Irgendwann wurde beschlossen, alles miteinander zu vernetzen. Ob Handy, Waschmaschine oder die Milchtüte im Kühlschrank – das „Internet der Dinge“ verbindet alles und wächst rapide. Um die enorme Menge an Informationen verarbeiten zu können, die Daten zu senden und zu empfangen, sind leistungsfähige Rechner notwendig. Doch die dafür benötigen Minicomputer haben einen wesentlichen Nachteil, wie es Dr. Johannes von Borany vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) weiß: „Ein großer Hemmschuh ist derzeit noch der hohe Stromverbrauch“. Den Ingenieuren bleiben im Prinzip nur zwei Möglichkeiten: „Entweder man verbessert die Batterien oder man entwickelt Computerchips, die deutlich weniger Energie benötigen.“
Vor diesem Hintergrund erforschen nun Wissenschaftler im Rahmen des heute gestarteten EU-Projekts „Ions4Set“ Möglichkeiten, den Energieverbrauch mit neuartigen Transistoren zu bändigen. So ist seit Jahren bekannt, dass Einzelelektronen-Transistoren eine stromsparende Alternative zu den üblichen Feldeffekt-Transistoren (FET) darstellen. Allerdings funktionieren diese derzeit nur bei tiefen Temperaturen und sind zudem auch nicht mit der CMOS-Technologie kompatibel. Die Computerchips, wie sie derzeit in fast allen Laptops und Smartphones eingesetzt werden, basieren auf dieser von allen großen Mikroelektronik-Firmen genutzten Technik. Ein Einzelelektronen-Transistor (Single Electron Transistor = SET) hingegen schaltet Strom durch ein einziges Elektron.
Zentraler Bestandteil des neuartigen SET ist ein Quantenpunkt, bestehend aus einigen hundert Silizium-Atomen, der in einer isolierenden Schicht eingebettet ist. Diese wiederum befindet sich zwischen zwei leitfähigen Schichten. Damit ein SET bei Raumtemperatur funktioniert, muss der Quantenpunkt kleiner als fünf Nanometer sein (1 Nanometer = 1 Millionstel Millimeter). Und eine zweite Anforderung muss erfüllt sein, sonst können die Elektronen den Transistor nicht passieren: Der Abstand vom Quantenpunkt zu den leitfähigen Schichten darf nicht mehr als zwei bis drei Nanometer betragen. Solche Anforderungen konnte die Nano-Elektronik bisher nicht umsetzen.
Transistor in Form einer Nano-Säule
„Unser Transistor hat die Form einer Nano-Säule. Außerdem haben wir einen Mechanismus entdeckt, der dafür sorgt, dass sich die erforderlichen Quantenpunkte quasi wie von selbst bilden“, sagt Dr. Karl-Heinz Heinig, Initiator des neuen EU-Projekts und erklärt die Vorgehensweise: „Wir stellen rund 20 Nanometer schlanke Säulen aus Silizium her, in die eine sechs Nanometer dünne Scheibe aus dem Isolator Siliziumdioxid eingebettet ist. Durch den Beschuss der Nano-Säule mit schnellen geladenen Teilchen werden Silizium-Atome in den Isolator hineingestoßen. Erhitzt man die Strukturen anschließend stark, finden sich die Atome in der Mitte der isolierenden Scheibe zu einem einzelnen Silizium-Quantenpunkt zusammen.“ Um milliardenfach wiederholbar und zuverlässig SET-Bauteile aus Nano-Säulen herstellen zu können, haben sich im Projekt führende europäische Forschungseinrichtungen sowie die Großen der Halbleiterbranche – Globalfoundries, X-FAB, STMicroelectronics – zusammengetan.
Während CEA-Leti, ein französisches Forschungsinstitut für Mikroelektronik, mit der notwendigen Präzision die Nano-Säulen herstellt, soll das spanische Mikroelektronik-Zentrum in Barcelona (CSIC) den Demonstrator bauen, der den Abschluss des vierjährigen EU-Projekts bildet. Allerdings ist die Aufgabe, die sich die Forscher gestellt haben, eigentlich noch viel komplizierter. Der Demonstrator darf nicht lediglich aus Einzelelektronen-Transistoren (SET) bestehen, die bei Raumtemperatur die logischen Operationen ausführen. Daneben sind noch klassische Feldeffekt-Transistoren (FET) erforderlich, ebenfalls in Form von Nano-Säulen. Der Grund: Die stromsparenden Einzelelektronen-Transistoren verfügen über zu wenig Energie, um mit der Welt außerhalb des eigenen Chips zu interagieren.