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1999 | Book

Selbstbestimmungsrecht und Minderheitenschutz in Estland

Author: Dr. jur. Carmen Thiele

Publisher: Springer Berlin Heidelberg

Book Series : Schriftenreihe der Juristischen Fakultät der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)

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About this book

Das Buch stellt das Verhältnis vom Selbstbestimmungsrecht des estnischen Volkes und dem Schutz der auf seinem Territorium lebenden nationalen Minderheiten,insbesondere der russischen Minderheit, dar. Nach Wiederherstellung der staatlichen Unabhängigkeit des estnischen Staates ist die Staatsangehörigkeitsfrage von entscheidender Bedeutung für den Rechtsstatus ethnisch nicht estnischer Personen mit langjährigem Wohnsitz in Estland vor 1990 geworden. Schwerpunkt der völkerrechtlichen Untersuchung ist das Problem um das Staatsangehörigkeitskriterium als Voraussetzung für einen Minderheitenstatus und dessen Folgen am konkreten Beispiel Estlands. In der Arbeit wird die Notwendigkeit einer völkerrechtlichen Regelung dieser Streitfrage aufgezeigt. Die Autorin plädiert für eine erleicherte Einbürgerung von ethnisch nicht estnischen Personen mit enger und langjähriger Beziehung zu Estland sowie für eine Definition von Minderheitenrechten nicht nur als Staatsbürgerrechte, sondern als Menschenrechte.

