiedene theoretische Ansätze vorgestellt. Dadurch kann man heute die Erstarrungsvorgänge metallischer Schmelzen immer besser verstehen und kontrollieren, um so die optimalen Gebrauchseigenschaften zu erzielen.
Dexin Ma
7. Mehrphasige metallische Erstarrung
Zusammenfassung
Mehrphasige metallische Gefüge sind in wesentlicher Konsequenz von eutektischen Zusammensetzungen geprägt. Die beiden wichtigsten Gußwerkstoffklassen, nämlich Gußeisen und die AlSi-Basis-Legierungen sind im Prinzip Eutektika. Von dem griechischen Wort „eutektos“ stammend (in der Übersetzung: „leicht schmelzbar”) bezeichnen sie die zuletzt erstarrenden Bestandteile einer Legierung. Für einen Überblick über die Eutektika bieten sich zwei Blickrichtungen an:
  • die thermodynamische, von den Zustandsdiagrammen kommende
  • die dynamische, von der Wachstumskinetik beeinflußte, vom Erscheinungsbild des Gefüges bestimmt.
Peter R. Sahm, Iván Egry, Thomas Volkmann
8. Schnelle Erstarrung
Zusammenfassung
Ob es sich bei einem Erstarrungsvorgang um eine schnelle Erstarrung handelt, wird im allgemeinen durch zwei Kriterien bestimmt. Zum einen ist die Tatsache, ob ein thermodynamisches Gleichgewicht an der Phasengrenze vorliegt oder nicht entscheidend. Tabelle 1 zeigt hierzu nach [Gibbs 1878] die mit steigender Wachstumsgeschwindigkeit an der Phasengrenze auftretenden Phänomene. Es wird deutlich, daß bereits bei Geschwindigkeitsbereichen, die in der Praxis häufig vorkommen (v >1mm/s), das Gleichgewichtsphasendiagramm die Gegebenheiten an der Phasengrenze nicht mehr beschreibt.
Klaus Greven, Andreas Ludwig
9. Transparente Modellsubstanzen
Zusammenfassung
Vieles, was man heute über die Erstarrung von Metallen weiß, ist auf das Studium von Erstarrungsvorgängen an transparenten, organischen, metallähnlich erstarrenden Substanzen den sogenannten Plastischkristallen (engl.: plastic crystal) zurückzuführen [Billia 1993, Glicksman 1993]. Diese Substanzen kristallisieren mit nicht-facettierten Phasengrenzflächen und bilden daher, genauso wie Metalle, in Abbhängigkeit von der Konzentration, des Phasendiagrammes und den jeweiligen Erstarrungsbedingungen planare, zellulare, dendritische oder eutektische Erstarrungsfrontmorphologien.
Klaus Greven, Andreas Ludwig
10. Vergröberungsphänomene — Ostwaldreifung
Zusammenfassung
„Die Großen fressen die Kleinen!“. Dieser Spruch des täglichen Lebens trifft sicherlich auf Gefügestrukturen in Metallen und ihren Legierungen zu, vor allem wenn sie nicht im thermodynamischen Gleichgewicht sind (und welche Legierung ist das schon wirklich?). Im Nachfolgenden werden deshalb sogenannte Vergröberungsphänomene behandelt, d.h. Umgestaltungen des Gefüges mehrphasiger Legierungen. Als Modellgefüge werden sogenannte Dispersionen behandelt.
Lorenz Ratke
11. Kristallwachstum, Gleichgewichts- und Wachstumsformen von Kristallen
Zusammenfassung
Gegenstand dieses Kapitels ist die Beziehung zwischen Kristallstruktur, Kristallwachstum und Kristallmorphologie. Ziel der Betrachtung ist das Verständnis der Gleichgewichtsform eines Kristalls. Dieses Kapitel hält sich in seiner Darstellung im wesentlichen an die historische Entwicklung: Von Bravais [1866], von Niggli [ab 1920], von Donnay und Harker [1937] und schließlich von Hartman und Perdok [ab 1955] stammt – immer weiter verfeinert – die Idee, daß sich die Gleichgewichtsform aus der Anordnung der Kristallbausteine (Kristallstruktur) oder aber aus der Abfolge der chemischen Bindungen (PBC-Vektoren) herleiten läßt.
Peter R. Sahm, Iván Egry, Thomas Volkmann
12. Korngrenzen
Zusammenfassung
Ein kristalliner Festkörper stellt nur im Idealfall eine perfekte periodische Struktur dar und ist immer mit Kristallbaufehlern behaftet. Man unterscheidet nulldimensionale Fehlstellen, wie zum Beispiel Leerstellen oder Fremdatome, eindimensionale Fehlstellen (Versetzungen) und zweidimensionale Fehlstellen, die Korn- und Phasengrenzen. Dabei trennen die Korngrenzen Kristallbereiche der gleichen Phase aber unterschiedlicher kristallographischer Orientierung, während Phasengrenzen unterschiedliche Phasen voneinander trennen (siehe hierzu Kapitel 13).