Table of Contents

Frontmatter
Einleitung
Zusammenfassung
Anfang der neunziger Jahre entstanden auf den Territorien der drei untergegangenen ehemals sozialistischen multinationalen Staaten — der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien — zweiundzwanzig neue Staaten unter Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Den Zerfall der Sowjetunion leiteten die drei baltischen Republiken ein, allen voran die Estnische Sozialistische Sowjetrepublik mit ihrer Souveränitätserklärung vom 16. November 1988. Ihr folgten zunächst die Litauische und Lettische SSR und schließlich auch die anderen Republiken. In ihren Erklärungen nahmen die baltischen Republiken ausdrücklichen Bezug auf das Selbstbestimmungsrecht ihrer Völker.
Carmen Thiele
Kapitel I. Der Historische Hintergrund
Zusammenfassung
Die baltischen Gebiete gehörten seit dem 18. Jahrhundert zum russischen Zarenreich. Die Entwicklung der Autonomie- und später Unabhängigkeitsbestrebungen wurde wesentlich durch die Ereignisse des Ersten Weltkrieges, der russischen Februarrevolution von 1917 und der Oktoberrevolution von 1917 beeinflußt, in deren Ergebnis das kaiserliche Deutschland und das zaristische Rußland zusammenbrachen. Die baltischen Gebiete gerieten abwechselnd unter deutsche und russische Besetzung und Herrschaft, was schließlich zum Streben nach Unabhängigkeit führte.
Carmen Thiele
Kapitel II. Die Erneute Ausübung des Selbstenstimmungsrechts durch das Estnische Volk
Zusammenfassung
Das estnische Volk hatte seinen Staat unter Berufung auf das ihm zustehende und durch Sowjetrußland gewährte Selbstbestimmungsrecht gebildet. Sowohl nach sozialistischer Konzeption, die Lenin und Stalin entwickelten, als auch nach westlicher Lehre, dessen Initiator der amerikanische Präsident Woodrow Wilson1 war, stellte sich das Selbstbestimmungsrecht der Völker2 zunächst als völkerrechtlich — politische Forderung dar. Es fand noch keine Verankerung auf universeller Ebene. Eine Aufnahme in die Völkerbundssatzung scheiterte.3
Carmen Thiele
Kapitel III. Staatsangehörigkeit und Staatenlosigkeit in Estland
Zusammenfassung
In seinem Bericht an die International Law Commission 1952 definiert Hudson die Staatsangehörigkeit als „the status of a natural person who is attached to a State by the tie of allegiance.“1 Von der Staatsangehörigkeit im völkerrechtlichen Sinne leiten sich Rechte und Pflichten der Staaten, insbesondere der diplomatische Schutz, ab. Im staatsrechtlichen Sinne ist die Staatsangehörigkeit Voraussetzung für bestimmte Rechte und Pflichten natürlicher Personen2 wie z.B. das Wahlrecht und die Wehrpflicht.
Carmen Thiele
Kapitel IV. Der Minderheitenschutz in Estland
Zusammenfassung
Von den Staaten, deren Völker nach dem Ersten Weltkrieg ihr Selbstbestimmungsrecht mit der Gründung eines unabhängigen Staates verwirklicht hatten wie in Estland, forderten die Alliierten Mächte den Schutz der auf ihren Territorien lebenden Minderheiten als Vorbedingung für die Anerkennung bzw. Aufnahme in den Völkerbund. Durch Beschluß der 1. Bundesversammlung vom 15. Dezember 19201 ist Estland empfohlen worden, die in den Minderheitenschutzverträgen2 enthaltenen allgemeinen Prinzipien zu sichern. Am 13. September 1921 erklärte sich Estland bereit, die Empfehlung anzunehmen und mit dem Völkerbund Gespräche über die Einzelheiten der geforderten Garantien zu beginnen. Nach längeren Verhandlungen aufgrund des anfänglichen Widerstandes Estlands3, das auf die bereits in der estnischen Verfassung verankerten Minderheitenschutzbestimmun-gen hingewiesen hatte, gab Estland am 17. September 1923 eine einseitige Erklärung4 vor dem Völkerbund ab. Der Völkerbundsrat nahm gleichzeitig die Mitteilungen der estnischen Regierung vom 28. August 1923 über die Lage der Minderheiten in Estland zur Kenntnis. Dem Rat stand das Recht zu, sich von neuem mit der rechtlichen Lage der Minderheiten Estlands zu befassen, sobald die allgemeinen Grundsätze des Minderheitenschutzes nicht mehr verwirklicht würden. Zu diesem Zweck war es möglich, daß der Rat auf Ersuchen eines seiner Mitglieder von der estnischen Regierung Auskünfte über die Lage der Minderheiten anforderte. Bei Meinungsverschiedenheiten über Rechts- oder Tatfragen und über die Resolution konnte vom StIGH ein Gutachten angefordert werden. In seiner Erklärung hat Estland ausdrücklich zum Vorbehalt gemacht, daß der Rat von der estnischen Regierung keine Auskünfte verlangen werde ohne darum von einem seiner Mitglieder ersucht worden zu sein.5 In der einseitigen Erklärung verwies Estland auf seinen in der Verfassung enthaltenen Minderheitenschutz.
Carmen Thiele
Kapitel V. Das Ausländerrecht Estlands
Zusammenfassung
Aus der innerstaatlichen Kompetenz zur Regelung der Staatsangehörigkeit aufgrund der staatlichen Souveränität folgt, daß die Staaten mit Hilfe ihrer Rechtsordnungen auch bestimmen, wer Ausländer ist. Fremde sind Personen, die nicht im Besitz der Staatsangehörigkeit des Staates sind, in dem sie sich aufhalten. Unter diese Definition fallen Angehörige fremder Staaten (Ausländer) wie auch Staatenlose.1
Carmen Thiele
Kapitel VI. Völkerrecht und Innerstaatliches Recht in Estland
Zusammenfassung
Das Völkerrecht überläßt dem Landesrecht die Umsetzung von Völkerrecht in das innerstaatliche Recht. So entscheidet das Landesrecht über den Rang völkerrechtlicher Normen in der Normenhierarchie des innerstaatlichen Rechtssystems.1
Carmen Thiele
Backmatter
Metadata
Title
Selbstbestimmungsrecht und Minderheitenschutz in Estland
Author
Dr. jur. Carmen Thiele
Copyright Year
1999
Publisher
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-58500-5
Print ISBN
978-3-540-66054-5
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-58500-5