Günter Gottstein, Myrjam Winning
13. Phasengrenzen
Zusammenfassung
Phasengrenzen sind ebenso wie Korngrenzen innere Grenzflächen eines Festkörpers. Anders als Korngrenzen, die den Festkörper in Bereiche gleicher Kristallstruktur, aber unterschiedlicher Orientierung unterteilen, trennen Phasengrenzen Bereiche unterschiedlicher Kristallstruktur und/oder chemischer Zusammensetzung. Damit besitzt die Phasengrenze eine hohe Anzahl von Beschreibungselementen, die zu ihrer Festlegung berücksichtigt werden müssen, denn neben der Angabe von Drehwinkel, Drehachse und Grenzflächennormalen müssen auch Informationen über die beiden beteiligten Kristallgitter verarbeitet werden.
Günter Gottstein, Jörn Verhasselt
14. Behälterfreies Prozessieren von Schmelzen
Zusammenfassung
Berührungsfreie Schmelz- und Erstarrungsverfahren ohne jeglichen Kontakt mit Behältern werden vor allem benutzt, um Verunreinigungen der Schmelze durch Reaktionen mit Tiegelmaterialien zu vermeiden. Bei hohen Temperaturen reagieren viele flüssige Metalle (z. B. Niob, Tantal, Zirkon) und Halbleiter (Silizium) mit nahezu jeder Substanz. Daher werden die Experimente auch in hochreiner Umgebung, d. h. im Vakuum oder in Schutzgasatmosphäre, durchgeführt. Darüberhinaus wird die heterogene Keimbildung (s. Kap. 5), die sonst durch den Kontakt mit Behälterwänden, Verunreinigungen, Oxidbildung auftritt, stark reduziert, so daß die Schmelze auch bei geringen Kühlraten von wenigen K/s weit unter die Schmelztemperatur unterkühlt werden kann. Behälterfreie Verfahren gestatten somit die Untersuchung der physikalischen Eigenschaften und des Erstarrungsverhaltens hochreiner flüssiger Metalle und Halbleiter, insbesondere auch im Bereich der tief unterkühlten Schmelze. Im wesentlichen bieten die behälterfreien Verfahren die folgenden Möglichkeiten:
  • Untersuchung von Keimbildungsprozessen
  • schnelle Erstarrung (in tief unterkühlten Schmelzen)
  • Bildung metastabiler Phasen und Gefüge;
  • Messung thermophysikalischer Eigenschaften (Dichte, Oberflächenspannung, Viskosität, spez. Wärmekapazität, elektrische Leitfähigkeit) von Schmelzen auch bei T < T m ,
  • Herstellung von hochreinen Materialien.
Iván Egry, Eric George, Thomas Volkmann
15. Das gegossene Bauteil: Innovative Trends
Zusammenfassung
Der letzte große Innovationsschub in der Gießereitechnik war die Einführung und die Nutzung der numerischen Simulation der Gieß-und Erstarrungsprozesse. Das Vertrautwerden mit diesem neuen Werkzeug und dessen konsequente Nutzung ist noch nicht ganz abgeschlossen, jedoch nirgendwo mehr in Frage gestellt.
Peter R. Sahm, Iván Egry, Thomas Volkmann
16. Pulvertechnologische Fertigungsverfahren
Zusammenfassung
Die Herstellung von Werkstoffen und Maschinenteilen in Urformen kann nicht nur schmelzmetallurgisch durch Erschmelzen und Vergießen, sondern auch pulvertechnologisch durch das Formen körniger Massen (Pulver) mit nachfolgendem Konsolidieren (meist Sintern) oder Formen bei gleichzeitigem Konsolidieren erfolgen [Schatt & Wieters 1994, Thummler & Oberacker 1993, Klar 1984]. Die wichtigsten Arbeitsschritte der pulvertechnologischen Fertigungsverfahren sind Pulverherstellung, Pulveraufbereitung, Formen und Konsolidieren, Bild 1 [Kaysser & Weise 1993].
Wolfgang A. Kaysser
Backmatter
Metadata
Title
Schmelze, Erstarrung, Grenzflächen
Editors
Prof. Dr. Dr. E. h. Peter R. Sahm
Prof. Dr. rer. nat. Iván Egry
Dr. rer. nat. Thomas Volkmann
Copyright Year
1999
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-58523-4
Print ISBN
978-3-540-41566-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-58523-4